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Wilsdruffer Tageblatt : 27.02.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193202279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19320227
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19320227
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-02
- Tag 1932-02-27
-
Monat
1932-02
-
Jahr
1932
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 27.02.1932
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-24,a per §ensa- > schon e sich kte lag ss nur ändert. elwas^ itz oer- .'nkunc > keine unrer onder- r die lag, ine», nder, i be- hrten II bik jrauz -58,76: 80,7^ österr > 32F7 gekauft Forde- Mark Preis l. Dir 1, aber ser laa r er- acher Uhr rden: hofft, si»! lnger . I, h di- Jah- vor : des ntlich sislos Vor uM r die ier iss aber fuhr- usw.) legt, durch te in )Iung efüllt dingt usw.s 5par- imen und tunst L. 2. 0,0-10/ )I-10,L -25.0 1932 er mu - sin ^aiser- llonds- e Sack Setzen- ^artvf- ehstroh 65 bis > 2,60; 75 bis ür den Dresden und Friedrich August. Nicht pflichtgemäße Trauer bewegte in diesen Tagen die Herzen der Bewohner Dresdens — es war mehr, viel mehr! Es war die sachliche Würdigung eines Menschen und seines Wertes den übrigen Menschen gegenüber, es waren Erinnerun gen durchweg freundlicher Natur an den letzten sächsischen Kö nig An den Anschlägen der Zeitungen blieben die Leute stehen, tauschten Worte des Bedauerns und Worte der Würdigung, aber kein tadelndes Arteilen mischte sich darunter. Ein Erfolg des Menschen Friedrich August. Und so wird er in der Erinnerung der Dresdner bleiben, trotz all der witz losen Lächerlichkeiten, die seit der Abdankung des ehemaligen Königs diesem im schönsten Tingel-Tangel-Sächsisch in den Mund gelegt worden Md. Feige Witzlinge waren dies, die ge wiß zur Regierungszeit Friedrich Augusts sich mit derartigen Anekdoten nie und nimmer hervorgewagt hätten, die aber der abgedankten Größe den Spott hinterdrein riefen. Freilich, ohne vernünftige Leute damit zu erfreuen. Denn der wirkliche Hu mor, den Friedrich August entwickelte, war etwas ganz ande res, als solche gemachten Witzeleien. Immer und überall trat Friedrich August in Dresden als der ruhige patriarchalische Privatmann auf, selbst bei großen Zeremoniellen Veranstaltungen eine schlichte Natürlichkeit be wahrend. Als einmal nach einer Landtagssitzung im Landhaus der König gerade die Treppe herabstieg, um zu dem wartenden Wagen zu gelangen, die Kette der Herren entlang schritt, kam ein junges Mädchen, das gewiß von -der Veranlassung zu sol chem Aufmarsch keine Ahnung hatte, dem Fürsten entgegen. Schon wollte einer der Herren sie unsanft aus dem Wege Ziehen, als die Kleine errötend einen tiefen Knix machte. Fried rich August stutzte ob dieser unerwarteten Begegnung, aber bann lachte er und grüßte, als ob die Kleine eine Hofdame wäre. — Oft konnte man dem Herrscher mitten im Walde bei Wachwitz oder Pillnitz begegnen, auch mit seinen Kindern in irgend einem Dorfgasthaus, und mancherlei liebenswürdige Begebenheiten wissen sich- die Leute zu erzhälen. Besonders in Wachwih, wo der König gern in der ziemlich versteckt liegenden Villa weilte. Tu war eine Kriegersfrau, die, um für sich und ihre Kinder den Unterhalt zu verdienen, als Landbriefträgerin, wie es während der Kriegszeit so oft vorkam, die Arbeit des Mannes versah. Sie weiß von mancher verstehenden Anord nung zu erzählen, wenn sie bei Wind und Wetter am Tor der königlichen Villa läutete. Der letzte sächsische König war ein Volksmonarch, ein