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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Wilsdruff-Dresden Nr. 92 — 91. Jahrgang Mittwoch, den 2V. April 1932 Postscheck: Dresden S64V Telegr.-Adr.: .Amtsblatt"' Anzeigenpreis: die Lgelpoltene Naurnzeile 20 Npfg., die 4gespal1ene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Deich»» Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. viachweisungsgebühr 2V Reichspfennige« DOV .... . . „ „ , Ärdt'n'nach^Mösuch'k^' Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 derückftchttgt? ^1», höher« Sewall, " "" ' " , Krieg "oder iönftig« Be- annahmcdiLvorm.IVUHr. —» »-— Für die Nichtigkeit k« «eiedrstörungen besteh! kein Nniprnch aut Liejerung der Leitung oder Kürzung de, Bezugsxrcijer. — Lückiendung durch Fernrus übermittelten Anzeigen übern, wir deine Garantie. Jeder Aabattaniprnch erlischt, wenn der Betrag durch «ingeiandt« Schriftstücke «solgl nur, wenn Porto beiliegt. Klag« «ingezogen w«den mutz oder der Auftraggeber in Kontur» gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatts Da, »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. jt" Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten, Post- ^'n-^u j^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Der Witte zum Sparen. Wie an einen furchtbaren, brustbeklemmenden Traum denkt man heute an jene Zeiten des Sommers 1931 zurück, als mit dem Juli der Ausbruch einer schon lange schwelenden Kreditkrise erfolgte, als die Bankschalter geschlossen wurden und der allgemeine „Run", die Panik nicht einmal mehr vor den Sparkassen haltmachten. Diese Institute wurden vielleicht mit noch größerer Wucht ge troffen als die Depositenkassen der Großbanken, weil ja die Zahl ihrer „Kunden" unverhältnismäßig größer ist als bei dieser oder jener Großbank. Es kamen die Wochen, in denen der Sparer von seinem Guthaben selbst in den dringendsten Fällen nur kleinste und kleine Teile abheben durfte; trotzdem ging die Höhe der Spar einlagen, die im Mai 11,2 Milliarden betragen hatte, bis zum Ende Dezember 1931 um nicht weniger als andert halb Milliarden zurück. Einen wie schnellen Anstieg die Sparkassen übrigens vorher erfreulicherweise gehabt haben, illustriert am besten die Tatsache, daß die Spar einlagen Ende Dezember 1927 erst 4,6 Milliarden betrugen und sich dann Jahr um Jahr etwa um 1,5 bis 2,5 Mil liarden vermehrten. Mit Beginn des neuen Jahres 1932 kam dann nach dem Niedergang der vorhergehenden sieben Monate end lich der U m s ch w u n g : Im Januar überstiegen die Ein zahlungen bei den Sparkassen um 165 Millionen die Aus zahlungen, und diese Entwicklung hat sich dann fortgesetzt. Eine Krise allerschwerster Art war über wunden und das Vertrauen der breiten Massen des Publikums zurückgekehrt. Der Spargedanke hat trotz all der schweren Erschütterungen des vergangenen Jahres nicht gelitten, weil man schließlich doch auch im großen Publikum merkte, welche bemerkenswerte starke Widerstandskraft gerade diese Geldinstitute zeigten. Ge wiß mußten auch sie den Kredit des Reiches in Anspruch nehmen, und es war ein spannend-bänglicher Augen blick für die Leitung der Sparkassen, aber natürlich auch für die Reichsregierung und die Reichsbank, als nun die Schalter wieder zu einer vorsichtigen Vollauszahlung ge öffnet wurden. Doch auch dies ging vorüber, und wenn die Höhe der Auszahlungen immer noch größer ist als früher, so liegt das nicht an mangelndem Vertrauen auf die Sparkassen, das viel lieber das Geld daheim im Strumpf oder Kommodenkasten liegen läßt, sondern die steigende Arbeitslosigkeit zwang zur Abhebung von Geldern, die man sich in besseren Zeiten gespart hatte. Man will schon sparen, kann es aber in einem heute sehr viel