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Daher ist es auch durchaus nicht erstaunlich, daß das Lausanner Abkommen weder einen wirtschaftspsychologisch tiefen, noch gar einen politisch einhelligen Eindruck in Deutschland gar nicht hat. Dasjenige, was wirklich erreicht ist, wird mit viel zu vielen Verklausulierungen und Bedingungen um- - geben, als daß es mit einfacher, packender und damit wir kungsvoller Klarheit dasteht. Und schon in allerkürzester Frist erfährt man obendrein, daß die sämtlichen in Lau sanne getroffenen Vereinbarungen über das „Ende der Reparationen" überhaupt auf einem ganz unsicheren Boden stehen. Denn — was sagt und vor allem was tut denn nun Amerika als Gläubiger Englands, Frank reichs, Italiens usw. hinsichtlich des Lausanner Abkom mens, das die deutschen Tributzahlungcn an unsere Gläu biger beseitigte, aber durchaus nicht etwa deren Schulden gegenüber Amerika gestrichen hat? „Alles bleibt dem End-Abkommen mit den Amerikanern untergeordnet", erklärte Herriot, als er in Paris auf dem Bahnhof dem Zug entstieg. Er wurde noch deutlicher: „Für den Fall, daß die Schuldenregelung mit den Vereinigten Staaten nicht befriedigend gelöst werden sollte, bleiben wir in unseren alten Stellun gen, daraus haben sich alle Gläubiger verpflichtet." Welches diese „alten Stellungen" sind, braucht man ja wohl gar nicht erst noch näher zu erläutern! Herriot hat die gegenseitige Verpflichtung der Gläubiger, hat dieses „Gentleman-Agrement" offen und ausdrücklich erwähnt, und eine englische Zeitungsmeldnng dürfte ganz zweifellos das Richtige treffen: England, Frankreich, Italien haben »aus Ehrenwort" vereinbart, das Lausanner Abkommen nicht ohne und nur für den Fall durch ihre Parla ment e r atifi zierenzulassen, bis eine befriedi gende Lösung der alliierten Kriegsschuldenfrage gegenüber Amerika zum mindesten in Aussicht steht oder gesichert ist. Sonst würde und müßte eben eine Neuauflage der Lau sanner Konferenz stattfinden. Auch hierüber volle Klarheit zu gewinnen dürfte für die Regierungen in London, Paris und Rom wohl erst dann möglich sein, wenn zu der ge planten allgemeinen Weltwirtschaftskonserenz im Spätherbst auch die Amerikaner erscheinen, wie sie es zugesagt haben. Erst muß aber die amerikanische Präsi dentenwahl vorbei sein! Denn im Schatten dieser amerikanischen Wahl kampagne erfolgte ja zunächst eine Erklärung des Staats sekretärs Stimson namens des Präsidenten Hoover, die ein Entgegenkommen der Washingtoner Regierung in der Schuldensrage glatt abzu lehnen scheint. Andernfalls aber hat gerade Hoover selbst immer wieder betont, Europa solle erst einmal sein Haus hinsichtlich der deutschen „Reparations"frage in Ordnung bringen — und das ist doch nun, wenn auch nicht in klassisch-schöner Form, einigermaßen geschehen! Macdonald hat — in seiner Lausanner Schlußrede — mit deutlicher Anspielung ans Amerika den Wunsch ausgesprochen, daß das Abkommen auch „woanders" Widerhall finden und in einen Rahmen gespannt werden müsse, der „die ganze Welt umfasse". Also soll jetzt oder zum mindesten nach dem 8. November, dem Tage des ersten Wahlgangs sür die Präsidentenwahl, Amerika „an der Reihe sein". Sogar die in Lausanne gleich zu Beginn der Konfe renz beschlossene Verlängerung der deutschen Nichtzahlung aller bischerigen Tribute wird begrenzt einerseits natürlich dadurch, daß die „sechs einladenden Mächte" das Ab kommen ratifizieren. Andererseits endet sie aber auch dann, wenn eine dieser Mächte aus irgendwelchen Gründen die Ratifizierung ablehnt, eben weil sie sich über ein Schuldenabkommen mit Amerika nicht einigen kann. „Was geschieht dann?" hatte in Lausanne der Deutsche Reichskanzler gefragt. Dann müsse eben eine neue Konferenz stattfinden, war die Antwort Mac donalds gewesen. Und wovon würde diese ausgehen? Wieder vom Haager Abkommen, dem Noung-Plan also, über dessen juristische Grundlage