bür gerlicher Fürst! So bürgerlich und volkstümlich, daß der alte Markthelfer, der sonst gar nicht an der früheren Regierungsform hängt, son dern nur zu gern menschenbeglückende neue Ieen entwickelt, mit bewegter Stimme folgende Bemerkung macht: „Ja, der Keenig hatte ä gutes Herze, das muß man ihm lassen. Wie oft hat er mich begnadigt, das wees ich ihm heite noch Dank!" Und mancher Bittsteller fand bis in die letzte Zeit 'n leinen Schwierigkeiten Hilfe bei ihm. Friedrich August wurde bei dem großen Umsturz vor vier zehn Jahren weder verbannt, noch brauchte er zu entfliehen. Und man sagt, er sei während dieser Zeit noch öfters in Dres- dch gewesen. Und als zu seinem zweiundsechzigsten Geburtstag die Militärvereine zu seiner Huldigung nach Sibyllenort ge kommen waren, erkannte er seine Wachwitzer cmd drückte ihnen erstellt die Hand. . 2. -10,L -11.1 Bleibende Gemeinschaft. Mark. S, 34: Wer mir will Nachfolgen der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz aus sich und folge mir nach Alles Menschenleben drängt zur Gemeinschaft. So sammelt die Freude die Menschen zu gemeinsamen Feiern, die Freundeskreise, Gemeinden, ja ganze Völker Vereinen. So zwingi die Arbeit die Menschen zu sammen zum gemeinsamen Schaffen. Aber diese natür lichen Gemeinschaften tragen alle den Keim des Zerfalls in sich, sie sterben immer wieder an dem natürlichen Menschen. Von der Gemeinschaft der Freude sagt das Sprichwort: „Die Freundschaft, die der Wein gemacht, wähn wie der Wein nur eine Nacht." Das ist über trieben, aber Wahrheit ist drinnen. Und wie oft endet auf dem Höhepunkt die Freude mit Zank und Streit! Und in der Gemeinschaft der Arbeit heißt es so oft bald statt „unser Werk" — „mein Werk", statt „unser Gewinn" — „mein Vorteil" und mit der Gemeinschaft ist es vorbei. Ja selbst die größten Gemeinschaften dieser Art, die Staaten, zerfallen immer wieder unweigerlich. So sterben natürliche Gemeinschaften am natürlichen Wesen des Menschen, und so ziehen sie den Menschen immer wieder hinab in das Natürliche. Wir wollen aber darüber hinaus und gebrauchen bleibendeGemein schäft, die uns erhebt. Jesus hat sie geschaffen, die Gemeinschaft des Leidens. Er selbst stellt sich als erster in sie hinein: für euch leide und sterbe ich. Und nun lockt er und warnt zugleich: kommt mit, aber zum Leiden. Und seine Jünger zeigen, daß sie bei all ihrer Unzulänglichkeit im tiefsten doch verstanden haben, was er will, daß hier der Weg ivar über diese Welt hinaus. Zaghaft erst trat ihre kleine Schar in die Gemeinschaft seines Leidens ein, aber Mui und Zahl wuchs und die Gemeinschaft des Leidens ward groß und immer größer. Und sie ist nicht zerfallen, Vie die anderen alle, sondern sie besteht. Und die in sie rintrelen, haben es noch immer erfahren, was einer von ihnen, Paulus, sagt: „So anders wir mit ihm leiden, daß wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden." Zur Herrlichkeit, nicht erst im jenseitigen Leben, sondern hier aus Erden schon, zu der Herrlichkeit der Kinder Gottes, die da selig in allem Leid sprechen: Für dich, Mein Herr und Heiland. So klingt es seinem „für euch!" tausendfach entgegen dankbar als Antwort: „für dich!". Brüder und Schwestern, es lohnt sich einzutreten in die Gemeinschaft des Leidens, es ift die Gemeinschaft höheren Lebens, 0,0-27,0 1,0-23/ '>,0-17/ 6,5-18/ 4,0 16/ 6,0-19/ 0,0-12/ 4,5-16/ 0,0-35/ 2,2-12/ 12,6 8,1-8I, 1,2-11- Tagesspruch. Gern magst du die Erinnerung fragen nach deinen goldenen Iugendtagen, und was dir ohne Spur entschwunden: Such es bei