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Wilsdruffer Tageblatt : 20.02.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193202204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19320220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19320220
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-02
- Tag 1932-02-20
-
Monat
1932-02
-
Jahr
1932
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 20.02.1932
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Schlachtfelds dahingemäht wurden und fern von der heimatlichen Scholle verbluten mußten, sondern auch denen, welche den ihnen von den Kriegs- und Sturm göttern geschlagenen Wunden zu Hause erlegen sind. „Kür uns". Von Feldpropst l). Schlegel, Stellvertretender 1 Präsiden, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Der Weltkrieg war das gewaltigste Ereignis der Weltgeschichte, und das Geschlecht, das die ernsten Jahre durchlebte, kommt nicht los von all dem Bitteren und Hehren, das die Kriegszeit ihm gebracht hat. Wir hätten kein Herz mehr in der Brust, wenn wir der Opfer des unerhörten Pölkerringens vergessen könnten. Schon in der Kriegszeil haben wir Trauerfeiern allüberall gehabt, und das Unglück, mit dem für Deutschland der Krieg auslies, Hal es nicht hindern können, daß ein unser ganzes Volk umfassender Trauertag angestrebt wurde. Heute ist er bereits zur deutschen Volkssitte geworden und Hai tiefe Wurzeln geschlagen. Wenn der Vorfrühling in der Natur sich ankündigt, rufen die Glocken von Turm zu Turm: „Reminiszere, vergiß, mein Volk, der teuren Toten nicht!" Kein Gesetz Hai den Tag geboten und kein gesetz licher Schutz ist ihm zugesprochen. Aber Kriegsteilnehmer und ihre Vereine, Leidtragende im weiten Reich und deutsche Jugend, Städte und Dörfer, Inland und Aus land vereinen sich an diesem Tage zum Ehrengedächmis für die zwei Millionen deutscher Männer und Jünglinge, die ihr Leben für das Vaterland geopfert haben. Ihre Gräber schützt das Völkerrecht, und die weiten Totenfelder, auf denen sie gesammelt ruhen, werden mit versöhnender Achtung und Liebe gepflegt; besonders ist es der Volks- bu.id für Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der die Krieger sriedhöfe ausbaut und mit Denkmälern schmückt. S o bautdieLiebedieGräber »erKriegstoten. Aber um dem lebenden Geiste der Gefallenen nahe zu bleiben, erbaut sich unsere Volksgemeinschaft am Volks trauertag, der Denken und Danken an unsere Kriegstoten sein soll. Volkstrauertag mahnt: Vergeßt nicht das Opfer, das für euch gebracht ist. Wir leben ja alle von der Liebe der Unseren. Vater- und Mutterliebe Hai durch reiche und uneigennützige Hingebung unser Leben halten und ge stalten wollen. Diese Liebe verzehrte sich, weil sie uns leben hals. Was wir- so im persönlichen Leben erfuhren, Hal seinesgleichen in unserem Volksleben. Unser Volk lebt wesentlich von dem Opfer seiner Besten, die in Liebe und Hingebung für das große Ganze auskommen und in Dienen ihre Kraft verzehren. Auch den tiefen Geheimnissen des Kriegsopfers kommen wir nur nahe, wenn wir über allen Gräbern der Gefallenen ein Wort leuchten sehen, das still und stumm uns im tiefsten Herzen trifft: „Für un s". Wie immer auch im einzelnen ein Menschenleben zu bewerten ist nach Kraft und Geist, Anlage und Gabe — das Höchste und letzte, was einer in Treue einzusetzen hat, ist doch sein Leben. Das Gul aber, das als höchstes über dem