Volltext Seite (XML)
Das Echo von Lausanne. Ltrkile über Lausanne. DK Urteile über Lausanne sind naturgemäß stark ver schieden, man findet jedoch kaum eine Stimme, die den Lausanner Vertrag vorbehaltlos anerkennt. Zunächst ist es von Interesse zu hören, was die Blätter sagen, die in scharfer Opposition zur jetzigen Reichsregierung stehen. Der Berliner Vorwärts, das führende SPD.--Blatt, sagt: v. Papen kehre mit einem schönen Erfolg der Erfüllungs politik heim, er habe Gewinn aus dem Wahlsieg des französischen Sozialismus gezogen. Der rheinische Sozial demokrat Sollmann dagegen lehnt den Vertrag ab. Die Germania, das Blatt Brünings, sagt, die von Brüning erstrebte restlose Streichung der Reparationen sei nicht erreicht. Die demokratische Vossische Zeitung schreibt, im Wettlauf zwischen Rettung und Vernichtung sei eine Runde gewonnen worden. Die mittelparteiliche Deutsche Allgemeine Zeitung ist zwar zurückhaltend, meint aber, der Lausanner Abschluß könne den Weg für den wirtschaftlichen Wiederaufbau freimachen. Der bürgerlich-nationale Ber liner Lokal-Anzeiger sagt, keine schöne Rede helfe über die Tatsache hinweg, daß statt eines großen Werkes, dessen Schwung mitreißen sollte, nur ein Teilstück geliefert wor den sei. In den Blättern imReich findet man zum Teil sehr scharfe Ablehnung, so in der Kölnischen Zeitung, die dem Kanzler schwere Vorwürfe macht; dann auch in den Ham burger Nachrichten. Das Hamburger Fremdenblatt da gegen beurteilt den Abschluß nicht ungünstig. In Sachsen nennen die Dresdener Nachrichten das Kompromiß eine ungeheure Enttäuschung. Der Dresdener Anzeiger sieht einen Erfolg im Vertrag. Die Frankfurter Zeitung meint, man hätte mehr zu wege bringen müssen. Die Münchener Neuesten Nachrichten schreiben, wir haben erfahren, daß unsere Gegner an der Kriegsschuldlüge festhalten, das ist das Ergebnis von Lausanne. Der Völkische Beobachter, das Blatt Hitlers, erklärt, die Nationalsozialisten lehnen Lau sanne eindeutig ab, das Ergebnis bedeute den Verzicht auf alle geforderten politischen Voraussetzungen. Bemerkenswert ist auch eine Äußerung von deutsch nationaler Seite, in der es beißt: Insbesondere wird die Ausgabe der politischen Forderungen als verhängnisvoll betrachtet. Jas Ausland zum Lausanner Ergebnis. „Die Reparationen sind tot", sagt die englische Presse. Die englische Presse drückt mit wenigen Ausnahmen ihre große Befriedigung über das Ergebnis von Lausanne aus. überall wird in großen Überschriften die Tatsache gebracht, daß die Reparationen tot seien. Der erste Teil des Kriegsschylden- problems ist gelöst, so schreibt man. Ein Gift ist aus dem euro päischen Wirtschaftskörper enkjerM worden. Die Krankheit wird sich nicht weiter ausdehnen. Der große Erfolg von Lausanne liegt darin, daß die einseitigen Zahlungen von einem Land zum anderen beseitigt sind. Als einzige Zeitung bekennt der „Daily Herald" offen seine Enttäuschung. Das Ab kommen schwebe vollkommen in der Luft, und falls Amerika nicht nachgebe, werde es null und nichtig. Auch die politische Präambel sei äußerst nichtssagend. Paris beglückwünscht Herriot. Die gesamte Pariser Presse begrüßt ohne Unterschied der politischen Einstellung den Abschluß der Lausanner Be sprechungen und beglückwünscht den französischen Ministerpräsidenten, die französische These auf der ganzen Linie rum Siege geführt zu haben. Man unterstreicht besonders, daß Frankreich nicht eine einzige seiner Forderungen aufgegeben aabe. Frankreich habe die Schlacht gewonnen. Man bedauerte