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Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radattanfpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 127 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrufs-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 2. Juni 1932. Jas Miet! v. Von Papens neue Regierung. Herr von Papen, der vom Reichspräsidenten von Hindenburg beauftragt worden ist, eine Regierung der nationalen Konzentration zu bilden, bat die von ihm in Aussicht genommenen Ministerkandidaien empfangen und sie gebeten, in sein Kabinett einzulieten. Diese Be- sprechungen fanden im Kanzlerzimmer des Reichstages stau. Herrn von Papen ist es gelungen, den ihm ge gebenen Auftrag rasch zu erfüllen und ein neues Reichs- kabinett zusammenstellen. Dieses Kabinett wird folgen des Aussehen haben: Reichskanzler: von Papen; Reichsminister des Innern: Freiherr von Gayl. Reichsminister für auswärtige Angelegenheiten: Bot schafter Freiherr von Neurath; Reichswirtschaftsminister: Professor Dr. Warmbold; Neichscrnährungsminister: Freiherr von Lüninck; Reichswehrminister: General von Schleicher; Neichsarbeitsministcr: Oberbürgermeister Dr. Gocrdelcr; Rcichsjustizministcr: Dr. Joel; Reichspostministcr: Dr. Schätzel; Reichsfinanzministcr: Graf Schwerin Krosigk; Rcichsverkchrsminister: Elz von Rübenach (bisher Leiter der Reichsbahndircktion Karlsruhe). Es ist möglich, daß in der Besetzung des einen oder anderen Ministeriums eine Änderung eintritt, im großen uns ganzen dürfte die Ministerliste jedoch richtig sein. Wie weiter bekannt wird, scheidet auch der langjährige Staatssekretär der Reichskanzlei Pünder nach dem Rücktritt Brünings aus seinem Amt. An seine Stelle soll Oberregierungsrat Planck treten, der seit Jahren in der Reichskanzlei tätig ist. Oberregierungsrat Planck ist ein Sohn des berühmten Physikers und Nobelpreisträgers Prof. Dr. Planck. Auch der Leiter der Reichspressestelle, Ministerialdirektor Dr. Zechlin, wird sein Amt verlassen, da er schon seit längerer Zeit für einen Auslandsposten in Aussicht genommen ist. Sein Nachfolger soll der Leitör der Presseabteilung des Reichswehrministeriums Major Marx oder ein rechtsstehender führender Journalist sein. Im übrigen wird in politisch-parlamentarischen Kreisen die Frage der Reichstagsauflösung noch immer lebhaft erörtert. Das wird im wesentlichen davon abhängen, ob die neue Reichsregierung ein Ver trauensvotum des Reichstages erhält oder nicht. Die Sozialdemokraten haben bereits angekündigt, daß sie der neuen Regierung mit schärfstem Mißtrauen gegenüber stehen, und daß sie einen Mißtrauensantrag gegen die neue Regierung im Reichstag einbringen werden. Dieses Mißtrauen dürfte natürlich bei weitem nicht ausreichen, die neue Regierung zu stürzen, selbst wenn es noch von den Kommunisten und der Staatspartei unterstützt wird. Wesentlich für die neue Regierung dürfte die Haltung des Zentrums sein, das sich aber noch nicht endgültig fest gelegt hat, wie auch die Stellung der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten der neuen Regierung gegen über noch nicht bestimmt ist. Das,/Präsidialkabinett". Der größte Vorzug, den eine plötzlich hereingebrochene Regierungskrise ganz besonders in Deutschland haben sollte, ist doch wohl der, möglichst - kurzzu sein. Das peinliche, oft wochenlange Verhandeln der Fraktionen um Persönlichkeiten und Programme ist von früher her in nichr gerade angenehmer Erinnerung und würde in der heutigen Zeit, da die Probleme in ihrem brennenden Drang weder auf Persönlichkeiten noch Programme warten können, um zum mindesten neu oder wieder an gepackt zu werden, noch viel unerträglicher sein als früher. Die Arbeitsbeschaffung läßt sich selbst durch eine Regierungskrise nicht hinausschieben, und außerdem trennen uns bzw. die neue Regierung nur noch vierzehn Tage von der Lausanner Konferenz. Man braucht ja nur diese Tatsache zu streifen, um allseits, gleich- gültig, ob man die neue Regierung stützt, toleriert oder bekämpft, als Antwort hören zu können: Nur kein längeres Zögern und Verhandeln, sondern rascheste Herbeiführung der Entscheidung über Per- sonen und Programme des neuen Kabinetts und im Reichstag sich schnell dem Votum der Volksvertretung stellenI Denn hier, durch die Abstimmung, wird ja auch erst entschieden, ob der neue Reichskanzler und die neuen Reichsminister die verfassungsmäßige Voraussetzung für ihre Amtsführung erhalten, nämlich das „Vertrauen des Reichstages". Die Ernennung durch den Reichs präsidenten ist ja erst der erste Schritt! Diesmal liegen bei dem Auftreten der neuen Regie- rung die Dinge vollkommen anders als selbst bei der Er- Nennung des ersten Kabinetts Brüning, dessen Mitglieder Men emM. nicht durch die früheren Fraktionsvereinbarungen ihr Amt erhalten hatten, sondern bei deren Nominierung schon das „besondere Vertrauen des Reichspräsidenten" unter scharfer Betonung des „überparteilichen Cha rakters" eine absichtlich große Nolle gespielt hatte. Immerhin waren die meisten Mitglieder des damaligen Kabinetts doch anerkannte Parteiführer gewesen und daher war von vornherein damit zu rechnen, daß das damalige Kabinett, als es sich nun zu dem oben ange deuteten verfassungsmäßig notwendigen Zweck vor den Reichstag hinstellte, nun dort auch das „Vertrauen" aus gesprochen erhielt. Jetzt aber steht es damit ganz anders. Unter den Namen, die als Kandidaten für das neue Kabinett von Papen genannt wurden, befindet sich nicht ein einziger Parlamentarier, geschweige denn ein Partei führer. In einer Schärfe wie noch nie zuvor ist von Hindenburg also der Charakter eines „Präsidial- kabinetts" herausgearbeitet worden, und es mag übrigens als ganz besonders eigenartige Note noch er wähnt werden, daß zum ersten Male seit dem November 1918 ein aktiver Neichswehrgeneral zum Minister aus- crsehcn wurde. Er ist also „Fachminister". Natürlich ist aber bei den meisten Ministerkandidaten die parteipolitische Einstellung aus früherem Auf treten in der Öffentlichkeit mehr oder weniger gut bekannt, jedenfalls politisch in der Gegenwart unzweideutig sichtbar gewesen oder geworden. Formell werden aber in der kommenden Reichstagsentscheidung über das Schicksal des Kabinetts die Neichstagsparteien zum Ausdruck bringen, daß sie nicht irgendwie „gebunden" seien an die Regie rung oder bestimmte Minister. Infolgedessen ist es heute noch gar nicht zu übersehen, ob und wie das Kabinett durch das Äbstimmungsfeuer im Reichstag hindurchkommt. * Or. Schätzel wird nicht Reichsminister. Bayerische Volkspartei gegen aktive Mitarbeit am Kabinett Papen. Die Reichstagsfraktion der Bayerischen Volkspartet hielt eine Fraktionssitzung ab, in der die ganze politische Lage besprochen wurde. Es kam in dieser Sitzung die einmütige Auffassung der Fraktion darüber zum Ausdruck, daß die aktive Beteiligung der Bayerischen Vollspartei an einem übcrgangskabinett von Papen nicht in Frage kommen könne. Der bisherige Reichspostminister Dr. Schätzel suchte Herrn von Papen auf und machte ihm eine dem entsprechende Mitteilung; er hat die Aufforderung, in das Kabinett einzutreten, abgelehnt. Die Neichstagssraktion der Bayerischen Volkspartei sprach Dr. Schätzel ihren Dank für seine mehr als fünf- jährige Tätigkeit für Volk und Vaterland aus. Das Reichskabinett ernannt. Der Reichspräsident empfing Mittwoch gegen 20.30 Uhr Herrn von Papen zum Vortrag über die Kabinetts bildung und ernannte daraufhin Herrn von Papen zum Reichskanzler, Freiherr von Gayl zum Reichsinnenminister, Dr. Warmbold zum Reichswirtschaftsminister, General von Schleicher zum Reichswehrminister, Freiherr von Braun zum Ernährungsminister und Ostlommissar, Reichsbahndireltor Eltz von Rübenach zum Post- und Rcichsverkchrsminister. Außerdem wurde Oberregierungsrat Planck zum Staatssekretär der Reichskanzlei ernannt. Mit dem Eintreffen der betreffenden Herren in Berlin ist für morgen die Ernennung Goerdclers zum Ar beitsminister, und Gürtners zum Justizminister und Freiherr von Neurath zum Außenminister zu er warten. Nur die Besetzung des Rcichsfinanzministeriums ist noch zweifelhaft. Freiherr von Neurath Reichsautzenminister. Berlin. Der in Berlin eingetrvsfene deutsche Botschaf ter in London, Freiherr von Neurath, hat sich mit der lleber- nahme des Postens des Reichsaußenministeriums im Kabinett von Papen einverstanden erklärt. Mit Oberbürgermeister Dr. Goerdeler wird zurzeit noch wegen Uebernahme des Reichs- arbeitsministeriums verhandelt. Sollten sich die Verhandlungen mit Dr. Goerdeler zerschlagen, so wird Kanzler von Papen so fort mit einer anderen Persönlichkeit, die für den Posten in Frage käme, Fühlung nehmen. Inzwischen ist auch Ministerial direktor Graf Schwerin-Krosigk, der aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Finanzministers ist, in Berlin eingetroffen. Keder die Berufung des bayrischen Iustizministers Gürtner ist noch keine Entscheidung