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Sinnspruch. Soviel gibt's, was beglücken kann Und Frende macht entstehen; Es kommt auf Herz und Augen an, Daß sie, was Glück ist, sehen. Trojan. Dresdner Bilderbogen. Weihestunden am Geburtstage eines großen Toten Der konservative Sachsengeist. — Im Dienste der Heimat. — Gegen das Bliemchen-Sächsisch. — Schützt die deutsche Kunst — aber nur die deutsche! — Lumpen für die Armen. Gesundes Volk, gesunder Staat! Zwei Veranstaltungen der letzten Zeit haben die oft widersprochene und doch nicht hinwegzuleugnende Tatsache erneut bewiesen, daß die guten Dresdner trotz allein Hang zu modischen Torheiten und trotz allem Nachlaufen des Neuartigen und Fremdländischen im Grunde genommen doch von einer geradezu rührenden konservativen und echt deutschfühlenden Gesinnung sind. Einmal war es die Tagung des Sächsischen Verbandes für Volkskunde, und zum anderen die Feier des Geburtstages des verstorbenen Königs. Der letztgenannte Anlaß hatte in Moritzburg die Mili- tärvereiue und vaterländischen Verbände des Dresdner Bezirks zusammenkommen lassen, und die im Freien ab gehaltene Feier trug den feierlichen Charakter eines Feld gottesdienstes. Die ehrfurchtgebietenden Mauern des alten Wcttinerschlosses, in dem sich ein großer Teil sächsischer Geschichte abgespielt hat und das die frohen Spiele unter August dem Starken ebenso gesehen hat, wie manche schick salsschwere Beratung der Staatsmänner, in dessen weiten Wäldern das Hifthorn erschallte und Volkssage und Legende ihre Statt fanden, wurden diesmal Zeuge einer tiefwurzelnden Verehrung zu einem Toten, der seines Stammes Besten einer war. Einige Tage darauf sahen die weiten Mauern der Dresdner Kreuzkirche, die ebenfalls schon manchen Sturm über sich ergehen lassen mußten und in Kriegs- und Friedenstagen mehr als einmal zu Ruinen wurden, um jedesmal herrlicher wieder aufgebaut zu wer den, eine Trauerversammlung, die ebenfalls des Geburts tages des letzten Sachsenkönigs gedachte. Außer den ver anstaltenden Offiziersverbänden war auch hier „viel Volks" aus allen bürgerlichen Kreisen versammelt, ein Beweis, daß der vorerwähnte konservative Geist der Be völkerung selbst an dem großen Gepränge der Bestattungs feier nicht sein Genüge gefunden hat, sondern daß lhm auch jeder weitere Anlaß willkommen erscheint, um seiner An hänglichkeit an den ehemaligen Monarchen Ausdruck zu «eben, der so eng mit seinem Volke und der sachlichen He:- viat verbunden war. . . Dieser sächsischen Heimat gehört auch die Arbeit des Sächsischen Verbandes für Volkskunde. Die diesmalige Dresdner Tagung war vor allem der Mundartdichtung, der Voltskunstforschnng und dem Volkslied gewidmet. Nus allen sächsischen Gauen waren Volksdichter herbeigekom- mcn und trugen in der Sprache ihrer Heimat ihre eigenen Dichtungen vor. Und mit besonderem Recht wurde darauf hingewiesen, daß diese mundartliche Dichtung absolut und aber auch gar nichts mit der oft verspotteten und unechten Bliemchen"-Reimerei zu tun hat. Beachtenswert waren auch die Hinweise auf die Pflege des Volksliedes. Das, was jetzt gemeinhin „aus Volkesmunde erklingt", hat mit dem deutschen Volksliede absolut nichts zu tun. Wenn es gelingen soll, die Vorherrschaft des Gassenhauers zu bre ¬ chen, dann mutz schon wieder die konservative Gesinnung der Dresdner herbeigerufen werden, und die alte Vorliebe für das gemütvoll-heitere Volkslied, das noch sehr stark in den Familien gepflegt wird, mutz wieder stark und offen zum Durchbruch kommen. Denn, so wurde auf der Tagung gesagt: Volkslied ist Volksgemeinschaft! Und eine Ge meinschaft