in Lausanne aus drücklich „nicht gesprochen" wurde. Alle diese — und noch einige andere — Schwierig leiten und Befürchtungen muß man schon deswegen an deuten, weil gerade sie die weltwirtschaftlich erhofften und ersehnten Rückwirkungen der Lausanner Konferenz beschlüsse hemmen und hindern. Lausanne ist sozusagen noch gar nicht zu Ende, auch wenn sich die Staats männer nach den Mühen der drei Wochen nach Hause beaeben haben. Der tschechische Schuhkönig Bata tödlich verunglückt. Prag, 12. Juli. Am Dienstag ereignete sich in der Nähe von Zlin ein Flugzeugunglück, bei dem der bekannte tschechische Schuhfabrikant Bata jein Leben einbiiszte. Bata wollte nach der Schweiz fliegen. In einer Hohe von 700 Metern stürzte das Flugzeug in der Nähe des Flugplatzes Zlin ab. Bata und der Pilot waren sofort tot. War Lausanne ein Erfolg? Oie Auswirkungen des Lausanner PakiS. Was der Reichskanzler sagt. In den Streit über die Wirkung des Ergebnisses der Lausanner Konser-enz greift Reichs- kanzlervonPapen nach seiner Rückkehr nach Berlin mit Erklärungen ein, die er der öffentlichen Meinung über die Haltung der deutschen Delegation und das erzielte Endresultat unterbreitete. An die Spitze seiner Aus führungen stellte er die Bemerkung, daß die Entscheidung darüber, ob man zu einer endgültigen Regelung der Re parationsfrage kommen, oder es auf ein Scheitern der Konferenz mit allen sich daraus ergebenden Folgen an kommen lassen wollte, nie durch irgendwelche innenpolitischen Erwägungen beeinflußt worden sek. Zur Sache selbst führte er aus, es sei nicht so gewesen, wie man es in der Öffentlichkeit lange ange nommen habe, daß wir etwa 100 Meter vor dem Ziel gewesen wären, nachdem wir erst vor zwei Jahren einen Vertrag über eine Leistung von 35 Milliarden unter zeichnet hätten. Zwar habe sich inzwischen die Zahlung dieser Summe als unmöglich herausgestellt, aber ebensowenig wie wir die seit Versailles durch Deutschland geleisteten Unterschriften durch einen einseitigen Akt aus der Welt schaffen konnten, so wenig sei es möglich ge wesen, die Reparationsfrage durch einen einseitigen Akt zu liquidieren. Als Volk von Selbstachtung sei Deutsch land nur der Weg der Verhandlungen übriggeblieben. Wenngleich es nicht gelungen sei, einen vollen Strich unter alle deutschen Leistungen zu setzen, so sei doch die in Lausanne gefundene Lösung so, daß sie nicht mehr die wirtschaftliche Gesundung Deutsch lands neu gefährde, sondern sogar zur Voraussetzung habe. Nach übereinstimmendem Urteil aller internatio nalen Fachleute sei cs höchst fraglich, ob die drei Milliarden Schuldverschreibungen über haupt auf dem internationalen Markt untergebracht werden könnten. Wenn aber dies doch möglich sei, so Würde es ein Beweis dafür sein, daß Deutschland tatsäch lich sein wirtschaftliches Gleichgewicht wiederbekommen habe. Man dürfe auch ferner nicht vergessen, daß die gesamte Sanktionsfragc mit der Lausanner Lösung gefallen sei. Man müsse auch bedenken, daß wir aus dem Hoover- jahr 10 Jahre lang Annuitäten von 190 Millionen Reichs mark ab 1. Juli 1932 zu zahlen und zu transferieren in allen Formen Rechtens verpflichtet waren und daß das Hoover-Moratorium nur für die Dauer der Konferenz ver längert gewesen wäre, bei einem Scheitern von ihr also unsere Rechtspflicht zu den Nachzahlungen sofort aufgelebt wäre. Der Reichskanzler betonte ferner die Wieder erringung der vollen Souveränität über die Reichsbank und die Reichsbahn. Der Reichskanzler unterzeichnet den Pakt von Lausanne. über die sich daraus ergebenden Fragen werden sich diese Instanzen mit den Treuhändern noch auseinandersetzen. Der Kanzler befaßte sich dann mit dem Vorwurf, daß er politische Fragen in Lausanne angeschnitten habe, ohne daß eine Lösung hierfür garantiert gewesen sei. Wäre es, so fragte der Kanzler, möglich gewesen — welche Regierung es auch ge wesen sei —, bei der letzten