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Wilsdruffer Tageblatt : 28.05.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193205283
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19320528
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19320528
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-05
- Tag 1932-05-28
-
Monat
1932-05
-
Jahr
1932
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 28.05.1932
- Autor
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Ätt 6MW Jimzis" i» de» AM Bon Franz Ehestörung durch Schokolade. Die Sache spielt in Wien, und dies hier ist der Tat bestand, wie er vor Gericht festgestellt worden ist: Der Ingenieur B. wollte sich von seiner Gattin scheiden lassen, weil sie zuviel Schokolade ißt — tatsächlich ausschließlich deshalb. Alma ist reizend und auch an sich süß, aber sie glaubt, ihre „Süße" durch Schokoladeknabbern noch er höhen zu müssen, und dagegen eben empört sich der Gatte, weil auch die Rechnungen „für gehabte Schokolade" erhöht sind. Der tiefunglückliche Ehemann legte dem Scheidungs richler folgende Schokoladerechnung vor: Acht Tafeln Milchschokolade, vier Tafeln bittere Schokolade, drei Pakete Katzenzungen, zwei Kilo Schokoladebonbons, ein Kilo Schokoladenkekse und ein Kilo Kochschokolade. Das war Almas Schokoladebedarf im Laufe eines einzigen Monats, und solcher Schokoladerechnungen hatte der leidende Held der Tragödie innerhalb eines kurzen Jahres bereits zehn bezahltl Dem Scheidungsrichler traten vor tiefster Erschütterung die Tränen in die Augen, und Alma heulte wie ein Schoßhund, als sie erkannte, was sie ange richtet hatte. Da zog Mitleid und Erbarmen ein in die Herzen des Ehegatten und des Richters, und es kam ein Vergleich auf folgender Basis zustande: Alma bekommt eine Be- währungs- und Entwöhnungsfrist von sechs Wochen. In diesen sechs Wochen wird ihr Schokoladebedarf rationiert, indem sie Woche für Woche nur Schokolade im Gesamt beträge von drei Schilling, was einer Reichsmark und 80 Reichspfennigen entspricht, verzehren darf. Kann Alma der Versuchung, noch mehr Schokolade zu essen — viel leicht für 1,85 Mark — nicht widerstehen, so wird die Ehe rücksichtslos getrennt. Härter können selbst Morphinisten nicht angefaßt werden. Schluchzend verließ Alma am Arme des gebeugten Gatten das rauhe Haus der Justiz. Wilsdruffer Tageblatt I 3 Blatt. Nr. 123 - Sonnabend, den 88. Mai 1932 I Vom Aufbau einer Opernscndung. — Windmaschinen und die Glocken des Magdeburger Doms. Bon Franz Lehnhoff. Opfer. Eph. S, 2: Wandelt in der Liebe, gleich wie Christus uns hat gelebt und sich dar gegeben für uns zur Gabe und Opfer. Unsere Zeit ist eine Zeit der Opfer wie selten eine. Welche Opfer an Gut und Blut sind im Krieg und seit dem Krieg gebracht; welche Opfer werden gerade unserm Volk «nausgesetzt täglich zugemutet. Man hört's so oft: „Ach ja, man wollte sie gerne bringen, wenn man sähe, daß Gutes dabei hersuskommt." Solche Rede ist verständlich. Aber sie ist gefährlich. Sollten wir es nicht herumdrehen und so sagen: „Wir wollen sie gern bringen, damit Gutes dabei herauskommt?" Nur das ist ja erst wirklich ein Opfer, was mit willigem Herzen hingegeben wird, und solche Opfer wirken allein zum Guten. Gerade