geringeren Umfang. Darum sind heute die Auszahlungen zwar noch etwas größer als die Ein zahlungen, aber dieser Fehlbetrag wird mehr als nur getilgt durch die Zins- und Aufwertungsgutschriften. Eine heute von der Öffentlichkeit schon halb vergessene Notverordnung brachte übrigens eine Sparkassen reform, die an den früheren bewährten Geschäfts methoden der Kassen eigentlich nur das eine änderte: Es mußte für eine größere Liquidität, für größere Bestände an raschestens flüssig zu machenden Mitteln ge sorgt werden. Gewisse Kreditbindungen der Sparkassen gegenüber ihren Kommunen wurden abgelöst, und heute könnten sie ohne weiteres etwa 49 Prozent der Guthaben in kürzeste: Frist zur Auszahlung bringen. Nichts aber hat sich an ihrer grundsätzlichen Stellung geändert, Kreditgeber des Hausbesitzes, der kleineren und mittleren Wirtschaftsbetriebe zu sein. Auch in den Zeiten der schwersten Krise hat man es vermieden, diesen Kreisen gegenüber mit rigorosen Kreditkündigungen vorzugehen, die unabsehbares Unglück hätten anrichten müssen. Trotz dem brauchte im Jahre 1932 von den Sparkassen nicht nur kein neuer Kredit beim Reich oder der Reichsbank in An spruch genommen zu werden, sondern sie konnten bereits im Januar daran gehen, die im Vorjahr notwendig ge wordenen Stützungskredite wieder abzubaucn. In einer Zeit, da die Kredite, die Vertrauenskrise wie eine schwere dunkle Wolke über Deutschland lastet, ist es daher von allergrößter Wichtigkeit, wenn wenigstens über einem großen Kreditinstitut der Himmel etwas lichter aus sieht. Wenn das Vertrauen zu den deutschen Sparkassen weiter steigt, so können sie vielleicht auch ihre heute beson ders bedeutungsvolle Aufgabe erfüllen, nämlich die, das immer noch im großen Umfang „geham sterte" Geld aus den Verstecken heraus- zuziehen und es damit wieder in den wirtschaftlichen Kreislauf befruchtend einzufügen. Wenn in den nächsten Tagen der Deutsche Sparkassenverband zu sammentritt, dann wird er — neben allem Stolz darüber, die Krise größtenteils aus eigener Kraft überwunden zu haben — sich sehr energisch jener Ausgabe und den Wegen zu ihrer Erfüllung zuwenden müssen. Paris bestätigt Kreugers Tod Paris, 19. April. Die in Stockholm verbreiteten Ge rüchte, wonach 'der ehemalige Zündholzkönig Kreuger nicht ge storben sei, sondern angesichts der verheerenden Finanzlage sei ner Unternehmungen die Flucht ergriffen haben soll, werden in Paris nachdrücklichst dementiert. Der Polizeikommissar des Stadtviertels, in dem Kreugers Wohnung sich befand, erklärte, daß er mit eigenen Augen Kreuger auf dem Totenbett gesehen nabe. Von der Unterschiebung einer Wachspuppe könne daher nicht die Rede sein. Eine KMprmbeWWW in Gens Krisenzeichen in Gens. Todeszuckungen der Abrüstungskonferenz? Der amerikanische Staatssekretär Stimson ist in Genf ertrankt und nur bedingt verhandlungsfähig, Reichs kanzler Brüning verläßt vorzeitig Genf und wird wahrscheinlich mit dem französischen Ministerpräsidenten Tardieu, dessen Kommen auch noch sehr zweifelhaft ist gar nicht zusammentreffen. Jetzt kommt aus London die Rachricht, daß der Zustand des rechten Auges Mac donald sich so verschlimmert hat, daß die Arzte seine Abreise nach Genf nur unter der Bedingung zulassen, daß er in Genf jeden Tag wenigstens drei Stunden völliger Ruhe genießt. Hält man neben diese „Krankheitsfälle" die offen kundige Absicht Frankreichs, es in Genf zu keinen bin denden Beschlüssen über die Abrüstung kommen zu lassen, so kann man der Abrüstungskonferenz nur ein frühes, rühmloses Ende wahrsagen. Die Sensation -er A-Mnngslonsereaz. Stimson erscheint. Staatssekretär Stimson erschien im Hauptausschutz der Abrüstungskonferenz während einer Sitzung. Die allgemeine Aufmerksamkeit im Sitzungssaal