persönlichen Leben steht, ist das Vaterland. „Deutschland muß leben, auch wenn wir sterben müssen." In solcher Opfertreue finden wir am Volkstrauertag unsere Gefallenen vereint, und treten wir im Geiste an ihre Gräber, die wie ein Wall den deutschen Grenzen vor gelagert sind, so stehen wir ehrfürchtig vor großem, stillem Heldentum. Es gilt uns als edelste Verkörperung unserer Volksari und Volksgemeinschaft. Ihr gehört unser Herz und unseres Herzens heißer Dank. Persönliche Erinnerungen verstärken den Strom treuen Gedenkens, der am Volkstrauertrag unser deutsches Volksleben durchflutet. Feldbriefe und Bilder, letzte Grüße und Andenken führen in die Stille des Nach erlebens; dieLiebe hört nimmer auf. Ein Wan dern der deutschen Herzen hebt an, hinaus in die 38 Länder, an die Sättten der Kampffront und der rück wärtigen Verbindungen, der Feldlazarette und der Ge fangenenlager. Wie sie im Leben und Todesleiden zu sammengehalten, so drängen sich oft Vieltausendsach ihre schwarzen Kreuze aneinander, überragt etwa von einem mächtigen Kreuz, das weithin in die Landschaft schaut und mit kargem, herbem Wort verkündet: „Hier ruhen deutsche Soldaten" So wird Volkstrauertag zur großen Kreuzandacht unseres Volkes. Das Sinnbild des Tages sagt: „Reminiszere, — für euch!" Denken und danken am großen deutschen Krieger grabe — das kann nicht ohne Trost sein für uns, die FeierndLn, für unser Volk in Not. Die draußen schlafen, Wollten uns Einigkeit und Recht und Freiheit erringen. Wollen wir klagen: es war alles vergeblich Umsonst hätten sie sich geopfert, wenn wir verbittert, hoffnungslos und wehleidig den Geist verleugnen, der sie beseelt hat. SomahnensiezuMutundGeduld, zu Pflichttreue und Opfcrsinn, zur Treue der Nachfolge, die auch bei härtester Probe nicht in die Knie sinkt. Das ist die Gewissensfrage am Tage des Kriegs totengedächtnisses: Wie stehst du Volk von heute zum Leben? Willst du es genießen, so wirst du es unnütz ver zehren. Erkennst du es als ein Amt, das dir anvcrtraut ist, so wird es getragen von Pflicht und Selbstverleug nung. Deutschland wird aufleben und weiterleben durch die Opfer derer, die ihm treu sind — bis an den Tod! Mnlu «lls MM. Zum Volkstrauerlag am 21. Februar. Von Ernst Joachim Hoberg. Die Fahnen senken sich auf Halbmast. Sie wehen düster über dem ganzen deutschen Volke. Schwarze Trauerkreuzc ragen ernst zum grauverhangenen Himmel. Und draußen jenseits der deutschen Grenzen ruht still das schlafende Heer. Vier Jahre kämpfte deutscher Heldengeist mit der Waffe m der Hand gegen die zusammengeballte Uebermacht der ver bündeten Feinde, gegen die technische Ueberlegenheit der Kriegsmaschinen, und er wurde nicht bezwungen. Ein starkes Geschlecht war hinausgezogen, deutsches Land und Kulturgut in einem uns aufgezwungenen Kriege zu verteidigen. Deutsch land kämpfte für eine gerechte Sache, und darum war es unbesiegbar. Und weil wir die Not und das Elend nicht Wollten, das jeder Krieg mit sich bringt, weil wir in Frieden mit unseren Nachbarn zu leben wünschten, darum glaubten wir der Friedensbotschaft, die uns von lenseits des Ozeans herübergerufen wurde. Wir glaubten an die Ehrlichkeit des Landes, das nur aus reinem Geschäftsgeist sich in die Reihen unserer Gegner gestellt halte. Wir glaubten an die Auf richtigkeit dieses Landes, obwohl wir wissen mußten, daß es die geringsten Opfer an Gut und Blut aebracbt und allein Nie