aller Gutgesinnten brauchen wir in diesen Tagen der Zerrissenheit nötiger als je. Eine kulturelle Tat ist auch seitens der Stadt in die Wege geleitet worden. Bekanntlich plant die gesamte Dresdner Künstlcrschaft im Städtischen Ausstellungspalast, der infolge Wegfalles der Jahresschauen in diesem Jahre verwaist ist, eine große Kunstausstellung, die den Neben-, wenn nicht Hauptzweck hat, die wirtschaftliche Lage der Künstler zu heben, indem sie dem Publikum wieder einiges Interesse für die Kunst beibringt. Es ist ja eine ebenso bekannte wie betrübende Tatsache, daß einerseits das leere Portemonnaie des Einzelnen wie auch die ganze materia listische Strömung unserer Tage zu einer Abkehr von künst lerischen Dingen geführt haben, die einer Aenderung dringend bedarf. Freilich darf auch nicht verschwiegen werden, daß ein großer Teil der heutigen Maler an dieser wachsenden Interesselosigkeit weiterer Publikumskreise nicht unschuldig ist. Das Volk will eine natürliche Kunst, es kann sich an Bildern Holbeins oder Ludwig Richters, ja selbst an der ein wenig zeitfernen Kunst eines Albrecht Dürer nicht satt genug sehen, von den von gewollter Un wirklichkeit erfüllten Malereien der Heutigen aber, die nur ein verständnisloses Kopfschütteln auslösen, will es nichts wissen. In Dichtung und Drama ist man längst wieder zu einer natürlicheren Sprache zurückgekehrt, — wann endlich will auch die Malerei diesen Heimweg zur deut schen Art der Kunst antreten. Nun hat der Rat der Stadt außer der Deckung des zu erwartenden Fehlbetrages der Ausstellung auch die Stiftung von Beträgen zum Ankauf von Bildwerken in Aussicht gestellt. So erfreulich dies ist, so möchte doch von denen, die sich als Stadtverordnete zum Schutze der deutschen Kunst berufen fühlen, darauf gedrungen werden, daß nur Ankäufe von solchen Werken erfolgen, die einem deutschen Empfinden entsprechen, dem Volke etwas zu sagen haben, und von Künstlern stammen, die nicht schon durch ihre beamtete oder sonstige wirtschaft liche Stellung besser als die armen freischassenden Künstler gestellt sind. Auch Nichtakademiker können manchmal recht Gutes leisten, wie frühere Ausstellungen zur Genüge be wiesen haben. Im übrigen kann man nicht immer behaupten, daß der Rat zuviel Verständnis für die bittere Not der Zeit ausbringt. War es erst die Senkung der Fürsorgesätze, sind es ferner die nicht endenwollenden Klagen darüber, daß den Fürsorgeempfängern trotz eigener Werkstätten des Rates oft nur Lumpen und abgerissene Stiesel als Be- " kleidungsstücke angebotew werden (wobei man über den edlen Geber staunen muß, der solche Dinge zur Nothilfe „gespendet" hat), so sind es jetzt wieder die Pflegkosten sätze in den Krankenhäusern, die viel zu hoch sind. Nach dem alle Gehälter gesenkt und die zu beziehenden Nah rungsmittel doch zum größten Teile billiger geworden sind, nachdem man durch Schließun des größten Krankenhauses abermals „eingespart" hat, will man trotz gegenteiliger Beschlüsse der Stadtverordneten die Kosten nicht senken. Die trostlose Finanzlage schiebt man vor. Ja, aber hat denn nicht jeder mit einer trostlosen Finanzlage zu kämp fen? Und darf sich die Behörde immer nur auf Kosten des hilflosen Einzelindividuums bereichern und am Leben er halten? Es möchte doch endlich einmal die Erkenntnis bei den großen und kleinen Regierungen reifen, daß nicht der gesunde Staat den gesunden Staatsbürger hervorruft, son dern daß der Staat auch krank wird, wenn der Einzelne nicht gesund ist. Was für den Staat im Großen gilt, gilt natürlich auch für eine einzelne Gemeinde, vor allem für eine Großstadt wie