richtete sich sofort aus den amerikanischen Staatssekretär, der als erster leitender Staatsmann der Vereinigten Staaten an einer im Rahmen des Völkerbundes tagenden Sitzung teilnahm. Stimson besuchte später Grandi und war dann zum Tee Gast des Reichskanzlers Brüning im Hotel Metropol. Frankreich sabotiert die Abrüstungskonferenz. Vorzeitige Abreise des Reichskanzlers aus Gens. Der vom Sonderausschuß einstimmig angenommene Entschließungsentwurf über die stufenweise Herab setzung der Rüstungen, jedoch nur unter der Voraus setzung der Durchführung einer entscheidenden ersten Stufe auf der gegenwärtigen Abrüstungs konferenz, führte zu einem lebhaften Zwischenspiel im Hauptausschuß. Der rumänische Londoner Gesandte Titulescu als Wortführer der französischen Staatengruppe ging zum Gegenvorstoß über und suchte die aus amerikanischen Wunsch in der Entschließung angenommene Forderung auf Herabsetzung der Rüstun gen auf ein Mindestmaß durch eine einseitige Aus legung dieser Entschließung unwirksam zu machen. Dieser offensichtliche Gegenvorstotz der französischen Staatengruppe wurde von Litwinow sofort scharf kritisiert. Litwinow erklärte, er lehne die Auslegung Titulescus ab und könne die Entschließung unter keinen Umständen annehmen. Rach einer längeren bewegten Aussprache stellte Henderson schließlich den Entschließungs entwurf des Sonderausschusses als solchen zur Abstim mung mit Handaufheben. Der Hauptausschuß nahm die Entschließung sodann einstimmig an, jedoch erhoben sich Litwinow und Titulescu gleichzeitig und er klärten, die Entschließung nur im Sinne ihrer Auslegung annehmen zu können. Die praktische Bedeutung dieser Entschließung ist damit in Frage gestellt. Der erste praktische Entschluß der Abrüstungskonferenz ist durch das Vorgehen der französischen Staatengruppe dadurch sabotiert worden. Das Zwischenspiel im Haupt ausschuß beleuchtet die Gesamtlage der Abrüstungskonfe renz und hat allgemein ernste Zweifel an der praktischen Beschlußfähigkeit der Abrüstungskonferenz erregt. Brüning kehrt vorzeitig aus Genf zurück. Der Reichskanzler Brüning begibt sich mit Rücksicht auf die preußischen Landtagswählen bereits am Sonnabend vormittag gemeinsam mit Staatssekretär von Bülow nach Berlin zurück, obwohl ursprünglich ein län gerer Aufenthalt in Gens vorgesehen war. Es steht noch nicht fest, ob der Reichskanzler in der nächsten Woche wieder nach Genf zurückkehrt. Infolge der vorzeitigen Abreise des Reichskanzler steht es noch nicht fest, ob ein Zusammentreffen zwischen Tardieu und Brüning in Gens stattfinden wird. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, daß der Reichskanzler das Zwecklose seiner Anwesenheit in Gens eingesehen hat, da Frankreich offenkundig jeden Erfolg der Abrüstungskonferenz sabo tiert. Brüning bleibt voraussichtlich in Genf Berlin, 20. April. Reichskanzler Brüning wird ent gegen der ursprünglichen Absicht voraussichtlich am Sonnabend nicht nach Berlin zurückkehren, sondern auch in der nächsten Woche noch in Genf bleiben. Seiner Wahlpflicht wird der Reichskanzler am Sonntag wahrscheinlich in der Hohenzollern- schen Enklave Achberg am Bodensee genügen. Die KronienbLLdung in Genf. Der italienisch-französische Gegensatz in der Abrüstungsfrage. Der Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz behandelte den zweiten Punkt der Tagesordnung, und zwar a) die Kriterien der Beschränkung und Her absetzung der Rüstungen, b) Berücksichtigung der be sonderen Umstände in den verschiedenen Ländern, o) die Methode der Berechnung der Effektivstärke nach den Erfordernissen der inneren Polizei und der nationalen Sicherheit. Zu diesen Punkten lagen zwei einander völlig wider sprechende Anträge vor. Der tschechoslowakische Antrag, dem