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MÄnKrTagM« Nationale Tageszeitung für die Fandwirtschast, .für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nr. 136 — 91. Jahrgang Wilsdruss-Dresden Montag, den 13. Juni 1932. Postscheck: Dresden 2640 WW-smziWtS KöMWiß? Neue WW der StMWMg » »e n Reichskanzler von Papen spricht vor dem Landwirtschaftsrat, Ein Plan des englischen Schatzamtes. London, 12. Juni. Sunday Dispatch will von zuver lässiger Quelle erfahren haben, daß das englische Schatzamt einen Plan für die wirtschaftliche Wiedererholung Europas »er stündlich im Rahmen der Reichsver- Fassung handelt. Die unerhörte geistige und materielle Lage des deutschen Kolles verlangt eine Loslösung der Regierungssührung aus Handwerk, Hu,... ,» »essen Furchtbarkeit noch nicht entfernt — Wiederherstellung aber der wirtschaftlichen, finanziellen und richt zuletzt der politischen Ordnung erfordert von der neuen Regierung ein sofortiges Anfassen der grundlegenden Pro- »leme, deren Lösung allen Volkskreisen zugleich Tochter in Parrs eingetroffen, wo er vom Minister präsidenten Herriot und dem englischen Botschafter Lord Tyrrell empfangen wurde. Die politischen Besprechungen wurden am Sonnabend und Sonntag unter Teilnahme auch des französischen Finanzministers Martin geführt. Im Anschluß an diese Besprechung wurde folgende amtliche Verlautbarung herausgegeben: Ministerpräsident Macdonald und Außenminister Sir John Simon hatten eine Besprechung mit dem französi schen Außenminister Herriot und Finanzminister Germain Matin. Die offiziösen und freundschaftlichen Besprechungen haben zu einer Übereinstimmung geführt, die eine ge rechte und wirksame Lösung für die Lausanner Konferenz und die Wiederherstellung des Vertrauens sowie die Aufrechterhal- tung des Friedens unter den Völkern voraussehen lasten. Newyorker Blättern zufolge soll Macdonald Herriot zum Ausgleich des französischen und britischen Stand punktes in der Tributfrage eine Ausdehnung des Hoover-Moratoriums für Kriegsschulden und Tribute um sechs Monate sowie die Überweisung deutscher Eisenbahnobligationen in ungenannter Höhe als endgültige Reparationszahlung vorgeschlagen haben. Ein „Wunder von Lausanne"? Jedesmal, wenn eine große internationale Konferenz heranrückt, möchte man vor allem als Deutscher wieder auf „das große Wunder" hoffen dürfen. Denn nur noch ein solches könnte die „Weltwende" herbeiführen und — wäre doch eigentlich gar kein Wunder! Nur der ge sunde Menschenverstand müßte sprechen, and man so>te nur die Wirklichkeit einmal ungehemmt vurch sogenannte politische Bedenklichkeiten sprechen lassen. So oft aber ist die Welt enttänscl».worden, so ost sind die Staatsmänner ergebnislos wieder nach Hpiuse gefahren, baß man wirklich kaum noch hoffen kann. Und nach diesen Erfahrungen wäre es als ein „Wunder" zn bezeichnen, wenn man in Lausanne zu dem Ergebnis kommt, auf das die Völker heute noch warten. Aber diese Geduld ist bis U>m Zerreißen angespannt. Ganz ungeklärt ist ja die Lage, in die die Lenker der Staaten- und Völkergeschicke nach Lausanne hineinfahren, seitdem im Januar d. I. durch Tardieus Weigerung, zur vcreits vereinbarten Konferenz nach Lausanne zu kommen, ver erste Versuch gescheitert ist, aus den Feststellungen des Iseler Sachverständigenausschusses die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen, hat sich aber vieles geändert, oder vielmehr» hat sich alles weiterentwickelt. Nr,r Selbst verständliches hat der englische Schatzkanzler Chainber- la in in seiner großen Schlußrede zum Etat vor