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Nr- 128 — 91. Jahrgang Wilsdruss-Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2640 Reichstag -Remahleu bereits im 3M? Freiherr vss Bilum, -S» neue Reichsernährungsministrr, Goerdeker lehnt dasArbeitsmiuisterium ab Amtlich wird jetzt mitgeteilt, daß der Leipziger Oberbür germeister Dr. Eoeröeler das ihm angebotene Arbeitsmini sterium abgelehnt hat. Mit der vorläufigen Verwaltung dieses Ministeriums ist, wie schon gemeldet, der Reichswirtschafts minister Dr. Warmbold betraut worden. Bei dieser Betrau ung handelt es sich aber, wie betont wird, lediglich um ein Provisorium. Wer als definitiver Arbeitsminister in Aus sicht genommen ist, ist eine Frage, die zur Zeit noch nicht ent schieden ist, die aber auch nicht mehr von erheblicher Bedeu tung ist. Die erste Sitzung des neuen ReichskabinettS. Amtlich wird mitgeteilt: Das Reichskabinett trat unter Vorsitz des Reichskanzlers von Papen zu seiner ersten Sitzung zusammen. Diese Sitzung war nur kurz und trug lediglich formalen Charakter. Reichstagswahlen bereits am 26. Juni? Berlin. Man hält es jetzt für sicher, dH das Kabi nett den Reichspräsidenten bitten wird, morgen das Auslö- sungsdelret siir den Reichstag zu verkünden, so -ast das neue Kabinett zunächst überhaupt nicht vor das Parlament tritt. Der Haushalt wird dann wahrscheinlich durch Notverordnung in Kraft gesetzt werden müssen, da eine parlamentarische Ver abschiedung nicht mehr m Frage kommt. Mit Bezug aus die Reichstagsneuwahl nahm man ursprünglich an, dast einer der letzten Iulisonntage dafür in Betracht kommen werde. Wenn jedoch die Auflösung des Reichstages schon morgen stattfinden würde, so würde man einen früheren Zeitpunkt in Aussicht nehmen können. Deshalb ist jetzt davon die Rede, dast die Neu wahl des Reichstages entweder schon am 3. Juli oder vielleicht sogar schon am 26. Juni stattfinden kann., Nähere Bestimmun gen darüber bleiben abzuwarten. " Wen W nach Lausanne Berlin. Die neue Reichsregierung wird auf der Lau sanner Konferenz wahrscheinlich durch den Reichskanzler von Papen und durch den neuen Austenminister Dr. von Neurath und den mnen Reichsfinanzminister Grafen Schwerin vertre ten sein. Gras Schwerin ist insbesondere mit den Reparations- fragen vertraut, und seine Ernennung zum Staatssekretär im Reichsfinanzminiflerium war bereits von Reichskanzler Dr. Brüning in Aussicht genommen. , * Keine Währungsexperimenie. Oie Besprechung von Papen — Or. Luther. Amtlich wird mitgeteitt: Reichskanzler von Papen empfing de« Reichsbankpräsidenten Dr. Luther zu einer eingehenden Aussprache. Dabei wurden sämtliche Pro- bleme behandelt, die für die der Reichsbank obliegenden Ausgaben von Bedeutung sind. Es ergab sich volle Übereinstimmung insbesondere darüber, dast keinerlei Währungsexperi mente und überhaupt aus dem Währungs- und Kredit gebiet keine Mastnahmen in Frage kommen, aus welchen sich eine Gefahr für den Bestand der Währung ergeben könnte. Sozialdemokratischer Mitztraaensantrag Berlin, 3. Juni. Die sozialdemokratische Reichstags fraktion hat nach dem „Vorwärts" dem Reichstag folgenden Mitztrauensantrag gegen die Regierung von Papen einge bracht: „Die Reichsregierung besitzt nicht das Vertrauen des Reichstages." Auch kommunistischer Mitztrauensautrag gegen die Regierung. Berlin, 3. Juni Die kommunistische Reichstagsfraktion hat, wie die „Rote Fahne" berichtet, am Donnerstag abend folgenden Antrag eingebracht: „Der Reichstag entzieht der Reichsregierung von Papen das Vertrauen." Dreitscheid wünscht offene Regiernng Hitler. Kopenhagen, 2. Juni. Mrlingske Tidende veröffent licht am Donnerstag eine Unterredung mit Breitscheid. Auf die Frage, wie lange das Kabinett von Papen dauern werde, antwortete er, die Herren der neuen Regierung rechneten selbst mit vier Jahren. Er, Breitscheid, glaube jedoch, dast sie einen falschen Schachzug getan hätten. Man werde bald einer anderen Lage gegenüberstehen. Er glaube jetzt schon sagen zu Kabinett Papen vollständig. Vereidigung des Kabinetts. Reichskanzler von. Papen hat nunmehr die neue Reichsregierung beisammen, die vom Reichspräsidenten in ihrem Amte bereits bestätigt worden ist. Tie amtliche Kabinettsliste bringt