kirchliche» klireilaseli I8r die GWem. Von Karl Hilliger-Naumburg a. S. Die Jahre nach dem großen Weltkriege haben in de: Kirche wieder Ehrentafeln erstehen lassen sür die Gemeinde Mitglieder, die für ihr Vaterland den Heldentod erlitten haben Vielfach sehen wir auch noch ältere Gedächtnistafeln für du gefallenen Krieger aus den Kämpfen von 1813, von 1864, 186t und 1870/71. Der Ursprung dieser Gcdächtnistafeln geht au die Zeit der Befreiungskriege zurück und knüpft an zwei ander« wichtige Ereignisse von 1813 an: den Aufruf „An meir Volk" und die Stiftung des Eisernen Kreuzes, die unmittelbm vorangegangen waren. Alle drei stehen im engsten Zusammen, Hang miteinander. Es war der am 13. Dezember 1775 in Gerdauen in Ost, Preußen geborene Theodor Gottlieb von Hippel, Staats rat im Kabinett Hardenberg, der 1813, als Willenskraft unk die alte preußische Energie wieder in die Herzen der Staats lenker eingekehrt waren, dem Kanzler und seinen Vertrauter Scharnhorst und Gneisenau in Breslau den denkwürdiger Vorschlag machte, „daß Preußen nach allen der Welt bekannter Vorgängen sich in so augenscheinlichem Recht befinde, daß eim öffentliche Anrede ,An das Volk' genügen werde und die bester Wirkungen haben müsse." Hippels Vorschlag fand die Zu stimmung des Kabinetts, und auch der König war mit ihw einverstanden. Hippel erhielt den Auftrag, den Aufruf zr entwerfen, und schon am darauffolgenden 'Tage unterbreitete er dem Staats/anzler den Entwurf, der nach' Vornahme ge ringer Aenderungen und Hinzufügung des Datums „17. Marz 18 " vom König unterzeichnet wurde. Friedrich Wilhelm selbst setzte mit kräftiger Hand die Ueberschrift darüber „An mein Volk". Einige Wochen später war es Hippel Vorbehalten, noch einmal einen Gedanken, den er lange gehegt und gepflegt, den aber erst der unglückliche Ausgang der Schlacht bei Groß görschen zur Reife und der nahen Vollendung entgegengebracht hatte, zur Tat werden zu sehen. Die Stiftung des Eisernen Kreuzes, des Königs eigenstes Werk, aus seinem Geiste und seinem Herzen als unsterbliches Denkmal echt königlicher Liebe zu seinem Heere und Volke hervorgegangen, jene sinnige Ver bindung der eisernen Zeit des Vaterlandes mit dem Kamps des christlichen Kreuzes gegen Unglauben im Mittelalter, hatte auch Hippels für alles Schöne und Erhabene glühende Herz mächtig ergriffen. Nun handelte es sich darum, ein bleibendes Denkmal auch für diejenigen zu schaffen, denen es nicht ver gönnt gewesen, diesen kriegerischen Schmuck anzulegen, deren Andenken aber in kommenden Geschlechtern fortleben sollte. Diesem Gedanken wurde in jener königlichen Verordnung vom 5. Akai 1813 Ausdruck geliehen, durch welche die bekannten Gedächtnistafeln gestiftet wurden: in den Regiments kirchen mit der Aufschrift „Die gefallenen Helden ehrt dankbar König und Vaterland. Es starben den Heldentod aus dem Regiment..."; in den einzelnen Kirchen Tafeln mit der Auf schrift „Aus diesem Kirchspiel starben für Könia und Vater den Gewinn aus diesem Völkerringeu davon getragen. Dieser unser kindlicher Glaube ist die einzige Schuld, deren wir uns zu zeihen haben. Wir glaubten an die Ehrlichkeit einer Welt, die uns betrog. Darum senken sich die Fahnen auf Halbmast. Unser Volk ging vierzehn Jahre lang einen Leidensweg durch Not und Elend, durch Enttäuschung und Vernichtung. War unsere Gutgläubigkeit eine und unsere einzige Schuld, so türmt sich bergehoch die Schuld unserer