nur, daß die französische Abordnung sich ein so mäßiges Ziel gesteckt habe. Man hätte eine weit höhere Abfindung von Deutschland fordern müssen Das der Regierung nahestehende „Oeuvre" ist der Auffassung, daß man nicht nur das greifbare Ergebnis der Konferenz berücksichtigen dürfe, sondern insbesondere die Tatsache, daß die europäische Atmosphäre für die nächste Zukunft von den Gewitter wolken befreit sei, die sie bisher bedrohten. Amerikas Schlußfolgerung. In der Newyorker Presse wird festgestellt, die amerika nische Regierung sei jetzt gezwungen, entweder die Kriegs schulden zu streichen oder beträchtlich herabzusetzen, oder aber die Schuld für die Verhinderung der Wiederkehr normaler Wirtschaftsbeziehungen aus sich zu nehmen. Wenn man die Haltung des Kongresses berücksichtige, so werde die amerikanische Regierung wahrscheinlich nichts anderes tun können, als im Dezember ein neues Moratorium für die dann fälligen Zahlungen zu bewilligen. Massenaufmarsch -er Verimer NSDAP. Der Gau Groß-Berlin der NSDAP, veranstaltete im Lustgarten einen Massenaufmarsch. Die SA.-Abteilungen marschierten in acht Kolonnen geschlossen aus den verschiedenen Stadtteilen an und nahmen mit umflorten Standarten und Fahnen Aufstellung. Flugzeuge mit dem Hakenkreuz über flogen den Lustgarten. Rach nationalsozialistischen Schätzungen haben rund 200 000 Personen an der Kundgebung teil genommen, darunter 2ö 000 SA.-Leute. Nachdem die Kapellen nationalsozialistische Kampflieder und das Deutschlandlied ge spielt hatten, sprachen von der Schlotzrampe aus der Ber liner SA.-Führer Graf Helldorf und der Gauleiter Dr. Goebbels. Graf Helldorf hielt eine scharfe Anklagerede gegen die Keichsregierung. Er erklärte u. a.: Reichskanzler von Papen hat in unbegreiflicher Schwäche in Lausanne Vorschläge gut- »eheißen, die wir Nationalsozialisten niemals gutheißen würden. Das außenpolitische Versagen dieses Kabinetts wird in den Schalten gestellt durch die innenpolitischen Regicrungs- kunststücke des Ministers von Gayl. Man hat nichts dagegen unternommen, daß die SA.-Männer auf das gemeinste ver leumdet werden. Wir machen diesen Minister verantwortlich für jeden verwundeten und getöteten SA.-Kameraden. Nur stiner Schwäche ist es zu danken, daß wir in kurzer Zeit in Berlin zwei Tote und fünfzig Schwerverletzte zu verzeichnen haben. Wir verlangen, daß dieses Ministerium der nationa len Ohnmacht einem Kabinett von deutschen Kämpfern Platz macht, und daß Minister von Gavl von seinem Posten ver schwindet. Darauf sprach Dr. Goebbels, der u. a. ausfübrte: Was hat sich am alten Zustand aeändert? Nichts! Die Wirtschaft läuft weiter, aber ein großes Arbeitsbeschaffungsprogramm ist nicht in Angriff genommen worden. Das Elend wächst weiter. Gewiß kann man nicht in fünf Wochen wieder gut machen, was in vierzehn Jahren verdorben worden ist, aber dann müßte man doch wenigstens den Versuch sehen, dem Unglück entgegenzutreten. Die Regierung Papen hat es nicht gewagt, in Lausanne zu erklären, daß wir nicht mehr bezahlen, weil wir nicht mehr bezahlen können und es auch nicht wollen. Wir haben genug bezahlt, und wir wollen, daß Deutschland vor allem von dem Makel der Kriegsschuld freigesprochen wird. Wenn die Welt dieser Forderung Widerstand leistet, so werden wir den Versailler Vertrag für null und nichtig erklären. Man hat in Lausanne nur über Geldfragen verbandelt; vor diesen Fragen aber steht für uns die Ehre des Volkes. Das Horst- Wessel-Lied schloß die Riesenkundgebung. Oie erste Ernieschatzung. für