sich die Vertreter von Norwegen, Schweden, Spanien qngeschlossen hatten, verlangt, daß die Ab rüstungskonferenz grundsätzlich beschließt, die Rüstungen auf das in deL internationalen Richtlinien vereinbarte Mindestmaß herabzusetzen, unter Berücksichtigung der nationalen Sicherheit, der geographischen Lage und der besonderen Bedingungen eines Staates, wie es der französischen Abrüstungspolitik entspricht. Da gegen beantragte der italienische Außenminister Grandi, daß die Prüfung der Methoden und der Kriterien für die Herabsetzung der Rüstungen sofort auf praktischem Gebiet durchgeführt werde, um in kürzester Frist einen entscheidenden Abschnitt zur allgemeinen Herabsetzung der Rüstungen aus ein Mindest, maß herbeizusühren. Botschafter Nadolny empfahl dem Hauptausschuß die Annahme des italienischen Antrages. Der Vertreter der französischen Regierung, Paul-Boncour, brachte sodann mit großem Nachdruck die französische Forderung zur Geltung, daß der Grundsatz der nationalen Sicherheit und der internationalen Verpflichtungen als maßgebende Richtlinien in die Entschließung aus genommen werden müssen. Die französische Abordnung stehe aus dem Boden des tschechoslowakischen Antrages und müsse gegen den italienischen Vorschlag Vorbehalte anmelden. Die französische Abordnung ver lange, daß die Bestimmungen des Artikels über die Be rücksichtigung der n a t i o n a l e n Ticherheitim Wort laut in die endgültige Entschließung über die Methode und die Kriterien der Herabsetzung der Rüstungen aus genommen werden. Der Hauptausschutz setzte nach ausgedehnten Verhand lungen nach der hier üblich gewordenen Methode einen Redaktionsausschuß ein, der die verschiedenen Vorschläge zu Punkt zwei der Tagesordnung über die Kriterien und Methoden der Herabsetzung der Rüstungen zusammenfasscn soll. Die Meihoden der Abrüstung. Kompromißcntschlictznng des Genfer Nedaktionsausschusses. Der vom Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz ein gesetzte Redaktionsausschuß, in dem zwölf Mächte, dar unter sämtliche Großmächte, vertreten waren, hat über die Methoden und die Bedingungen der Begrenzung und Herabsetzung der Rüstungen einstimmig eine Ent schließung angenommen, die einen Mittelweg zwischen dem italienischen und dem tschechoslowakischen Vorschlag darstellt. Nach der Entschließung müssen entsprechend den Bestimmungen des Artikels 8 des Völkcrbundpaktes die Rüstungen auf das mit der nationalen Sicherheit und der Durchführung der internationalen Verpflichtungen zu ver einbarende Mindestmaß herabgesetzt werden. Ferner muß der geographischen Lage und den besonde- renBedingungcnjedeseinzelnenStaates Rechnung getragen werden. Der sowjetrussische Autzenkommissar Litwinow meldete einen grundsätzlichen Vorbehalt gegen die An wendung des Artikels 8 des Völkerbundpaktes an und er klärte, daß Nichtmitgliedstaateu des Völkerbundes niöP in der Lage seien, die Bestimmungen dieses Artikels für sich als bindend anzuschen. Der Hauptausschuß wird nunmehr über diese Me thoden abstimmen und sodann die gleichzeitige Anwendung der wertmäßigen und mengenmäßigen Begrenzung durch völliges Verbotgewisser Materialien und Rüstungsarten sowie die politische und juristische Voraussetzung für eine Organisation des Friedens be handeln. Bei dieser Gelegenheit werden die letzten ameri kanischen und italienischen Vorschläge auf vollständige Ab schaffung sämtlicher entscheidenden Angriffswaffen sowie die französischen Abrüstungsvorschläge zur Verhandlung gelangen. Internationalisierung »»Verkehr Einweitgehe nderfranzösischerVorsch lag. Die französische Negierung hat der Abrüstungskon ferenz eine Denkschrift übermittelt, in der Vorschläge aus Internationalisierung der zivilen Verkebrszweüen dienen