Dresden, deren Bürgermeister mehr Gehalt bezieht wie die Minister des Landes. Hoffen wir auf baldige Gesundung aller! Woldemar. Tagesordnung der nächsten Sitzung. Auf der Tagesordnung der Sitzung vom 31. Mai stehen folgende Punkte: Aufhebung der Notverordnung über die Geschäftserweiterung der Sächsischen Staatsbank; Antrag auf Bereitstellung von Mitteln für den staatlichen Wirtschaftsstock und die wertschaffende Arbeitslosen fürsorge zur Belebung der Wirtschaft; Beratung über den Gesetzentwurf über die Grundsteuer für 1932; Antrag gegen den Erlaß der neuen Notverordnung der Neichsregierung. Einspruch Sachsens gegen die kommende Notverordnung. Die Fraktion der Deutschen Volkspartei hat im Säch sischen Landtag einen Antrag eingebracht, der unter an derem besagt: Die wirtschaftliche Not lastet auf dem Grenz lande Sachsen ganz besonders schwer. Das kommt zahlen mäßig einwandfrei in der Erwerbslosenzahl zum Aus druck, die um mehr als 50 Prozent über dem Reichsdurch schnitt liegt. Bei dieser Sachlage bedeuten die von der be vorstehenden Notverordnung der Reichsregierung zu er wartenden neuen Steuererhöhungen eine weitere Vermin derung der Kaufkraft und eine unerträgliche Belastung der durch Gehaltskürzungen und Einkommenrückgang be reits schwer geschädigten Bevölkerung wie der gesamten sächsischen Wirtschaft. Wir beantragen daher, die Regierung zu ersuchen, gegen die durch die bevorstehende Notverord nung der Reichsregierung drohende neue steuerliche Be lastung weiter Volkskreise Einspruch zu erheben. Rcgierungshilfe für den Altwohnhausbesitz. Die deutschnationale Landtagsfraktion hat folgenden? Antrag im Landtag eingebracht: Wir beantragen, der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu ersuchen, aus den im Jahre 1932 eingehenden Wohnungsbaumitteln aus der Mietzinssteuer den Betrag von 2,25 Millionen Mark ganz oder zum größten Teile dem Altwohnhausbesitz für Jnstandsetzungszwecke zur Verfügung zu stellen. Soziale Fragen im Haushaltausschutz A. Gegen die sozialistischen Forderungen in bezug aus Jugendschutz wurden vom Arbeitsministerium im wesent liehen keine Bedenken geäußert. Abg. Dr. Weber (Dnats forderte, daß auch das Wirtschaftsministerium zur Bs ratung mit hinzugezogen werden müßte, da die Erfüllunj dieser Forderungen sehr tief in das Wirtschaftsleben eiw greift (Arbeitswoche, Lehrlingswesen, Ferien, Berufs ausbilduugsgesetz usw.). Dieser Antrag wurde von eine, Linksmehrheit abgelehnt. Abg. Voigt (DVP.) bezeichnet, den Zeitpunkt für Stellung solcher weitgehenden Fords rungen für ungeeignet, zumal manche der Klarheit ev mangeln. Er beantragte, der Negierung die Forderungel des Reichsausschusses für die Deutschen Jugendverbändt zu empfehlen. Der Kommunist Siegel erklärte, den sozia listischen Anträgen zuzustimmen. Nach weiterer Aussprache an der sich Abgg. Clauß (St.-P.), Kautzsch (SPD.), D, Weber (Dnat.) und der Berichterstatter Wehle (SPDj beteiligten, ergab die Abstimmung eine teilweise Ableh nung der sozialdemokratischen Anträge und eine Annahnu des volksparteilichen Antrages nebst den deutschnationale, Änderungen. Ein sozialdemokratischer Antrag befaßte sici mit Forderungen für Kriegsopfer, die sich allgemein au die Beseitigung der Härten der zweiten Notverordnung vom 8. Dezember 1931 beziehen. Ein gemeinsam von de, nichtsozialistischen Parteien eingebrachter Zusatzantrag forderte eine Einwirkung auf die Neichsregierung in dA Richtung einer gesicherten Versorgung der Kriegsopfer Das Finanzministerium erklHfte die Unmöglichkeit sw den Staat, eine zusätzliche Fürsorge zu finanzieren, wie eg die Sozialdemokraten