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Sonntags-Keilage ANsapuNei' rsaeblstt 'S S. »0Z2 N . 2Z Spuk von gestevn Ein paar nachdenknche Geistergeschichten von Rudolph Stratz. ich seine geistige Aufwartung chr die Schamhaftigkeit keine mit die das Und wird an eben derselben Stelle geköpft, wo damals aas Jüngferlein ohne Kopf gestanden. Und sagt auf dem Richtkarren zum Beichtvater: „Ich hätt' es willen können, )aß ich mir selbst erschienen bin. Trug doch die Jungfer Dhnekopf eben einen so geblümten Schurz und auch solch ein Oberröcklein wie ich. Ich selbsten habe mich gewarnt, als :s noch Zeit war. Denn damals", schließt die reuige Sün- oerin, „war ich noch für eine Jungfrau erfunden. Nun muß ich's büßen, und sollen mir meine Blutstropfen auf dem Rabenstein eitel purpurbraune Muskatellertrauben dünken.. In dem Poem des weimarischen Staatsministers von Goethe heißt das arme Mägdlein Gretchen. Oder die Historie vom tapferen Jesuiten, deren Pointe darin besteht, daß sie eigentlich keine Pointe hat. Das ist in Böhmen — einer Gespcnstergegend ersten Ranges — Anno 1626 — also mitten im schönsten Dreißig- lährigen Krieg, zur Zeit der Gegenreformation nach der Schlacht am Weißen Berge. Der Jesuitenpater 'Johannes Drachovius zieht kaiserlichen Befehlsschreiben im Lande umher, um Hussiten wieder zu Rom zu bekehren. Kommt auch in berühmte Schloß Pernstein. Predigt da w oiel Zulauf. In seinen Mußestunden leid. Vor allem natürlich: Man muß daran glauben... Der Londoner Komödienprinzipal Shakespeare hat an Geister geglaubt. .Der Jenaer Geschichtsprofessor Schiller nicht. Ein Rückengruseln, wenn Hamlets Vater erscheint. Das Rasseln einer Theaterversenkung, wenn der schwarze Ritter vor der Jungfrau verschwindet. Das macht: Zu Schillers Zeiten galt es für nicht fein, Gespenster zu sehen! Wozu hatte man denn die Aufklärung? Im 16. und 17. Jahrhundert kannten auch die größten Geister die Kunst, mit Geistern umzugehen, und schämten sich dessen nicht. Nicht die abgedroschene Geschichte von Luthers Tinten faß. Aber — ich öffne jetzt die Schließen von einem herr lichen Schweinslederband meiner okkulten Bibliothek — kein Geringerer als Melanchthon erzählt da im ersten Teil seiner „Uoci oommunes reruna tkeoIosiLLrum": Ein fremder Mönch pocht heftig an Meister Martini Tür. Tritt ein. Trägt einige bekannte Jrrtümmer vor, wird immer verzwickter und kniffliger. Luther antwortet mr- behaglich: „Gehet fort! Ihr verwirret mich!" Steht auf. Faßt den Geist schärfer ins Auge: Na also! Ta haben wir's: Der fconime Vater trägt unter den Kuttenärmeln keine Hände, sondern Vogelklauen! „Ei!" spricht Herr Martinus, „steht nicht von dir geschrieben: Ter von einem Weib wird geboren werden, wird den Kopf der Schlange zerquetschen?" Drei Tage lang mußte das Hans gelüftet werden, mit solch entsetzlichem Gestank war der Teufel abgeschieden, meldet Melanchthon. Melanchthon hatte auch, wie das so geht, eine Tante. Die Schwester seiner Mutter. Eine Witfrau. Bei der er- chien, wie er im obigen Folianten berichtet, zur Schummer- tunde ein baumlanger Franziskaner und dahinter ih-- ver- torbener Mann. Er bittet nur um ein paar Seelenmessen, reicht der Tante die Hand und verschwindet. Die Hand aber war und blieb bis an der Tante seliges Ende schwarz. Und nun zerbricht sich in seiner gelehrten Abhandlung „Von den Erscheinungen der Geister" der hochwürdige Benediktinerabt Calmet noch zwei Jahrhunderte später den Kopf, ob die Ketzcrtante Melanchthons Anno dazumal Besuch don guten oder bösen Geistern gehabt habe. Wenn gut: Warum verbrennen sie der armen Frau die Hand? Wenn böse: Was sollen dann die Seelenmessen? Damals gaben einem noch die Geister Nüsse zum knacken auf! Anders als heute bei dem blöden Tischrücken, Glöckchen- geklingel, Schleimgespucke durch