das gesamte Reichsgebiet. Auf Grund der ersten Vorschätzung der Ge treideernte durch die amtlichen Saatenstandsbericht erstatter zu Anfang Juli d. I. ergeben sich im Reichsdurch schnitt folgende Erträge je Hektar: Winterroggen 17,9 Doppelzentner (endgültige Ernteermittlung 1931: 15,4 Doppelzentner), Sommerroggen 14,0 (12,2) Doppelzentner, Winterweizen 22,0 (19,5) Doppelzentner, Sommerweizen 21,4 (19,9) Doppelzentner, Wintergerste 23,7 (22,3) Doppel zentner, Sommergerste 19,6 (18,0) Doppelzentner, Hafer l9,2 l18,5) Doppelzentner. ' Mier Zugrundelegung der Ende Mai festgestellteK Anbauflächen wäre nach diesen Durchschnittsschätzungen zu Anfang Juli d. I. eine Gesamternte an Roggen von 7,95 Millionen Tonnen (gegen 6,68 Millionen Tonnen im Vor jahre), an Weizen von 4,99 Millionen Tonnen (4,23 Mil-, lionen Tonnen), an Wintergerste von 584 000 Tonnen (507 000 Tonnen), an Sommergerste von 2,60 Millionen Tonnen (2,51 Millionen Tonnen) und an Hafer von 6,31 Millionen Tonnen (6,20 Millionen Tonnen) zu erwarten.^ Kurze politische Nachrichten. Nach dem Ausweis der Reichsbank vom 7. Juli 1932 hat sich in der verflossenen Bankwoche die gesamte Kapitalanlage der Bank in Wechseln und Schecks, Lombards und Efsektcn um 105,6 Mill, auf 3622,6 Mill. Mark verringert. An Reichsbanknoten und Nenten- bankscheinen zusammen sind 116,5 Mill. Mark in die Kassen der Reichsbank zurückgeflossen. Die Bestände anGold und deckungsfähigen Devisen haben sich um 16,9 Mill, auf 945,0 Mill. Mark vermindert. Die Deckung der Noten durch Gold und deckungsfähige Devisen beträgt 24,4 Prozent gegen 24,1 Prozent in der Vorwoche. Der Preußische Staatsrat ersuchte das Staatsministerium, aus die Reichsregierung einzuwirken, daß zwecks schärferer Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit das Reichsstrafgesetzbuch ^t seinen Bestimmungen über die Unzucht, das Reichsgesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund und Schmutz und die Reichsgewerbeordnung abgeändert werden. Gleich zeitig soll die Reichsregierung auch im Bereiche der eigenen Zuständigkeiten wirksamere Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit ergreifen. * Das nationalsozialistische „Frankfurter Volks- blat t", das in letzter Zeit sehr scharf gegen die Frank furter Polizei und den Frankfurter Polizeipräsidenten Stellung genommen hatte, ist vom 10. bis 19. Juli ver boten worden. Der Vierte Strafsenat des Reichsgerichts hat das vom Reichsinnenministerium geforderte Verbot der Schlesischen Bergwacht für zulässig erklärt. * Nach einer amtlichen Bekanntgabe des Reichsschatz. Meisters der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei ist die Mitgliedersperre mit Wir- kung vom 15. Juli als erloschen anzusehen. Die Orts gruppen können ab 16. Juli wieder Ausnahmescheine ent gegennehmen. * Im Stuttgarter Gemeinderat wurde ein national- sozialistischer Antrag angenommen, wonach Gehälter über 12 OOOMark jährlich nicht mehr bezahlt werden sollen. Berliner polizeiauio rast gegen Straßenbahnwagen. Schwerer VerkehrSunfaN nach der nationalsozialistische« Lustgartenkundgebung. Am Sonnabend abend ereignete sich im Südosten Berlins an der Ecke der Naunhn- und Adalbertstraße ein schwerer Verkehrsunfall, bei dem zahlreiche Personen zum Teil sehr schwer verletzt wurden, darunter eine ganze An zahl von Kindern, die aus Treptow von einem Ferien aufenthalt zurückkehrten. Ein großer Überfallwagen der Polizei, der von der Lustgartenkundgebung der Nationalsozialisten zurückkehrte, raste in voller Fahrt