verlangten. Letzteres wurde angs nommen, ebenso die beiden Abänderunas- und Zusatz anträge. v.Z.Sc n dl k U)kk- l-Ok K 8 7 i. äurev VsrlaA Oskkr ilsistsr, 88, (52. Fortsetzung.) Gemäß der getroffenen Vereinbarung hatte Anstetten nach seiner Ankunft in Bombay ein Telegramm an feine Frau geschickt: „ , „Angekommen. Befinden gut." Die Unterschrift fehlte. Er durfte keine Borficht außer acht lasten. Im Hafen sah er sich sofort um, welche Schiffe tagsüber eingelaufen waren. Es lagen ein Franzose und ein Italiener vor Anker. Laut der Auskunft eines Bediensteten war noch ein Russe zu erwarten. Der Letztere würde wohl am günstigsten für seine Pläne sein. Kurz nach sechs Uhr lief dieser mit den Farben der Sowjetunion in die Hoheitsgewässer. Eine Menge Passagiere strömte zehn Minuten später über die Landungsbrücke und flutete dem Inneren der Stadt zu. Anstetten mischte sich unter all das rufende, kreischende, gestikulierende Boll und ließ sich von diesem mittreiben. Auffallend oft wandte er das Gesicht nach rechts und links, schien auf etwas zu warten, und fühlte eine gewisse Depres sion, als er sich immer wieder enttäuscht sah. Man war nicht umsonst volle fünf Jahre von Indien fort- gewesen. Der Bekanntenkreis hatte sich infolgedessen stark gelichtet. All die Droschken, Autos und sonstigen Fahrzeuge, die an ihm vorüberflitzten, trugen Insassen, deren Gesichter ihm fremd waren. Sonst hatte bald aus diesem» bald aus jenem eine Hand gewinkt, eine Stimme gerufen, ein Kopf sich geneigt, heute blickte er in lauter fremde, gleichgültige Züge, dw keinerlei Interesse für ihn hatten. Der kleine Koffer war nicht gerade schwer, aber er wäre ihn trotzdem gerne losgeworden. Die einheimischen Träger hatten sich aber zuerst auf jene gestürzt, welche Großgepäck zu schleppen hatten. So kam es, daß sich niemand fand, der ihm das seine abnahm. Im Begriffe, eine der braunen Gestalten herbeizuwinken, die als unbeschäftigte Gaffer den Straßenrand besetzt hielten, fühlte er sich von hinten auf die Schulter geklopft. „Anstetten!" Sein Gesicht fuhr herum. „Tust«in!" „Sie sind es also wirklich, Baron?" „Wie Sie sehen!" Anstetten strahlte. „Ich freue mich, gleich beim ersten Schritt einen alten Freund zu treffen. Ich habe schon gedacht, ich würde keinem einzigen bekannten Gesichte mehr begegnen/ Der Schwede hatte seinen Arm durch den des Barons ge steckt und lancierte ihn aus dem Getümmel nach der Seite hin, wo die Wagenreihe stand. „Sie wissen demnach gar nichts, mein Lieber?" „Was soll ich denn wissen, Tussein?" „Daß Sie für tot und verschollen erklärt sind.*' „Ich? — Sie scherzen wohl!" „Nicht die Spur! Die englische Behörde hat sogar eine Belohnung von tausend Pfund ausgesetzt, wenn jemand über Ihren Verbleib Nachricht zu geben vermag. Den Aufruf in den Blättern haben Sie wohl auch nicht gelesen?" „Nichts," sagte Anstetten und hielt seinen kleinen Koffer krampfhaft fest. „Nicht glaublich," ereiferte sich der Schwede. „Wo in aller Welt haben Sie denn die letzten fünf Jahre gesteckt, Baron?" „Das ist eine lange Geschichte, Tussein und ebenso aben teuerlich. „Das Abenteuerliche haben We ja immer geliebt, ver ehrter Anstetten." „Ja, immer!" gab dieser lachend zu. „Erst im Dschungel mit Freunden auf der Jagd, bin ich dann nach China hin über gekommen und von dort nach Rußland. — Es hat mir nicht gut bekommen," schloß er resigniert. „Allem Anschein nach nicht," gab Tussein zu. „Warum aber haben Sie nie etwas von sich hören lassen?" Anstetten wandte sich suchend um. „Rußland hat seins Gefahren, mein Lieber. Ich habe Glück gehabt, überhaupt noch herauszukommen. Sprechen