Feinde. Sie schlugen uns auf die Hand, die wir ihnen waffenlos zur Versöhnung entgegenstreckten; sie beschimpften uns, als wir sie an die feierlich beschworenen Verpflichtungen erinnerten, sie be raubten und bestahlen uns, als wir Erfüllung ihrer Ver sprechen verlangten, und sie verfolgten und demütigten uns, da wir in freiwilliger Waffenlosigkeit ihnen gegenüberstanden. Eine jede Schuld rächt sich auf Erden. Unsere Schuld hat sich bitter gerächt. Wir glaubten, als Mißtrauen am Platze gewesen wäre; dafür wurde uns tiefstes Elend und demütigendste Erniedrigung zu teil. Aber auch die Schuld, Welche die Feinde hundertfach auf sich geladen haben, wird sich rächen, hundertfach rächen. Das Gespenst der wirt schaftlichen Zerrüttung geht über die Erde und verschont kein Land. Jedes Volk wird den Leidensweg zu gehen haben, auf den das deutsche Volk gezwungen wurde. Es ist Unnatur, eine fleißige und ehrlich schaffende Nation aus der Reihe der erwerbenden Länder streichen und zu einem Sklavendasein erniedrigen zu wollen. Die Natur läßt sich auf die Dauer nicht schänden und kehrt sich eines Tages gegen die Ver gewaltiger. Das Weltgericht wird zusammentreten und sich nicht um gekünstelte Diktate und erpreßte Verträge kümmern. Es wird sein Urteil sprechen. In die Ohren der Rach süchtigen wird dieses Urteil sein furchtbares „schuldig" rufen. Die Fahnen wehen heute im deutschen Lande auf Halb mast. Voll Trauer gedenken wir der Millionen unserer besten Brüder, die in fremder Erde im ewigen Schlafe ruhen. Sie starben für uns und litten, damit unser Vaterland bestehen sollte. Wir glauben, trotz allem, an eine Gerechtigkeit. Zwar glauben wir nicht, daß diese Gerechtigkeit uns von den Menschen gebracht wird, aber wir glauben an eine Gerech tigkeit allen Geschehens. In dieser Zuversicht wissen wir, daß sich das große schlafende Heer nicht umsonst geopfert hat. Aber vielen unter uns ist die Größe dieses Opfers nicht gegenwärtig, viele meinen noch, daß uns das Heil irgend woher von außen gebracht werden müßte. Sie haben das Dichterwort vergessen „Dein Schicksal ruht in deiner eigenen Brust". Erst dann werden wir uns zur befreienden Tat auf raffen können, wenn wir den Opfergeist voll erfassen, den unser schlafendes Heer erfüllte, als die Not des Vaterlandes es rief. Unsere Toten da draußen vergaßen alles kleinlich Trennende vor dem einigenden Gedanken deutscher Kultur sendung. Wenn wir unserer Toten gedenken, sollen wir auch ihrer Taten gedenken, die mit unvergänglicher Schrift in die ehernen Tafeln der Geschichte eingegraben sind. Wir stehen heute unter Fahnen, die auf Halbmast wehen, blicken auf schwarze ernste Trauerkrcuze. Sie sind Mahnungen, die uns die Gefallenen aus den Gräbern in Frankreich und unter Rußlands schneebedeckten Gefilden, von den Höhen der Karpathen und aus dem sonnendurchglühten Sande der afrikanischen Wüsten zurufen: Seid stolz in der Armut, bewahret Eure Würde in der Not! — Ein hartes Wort sprach unser Schiller: „Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren; aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht." Eine große Epoche dürfen wir erleben, eine Epoche deutscher Not, aber auch deutscher Läuterung. An uns ist es, uns dieser Epoche würdig zu zeigen, würdig in Kraft zusammen zu stehen. Dann wird der große Augen blick kommen und kein kleines Geschlecht finden. Das ist die Mahnung, die uns das schlafende Heer gibt. Der