auf einen Straßenbahnzug der Linie 3, der aus Treptow kam, auf. Der Zusammenstoß war so stark, daß der Überfallwagen stark beschädigt und ein Straßenbahnwagen in der Mitte durchgelnickt und aus den Schienen gehoben wurde. König NsfsUeü k o dl i. E ä k L dl -K V k k -i ch. Forlsetzung.) „Ia, Vater! Aber vorher noch ein Wort! Glaubst du, daß es ... meine Tochter ist? Du weißt, daß ich nicht ohne Grund so frage." „Ich weiß es, Willmar," anwortete der alte Feyerabend ernst. „Aber du darfst ohne Sorgen sein. Sieh dir deine Tochter an, sie ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten." Eine Last fiel von des Mannes Seele. Tief atmete er auf. „Gott sei Dank! Laß' mich jetzt Else sehen." Der Chormeister stand rasch aus und verließ das Zimmer, um nach wenigen Augenblicken mit einem reizenden vier jährigen Lockenkopf zurückzukommen. Scheu stand die kleine Else vor dem fremden Manne. Willmar wurden die Augen feucht, als er sein Kind sah. „Willst du nicht zum Papa kommen, kleine Else," sagte «r zärtlich zu dem Kinde. Doch die kleine Else stand steif an der Tür und starrte den fremden Mann mit angstvollen Augen an. „Ich hab' Angst." flüsterte sie. „Die Oma sagt, der Papa ist so bös'" Ein finsterer Ausdruck legte sich auf Heydens Züge, aber «r bannte ihn rasch wieder. „Der Papa ist gut, kleine Else. Er hat die kleine Else sehr lieb." Bei diesen Worten zog er das Kind, das zu weinen be gann, an sich heran. Der alte Feyerabend sah, wie des Mannes Brust arbeitete, wie ihm das Wiedersehen Qual bereitete. Wilder Grimm gegen die eigene Frau, die in dem Kinde die Angst vor dem Vater systematisch großgezüchtet hatte, wuchs. Klein-Else weinte auf dem Schoße des Vaters, und Heyden ließ es weinen. Er wartete geduldig, ließ es aber nicht von sich. Nach und nach gab das Kind den Widerstand auf, auch das Weinen verstummte. Mit angstvoller Neugier fah Else den Vater an, der ihre tränennafsen Wangen zärtlich streichelte. „Hast du immer noch Angst vor dem Papa, kleine Else? Der Pepa ist gut und hat das Eischen lieb." Und das Kind wurde ein klein wenig sicherer. Es fragte zaghaft: „Bist du gut, Papa?" -5a, ich bin dir gut, mein Kind! Und du mußt den Papa auch liebhaben. Komm, drück' den Papa und gib ihm einen Kuß." Er sprach so warm und vertrauenerweckend, daß das Kind Zutrauen faßte und den Vater schüchtern umarmte und küßte. Willmar Heydens Augen wurden feucht. Wie wohl tat es, ein so süßes, liebes Wesen im Arm zu halten! Er spürte plötzlich ein Heimatgefühl im Herzen. Dann griff er in seine Taschen und packte aus. Er hatte verschiedene Herrlichkeiten eingekauft. Klein-Elschens Augen gingen über, als sie das alles sahen " „Für mich, Papa?" fragte sie ganz atemlos. „Ja, für das kleine Elschen, das den Papa immer lieb haben soll." Da kletterte das Kind auf seinen Schoß, und abermals rankten sich zwei Kinderarme um seinen Hals, ein weicher Kindermund suchte seine Lippen und sprach süß: „Ich hab dich immer lieb, guter Papa! Du bist gut. Ich bin dir gut, Papa!" Heyden lächelte schmerzlich bei diesem Geständnis. Als er dann seinem Schwiegervater wieder allein gegen übersaß, begann der alte Feyerabend wieder: „Wie willst du es nun halten, Junge? Ich meine mit Else?" „Ich will Else von hier fortnehmen. Ich muß es, Vater. Sieh dir das Kind an. Die Großmutter erzieht es zu einer Zierpuppe, und ich will nicht, daß mein Kind so wird, wie es leider die Mutter war. Verzeih' mir, daß ich so spreche, aber zwischen uns Männern muß Klarheit sein." Feyerabend nickte