Kindern zu erkunden.. Nik. Lenau. I Wilsdruffer Tageblatt , 3 8iatt-Nr 49- Sonnabend,- 27 FebruarlS32 Die Wettiner Fürsten haben sich von jeher durch Volts- tümlichkeiten selbst zur Zeit absoluten Herrschertums -ausgezeich net. Friedrich August ist dieser Tradition sein Leben lang treu geblieben, das hat ihm die Sympathie seiner Dresdner einge tragen, das wird seine Erinnerung wach erhalten. Regina Berthold. Der Mensch als Giftträger Metalle, Peelen«. Gisse Im menschlichen Myer Kupfer und Blutbildung. — Menschen, die Quecksilber ent halten— Auch Gold braucht der Körper. — Von krankhaften Perlen-Bildungen. Von M. A. v. Lütgendorff-München. Ein gut gestrichenes Butterbrot führt unserem Körper eine Menge lebensnotwendiger Nährstoffe zu: Fett, Kohle hydrate und Eiweiß, in kleinen Biengen auch Mineralsalze, dazu noch in der Butter das wichtige Vitamin also eigent lich fast genug des Guten. Wenn man aber die frische, wohl schmeckende Butter chemisch ganz genau untersucht, findet sich in ihr auch ein Metall, und zwar eine wmzige Spur von Nickel. In den Körper des Menschen, der ein Butterbrot ver zehrt, gelangt somit auch ein wenig Nickel, wozu aber? Nützt ihm diese kleine Metallmenge, oder schadet sie ihm gar? Noch vor wenigen Jahren hätte man diese Frage nicht sicher be antworten können. Da machten jedoch eines Tages zwei Forscher — Bertrand und Marcheboeuf — die Wahrnehmung, daß in der Leber des gesunden Menschen 150 Tausendstel Gramm Nickel enthalten sind. Freilich eine fast unvorstellbar geringe Menge, aber immerhin: Der Körper braucht sie, um gesund zu bleiben, denn nach den neuesten Forschungen spielen gewisse Metalle im Körper des Menschen eine wichtige Rolle. Erst in der letzten Zeit wurde zum Beispiel festgestellt, daß dem Kupfer im Körper eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Sowohl das Herz als auch Blut und Muskeln ent halten Kupfer, am meisten aber die Leber; und es zeigte sich, daß gerade der Kupfergehalt der Leber für die Blutbildung des Körpers einfach unentbehrlich ist. Auch daran läßt sich die Beteiligung des Kupfers an der Blutbildung erkennen, daß die Leber des Kleinkindes innerhalb seiner ersten Lebens lage elfmal mehr Kupfer enthält als die Leber des erwachsenen Menschen. Und so beruht denn die Heilwirkung bei der Ver abreichung von Leberspeisen bei starker, lebensbedrohender Blutarmut vermutlich zum großen Teil auf dem Kupfergehalt der Leber, durch den die Neublutbildung bedingt wird, wie wohl merkwürdigerweise in den roten Blutkörperchen selbst bisher kein Kupfer gefunden werden konnte. Ferner gibt es viele Personen, deren Leber, Muskeln und Gehirn Zink ent halten, wie denn auch das Blut bei allen Menschen zinkhaltig ist; Kobalt findet sich ebenfalls, wenngleich in verschwindend kleinen Spuren in Leber und Bauchspeicheldrüse, doch scheint es, daß auch diese Metallspuren ihre Bestimmung haben, weil die Heilkraft des aus der Bauchspeicheldrüse von Tieren ge wonnenen Insulins, jenes bei der Zuckerkrankheit so wirk samen Bekämpfungsmittels, möglicherweise auf dem Metall gehalt dieser Drüsen beruht. Zu den Metallen, die sich im menschlichen Körper finden, gehört endlich auch das Queck silber. Volle 90 Prozent aller Menschen — vom Säugling angefangen — sind, wie die jüngsten Untersuchungen vom Hauptgesundheitsamt Berlin feststellten, quecksilberhaltig, und v ele von ihnen scheiden Mengen von Quecksilber ab, die man tatsächlich als krankmachend bezeichnen kann. Tenn der Gehalt an diesem Metall bringt dem Körper keinen Nutzen, sondern