die Geschichte der Christenheit läßt das so deutlich erkennen. Anfangs waren es elf von Natur schwache Männer. Nach ^dreihundert Jahren, also nach «ur neun Generationen, war das römische Riesenreich be zwungen; heute, nach etwa sechzig Generationen, bekennen sich über sechshundert Millionen Menschen zu Christus. Immer sind schwere Opfer gebracht worden. Aber trotz dieser Opfer, ja gerade durch die Opfer ist der Sieg gewonnen worden. Immer, wenn die Opferfreudigkeit am größten und reinsten war, also wenn man am meisten hingab, wurde am meisten gewonnen: je mehr die einzelnen opferten, je mehr gewann die Ge- ^^mmer aber, wenn die einzelnen dabei gewinnen sollten, erwuchs allgemeiner Schade für alle. An uns Christen ist es, diese Wahrheit wieder ganz ernst zu nehmen und mit ihr ganz Ernst zu machen. Das fordert Gott, das fordert unser Meister Jesus von uns: wahre Opfer an Gut und Kraft, d. h. uns selbst zum Opfer zu bringen bis zum äußersten, da nur so sein Reich wachsen rann. Nur das ist wahres Opfer, was aus echter Liebe hrngegeben wird, indem es nicht heißt: ich will opfern, sondern ich kann aus innerstem Drang gar nicht anders. So wie Jesus schon lange vor seinem letzten großen Selbstopfer sich selbst verleugnete und alles aufgab: Be hagen und Heimat, Familie und Freunde, alle Zeit und alle Kraft, Ruf und Ehre. Wo sind unsere Opfer? mit Ludwig, dem Mann, den sw insofern interessierte, als W ihn ja heiraten will? Selbstverständlich. Also überlegte ich. Es war wie das Ei des Kolumbus^ „Ludwig", schrie ich, „denke Dir nur, ich habe die Lösung einer; außerordentlich schwierigen Frage gefunden: Soll der Manns Taschengeld haben? Jawohl! Hör' 'mal zu! Von Deinem Ein-- kommen zahlen wir erst einmal alles, was es so im Haushalt! gibt: Essen, Miete,. Kohlen, Licht. Und den Rest teilen wir ins zwei Hälften, und jeder kann damit anfangen, was er Willi Dann hat jeder sein Taschengeld und ist zufrieden. Weißt D« was, wir wollen gleich die Probe aufs Exempel machen un> sehen, wieviel jeder behält. Was Verdienst Du? Rund 280 Marh ausbezahlt! Oh, ich dachte, es war mehr! Na, schadet nichts. Also rechnen wir: Miete 80 Mark. Haushalt 150. Fahrgeld IM Kohlen 20. Licht, Wasser und Steuern 25 Mark. Wa^ hast Du denn? Zusammenrechnen soll ich? Ich bin doch noch! gar nicht fertig. Na ja, damit Du Deinen Willen hast: Macht! bisher... O Ludwig, ich habe mich sicher verrechnet! Nein, doch nicht. Macht 285 Mark. O Ludwig, wie entsetzlich, wir können nicht heiraten!" Nach langem Händeringen und Stöhnen haben wir uns entschlossen, uns trotzdem in die Ehe zu stürzen. Die Frage, oll Ser Mann Taschengeld haben soll oder nicht, überlasten wir —« wie so manche andere — dem gütigen Schicksal zur Be-i antwortung. ' Ich bedankte mich, ging, überlegte mir draußen die Sache: Fünf Prozent! Hm. Ob das wohl das Richtige war? Es klang ch verflixt nüchtern: Fünf Prozent Provision auf alle Ge schäfte. Wenn Lucie ihrem Heinrich wenigstens noch ein Fixum zuerkennen wollte! Nein, die Lösung gefiel mir auch nicht. Trude, die vierte, lag nachmittags um drei auf dem Divan und rekelte sich: „Ach, Martha, kommst Du auch einmal zu mir? Es ist ja so langweilig. Was willst Du wissen, ob ein Mann Taschengeld bekommen