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MdmAAgMit T^für ÄürgertuM/.Leamte, Angestellte u. Arbeiter IIH Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, an allen Werktagen nachmittags s Uhr. Bezugspreis monatlich 2,- RM. baten 'n P°!'d«st-llung 1,8V «M. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Siptg. Alle Postanstalten, Post- d'' Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ft^g» m,Ag^ n — Krieg oder i-nftig-r B-- trlevsstdrungen besteht kein Ampruch auf Lieserung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porte beMegU Anzeigenpreisr die 8gespaltene Naumzeile 26 Npfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Neich« Pfennige, die 3gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 NMK. Nachweisungsgebühr 2V Reichspfennige. Dor geschriebeneErfcheinungs- LN- « tage und Platzvorfchriften werden nach Möglichkeit FSkNfpkkHSk: AMt 2ÜNSorUff v berücksichNgt. Anzeigen annahme dis vorm.lOUHr. > " ' ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Badaliuniprua erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerbt. Nr. 153 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt" Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 2. Juli 1932 Wendepunkte. Die Revision von Versailles — Lehren aus dem Sklarek- urteil — Notverordnung und Wahlkampf. Der Deutsche Reichskanzler hat aus der Tributkonfe renz in Lausanne am 28. Juni, am Jahrestag der Unter zeichnung des Versailler Vertrages, vor den verantwort lichen Staatsmännern Frankreichs und Englands offen die Revision des Versailler Vertrages gefordert. Er hat erklärt, das Vertrauen der Welt werde erst wiederkehren, wenn sich die Siegermächte entschließen, die Fesseln des Versailler Vertrages von Deutschland zu nehmen, die Gleichberechtigung des deutschen Volkes mit andern Kulturvölkern und die Sicherheit Deutsch lands wiederherzustellen. Mit seiner Forderung nach Re vision des Versailler Vertrages hat der Reichskanzler einen neuen wichtigen Schritt auf dem Wege zur end gültigen Befreiung aus der erdrückenden Umschlingung des Versailler Vertrages getan. Nachdem die harte Wirk lichkeit den Tribntraum zerstört hat, nachdem auch Frank reich diese Tatsache anerkennen muß. und sich nur noch an unsere Unterschrift klammern kann, war in der Tat der Zeitpunkt gekommen, um diesen Schritt zu tun und der Welt dies zu sagen: die Tribute sind nicht die einzigen Fesseln, die man dem deutschen Volk in Versailles an gelegt hat, auch die Entwaffnung und die daraus folgende Wehrlosigkeit und ebenso die Kriegsschuldlüge haben das deutsche Volk zum unfreiesten aller Völker ge macht. Es ist falsch zu sagen, mit der Anmeldung der Revi sion und der Forderung nach Gleichberechtigung sei nichts Neues geschehen, das hätten auch schon früher deutsche Staatsmänner getan und hätten Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund erreicht. So hört man es von gewissen Kreisen. Die parteipolitischen Scheuklappen müssen schon recht groß sein, um behaupten zu können, der Völkerbund hätte in irgendeiner Hinsicht Deutschlands Gleichberechtigung anerkannt. Die französischen Propa- yanvistcn werden sich mit Vergnügen ans solche Behaup tungen in deutschen Blättern stürzen. Denn Frankreich wird alles tun, um die Weltmeinung gegen die Revision des Versailler Vertrages zu mobilisieren, und es wird auch Versuchen, in Deutschland selbst in dieser Sache Zwie tracht zu säen. Aber man wird in Paris bald einsehen Müssen, daß sich die Zeiten geändert haben. So wie in der Ablehnung jeglicher Tributzahlung ein ein heitlicher Volkswille entstanden ist, so muß sich auch eine geschlossene Front bilden, dir jede deutsche Regierung zwingt, — mag nun Lausanne so oder so aus gehen —, die Forderung nach Revision des Versailler Ver trages mit aller Energie vor der Welt weiterzuvertreten. * Das