schädigt ihn vielmehr, aber es scheint kein Mittel zu geben, ihn zu unterbinden, da das Metall mit Nahrungsmitteln m den Körper eingeführt wird — sogar mit Brot —, die aus der menschlichen Ernährung nicht auszuschalten sind. Ja, und dann braucht der Körper des Menschen — Gold, denn in unserem Blut ist, wenngleich wiederum in den aller geringsten Mengen, auch Gold enthalten, und Ragnar Berg, der bekannte Forscher, hat nachgewiejen, daß der normale Mensch diesen Goldgehalt wirklich braucht. Wegen der Deckung dieses Bedarfs braucht man sich aber wenigstens keine Sorgen zu machen. Tas dem Blut notwendige Gold wird dem Körper nämlich gleichfalls durch gewisse Nahrungs mittel, so beispielsweise durch Haferflocken, Ochsenleber und Rinderhirn, feinstes Weizenmehl, Trauben und Haselnüsse wie auch durch Orangensaft zugeführt. Selbstverständlich ist der Goldgehalt aller dieser Nahrungsmittel ebenfalls überaus gering, doch hat man beobachtet, daß bei Personen, die sich nur von pflanzlicher Kost nährten, immerhin ein gewisser Gold überschutz bestand, da sie jeden Tag eine winzige Menge Gold ausschieden. Der Metallgehalt des Menschen wird überhaupt immer durch den Metallgehalt seiner Nahrung bedingt, denn weniger die Tiere als vielmehr die Pflanzen enthalten jene Metalle, die schließlich in unseren Körper wandern. Zinkhaltig ist zum Beispiel das Fleisch unserer wichtigsten Schlachttiere — des Rindes, Kalbes, Schweines und Schafes —, ferner das Fleisch der Seefische, das Hühnerei, das Brot und die Kar- tosfel sowie das Dörrgemüse; auch Kuh- und Ziegenmilch ent halten kleinste Zinkmengen. Nach den Untersuchungen, die kürzlich an der John-Hopkins-Universität in Baltimore aus geführt wurden, geht mit der Nahrung ferner Aluminium in den Körper über, allein ohne die mindeste schädliche Wirkung auszuüben, weil es weder vom Blut noch von den Geweben ausgenommen, sondern restlos wieder abgeschieden wird. Gehört pun der Metallgehalt des menschlichen Körpers ganz und gar zu seinen natürlichen Eigenschaften, so handelt es sich bei den „Perlen"-Bildungen immer und unbedingt um krankhafte Erscheinungen. Denn ebenso wie die Perle in der Perlmuschel ihre Entstehung einem krankhaften Gewebewachs tum verdankt, zu dem gewisse Jnnenteile des Tieres durch Eindringen irgend eines Fremdkörpers gereizt wurden, so kommt es auch im Körver des Menschen bisweilen zu krank haften Neubildungen, die man, was ihre Entstehung an belangt, tatsächlich mit Perlen vergleichen kann. Der englische Naturforscher und Arzt Vr. Wingrave machte die Wahr nehmung, daß sich in der Haut des Menschen manchmal um einen Kern eine blättrige Schicht bildet, die ihrerseits wieder von Zellen umwachsen wird und sich nunmehr weiter ent wickelt. Manche dieser Neubildungen werden mit der Zeit hornig, andere aber verkalken und sind in diesem Falle dann noch eher der Perle zu vergleichen, zumal der Querschnitt durch ein solches Gebilde mit dem einer echten Perle ganz überein stimmen soll. Aber die „Perle" im Menschen entwickelt sich nicht selten zu einer sehr störenden, bisweilen auch bösartigen Neubildung. Zu alledem ist der Mensch auch der Träger zweier Gifte, die ihm zwar normalerweise selbst keinen Schaden bringen, jedoch als Giftstofse an sich alles eher als harmlos sind. In den Nebennieren wird das Adrenalin erzeugt, das, wiewohl es einen dem Körper unentbehrlichen Bestandteil darstellt, bei Einspritzungen in die Blutbahn sehr schädlich wirken und bei entsprechender Menge sogar auch den Tod herbeiführen kann. Hauptsächlich wird von