Opfer geist unserer Gefallenen muß zu uns zurückkehren und in uns seine Wiedergeburt feiern; das ist der Dank, den wir ihnen schulden. Dann werden die Fahnen, die heute auf Halb mast wehen, wieder empor steigen, der Welt ein Zeichen deutscher Gesundung und deutscher Kraft. land..." mit dem Namen aller zu dem Kirchspiel gehörig gewesenen Gefallenen. Obenan die, welche das Eiserne Kreuz erhalten hatten oder dessen würdig gewesen wären. Angeordnet wurde ferner die Abhaltung einer kirchlichen Totenfeier zum Gefallenengedächtnis nach beendigtem Feldzug. Hippel hatte in dem Aufruf „An mein Volk" und in dieser Verordnung den richtigen Ton wahrer Begeisterung ange schlagen. Er kannte sein Volk, das so leicht für Erhabenes zu begeistern und in dieser Begeisterung der größten Opfer fähig ist, die es mit Freuden bringt, wenn die rechten Männer seine Leiter und Führer sind. „Dem Rufer zum Freiheitskampfe." So steht auf Hippels Denkmal an seinem Grabe auf dem alten evangelischen Fried hof zu Bromberg, der einstmals kerndeutschen Stadt. Hier war Hippels letzter Wohnsitz. Den 10. Juni 1843 war er bei seinem Schwiegersohn, dem Regierungspräsidenten v. Schleinitz, zum Mittagessen. Rüstig und lebhaft wie sonst, führte er die Tisch unterhaltung. Kurz darauf entschlummerte er sanft und still. In Stein und Erz überliefert das Denkmal an seinem Grabe, der Nachwelt Hippels Bildnis und ehrendes Gedächtnis, mahnend zu begeisterter und opferwilliger Hingabe an das Vaterland und zur Befreiung von Sklavenketten. Not. l Skizze von Erika RojL. „Du!" Leise, zögernd, wie ein Hauch verhallt der Ruf in der Stille der Nacht. Dann wieder dringlicher, ein unter drückter Schrei fast, aus gequältem Herzen hervorgestotzen. „Hörst Du mich nicht? Schläfst Du so fest?" Endlich die Antwort: „Laß' mim, versuche zu schlafen! Es hilft doch alles nichts." Doch die Frau, durch das ungeheure Schweigen um sie bedrückt, richtet sich im Bette auf: „Ich kann nicht, bin am Ende meiner Kraft. Das nutzlose Grübeln richtet mich zu Grunde. Du mußt mit mir sprechen!" Das Gespenst der Not grinst aus allen Ecken des kleine» ! Zimmers. „Was sollen wir beginnen? Gibt es keinen Aus- «eg, keine Rettung?" Arbeitslos! Uederall erfährt er die gleiche Ablehnung- Zu Hause empfängt ihn die stille blasse Frau mit der bange» Frage in den Augen, auf die er nur die eine Antwort hat: „Wieder nichts." — Täglich wiederholt sich das gleiche, und jetzt, in del Totenstille der Nacht bedrängen ihn die Elendsbilder seiner Arbeitslosigkeit, während er auf die zitternden AtemzU seiner zarten kleinen Frau lauscht. Da springt ihn ein Gedanke an, läßt ihn nicht mehr !^ bohrt sich immer tiefer in sein gemartertes Hirn. Dann, § schreit es fast: „Rita, Du, Du mußt uns helfen, ich weiß noä einen Ausweg, ja, bestimmt, er wird uns retten." Rita fühlt, wie seine Hand, die immer noch auf der ihre» ruht, zittert. Sie lauscht auf seine eindringlichen Worte. Sie kann sein Ansinnen ja so gut verstehen. Wenn sie ih« und die Kinder damit aus dem Elend erlösen kann, so wiH sie den Weg gehen, den er ihr zeigt. Er ist so von seinem Ge danken eingenommen, daß er ein „Nein" nicht mehr erwartet. Dann, nachdem er ihr alles gesagt, sinkt er ermattet in die Kissen zurück. — Langsam dämmert der Morgen herauf. Die Frau erhebt sich nach der durchwachten Nacht, küßt ihren Mann und die Kinder und geht den schwersten Weg ihres Lebens. Die frische Morgenluft