soll? So eine komische Frage! Das ist doch ganz seine Sache. Wenn er Geld in der Lasche herumtragen will, soll er das ruhig tun. Ich kümmere mich nicht darum. Ich will mit Geld überhaupt nichts zu tun haben. Das ist so unästhetisch. Mit so etwas quält Gerd mich nicht. Der bezahlt alles, gibt dem Mädchen das Haushaltsaeld, begleicht alles. Und wenn ich ein neues Kleid haben muß, sann brauche ich es ihm nur zu sagen. Ob er für sich noch Taschen geld hat? Das weiß ich nicht. Darüber habe ich mir noch keine Sorgen gemacht." Auch ein Standpunkt. Aber nicht ganz nach meinem Ge schmack. Außerdem kam ich gerade aus Trudes Schmollzimmer heraus, als ihr Mann sich mit dem Mädchen unterhielt: „Was, heute am zwanzigsten wollen Sie schon wieder Geld für den Haushalt haben? Lassen Sie anschreiben! Ich habe nichts mehr." — Vier Auskünfte, aber keine richtige! War es da nicht am besten, ich überlegte mir die Frage selbst und besprach sie dann Blaublütige Kinder gesucht! Nicht nur unter den Verehrern der Flimmerwand hat es kürzlich Aufsehen erregt, als der höchst bezahlte Filmstar von Hollywood, Konstanze Bennet, ein englisches Kind als eigen annahm. Und bei dieser Gelegenheit erfährt man denn auch, daß solche Auswanderungen von Säuglingen Albions nach den Vereinigten Staaten seit einiger Zeit durchaus nichts Seltenes mehr sind. Nicht weniger als zweihundert englische Babys fahren monatlich über den großen Teich, Geschöpfe, die vielleicht niemals ihre leiblichen Eltern kennen lernen werden. Denn mit Fleiß trachtet man alle Spuren zu verwischen, die in die alte Heimat der früh Verpflanzten zurückführen. Und der Zweck dieser seltsamen Auswanderung? Darüber hat kürzlich ein amerikanischer Arzt dem Englischen Sprachverein eingehende Auskunft erteilt: Die Kinder sollen die amerika nische Raste auffrischcn. Man kann also den Iankees nicht einmal gram sein ob dieses merkwürdigen Handels, der doch immerhin eine weitgehende Selbsterkenntnis offenbart. Aller dings gehen sie bei dieser Blutauffrischung mit großer Sorg falt vor. Die Kleinen müssen aus guter Familie stammen. Nach Möglichkeit sollen sie sogar adeliger Abkunft sein. Eine Auswanderung dieser Art wird erstmals aus dem Jahre 1921 berichtet, als ein Dutzend Säugungc aus England in Amerika eintraf. Hunderte von Frauen streckten damals in den Ver einigten Staaten die Hände nach den Kindern aus. Jedenfalls glaubt man feststellen zu können, daß die Amerikaner es mit diesen Adoptierten recht gut m-nen. Regelmäßig wird den Säuglingen schon in der Heimat Personal von hoher Schulung beigcsellt, das eine glückliche Ueberquerung des Ozeans ge währleistet. Daß die Würmchen erster Kajüte fahren, ver steht sich von selbst. Eins der Kinder war während der Reise sogar mit einem Hermelinmantel bekleidet. Darf man nun diese jungen Erdenbürger beneiden oder muß man sie be dauern? Aber diese Frage wird sich vielleicht erst nach Jahr zehnten mit Sicherheit beantworte? müen. Soll der Mm Taschengeld Hobe»? Eine Rundfrage von Martha Schmidt-München. Ich hätte gar nicht den Einfall gehabt, wäre ich nicht kürzlich m der Bahn Zeuge eines Gespräches zwischen zwei Menschen gewesen, die so aussahen, als müßten sie mit ein ander verheiratet sein. Erst sagten nämlich