folgende Besetzung der einzelnen Ministerien. Reichskanzler: von Papen. Inneres: Mitglied des Reichsrats Freiherr von Gayl. Auswärtiges: Botschafter Freiherr von Neu rath. Finanzen: Ministerialdirektor Gras Schwerin vonKrosigk. Wirtschaft: Professor Dr. Warmbold. Reichswehr: Generalleutnant vonSchleicher. Post und Verkehr: Freiherr Eltz von R ü b e n a ch. Justiz: Dr. Gürtner, der bisherige bayerische Justizminister. Ernährung und Ostkommissar: Regierungspräsident a. D. F r e i h e r r v o n B r a u n. Arbeit: interimistisch Professor Dr. Warmbold. Dr. Goerdeler soll sich grundsätzlich bereit erklärt haben, das Arbeitsministerium zu übernehmen, doch will er noch einige Fragen geklärt haben, bevor er sich endgültig zur Übernahme des Ministeriums entschließen will. Die neue Reichsregierung ist bereits am Donnerstag vereidigt worden. Die Reichsminister leisten nach tz 3 des Reichsministergesetzes vom 27. März 1930 vor ihrem Amtsantritt vor dem Reichspräsidenten folgenden Eid: Ich schwöre: Ich werde meine Kraft für das Wohl des deutschen Volkes einsetzen, die Verfassung und die Gesetze des Reiches wahren, die mir obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen und meine Geschäfte unparteiisch und gerecht gegen jedermann führen. Nach Absatz 2 desselben Paragraphen ist die Beifügung einer religiösen Beteuerung zulässig. Unmittelbar nach der Vereidigung hat die neue Reichsregierung ihre erste Kabinettssitzung abgehalten. Ob und wann die neue Regierung sich dem Reichstag vorstellen wird, ist noch nicht bekannt. Vielfach rechnet man damit, daß der Kanzler, da eine Mehrheit im Reichs tag für seine Regierung nicht vorhanden ist, den Reichstag bald auslösen wird. Von beson derem Interesse ist ein Gerücht, das in politischen Kreisen kursiert, wonach der neue Reichswehrminister, General Schleicher, geäußert haben soll, daß das Kabinett von Papen sich auf eine lange Amtsdauer einrichtet. Reichspräsident—Reichstag. Jede Verfassung hat ihre „schwachen* Seiten. Und das ist nicht einmal ein Fehler, sondern eine — Selbstver- ständlichkeit. Denn das Leben, namentlich das politische, ist so vielgestaltig, so wechselnd und mannigfaltig, daß sich alle vorhandenen und möglichen Formen des politischen Lebens nur schwer, vielleich: gar nicht in feste Formu lierungen einfangen lassen, die über das Grundsätzliche hinausgehen. Schon der demokratische Grundcharakter unserer Verfassung spaltet sich in seiner Wirklichkeit und politischen Wirksamkeit — als sogenannte „repräsentative Demokratie" — in die zwei Äste des Reichspräsi denten und des Reichstages, die beide ihr Da sein und ihr Recht der unmittelbaren Wahl durch das Voll verdanken. Die Brücke zwischen diesen beiden Äusdrucks- formen oder, wenn man will: Delegationen des Volks willens ist die Reichsregierung. Bei dieser „Brücke" ist also auf der einen Seite — Artikel 53 der Reichsver fassung — der Brückenkopf die Ernennung des Reichs kanzlers und seiner Minister durch den Reichspräsidenten, der andere Brückenkopf — Artikel 54 — ist die Billigung des Reichstages für diese Negierung durch einen Ausdruck des Vertrauens. Erst wenn diesseits und jenseits die „Brückenköpfe" da sind, ist auch die Brücke da. Sie ist aber auch nicht ohne den einen oder den anderen dieser beiden Brückenköpfe denkbar, — wenigstens nicht im Reich. Anders ist es z. B. in Preußen. Dort wählt der Landtag den Ministerpräsidenten, und es fehlt hier das vom Parla ment unabhängige Gegengewicht, der Staatspräsident. Wenn nun aber im Artikel 54 der Reichsverfassung gesagt wird, der Reichskanzler und jeder Minister habe zurückzutreten, wenn ihm der Reichstag durch ausdrück lichen Beschluß sein Vertrauen entzieht, so ist dabei die Voraussetzung, daß der Kanzler bzw. die Minister im Amt sind. Im Augenblick dreht sich aber das gesamte politische Interesse um das Schicksal eines Kabinetts, das als „Brücke" zwar von der einen Seite her — vom Reichs präsidenten aus — gebaut wird, dessen anderer Brücken kopf aber allem Anschein nach nur durch die Beseitigung entgegenstehender Widerstände, nämlich der Neichstags- mehrheit, geschaffen werden könnte, die nach der scharfen Erklärung des Zentrums nicht Willens zu sein scheint, dem