Zuchthausurteil gegen die Brüder Sklarek, die mit Hilfe guter Beziehungen die Berliner Stadtverwal tung um 20 Millionen Mark berauben konnten, ist nicht nur vom Standpunkt des Strafgesetzbuches aus von Be deutung. Mau muß die tieferen Zusammenhänge bei diesem Prozeß betrachten, um die Tragweite dieses Urteils für unser ganzes politisches Leben, vor allem aber für unsere Kommunalpolitik zu erfassen. Der Prozeß mit seinem Urteil hat eines klar und deutlich erwiesen: daß das System der Kommunalpolitik, so wie es nach dem Um sturz sich herausgebildet hat, falsch war und falsch ist und zum völligen Ruin führt. Es ist das System, das eine Verwaltung nur nach p a rt e ip o l iti s ch e n Rücksichten aufbaut und in dem der Grundsatz herrscht: Gibst du mir, so geb ich dir! Man mutz sich mal eines vor Augen stellen: Wer durch eine Partei in ein Amt kommt, kann schon von vornherein darauf rechnen, daß ihm die Partei einen großen Teil der Verantwortung nach außen abnimmt und ihn so lange deckt, wie es sich nur irgendwie machen läßt. Dazu tritt das gefährliche Bestreben mancher Par teien, ihren Machtbereich durch Besetzung einer möglichst großen Zahl von Posten auszudehnen und zu sichern. Daß dabei häufig diefachliche Eignung gegenüber der parteipolitischen Zugehörigkeit an die zweite Stelle tritt, ist die selbstverständliche Folge. Liegen schon allein in diesen Zuständen sehr große Gefahren für unser öffent liches Leben, so treten noch andere Umstände hinzu, die gerade in den Stadtverwaltungen den Schaden noch ver größert haben. In den Verwaltungen der großen Städte herrschte in den letzten Jahren unbestritten ein Größenwahn im Geldausgeben. Das Geld ausgeben selbst ist dadurch sehr erleichtert worden, daß sich die Stadtparlamente um die Einnahmen kein Kopf zerbrechen machten. Der Hauptteil der Einnahmen — so ist es seit dem Umsturz — wird den Gemeinden aus den Staatskassen überwiesen. War das Geld alle, fuhr der Herr Ober nach der Landeshauptstadt und malte ein Schreckensbild von der Lage an die Wand. Und allzuoft ließ sich der Finanzminister bewegen, zu einem Sonder zuschuß in die Tasche zu greifen. So etwas hat sich dann schnell herumgesprochen, und wenn der Herr Ober mit klingendem Erfolg nach Hause kam, wollte die Nachbar- stadt auch nicht zurückstehen. So trieb einer den anderen. Man suchte sich mit großzügigen Plänen gegenseitig zu übertrumpfen. Wo die Mittel fehlten, wurden Schul- aber a^k"«« ^zEng in den Großstädten ging »ver aui Konen des Landes und der kleine- Kamps W die Eadlösang ia LMme. Gläubiger unier sich. Die Verhandlungen auf der in den letzten Zügen liegenden Lausanner Konferenz wurden jetzt in der Hauptsache zwischen den Gläubigermächten weiter geführt, um die Vorschläge zu beraten, die man Deutsch land auf seine Forderungen nach Tributstreichung und Gleichberechtigung machen will. Wenn man zu einem Ent schluß gekommen ist, wird man Deutschland wieder Herein rufen, um ihm die Pläne zu unterbreiten. Die Antwort Deutschlands kann nicht zweifelhaft sein, wenn es sich be stätigt, daß sich die Verhandlungen über den gemeinsamen Plan der Gläubigermächte endgültig in der Richtung be wegen, daß der Ifeichsregierung der Vorschlag einer Ab- schlutzzahlung in Höhe von vier Milliar de n bei einer» Tilgungsbeginn nach fünf Jahren gemacht werden soll. Dieser Vorschlag ist für uns, wie immer wieder betont werden muß, unannehmbar, wenn er nicht noch erhebliche Abänderungen in bezug auf Höhe und Art der Zahlungen erfährt. Insbesondere müßte jede Zahlung eines weiteren Tributs an Frank reich abgelehnt werden, weil, ganz abgesehen iDn allen anderen Gründen, jede Art von weiterer Reparati-vns- zahlung die Wirtschaftskrise der Völker verstärken müßte. Ob über irgendeine andere Zahlung, die nicht Tribut zahlung ist, etwa in den berühmten „großen Topf", aus dem den notleidenden Staaten geholfen werden soll, noch verhandelt werden kann und wird, das wird der weitere Gang der Arbeiten in dem sogenannten „Bureau der Lausanner Konferenz" ergeben, das den Verbindungsmann stellen soll zu der großen Krisenkonferenz in London. Vor aussetzung dafür aber ist, daß bis dahin der mühsam zu sammengeflickte und zusammengchaltene Bau der euro päischen Wirtschaft nicht mit größerem Krach auseinander gefallen ist. Zn Erwartung -er deutschen Stellungnahme. Die endgültige Abfindung. Ministerpräsident Herriot gab im Anschluß an einen Ministerrat in Paris einige Erklärungen ab, in denen er besonders die Übereinstimmung der englischen und französischen Auffassung in folgenden beiden Punkten unterstrich: 1. die enge Ver bindung zwischen Reparationen und interalliierten Schul den und 2. der allgemeine Charakter einer endgülti - gen Abfindung. Er betonte, daß die Einzelheiten dieser Abfindung noch einer Regelung bedürfen. Man hoffe jedoch, recht bald mit den übrigen großen und kleinen Gläubigermächten zu einer Verständigung zu gelangen. Im Augenblick bestehe nur noch die Frage, ob Deutsch land diese Vorschläge annehmen werde. Der Ausgang der Konferenz sei somit in die Hände der deutschen Abordnung gelegt. Der MWjiWche AW de; Vsr- Mzes der Alliierten. Lausanne, 1. Juli. Der von den Gläubigermächten ge meinsam ausgearbeitete Plan ist in den Freitagabendstunden der deutschen Abordnung offiziell noch nicht übermittelt worden, ist jedoch inoffiziell in großen Zügen der deutschen Abordnung, bekanntgeworden, lieber den Inhalt dieses Planes liegen vor- läufig nur Mitteilungen von französischer und englischer Seite vor, die jedoch keineswegs als vollständig angesehen werden können und deshalb hier nur unter allem Vorbehalt wiederge- geben werden. Nach diesen Mitteilungen enthält der Plan der Eläubiger- mächte folgende Regelung der Tribut frage: Die deutsche Regierung hinterlegt bei der Baseler B.I.Z. zugunsten der Gläubigermächte Reichsbahnbonds in Höhe einer Summe, die endgültig erst am Sonnabend von den Gläubigermächten festgelegt werden wird. Während einer Dauer von drei bis fünf Jahren tritt ein vollständiger Zahlungsaufschub für Deutschland ein. Nach dem Ablauf dieser Frist werden die Reichsbahnbonds in den Handel gebracht, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß der Kurs der Hounganleihe eine bestimmte Höhe erreicht hat. Die alliierten Gläubigermächte verpflichten sich, sich mit allen Mitteln bei der amerikanischen Negierung für eine Streichung der internationalen Schulden einzusetzen. Falls die amerikanische Regierung die Streichung ablehnt, werden dreiviertel der Deutschen Reichsbahn-Bonds vo<n den alliierten Eläubigermächten den Vereinigten Staaten als Abzahlung für ihre Schulden übergeben. Das restliche Viertel der deutschen Reichsbahnbonds wird bei der gemeinsamen Kasse für den Wie deraufbau Europas jedoch zugunsten Frankreichs eingezahlt Falls dis Vereinigten Staaten auf eine Streichung der inter alliierten Schulden eingehen, werden dreiviertel der Neichsbahn- bonds der deutschen Regierung sofort wieder zurückerstattet. In diesem Fall würde die deutsche Negierung somit nur ein Viertel der anfänglich festgesetzten Neichsbahn-Obligaticnen zu entrich ten haben. Dieser Vorschlag enthält somit eine Mindest- und eins Höchstgrenze für die Restzahlung an die alliierten Mächte. Als Gesamtbetrag, den Deutschland "ach diesem Vorschlag zahlen soll, wird am heutigen Abend in englischen und sranzösijschen Kreisen ein Betrag von vier bis sechs Milliarden genannt, von denen im Felle der Schuldenstreichung durch die amerikanische Regierung em, Viertel, jedoch im negativen Falle die Gesamt summe in der Form von Reichsbahnbonds, zu entrichten ist. Ferner soll die deutsche Negierung nach dem