beide lange nichts und sahen gelang weilt an einander vorüber. Dann zuckte die Frau plötzlich die Achseln: „Taschengeld für Dich? Kommt doch Wohl nicht in Frage." Worauf er schüchtern erwiderte: ,„Jch muß doch wenig stens ein Paar Mark haben!" Ich mußte in diesem Augenblick aussteigen und konnte Mir die Fortsetzung nicht mehr anhören. Es war aber auch unnötig. Die Frau zeigte deutlich genug, daß die Frage von Vornherein entschieden war: „Du bekommst nichts!" Wenn man — wie ich — die Absicht hat, sich in die Ehe zu stürzen, so verschafft man sich über derartige, plötzlich oustauchende Fragen gern Klarheit. Aber wie? Sehr einfach. Durch eine Rundfrage bei Freunden und Bekannten. Veronika, sechs Wochen verheiratet, war die erst« „Soll Ler Mann Taschengeld haben? Aber liebe Martha, das sind doch Fragen ganz nebensächlicher Natur. Sieh Dir doch einmal den wundervollen Frühling dort draußen an! Max kommt in .einer Viertelstunde, holt mich mit dem Wagen ab. Gann fahren «wir hinaus und halten unter irgend einem Baum und dann..." — „... und dann hast Du natürlich für meine Frage und für das Taschengeld Deines Max kem Interesse. Laß es Dir gut gehen, Veronika, glückliche Unschuld!" Ich verschwand schleunigst. — . , Inge war die zweite: „Mein Mann und Taschengeld? Gar Tein Gedanke daran! Was soll er denn damit? Nur auf dumme «Gedanken kommen. Nein, gibt es nicht Mein System hat sich zehn Jahre bewährt: Er liefert alles ab. Dann erhält er soviel xurück, daß er sich seine Straßenbahnmonatskarte kaufen kann. Weine Zigaretten — leider vermochte ich ihm die üble An- tzewohnheit noch nicht auszutreiben — kaufe ich ihm, und die bekommt er jede Woche zugeteilt. Wozu braucht er denn da Noch Geld?" ° So ganz gefallen wollte mir die Auskunft nicht. Sie war Sa durchaus im Interesse von uns Frauen, aber Inges Mann, Lem 'ch auf der Treppe begegnete, sah ^icht aus, als wenn er glücklich wäre. Schließlich "will man aber als Frau einen zufriedenen Mann haben. Also weiter! Lucie war auch anderer Ansicht als Inge: „Taschengeld für den Mann? Warum denn nicht? Man soll doch dem Ochsen, der da drischt, das Maul nicht zubinden. Wenn man Ihm etwas von seinem Einkommen läßt, ist er gleich arbeits- ^reudiger. Ich gebe Heinrich fünf Prozent. Von allem, was irr verdient. Gas muntert ihn ein bißchen auf, und wenn es geht, macht er eine Extraarbeit, um sich etwas zu verdienen. Das solltest Du in Deiner Ehe auch so halte«. Martha.^ Viele Besucher der Reichshauptstadt nehmen sich vor, besonders wenn sie aus dem Westen kommen und das schlanke Gitterwerk des Funkturmes in ihr Blickfeld fliegt, sich dort von den aus der Ferne winzig erscheinenden Fahrstühlen nach oben tragen zu lassen. Manche machen diese Absicht auch wahr; wenn sie dann aus schwindelnder Höhe die Reichs hauptstadt überschauen, daun haftet ihr Blick zuerst an dem mächtigen Gebäudeblock mit der Aufschrift „Haus des Rund funks", und sie bekommen einen Begriff von dem Umfang der funkischen Leistung, die in dieser Arbeitszentrale gewaltiger Ausdehnung abgewickelt werden muß. Wenn man so auf dem Funkturm steht und auf das ihm so eng verbundene Haus zu seinen Füßen niederschaut, dann wünscht man einmal das Dach dieser Riesenkiste aufzudecken — es sieht so aus, als ob das von hier oben gar nicht so unmöglich wäre! —, um nach zuschauen, was denn eigentlich darin los sein mag. 