stumm. Heydens Worte taten ihm weh. denn er wußte, daß er die Wahrheit sprach. „Ich wußte es, Willmar!" sagte er stockend. „Ich war darauf gefaßt, denn du hast recht, das Kind ist in falschen Händen. Meine Frau hängt mit einer wahren Affenliebe an dem Kinde, aber sie verdirbt es. Das Kind war mein Sonnenschein." „Es soll dir nicht entzogen sein, Vater!" sagte Heyden herzlich und ergriff die Hand des Alten. „Ich will es gut unterbringen, und du sollst oft zu ihm kommen. Wo ich es unterbringe, weiß ich noch nicht, aber gut soll es unter gebracht sein." „Erlauben das deine finanziellen Verhältnisse, Willmar?" Heyden nickte. „Ich bin zwar ein armer Teufel wie früher, aber für mein Kind habe ich in den vier Jahren an die siebentausend Mark zusammengescharrt. Davon sollen dreitausend dir sein, und die anderen viertausend will ich für Elschen verwenden." „Du willst uns wieder verlassen, Willmar?" fragte Feyerabend leise. Willmar sah sinnend vor sich hin. „Ich weiß noch nicht recht, was ich tun soll." " „Bleibe hier, Willmar." „Ich fürchte, daß ich mich in der Großstadt nicht mehr wohlfühlsn kann. Ich habe zu lange in der Freiheit, im Leben draußen gesteckt. Mich treibt es wieder hinaus, aber ... jetzt ist etwas da, was mich hält: mein Kind. Ich weiß noch nicht, was ich tun soll." „Nimm dir Zeit! Gehe mit dir zu Rate und überstürze nichts. Ich habe dich immer gern gehabt, mein Jungs, und es würde die Freude meines Alters sein, wenn ich dich mit deinem Kinde dauernd in meiner Nähe wüßte. Doch laß' uns jetzt nicht davon reden. Ich muß zur Probe." „Du bist noch an der Staatsoper?" „Ja!" feufzte Feyerabend auf. „Ich bin nicht mehr ge worden als Chordirektor. Aber ich bin zufrieden. Früher habe ich gedacht, die Welt wartete auf mich, aber es ist gut, daß die Eitelkeit !m Alter verschwindet." „Es ist besser, wenn sie noch früher flieht, Vater. Ich habe sie auch vom Halse." Heyden hatte, als er die Choristin Elvira Feyerabend heiratete, bei seinen Schwiegereltern gewohnt. Mit einund zwanzig Jahren ... mußte er, der in einem Bankhause tätig war, die blonde kokette Elvira heiraten. In seinem Schwiegervater hatte er einen Freund ge habt, der zu ihm stand und ihm stets zur Seite trat, wenn Frau Anna es in ihrer Gehässigkeit gar zu weit trieb. Sie hatte von der Ehe nichts wissen wollen, denn sie liebte ihre Tochter mit einer Affenliebe ohnegleichen und hatte ge- bofft, daß ihre Tochter einmal eine „feine" Partie mache. Und das war der simple Bankbeamte Willmar Heyden nicht. Daran änderte auch nichts, daß der Vater Willmars, mit dem er seit seiner Heirat zerfallen war, als Regierungsrat in Aachen lebte. Willmar hatte das Gymnasium besucht und sollte dis höhere Beamtenlaufbahn des Vaters einschlagen. Aber der freiheitlich gesinnte Willmar hatte dazu keine Lust und ver- schwand mit 19 Jahren aus dem Elternhaus, schlug sich schlecht und recht durch und war mit 21 Jahren Bank beamter. Und dann begann sein abenteuerliches Schicksal. Er lernte die schöne, kokette Elvira Feyerabend kennen und verliebte sich in sie. Die Ehe war unglücklich, obwohl Elvira mit großer Liebs an ihrem jungen Gatten hing. Aber die Mutter, zu der die Tochter gewissermaßen in einem Hörigkeitsverhältnis stand, ließ die beiden nicht glücklich werden und verfolgte den ihr nicht genehmen Schwiegersohn mit ihrem Haß. Dann kam das bittere Ende: Elvira starb. Die Szene, die sich damals zwischen der tob«ü«> Mutter und Willmar Heyden abspielte, konnte Willmar nie ver gessen. (Fortsetzung folgt.)