Vorschlag der Gläubigermächte verpflichtet werden, die Verzinsung und Amor tisierung der Dawes, und Younganleihe weiterzuführen und ferner in zehn Jahresraten von 117 Millionen die durch das einjährige Hoovermoratorium vom 1- Juli 1931 bis zum 1. Juli 1932 ausgeschobene Summe zu tilgen. Für die von den alliier ten Mächten geforderte Verbindung der interalliierten Schul ren Stadie und Gemeinden. Dort stieg schon die Not, während das Geld noch in Strömen durch die Klassen der Großstädte floß. Das waren die schönen Zeiten, wo z. B. der Generaldirektor der Straßenbahnen von Hagen in Westfalen in drei Monaten (nicht Jahren!) eine Spesenrechnung von 180 000 Mark ausstellte und auch be zahlt bekam. Dies hat man kürzlich aus einem Prozeß erfahren, und noch einiges dazu. Das war die Luft, in der auch die Sklareks in Berlin prächtig gediehen. Schon lange, bevor der Skandal losbrach, war es an maßgeben den Stellen bekannt, daß in der Berliner Stadtverwal tung bis zum Oberbürgermeister vieles recht faul war. über geschehen ist nichts, weil gewisse Leute einen partei politischen Skandal fürchteten. Nun müssen wir alle sehr hart die Sünden eiiner Zeit büßen, wo Parteipolitik, Geschäft und Größenwahn das öffentliche Leben be herrschen wollten. Hoffen wir, daß das deutsche Volk Endlich die Lehren aus den bitteren Erfahrungen fteht. , Dis vergangene Woche hat noch ein drittes Ereignis rebrachl, das für unser politisches Leben von großer Trag- vett« sä« kann, nicht aber sein muß. Es ist »ft zweite Notverordnung des Reichspräsidenten über Uniform- eerbst» und Arkzüge. Mit dieser Notverordnung will die Neichsregierung den Widerstand der Länder gegen die Aufhebung der besagten Verbote überwinden. Sie ist dabei von dem Grundsatz der Reichsverfassung ausgegangen: Reichsrecht bricht Landesrecht, d. h. wenn eine Angelegenheit durch Reichsgesetz oder durch Neichsverordnung geregelt wird, dann gehen die Neichsbestimmungen den Bestimmungen der Länder voran; wenn sich beide Bestimmungen widersprechen, so fallen die Länderbestimmnnaen aam wea. So ist Ls im vorliegenden Fall. Die Sonderverordnungen der Länder über die Uniform- und Aufmarschverboie sind nun außer Kraft. Die widerstrebenden Länder haben erklärt, sie beugen sich dem Grundsatz der Neichsverfassung und wollen die Verordnung durchführen, aber die Verant wortung für die Folgen schieben sie ausdrücklich der Reichsregierung zu. Die Proteste, besonders aus Bayern, bemängeln vor allem, daß sich nun das Reich das Recht genommen habe, von den Länderregierungen die Auf hebung ortspolizeilicher Maßnahmen zu ver langen. Bisher lag die Entscheidung in Streitfällen über Anordnungen der Ortspolizei allein bei den Ländern. Der Reichsinnenmtnister ist sich der Tragweite seines Vorgehens wohl bewußt, das zeigt auch seine Begrün- düng. Was aber aus dieser Notverordnung alles werden kann, das wird allein die Praxis zeigen. Es wird viel von dem guten Willen aller abhängen, ob aus diefer Verordnung neue Konflikte entstehen oder ob sie zur Beruhigung der Gemüter beiträgt. Die Feuerprobe wird die Verordnung im Wahlkampf zu bestehen haben, wenn die Parteien mit ihrer Propaganda auf die Straße gehen. Die Reichsregierung ist zuversichtlich und verspricht sich günstige Wirkungen; die Länderregierungen find weniger zuversichtlich und lassen durch ihre Presse ihre Sorgen zum Ausdruck bringen. Vieles wird ja nun auch von den Parteien und ihren Führern ab hängen, besonders von den Massenparteien; vieles hängt auch von der Disziplin dergesamtenBevölkerung ab. Es wäre, auch dem Ausland gegenüber, von außer ordentlichem Wert, wenn die kommenden Wochen den Beweis lieferten, daß das deutsche Volk immer noch starke innere Difziplin besitzt, und daß durch die Disziplin der friedliebenden Bevölkeruna alle Störungsversuche über wunden werden.