internationalen Konferenz, die die Endlösung der Neparationsfrage bringen sollte, nicht auch die Frage anznschneiden, die die Voraus setzung der ganzen Diskriminierungen Deutschlands im Versailler Vertrag gewesen ist? Sollten die Reparations fragen fallen, so mußte auch der Vorwand fallen, der für die Auferlegung der politischen Lasten maßgebend war. Ich bin mir mit Ihnen darüber einig, daß die Kriegsschuldsrage durch die inzwischen geleistete Forschungsarbeit in unse rem Sinne positiv entschieden worden ist. Ich bin mir mit Ihnen auch darüber einig, daß die Beseitigung des Schuldparagraphen nur durch den Widerruf derMächte möglich fein würde. Es war mir auch von einer Reihe von Delegationen zugesagt worden, daß dieser Paragraph mit dem Teil VIII des Versailler Vertrages als gestrichen betrachtet sei. Für uns ist dies der Fall. Die Voraussetzung der wirtschaftlichen Befreiung der Welt, zumal da das Entfallen der Reparationen durch das Hoover-Jahr ohnehin eskomptiert worden war, ist die Beseitigung der Diskriminierungen des Versailler Vertrages, der auch in Deutschland die geistigen inneren Spannungen verursacht hat. Eine der großen Mächte habe die politi schen deutschen Forderungen als völlig berechtigt anerkannt. Er, der Reichskanzler, sei zwar nicht in der Lage, über die Unterredungen zu sprechen, die er mit dem englischen Ministerpräsidenten gehabt habe, er erinnere aber an die Schlußrede Macdonalds, in der der Appell, die Diskriminierungen zu beseitigen, deutlich zum Ausdruck gekommen sei. In den nunmehr folgenden Verhand lungen sei die Grundlage gegeben, in Genf die Gleichberechtigung auch in der Wehrsrage zu erreichen. Während die Presse der Wett, so fuhr der Kanzler fort, die in Lausanne gefundene Lösung als das Ende der Reparationen und den Beginn einer neuen Aera be zeichnet, erscheint das Ergebnis in Deutschland durch den Wahlkampf stark verzerrt. Das können wir nicht ändern. Wir werden abwarten, wie sich die Abmachungen auf die Wirtschaft und den deutschen Kredit auswirken. Der Pakt von Lausanne hat die Beziehungen unter »en Mächten wesentlich verbessert. Im Zusammenhang mit ven Maßnahmen, die die Reichsregicrung nunmehr im Innern in Angriff nehmen wird, und in Übertragung der Folgen auf die Wirtschaft werden wir die Auswirkungen des Paktes von Lausanne abwarten. Einmütigkeit im Reichskabinett. Dank an die Lausanner Delegation. In einer Kabinettssitzung erstattete der Reichskanzler einen eingehenden Bericht über den Verlauf und das Ergebnis der Konferenz von Lausanne. Der Reichsminister des Innern sprach im Namen der in Berlin zurückgebliebenen Mitglieder des Reichskabinetts dem Reichskanzler und den übrigen Mitgliedern der Dele gation den herzlichen Dank für die geleistete Arbeit aus. Die anschließende Beratung ergab die völlige Ein mütigkeit des Reichslabinetts. OerNeichswirtsthastsminister über die Belastung. Bei dem Empfang der Presse durch den Reichskanzler äußerte sich nach dem Kanzler der Reichswirtschaftsminister Dr. Warm bald über die Zahlüngslasten. Wäre Lausanne ohne Ergebnis geblieben, dann hätten wir im Jahre 1933 mit der Abzahlung der von 1931/32 gestundeten Tribute anfangen müssen. Das hätte jährlich zehn Jahre lang 190 Millionen Mark ausgemacht. Die Summe hätte ohne Rücksicht auf die deutsche Zahlungsfähigkeit geleistet werden müssen. Nach dem Abkommen von Lausanne werden erst im Jahre 1936 die ersten Zinsen für die Ab schlußzahlung fällig. Wenn es der Baseler Tributbant gelänge, von den drei Milliarden Schuldverschreibungen des Deutschen Reiches im Jahre 1936 rund 400 Millionen unter das Publikum zu bringen —, sehr unwahrscheinlich—, dann müßten wir sür Verzinsung und Tilgung sechs Prozent, das sind 24 Millionen im Jahre 19M, aufbringen. Der Reichswirtschaftsminister stellte diese Zahl den oben genannten 190 Millionen gegenüber, um so den Erfolg von Lausanne klarzumachen,