'So kam ich in den „Gelben Saal". Nicht von oben! Nein, ganz natürlich durch den Eingang für alle. Aber es ist nicht so einfach, zugelassen zu werden. Die Leute in diesem Hause haben's so eilig wie die elektrischen Funken und wollen weder gestört noch aufgehalten werden. Aber wenn man ver spricht,' ganz artig zu sein, dann kann es schon geschehen, daß man vor dem Kammersänger und Opernregisseur Cornelis Bronsgeest steht und von ihm hört: „Ihr Besuch ist uns ausnahmsweise gar nicht unangenehm. Gehen Sie nur überall umher, ohne über die Mikrophonzuleitungen zu stolpern, dann können Sie mehr sehen, in sich aufnehmen und Ihren Lesern erzählen, als wenn ich Ihnen einen mehr stündigen Bortrag halte." Damit wollte er enteilen, ließ sich aber doch dazu bringen, ein Paar Fragen zu beantworten wie diese: Weshalb gerade „Rienzi"? Weshalb Eigenaufführungen des Rundfunks und nicht Opernübertragungen? Welche Ab sichten verbinden Sie mit dftsem Programmpunkt? „Das ist leicht zu beantworten. Wir spielen mit Vorliebe wertvolle, aber selten aufgeführte Werke. Nicht nur zur Er gänzung der Opernprogramme, sondern auch in dem Bestreben einer Lebendigerhaltung so herrlicher Schöpfungen wie gerade Richard Wagners ,Rienzi'. Und der ist für den Rundfunk obendrein besonders dankbar wegen seiner stürmischen drama tischen Bewegung." Generalmusikdirektor Professor v. Schillings ergänzte diesen Gedankengang im Verlauf eines anderen Meinungsaustausches mit klugem, etwas sarkastischem, über den Dingen schwebenden Lächeln: „...und wegen seiner Aktualität! Dieser Tribun, dieser Volksmann, der die Massen zur Freiheit führen will, ist doch ein Stück Leben unserer Zeit; bis zu dem Punkte, daß wir viel hören... und... ja... und daß nichts geschieht." Er kann sehr grausam werden, dieser Professor, der aus so langen Beinen schwebt, daß er ähnlich dem Riesenfräulein von Burg Niedeck die Musiker zu seinen Füßen wie Spiel zeug empfinden könnte und mit seinen sehr langen, schmalen, nervigen Fingern das ganze Orchester wie eine einzige große Harfe zu spielen scheint! Seine Wünsche, Vorwürfe, Be schwerden säuselt er so sanft, wie ein von Sorgen ganz un beschwerter Predigtamtskandidat nach des Tages wohlerfüllter Pflicht sein Abendgebet. Aber gemeint sind sie so hart, so Die alte Buche. Die uralte Buche — weit ins Land Grüßt ihr Leuchten vom Waldesrand. Im Frühling geht sie allen voran, Als ob sie die Zeit nicht abw^rten kann. Ä««lz und aufrecht, stattlich u breit, Steht sie im frischgrünen Sewenkleid. Gie scheuen Waldtauben machen Besuche Bei der uralten heiteren, schönen Buche. Den Vögeln, an die sie vermietet hat, Erscheint sie wie eine ganze Stadt; Im Lenz, noch im letzten Knospenknistern Wird sie schon Pate bei vielen Geschwistern. Für die drolligen Hasen, das ernste Reh Hütet sie schattend Gras und Klee. Ihr Wesen ist Schützen, Erlaben und Geben; Manchmal durchzuckt sie tiefinnerstes Beben, Wenn der Wind, der die nahen Fichten durchrauscht, Ihr die feinbewimperten Blätter bauscht. Frida Schanz. unwiderruflich wie die furchtbaren Scherze Samsons kni Schatten der Guillotine. Disziplin, schärfstes