dem Parlament ausgesprochen, als er sagte, die einfache Tat sache der Ausdehnung und Vertiefung der Wirtschafts- deprcssion in der Welt während der letzten Monate habe allen Völkern einen „Sinn für die Wirklichkeit der Lage" gegeben, den sie vielleicht vorher nicht be sessen hätten. Und daher brachte Chamberlain am Vor abend seiner Abreise nach Lausanne den bemerkenswerten Optimismus auf, zu sagen, es könne sich vielleicht heraus stellen, daß „Lausanne der Wendepunkt in der GeschichteEuropasin diesen schweren Tagen" sein Werve. Allerdings hat er dann auch gleich die vorsichtige Einschränkung hinzugefügt, daß die Hoffnungen vielleicht auch — enttäuscht werden könnten. Aber auch dann würde wohl Lausanne ein Wende punkt in der Geschichte Europas, mindestens aber in der Geschichte Deutschlands sein. Ist der Optimismus Chamberlains denn wirklich be gründet? Wir Deutschen wissen ja nicht, was in den englisch-französischen Vorbesprechungen vereinbart worden ist und ob überhaupt eine Art von Einigung in Paris erzielt wurde. Man kann also nur v-rmuten, daß nichts entschieden, sondern nur alles — vertagt werden sollte. Chamberlains Optimismus scheint sich nur auf die Hoffnung zu stützen, die Franzosen Würden sich mit der Tatsache abfinden, daß Deutschland nach dem 1. Juli, nach Ablauf des Hoover-Feierjahres, nicht zahlt. Und das mag wohl auch in Lausanne ge schehen? die Engländer werden wahrscheinlich irgendeine Formulierung vorbereitet haben dafür, wie nun die An erkennung des Nicht-Zahlens ausgesprochen nnd festgelegt werden soll. Es wäre aber wirklich ein Wunder, wenn Macdonald den französischen Ministerpräsidenten auch nur zu dem Zugeständnis bringt, von Deutschland nicht die „prinzipielle" Bereitwilligkeit für irgendwelche späte ren Tributzahlungen zu verlangen. Haben doch die Eng- ländcr bisher selbst immer noch damit gerechnet, Deutsch land werde bei einer späteren, vorläufig natürlich noch gar nicht möglichen und voraussehbaren „Endlösung" doch irgendeine Zahlungsverpflichtung übernehmen können und übernehmen wollen. Es wäre mithin wohl mit dem Ziel der englischen Politik in Lausanne zu rechnen, daß diese heikle Frage einer späteren Verpflich tung inoffiziell, aber tatsächlich vertagt wird. Allerdings würde darin ein völliges Beiseiteschieben des bekannten deutschen Standpunktes liegen. Natürlich werden die Franzosen irgend etwas dafür fordern, wenn sie ihren krassen Widerspruch gegen jede Linderung der „geheiligten" Verträge nicht unbedingt gel tend machen. Aber zu einer wirtschaftlichen Konzession Deutschlands besteht ebensowenig irgendeine Möglichkeit wie für ein politisches Zugeständnis etwa jener Art, wie man es von Dr. Brüning vor einem Jahr in Paris ver langte. Vorläufig aber hat man von Paris aus wieder einmal Deutschland unter Druck zu setzen versucht. Und wieder einmal geht ein deutscher Reichskanzler den schweren Gang zu einer Konferenz, von der wir „das Wunder" zwar gern erhoffen möchten, aber kaum erhoffen können. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Englisch-französische Einigung über Lausanne Die Beratungen Macdonald-Simon-Herriot in Paris. Ministerpräsident Macdonald ist in Begleitung des Außenministers Sir John Simon und feiner Das Sozialprogramm der Reichsregierung. Eine Kundgebung des Reichskanzlers. Reichskanzler von Papen hielt b'ei der Vollversammlung des Deutschen Landwirtschaftsrats eine Ansprache, die die erste Rede des neuen Reichskanzlers vor der Öffentlichkeit ist. Unter großer Spannung er klärte v. Papen solgendes: „In einer der