gefallen. * „Gin ZnflatwlMesvenst gibt es nicht!" Erklären Schleicher und Schacht. General v. Schleicher erklärte in einer Unter redung mit einem Pressevertreter, die neue Regierung werde äußerst stark und aktionsfähig sein. Auf die Frage, welchen wirtschaftlichen Kurs das Kabinett von Papen steuern werde, antwortete der General, daß erst die nächsten Tage hierüber Klarheit bringen würden. Jedenfalls könne er mit aller Sicherheit aussprechen, daß die neue Regierung unterkeinen UmständenJn- flationspolitik treiben werde. Dr. Schacht'er klärte der Zeitung, daß er mit der Regierung nicht irgend wie in Verbindung stehe. Er selber wolle auch nicht als Nachfolger Dr. Luthers genannt werden. Nach Lau sanne müsse auf jeden Fall gegangen werden, denn es sei mehr als wünschenswert, daß die Tributzahlungen so schnell wie möglich gestrichen würden. Ein Jnfla- tionsgespenst gebe es nicht. Kritik am neuen Kabinett. Was die BerlinerPresse sagt. Zur Beauftragung Herrn v. Papens mit der Regierungs bildung nehmen verschiedene Berliner Blätter ausführlich Stellung. Der bürgerliche Lokal-Anzeiger hebt hervor, daß der Reichspräsident in dem neuen Kabinett eine „Regierung der nationalen Konzentra tion" sehe, womit er aber offenbar nicht eine Zusammen fassung der nationalen Parteien mit einer von diesen Parteien gebilligten Regierung meine, sondern eine Zu sammenfassung der Kräfte, die im Rahmen der persön lichen Beziehungen des Reichspräsidenten zur Ver fügung ständen. Jedenfalls hätten die Parteien der bisherigen Opposition, also in erster Linie die Deutschnationalen und die Nationlasozialisten, offiziell mit der Bildung dieses Kabinetts nichts zu tun. Der Reichspräsident habe die Entscheidung über den Auftrag an Herrn v. Papen aus eigenem Ermessen ge- troffen. Die staatsparteiliche Vossische Zeitung bezeichnet die Auswahl des Kanzlerkandidaten als ebenso un glücklich wie die Formulierung des Auftrages, eine Regierung der nationalen Konzentration zu bilden. Unter nationaler Konzentration verstehe man die Zusammenfassung aller Volksschichten. Aber bei solch offenkundiger Tendenz, die die eine Volks Hälfte von vornherein aus der Kombination ausschließe, hätte nicht von nationaler Konzentration ge sprochen werden dürfen. Es sei zu hoffen, daß es nicht auch lin Bureau des Reichspräsidenten üblich werde, nur rechts ge richtete Parteien als national zu bezeichnen. Das Zentrums blatt Germania schreibt: Wenn Herr v. Papen sich dem Reichspräsidenten in dieser kritischen Situation für eine äußerst verantwortungs volle Ausgabe zur Verfügung gestellt habe, so sei er sicher einer politischen Gewtssenspflicht gefolgt, der er sich nicht zu entziehen vermochte. Es sei eine Zwischenlösung ge sucht worden, die von den Nationalsozialisten geduldet würde und von der aus zu gegebener Zeit durch Neuwahlen eine end gültige Klärung angebahnt werden solle. Diese Klärung sei notwendig, denn die jetzt in Angriff genommene Regierungs bildung gebe der gegenwärtigen Krise nicht die Lösung, die all gemein erwartet werde. Die Jndustriekreisen nahestehende Deutsche Allgemeine Zeitung ist der Auffassung, es könne kein Zweifel darüber bestehen, daß die neue Reichsregierung, wenn sie zustande komme, auf baldige Neuwahlen für den Reichstag angewiesen sein und in diesen Wahlen um ihre Existenz zu kämpfen haben werde. Das Kabinett v. Papen würde nicht die sofortige Ein beziehung der Nationalsozialisten in die Mitverantwortung bedeuten, sondern diese noch von einem Wahlgang abhängig machen. Der sozialdemokratische Vorwärts sagt, dieses Kabinett mit diesen Männern und diesen Ten denzen nenne sich „nationales Konzentrationskabinett". Was hier konzentriert werde, sei nicht die Nation, es seien vielmehr konservativ-reaktionäre Kräfte, es seien kleine, aber mächtige Gruppentnteressen, deren überwiegen eine Gefahr für die Interessen des Volkes und seiner Wirtschaft bedeute. Das demokratische Berliner Tageblatt meint, daß auf dem Wege, der jetzt beschritten werde, dem Wohl des Landes und Volkes aus die Dauer nicht gedient werden könne. Deshalb müsse man diejenigen, die jetzt die Zeit für einen Kurswechsel für geeignet hielten, bei ihrem Vorhaben unter sich lassen. Sie möchten sich mit denen, die ihnen das Experiment erlaubt hätten, in die Verantwortung teilen. Gegenüber dem neuen Kabinett umreißt Der Angriff die Haltung der N ati o n a l s o z i alist en «. a. Me folgt! „DieLergangenen zwei Jahre einer Zwielichtregterung