Zusammen- reißen aller Kräfte im Dienst für das Ganze unter so klarer und sicherer Führung sind allerdings auch bedingungslose Voraussetzung für das Gelingen einer so wichtigen, so schwierigen Aufgabe wie die Nundfunkdarbietung des „Rienzi",. sie Millionen dankbar genießend gehört haben. Bände könnte man. über die interessanten Einzelheiten der mühevollen Probenarbcit schreiben, die sich in dem wunder bar stimmungsvollen „Gelben Saale" des Sendehauses ab wickelte. Der Rundfunk ist bei seinen eigenen Opernauf führungen, die naturgemäß wegen der technischen Möglich keiten des Funkhauses viel wirkungsvoller und wertvoller bleiben als die Uebertragungen aus dem Theater, vom Kostüm- und Bühnenbewcgungszwang entlastet. Die Grund lage sür den musikalischen und musikdramatischcn Gewinn, den Schillings bei Orchester, Chor und Solisten, wie viele von uns hörten, restlos einheimste! Aber nun kommt noch das Funkische, für das hier Bronsgeest verantwortlich war. Wäh rend Schillings probt, folgt ihm Bronsgeest in einem ver glasten Käfig mit Auge und Lautsprecher und fängt mit den geschickt verteilten Mikrophonen die Schallwellen auf. Läßt sie je nach ihrer zeitweiligen Bedeutung von den Tonmischern sozusagen sortieren und vermischen und sendefertig der Expedi tion zuleiten, der Antenne, von der „Rienzi's" erster und großartiger Sprung in den Aether erfolgte. Zuweilen stört Bronsgeest die Musikarbeit! Ein Verstärker bringt seins Stimme mit Knattern und Donnern wie ein Gewitter alles übertönend in den gewaltigen Senderaum: „Es wird zuviel gesungen! Sprechen, sprechen! Sie sollten singen ,Läßt Dich'! Ich hörte .lässig', kann auch ,Essig' verstanden werden!" Ger einfachste Hörer soll möglichst auch dem gesungenen Text folgen, wenigstens die zum Verständnis unbedingt nötigen Bruchstücke auffangen können. So Hilst Bronsgeest dem Hörer. Aber auch Schillings bekommt freundliche Spenden. Nicht gemeint sind Schlachtenlärm und Sturm. Solche Gaukeleien Mit Schellen und Windmaschinen kennt der Generalmusik direktor auch von der Bühne her. Aber wenn Wagnei „Glocken" vorschreibt, dann läutet Bronsgeest eine der vielen vorrätigen wirklichen Kirchenglocken: heim „Rienzi" hörten wir die „Warima", die Große Glocke des Magdeburger Doms. Schallplatte! Und wie hilft er erst den Solisten! Mit flinken. Schaltbewegungen läßt er ihre kostbaren Stimmen glätten, zum Vollglanz bringen, wirkungsvoller, als das all« Pastillen und „bewährten" Mittel der Erde vermöchten. Das alles sieht sich leicht und selbstverständlich an! Einige machen's in Hemdsärmeln. An Witzworten fehlt es nicht, so wenn lemaud sagt, daß er für die Zuverlässigkeit dieses oder jenes Einsatzes seinen Kopf verpfände und die rasche Gegenfrage erhält: „Haben Sie nichts Wertvolleres?" Aber es ist doch eine harte Arbeit, ein heißes Schaffen im ,,Gelben Saal". Wochenlang! Ein wuchtiger Einsatz aller Kräfte für einen einzigen Abend. Ein ungeheurer Aufwand; er ist ge rechtfertigt durch eine Hörgelegenheit für Millionen. Wer sie wahrgenommen hat, dem wird sie ein unvergeßliches Erlebnis gewesen sein. Achtung, Achtung vor dem Rundfunk. Er entfaltet sich zu einem Schöpfer neuer Werte!
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