entscheidungs- oollsten Stunden der Nachkriegsentwicklung hat der Herr Reichspräsident mich zu dem neuen Amt berufen, und ich lege Wert darauf, zu betonen, daß die Bildung der neuen Regierung wenig zu tun hat mit dem gewohnten üblichen Wechsel parlamentarischer Kabinette, sondern daß es sich hier um die Dokumentierung einer grundsätzlich reuen Richtung derStaatsführung selb st ¬ ausgearbeitet habe, der der Lausanner Konferenz vorgelegt werde. Dieser Plan sehe zwar ein Moratorium vor, anderer seits aber auch eine Erklärung der auf der Lausanner Konfe renz teilnehmenden Mächte zu Gunsten einer völligen Strei chung der Kriegsschulden und Reparationen, * Soover-Mraimum W zum Jahresende. Die Aussprache MacDonald—Herriot wird in Pariser politischen Kreisen lebhaft erörtert. Nach den bis jetzt vorliegenden Informationen scheinen die Engländer in der Reparationsfrage ihren bisherigen Standpunkt auf vollkommene Streichung ver lassen zu haben. MacDonald soll jedoch den lebhaften Wunsch geäußert haben, Frankreich möge zuerst aus den Nettosaldo verzichten, um damit gegenüber Amerika eine Geste zu tun, die vielleicht zu einem gewissen Einsehen Amerikas in bezug auf die interalliierten Schulden führen könnte. Einige Blätter glauben sogar zu wissen, daß sich Eng land bereit erklärt habe, allen denjenigen Staaten die Schulden zu erlassen, die ihrerseits auf die deutschen Tributzahlungen verzichteten. Da sich jedoch Frankreich niemals hierzu bereiterklären würde, scheint man im Augenblick aus eine vorläufige Verlängerung des Hoover- Moratoriums bis Dezember hinzuarbeiten. Während dieser Zeit soll ein besonderer Ausschuß damit beauftragt werden, diejenigen Mittel und Wege zu prüfen, die geeignet sind, entweder zu einem „System der endgültigen Regelung" oder aber zu einer vollkom-, menen Abschaffung der Reparationen zu führen. Man hofft, auf diesem Wege gleichzeitig den Widerstand der Reichs regierung zu brechen, da die Türen für später offen geblie ben seien. Tageblatt" ericheinl an allen Werktage» aachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. bote? und unikie^A^"^ ^'^0 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apfg. Alle Postanstalten, Post» F-li"?"Höhner" «e'uE Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend triebsstörungen besteht kein Ampruch aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung emgejandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Möglichkeiten änzüpassen, die ein so verarmtes, wirtschaftlich darniederliegendss Land im Augenblick noch hat. Es ist aber auch ein grundlegender Irrtum, daß der omnipotente, un persönliche Staat an die Stelle der persönlichen Verpflichtung des Arbeitgeber- treten könne. Die Verantwortlichkeiten, die aus der gott gewollten organischen Regelung der Dinge erwachsen, müssen wieder aufgerichtet, die Verbundenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder hergcstellt werden. Gewiß hat angesichts der Größe und des Umfanges der Notlage unseres Volkes auch der Staat klare Verpflichtungen zu sozialer Hilse, und die Negierung wird es als ihre vornehmste und ernsteste Pflicht betrachten, die dahingehenden Einrichtungen den notleidenden Volksgenossen auch über diese Krise hinweg zu erhalten. Darüber hinaus aber sicht sie den besten Weg sozialer Für sorge in dem Bestreben, alles zu tun, um durch einen orga- nischen Umbau der Wirtschaft die Fehler des kapitalistischen Systems auszumcrzen und den Volksgenossen Arbeit und Brot zu verschaffen. Der Deutsche Landwirtschaftsrat ist die Stelle, die aus den Erfahrungen