erfrischt ihren abgearbeitete», übermüdeten Körper, die Nerven straffen sich, ein eiserner Wille Prägt sich in ihren Zügen aus. Bald steht sie vor der» Tor der vornehmen Villa. Wieder tauchen Zweifel auf. Wird er es tun? Hat er vergessen, was ich ihm vor Jahren zu fügte, zufügen mußte? Wenige Augenblicke später läutet sie entschlossen. Ein junges Mädchen öffnet und fragt nach ihrem Begehr. „Melden Sie mich dem Herrn Generaldirektor, meine» Namen wünsche ich nicht zu nennen." Mit einem verschmitzten Lächeln eilt das Mädchen die Treppen hinauf. Wie rasend beginnt auf einmal das Herz der Frau zu schlagen. Noch ist es Zeit zur Umkehr, schon legt sie die Hand auf die Klinke der Haustür um zu ent fliehen. Zu spät. Die Kleine kommt zurück: „Herr General direktor läßt bitten." — Unerträglich dehnt sich die Minute des Wartens. Da öffnet sich die Tür zum Nebenzimmer. Im Rahmen steht der Mann, auf den sie ihre ganze Hoffnung setzt. Er starrt sie all begreift kaum daß die Frau, die einmal in seinem Leben eine ! so "große Nolle spielte, vor ihm steht. „Du kommst zu mir?" Kaum ihrer Sinne mächtigt eilt sie auf ihn zu, ergreift seine beiden Hände und bringt mit überstürzten Worten ihre Bitte hervor. Er ist ja so reich, kann die Not lindern, wen» er nur will. Doch wie er zu verstehen beginnt, erscheint ei» böses Lächeln auf seinen Lippen. Langsam fallen seine Worte: „Gut, ich will Deinem Mann und Deinen Kinder» ; helfen. Es liegt in Deiner Hand. — Du kennst die Be- ! dingung..." Wie ein Blitz treffen sie seine Worte. Entsetzen malt sich § auf ihren Zügen, als sie begreift, was er von ihr verlangt. , Er will Rache haben dafür, daß sie ihm einen anderen i» i Liebe vorgezogen hat. So kann ein Mensch nur aus HrH « ihre unsagbare Notlage ausnutzen. Wie irrsinnig springt sie : aui rast aus dem Zimmer, die Treppen hinunter, zum Haus ! hinaus. Das Herz klopft ihr bis zum Hals, die Straße schwimmt i vor ihren Augen. Nur nach Hause — zu ihrem Mann, ihre» , Kindern! Sie eilt über den Fahrdamm, ein Kraftwagen saus« s von links. Sie sieht nicht, daß im gleichen Augenblick auch ! einer von der anderen Seite kommt — ihr Fuß stockt; — sie s hat das Gefühst von etwas Schwerem, Dunklem — und bau» stürzt sie, nichts mehr... Endlich erwacht Nita. Sie weiß nicht, wie lange sie gc- j schlafen hat, und ist doch noch so müde. Die Augenlider si»^ : schwer. Sie versucht, sie zu öffnen; aber sie kann sich nich« ! besinnen, wo sie ist. Sie liegt in einem fremden, weißen Bell Eine Schwester beugt sich über sie. — Nun erkennt sie auck ' ihren Mann, der eben ihre Hand ergreift: „Mein Liebstes, ! Du lebst, Du bist bei uns!" Sie kann noch nicht reden, nur ein schmales Lächel» liegt auf ihren blassen Lippen. — , Leise öffnet sich die Tür des Krankenzimmers. Der EbA' arzt der Klinik tritt ein und gibt dem pingen Mann cn» Krankenbett ein Zeichen. Im Sprechzimmer erwartet ch» der Fabrikbesitzer Neumann, durch dessen Auto war ohne Bev schulden des Besitzers das Unglück geschehen, weil Nil» ' ihrer Verwirrung über das Erlebte wie blind davor lief- Neumann erfährt nun die lange Arbeitslosigkeit »iw Not des pingen Kaufmanns. — Er legt einige GeldM auf den Tisch und bietet dem Manne eine Stelle an. Tröstlich klingen diese Worte in das Ohr des § zweifelten — doch beherrscht ihn nur ein Gedanke: jeine tapfere, kleine Frau wieder gesund?
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