Sie etwas leiser," warnte er, als der Schwede ein Helles: „Wie?" ausstieß. „Ich bin so zusagen incognito mit dem „Lenin" eingelaufen und möchte gerne so rasch als möglich verschwinden. ' „Dann kommen Sie aber hopp," riet Tussein. „Seien Sie mein Gast und lassen Sie sich im Club den Freunden zeigen. Das wird keine kleine Ueberraschung werden! Haben Sie im Sinne weiterzureisen?" „Ja, morgen schon! Und zwar nach Benares. Ich habe dort einen Hindu, der mein Vermögen verwaltet. Hoffentlich ist er nicht inzwischen gestorben." „Nein! — Aber in argen Nöten, mein Lieber. Man hat ihm nämlich zur Last gelegt, Sie aus dem Weg geräumt zu haben." „Meinem Akab?" Anstettens Auflachen wirkte etwas gezwungen. Aber der Schwede merkte es nicht. „Dann ist es vielleicht am besten, wenn ich heute noch Nach Benares abdampfe. Wenn ich die Nacht durchfahre, kann ich morgen früh dort sein. Ich möchte den armen Menschen keine Stunde länger in Ungewißheit lassen." „Schicken Sie ein Telegramm/ forderte ihn Tussein auf. „Glauben Sie, daß es ihn erreicht?" „Lassen Sie es an den Gouverneur gehen, dann wird die Wirkung eine doppelte sein. Man wird an maßgebender Stelle wissen, daß Sie noch am Leben sind, zugleich reinigen Sie den Hindu von dem Verdacht, Sie ermordet zu haben." „Das ist richtig," pflichtete Anstetten bei. Eine Viertel stunde später war die wichtige Depesche nach Benares unter wegs. Noch am Nachmittag folgte ihr Anstetten selbst. Während der langen Fahrt fielen die Gedanken wahllos über ihn herein. Nun würde Akab bereits wissen, daß er ihm zu Hilfe eilte. Ob er sich freute? Ob er bei ihm bleiben würde, nun, da er das ganze Glück seines Lebens für ihn zu opfern im Begriffe stand und zum Entsagen bis an das Ende seines Lebens bereit war. Nach fünf Jahren heimatlichen Klimas erschien ihm die Hitze hier geradezu tödlich. Sein ganzes Denken erlahmte», die Glieder begannen abzusterben und hingen in steinerner Schwere an seinem Körper. Er trank sechs Gläser Eiswasser hinunter, ließ sich ein Bad bereiten und kam noch elender als zuvor in sein Abteil zurück. Was würde Brunhilde setzt tun? — Und Klein-Peter? Ob sie ihn sehr entbehrten? Wie sie die Nachricht aufnehmen würde — die Nachricht, daß er am Fieber gestorben sei? Nun war es doch so gekommen, wie der Sterbende es gewollt hatte: Du wirst wieder nach Dardschiling zurück kehren und Dr. Alsworth wird bestätigen, daß Hans Peter von Anstetten dem Fieber erlegen ist. Ja, das würde Dr. Alsworth bestätigen. Nur, daß damit sein ganzes Leben zerschmettert und zerschellt lag. Er lehnte den Kopf gegen die Matte und schloß die schmerzenden Augen. Wenn er damals, als er auf Capri den Rausch von Brunhildes großer Liebe über sich ergehen ließ, zu ihr gesprochen und sich ihr anvertraut hätte, könnte es heute anders um ihn bestellt sein! Ganz, ganz anders! Aber das war nun vorbei! Aus! Zu Ende geträumt! Er hatte gewußt, daß die Stunde einmal kommen würde! Kommen mußte! Aber nun traf es ihn dennoch furchtbar. Traf ihn mit solcher Wucht, daß er darunter zusammen- zubrechen drohte. Wie sollte er die ständige Trennung von ihr ertragen können? — Wenn ihm das nur jemand sagte! Und der kleino Hans Peter! Nie mehr sollte er dessen Kindermund lallen» nie mehr das kleine Kerlchen im Arme halten und liebkosen dürfen! Und Bernd! Den Jungen, der ihn so über alles liebte! Ihn, den Betrüger! Gatten- und Vaterrechte hatte er sich angemaßt. Ob sich Hans Peter jetzt auf diese Weise rächte?! Aber die Toten kannten keine Rachsucht mehr! Es war lediglich ausgleichende Gerechtigkeit, die ihre Hand im Spiele hattet .(Fortsetzung folgt.)