bewährter landwirtschaftlicher Führer immer er neute Impulse für eine zielbewutzte Agrarpolitik gegeben hat. Wir sind einig mit ihm in der Auffassung, daß eine gesunde Landwirtschaft und die Liebs zur Scholle, mit der der deutsche Bauer so eng verwachsen ist, die Vor bedingung nicht nur der materiellen Ernährung, sondern mehr noch der geistigen Erneuerung des Landes sind, weil nur aus diesem Urquell der Verbundenheit mit Gott und seiner Schöpfung die neuen Kräfte wachsen können, deren die Nation heute bedarf. Eine gesunde Landwirtschaft aber ist auch ein dringendes nationales Erfordernis. Einmal gilt es, das letzte herzugcben, um Deutschlands heimische Er- nührungsbasis zu erhalten, darüber hinaus aber verlangt die Lage in den Grenzgebieten Maßnahmen, die der Stärkung des nationalen Selbstbchauptnngswillens dienen. Eine starke, zielbewußte Agrarpolitik ist das Fundament jeder gesunden Entwicklung, die in sorgsamer Abwägung der Interessen auch der anderen Berufsstände der Gesamtheit der deutschen Wirtschaft gerecht wird. Ich bitte Sie, in dieser Hinsicht den Kamps der Negierung für den seelischen und materiellen Ausbruch der Nation weiter zu unterstützen. ÄUizsigenpreis: die 8gefpalieve Raumzeile 20 Rpsg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 10 Reicks« d-e Lgefpaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Rachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Po,« Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 LLNÄzL" anuahme bis norm.1VUHr. —— Fg, die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radanon,prua erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts- gertchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt schwere persönliche Opfer, Entsagungen und Entbehrungen mferlegen wird. — Diese Opfer sind nicht vertretbar, und sie Limen psychologisch nicht gefordert werden, wenn es nicht zelingt, die dem deutschen Volke innewohnende ungeheure noralischs Krast offenkundig auf das eine große, gemeinsame Ziel zu lenken: die Wiedergewinnung der inneren und äußeren Freiheit und die Lcbensmöglichkeit von Volk und Land. Demgemäß muß und wird das Ziel dieser Regierung sein, eine neue, einheitliche Willensbildung der Nation herbeizusühren. Zu diesem Ende hat die Re gierung zunächst von dem Herrn Reichspräsidenten die Auf lösung des deutschen Reichstages erbeten und erhalten. Sie ist der Ansicht, daß oer neue Reichstag eine eindeutige Mehrheit für die Politik geistig-sittlicher Gesun- sung, wirtschaftlicher Neuordnung auf christlicher, nationaler und sozialer Grundlage erbringen muß. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein Wort über die Auffassung der neuen Reichsregicrung von ihren sozialen Pflichten sagen. Eine der unerfreulichsten Arten, das Ziel der neuen Regierung zu verfälschen, ist die Unterstellung, daß ihre Haltung unsozial sei. Wir sind der Ansicht, oaß es ver säumt worden ist, den Aufbau eines rein staatlichen Ver- ücberunaskckuües keinem Umkanae nach den wirtschaftlichen Loslösung der Regierungsführung v» " parteipolitischen Denkens und parteipolitischer Doktrinen. Sie verlangt eine Zusammenfassung aller Kräfte zur Wiedergeburt Deutschlands. Die Gesamtlage, welche die Regierung vorfindet — das ist, ich stelle es ausdrücklich fest, nicht die Schuld der letzten Negierung, die bemüht gewesen ist, eine klare Bilanz zu sichen —, ist auf allen Gebieten fast verzweifelt. Die private Wirtschaft jeder Art, Landwirtschaft, Industrie, k. Handel, ist in einem Ausmaß zerstört, rkeit noch nicht entsernt erkannt ist. Die