Schleier! Was habe ich davon, wenn in der Dunkelkammer Goethe mich am Ohr zupft oder Lukrezia Borgia mir ins Genick pustet oder — wie während des Krieges in München-Bogenhausen — Na poleon durch den Mund des Mediums heftig schwäbelnd ein baldiges Sinken der Fleischpreise prophezeit? Nein: die Geistergeschichten in meinen alten Schweins lederbändchen sind voll und rund. Sie haben Pointen. Sie geben manchmal m einer Nußschale ein Menschenschicksal. Nehmen wir z. B. die Geschichte von der lustigen Magd. Die geht bei Hellem Mondschein, kurz vor der Feuer glocke, mit ihrer Frau außen an der Stadtmauer entlang. An einer öden Stelle steht ein Weibsbild und hält ihren Kopf vorn in den Händen. Die Magd, das kühne Mensch, lacht spöttisch darüber und spricht zur Dienstgeberin: „Seht! Was steht dort für ein schönes Müsterlein!" Tie Bürgerfrau bekreuzigt sich: „Lasset uns geschwind unseres Weges gehn! Es ist nicht viel Gutes!" Und die Magd trollet denn auch mit viel Gelächter und Schelmerei mit ihr davon. Und geht tanzen. Und läßt sich mit einem fremden Mann ein, von dem man dann nichts mehr hört. Und er würgt, ehe ein Jahr um ist, und verscharrt ihr in Unehren heimlich geborenes Kind und wird beobachtet und vor den Rat gebracht.. berühmte Schloß Pernstein. Predigt da gewaltig und unter oiel Zulauf. In seinen Mußestunden leidet es den feurigen Ordensmann nicht in seiner Kammer. Er läuft durch alle Gänge, klettert auf die Türme, ist emsig, alles zu besehen. Da geht eine Tür auf. Aus einem Gemach kommt eine ierlich aufgeschmückte Jungfrau mit einem Bund Schlüssel. Lr hält sie für eine Kammerjungfrau und bietet ihr freund- ach seine geistige Aufwartung an. Die Schöne, gleich als öS ihr die Schamhaftigkeit keine Gegenrede zuließe, schweigt, neigt höflich, wie es das Frauenzimmer Pflegt, mit einem züchtigen Blick den Kopf und geht. Am Sonntag darauf wandelt der Pater, seine Predigt meditierend, durch den Garten und rrifft in einer Sommer- taube die Jungfrau, die sich die aufgelösten Locken kämmt, md verweist ihr die Eitelkeit. Sie soll lieber beten. Die Jungfrau verbirgt stracks den Kamm, legt erschrocken die Hand auf den Mund und macht, daß sie wegkommt. Wer aber beim Gottesdienst nachher durch Abwesenheit glänzt, das ist das schöne Fräulein! Das ärgert den Pater Ärachovius. Er fragt den Schloßhauptmann nach ihr, be- chreibt sie. Der Eisenfresser faltet die Hände: „Großer Lott! Das ist ja die Perchta! Das ist keine rechte Jungfrau, lochwürdiger Herr, sondern unser jungfräuliches Schloß- zespenst, das als des Teufels Affe die Gestalt eines lieblichen Leibes anzeucht und allen Männer sündig die Sinne ver wirrt!" Na warte, Perchta von Pernstein! Dir werd' ich kommen! Der Missionarius der Gesellschaft Jesu geht und sucht den Zatan in allen Winkeln. Steigt treppauf, treppab. Stöbert m Kellern und Kammern. Umsonst! Die schlimme Perchta hält sich voll Todesangst vor dem Pater versteckt, bis er end- ich Abschied nimmt und wcitcrrcist. Denn das ist kein Priester wie andere. Das ist ein Mitglied der Kompagnie vesu, und vor der flieht spornstreichs auch der Teufel. Und eswegen berichtet der k. Balbinus in feiner „Geschichte Zähmens" diese Mär. Gleich nachher, schließt er behaglich, war die Perchta wieder da. Sie hatte durch ihre F.ncht immerhin an An- when verloren. Und wie sie wieder herumgeistert, schwört in vollgesoffener Torknscht, pah — er wolle sie löffeln und ihr einen steifen Schmatzer aufs Maul geben — es sei ihr tieb oder leid! Perchta läßt sich auch geduldig küssen. Sie umschlingt zärtlich ihren Berehrer, sie drückt und drückt ihm die Seele aus dem Leib, und wie sie den Kerl losläßt, fällt er tot hin. Er war eben kein Jesuit. Diese Geister der guten alten Zeit stellen eben den Men schen auf die Probe. Wer das Weiße im Auae der.Mute«