der Wirkung des Giftes 0as Herz wie überhaupt das Gefäßsystem betrofsen, indem durch eine starke Verengerung der Blutgefäße der Blutdruck erbeb- "ch gepergeri wrro. Las zweite Gist, das der Mensch in sich trägt, sind die Gallensäuren, ohne die er zwar auch nicht be stehen könnte, die ihm aber im Gegensatz zum Adrenalin oft auch selbst vergiften. Wenn nämlich die Gallensäuren in die Blutbahn gelangen und sich hier anhäufen, können sehr un angenehme Gesundheitsstörungen eintreten. Spritzt man einem Hunde eine winzige Spur menschlicher Gallensäure ins Blut, so geht er sofort daran zugrunde. Der Hellseher. „Die Papiere müssen auf jeden Fall wieder zur Stelle geschafft werden, Treysach!" wandte sich Oberst von Mellen thin aufgeregt an seinen Adiutanren, der ihm in dem kleinen Gasthauszimmer gsgenüberstand. „Sie wissen selbst, es be finden sich Schriftstücke darunter, wie man sie sonst nicht mit ins Manöver nimmt. Wenn die in die unrechten Hände geraten, ist der Teufel los. Ich kann mir ledenfalls gleich meinen Zylinder bestellen. Hätte ich die Listen, wie ich wollte, nur gleich wieder zurückgesandl! Aber da kam erst Exzellenz dazwischen, dann noch dies und das; inzwischen ist das Unheil geschehen." „Herr Oberst sind überzeugt, daß die Papiere gestohlen sind?" fragte vorsichtig der Adjutant. „Kein Zweifel. Vor einer Stunde steckte der Umschlag noch in der Tasche meines Waffenrocks, der dort am Nagel hängt; jetzt sind sie verschwunden. Wo sollen sie geblieben sein, wenn sie nicht gestohlen sind?" Oberleutnant Treysach nickte zustimmend. „Einen be stimmten Verdacht haben Herr Oberst nicht?" erkundigte er sich dann. „Nicht den geringsten. Hier bei mir geht es ja aus und ein wie in einem Bienenkorb. Ich habe vielleicht auch den Raum zeitweilig mal verlassen. Wie leicht kann da jemand den Umschlag aus der Tasche und mitgenommen haben! Aber wie soll ich wissen, wer das war? Ich kann doch nicht jeden Mann der Kompagnie, die in diesem Neste liegt, durch suchen lassen. Und wer weiß, ob der Dieb die Papiere nicht schon weiterbefvrdert hat!" „Letzteres glaube ich eigentlich nicht", sagte Treysach. „Dazu dürfte er doch wohl die Dunkelheit abwarten. Aber mir kommt da ein Einfall: Vielleicht lassen sich die Papiere, wenn sie noch hier im Orte sind, doch noch wieder herbei schaffen. Es trifft sich gut, daß morgen Ruhetag ist. Darf ich Herrn Oberst Vorschlägen, die Kompagnie heute abend zu einem Bierabend unten im Saal des Gasthofes einzuladen?" Oberst von Mellenthin wußte nicht, was er sagen sollte. „Sind Sie des Teufels, Treysach?" brachte er endlich hervor. „Ich bin in größter Sorge wegen der gestohlenen Listen und soll einen Bierabend geben?" „Jawohl, Herr Oberst. Einen Bierabend, auf dem ich als Hellseher auftreten werde." „Auch das noch! Können Sie denn überhaupt Gedanken lesen, Treysach?" „Keine Spur, Herr Oberst. Aber ich bin erst seit drei Tagen beim Regiment, mit den beiden Herren von der Kom pagnie und auch mit den Leuten noch gar nicht in Berührung gekommen. Nun stammt zufällig sowohl Leutnant Bremer als auch Unteroffizier Niemeyer aus demselben Ort, in dem ich geboren bin. In solch kleinen Nestern weiß bekanntlich einer alles vom andern. Daß die beiden mich erkennen, glaube ich nicht, denn sie waren noch Schuljungen, als ich aus Dannenberg fortging. Sie werden nicht schlecht überrascht sein, wenn heute abend ein gänzlich Fremder allerlei aus ihrem Leben erzählt. Und darauf baue ich meinen Plan." „Nun gut, Treysach, Sie müssen ja wissen, was Sie tun. Die Hauptsache