neuen Kabinett das Vertrauen zu votieren. Diese Gegnerschaft des Zentrums hat sich auch auf die Baye rische Volkspartei ausgedehnt, und der Wortlaut der 'Zentrumserklärung läßt auch eine etwaige Stimm enthaltung dieser Fraktion bei einer Abstimmung über ein gegen das neue Kabinett gerichtetes Mißtrauens votum nicht zu. Damit ergibt sich aber im Reichstag von vornherein eine Mehrheit, die es ablehnt, dem neuen Reichskanzler und seinen Ministern das laut Artikel 54 „sür die Amtsführung" notwendige Vertrauen auszu- drücken. Im parlamentarisch-politischen Leben Deutschlands seit 1918 ist ein derartig gelagerter Fall bisher nicht dage- wesen und auch in der Verfassung nicht vorgesehen. Wenn ein amtierender Reichskanzler der Überzeugung war, daß ihm die Reichstagsmehrheit nicht mehr „das Vertrauen" schenkte, dann trat er zurück. Es gibt aber keinen deutschen Reichskanzler, der durch ein ausdrückliches oder indirektes Mißtrauensvotum des Reichstages gestürzt worden ist. Daß Brüning demissionierte und daß jetzt ein Kabinett von Nicht-Parlamentariern gebildet wurde, ist lediglich Sache des Reichspräsidenten gewesen, — und darin zeigt sich die Verschiebung in der Stärke der beiden politischen Machtfaktoren: Reichspräsident — Reichstag. Männer, von denen man spricht: (von links) Oberregierungsrat Planck soll Staatssekretär in der Reichskanzlei werden — der bisherige bayerische Justizminister Dr. Franz Gürtner ist zum Reichsjustiz. Minister ernannt worden — Vortragender Leaationsrat Dr. Ritter von Kaufmann-Asser soll Reichs presseches werden. Hindenburgs Dank an Brüning Der Reichspräsiderfi hat au den scheidenden Reichs kanzler Dr. Brüning das nachfolgende Schreiben gerichtet: „Sehr geehrter Herr Retchskanzlerl Ihren Antrag um Entbindung von Ihren Ämtern als Reichskanzler und als Reichsminister des Auswärtigen habe ich mit den an liegenden Erlassen entsprochen. Ich empfinde es schmerzlich, mich von Ihnen trennen SU müssen, nachdem ich während der zwei Jahre unserer Zusammenarbeit so vielfach Gelegenheit hatte, Ihren lauteren Charakter, Ihre umfassenden Kenntnisse und ;ü)re selbstlose Hingabe an die übernommenen Pflichten kennen und h^ch schätzen zu lernen. Für alles, was Sie A sen, an schweren Erschütterungen und wichtigen Ent scheidungen so reichen beiden Jahren im Dienste des Vaterlandes getan haben, spreche ich Ihnen im Namen des Reiches wie im eigenen Namen meinen herzlichsten Dank aus. Die Zusammenarbeit mit Ihnen werde ich nie ver gessen und ^hrer Person stets mit größter Hochachtung gedenken. - Mit meinen besten Wünschen für Ihr persönliches Wohlergehen und mit freundlichen Grüßen verbleibe ich Ihr stets ergebener Hindenburg." Auch den übrigen aus dem Amte scheidenden Ministern der Reichsregierung h^ der Reichspräsident anläßlich der Übersendung der Entlassungsurkunden in herzlichen Schreiben sür ihre in schwerer Zeit dem Vaterlands ge leistete» Dienste feinen Dank ausgesprochen. Freitag, den 3. Juni 1932. MMufferTageblatt Q für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: di« »gespaltene Raumzelle 20 Rpsg., die »gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reicks« psennige, die Sgespallene Reklame,eil- im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebüh« 2V Reichspsennige. Dor- geschriebeneErscheinungr« . x- tageund Platzvorsctrifter werden nach Möglichkeit ALVNfprkchkk: 2lMl 28tlSdkUff vlk. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmebisoorm.lvuhr. ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Earantie. Jeder Radattonipruci erlischt, wenn der Betrag durch Klage tingezogen werden muß oder der Austraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruff«, Tageblatt» «rscheint an allrn W-rktag«» nachmittag» s Uh«. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Pdftbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apsg. Alle Postanstalten, Post, nehmens j^-ikL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ^n?'^ Falle höherer tSewaU, -' Krieg ober ionftiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anipruck ans L'ejeruug der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. - Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolg, nur, wenn Porto beiliegt.