bleibt, daß ich die Papiere wieder bekomme." Die Bierabend war in vollem Gange, als Oberleutnant Treysach, etwas verspätet, erschien. Er wurde den ihm noch unbekannten Offizieren vorgestellt und setzte sich, wobei er seinen Platz möglichst weit von Leutnant Bremer wählte, um mit diesem nicht in Berührung zu kommen und nicht von ihm erkannt zu werden. Nach einer Viertelstunde erhob er sich und bat, durch einige Proben seiner hellseherischen Fähigkeiten zur allgemeinen Unterhaltung beitragen zu dürfen. Er forderte die Anwesenden auf, ihm beliebige Gegenstände, einen Ring, eine Uhr, ein Messer oder dergleichen, zuzureichen. Er werde dann in der Lage sein, allerlei Einzelheiten aus dem Leben der Besitzer zu berichten. Allgemeiner Beifall. Der Adjutant zog sich mit den etwa 20 ihm ausgehändigten Stücken an einen etwas erhöht stehen den, mit einem großen schwarzen Tuche bedeckten Tisch zurück und begann dann seine „Vorstellung". Scheinbar wahllos nahm er einen Ring — es war der des Leutnants Bremer —, hielt ihn einen Augenblick an seine Stirn und sagte langsam mit geschlossenen Äugen, wie nachdenkend: „Ich sehe... eine kleine Stadt. Sie liegt... an einem großen Flusse... es ist... ja es ist die Elbe... Eine breite Straße ... ein großes Haus aus roten Ziegeln... Vor der Tür ein hochgewachsener Mann... in angegrautem Haar... eine zierliche blonde Frau neben ihm... vor den beiden spielt ein kleiner Junge..." Und so berichtete er allerlei Einzelheiten aus der Familie des Leutnants Bremer, der mit ungeheucheltem Erstaunen den Worten des „Hellsehers" lauschte. „Das ist ja geradezu unheimlich", wandte Bremer sich an seine Kameraden, „jede Kleinigkeit stimmt genau!" Oberleutnant Treysach hatte inzwischen einen anderen Gegenstand ausgenommen — es war ein Messer des Unter offiziers Niemeyer. Genau wie zuvor berichtete er nun Tat sachen aus dem Leben des Genannten, die eigentlich nur diesem selbst bekannt sein konnten. Niemeyers Bestürzung war zu echt, um nicht alle Anwesenden zu der Ueberzeugung zu bringen, daß der Hellseher tatsächlich übernatürliche Fähig keiten besitze, und mit Spannung wartete man auf die weiteren „Enthüllungen". Der Oberleutnant führte jetzt einen großen gelben Um schlag mit dicken Siegeln, wie sie im Dienst verwandt wurden, an die Stirn. Niemand hatte bemerkt, daß er ihn heimlich unter dem schwarzen Tuch hervorgeholt hatte. „Dieser Um schlag", begann er mit seiner zögernden Stimme, „enthält wichtige Papiere... geheim zu haltende Listen... Er steckte bis vor kurzem... im Rock eines hohen Offiziers... wurde daraus gestohlen ... heute erst gestohlen ... Ich sehe, wie der Täter ihn mit schnellem Griff herausnimmt... und ecn- steckt... Ich kenne den Mann nicht... aber sein Name.. Soweit war Treysach gekommen, als sich vom Unter offiziertisch der Sergeant Ziolecki erhob und mit kreidebleichem Gesicht, dicke Schweißperlen auf der Stirn, dem Ausgang zu strebte. Aber dort wurde er auf einen Wink Treysachs, der plötzlich gar nichts Hellseherisches mehr an sich hatte, von zwei an der Tür aufgestellten Leuten festgenommen. „Darf ich Herrn Oberst den Dieb der Papiere vorstellen", wandte sich der Adjutant lächelnd an seinen Vorgesetzten, der erstaunt den Vorgängen gefolgt war. „Den Täter hätten wir, und nun werden wir auch gleich den richtigen Umschlag be kommen. Dies ist natürlich nur eine von mir angefertigte Nachahmung, aber ich dachte mir, daß der Schuldige auf die Entfernung den Unterschied nicht bemerken würde."
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