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Aber es fließ: allzuviel Blut in dieser „Komödie" und niemand weiß, ob nicht dieses Flugfeuer ans dem Fernen Osten neue Brände in die Wett hinanstragen kann. Endlich versuchen nun die dort besonders interessier ten Großmächte mit der Faust etwas lauter auf den Diplomatentisch zu schlagen als bisher, hüten sich freilich dabei, sich ihre Finger zu beschädigen. Daß man beim Völkerbundrat dabei nicht vorwärts kommt, hat man wohl auch dort schon bemerkt und darum erfolgte von London »uv Washington aus ein direktes Vorgehen in Tokio und Nanking. Bezeichnenderweise gab in Gens der englische Minister für die Kolonien eine entsprechende Erklärung Ach gleichzeitig noch für die amerikanische Regierung ab and unterstrich in seinen Ausführungen fast auffallend stark dieses Einvernehmen, das in der Behandlung der japanisch-chinesischen Frage zwischen London und Washington bestehe. Da konnten natürlich auch die beiden anderen anwesenden Großmächtevertreter, Italiens und sogar Frankreichs, nicht umhin, sich anzuschließcn. Eigentlich ist diese ganze Szene im Völkerbundrat, wodurch originellerweise die Eröffnung der Abrüstungs konferenz hinausgeschoben werden mußte, eine Art Armutszeugnis für di.se Genfer Insti tution. Der Völkerbundrat konnte ja ein nicht mehr weiter und er mutzte sich der Gefahr aussetzen, datz eine im eigenen Namen unternommene Aktion in der wlj Spannungen erfüllten Luft des Fernen Ostens glatt verpuffte. Er begnügte sich also jetzt aufatmend damit, den wirklich aktiven Schritten der Großmächte in Tokio und Nanking seine Svmpathie auszudrücken, und fühlt sich dadurch einigermatzen gerettet. Die Mächte übernehmen ja selbst die Verantwortung dafür, datz ihr Vorgehen nun auch Erfolg Hal. Es wird sich bald zeigen müssen, ob vor der Regierung Japans nun auch mit den Grotzmächten selbst das bisherige „Komödien"-Spiel fortgesetzt werden soll oder nicht. Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn man folgende Feststellung hinter diese Szene setzt: Zwei Großmächte sind stärker als der ganze Völkerbundrat selbst! Das ist keine Nene Erkenntnis, aber wohl selten wurde sie mit einer solchen Deutlichkeit illustriert, wie durch jene Szene auf der Ratssitzung in Genf. Und dann konnte die W c l t a b r ü st n n g s k o n f e - renz anheben! Vielleicht war die Urfache zu der ein- fiündigen Verschiebung des Beginns trotz allem ein günstigeres Vorzeichen für den Fortgang und die Ergeb nisse der Konferenz, als bisher für sie vorhanden waren. Ist es doch schließlich seine .Hauptaufgabe, an die der Völkerbund sich jetzt heranwagl. Allerdings scheint man sich doch über den Inhalt dieser Aufgabe wenigstens nach außen hin nicht gerade übermäßig klar zu sein. Henderson wenigstens, der zum Amt des Vorsitzenden dieser Konfe renz bestellt wurde, als er noch englischer Außenminister gewesen ist, sprach in seiner Einfnhrungsrede nur recht vorsichtig von der Schaffung eines „effektiven Pro gramms" praktischer Vorfchläge, die schnell eine „fühlbare Herabsetzung" und „eine Begrenzung aller nationalen Rüstungen" sichern. Das ist vom Standpunkt der deutschen Sicherheit aus gesehen denn doch allzu wenig! Besser aber entspricht deutschen Forderungen in der Äbrüstungssrage, wenn Henderson von der Konferenz die Festlegung verlangt, datz „keine Rüstungsart der Tragweite des kommenden Nettoertrages entzogen werden dürfe, auch wenn alle in Gens vertretenen Völker sich die gemeinsame Herbeisührung der allgemeinen Ab rüstung zum Ziel setzen". Diese Forderung der Ans- Uahmslosigkeii jeglicher Rüstungsbeschränkung wende sich zwar „diplomatisch", aber doch unzweideutig gegen bekannte französische Vorbehalte, denen erst im Januar von Paris aus krassester Ausdruck verliehen worden ist. Und schlietzlich ist es vom deutschen Standpunkt aus auch noch zu begrüßen, daß Henderson erklärte, der für die Konferenz von dem Vorbereitenden Abrüstungs ausschuß ausgearbeitele Entwurf vom Dezember l93N sei nur bestimmt, einen Nah m e n für die Verwirklichung der Begrenzung und Beschränkung der Rüstung abzugeben. Denn jener Entwurf ist von der Reichsregierung als unannehmbar bezeichnet worden und wurde' von dem deutschen Vertreter im Abrüstungsausschuß auch nicht unterzeichnet. Diese Weltkonferenz ist also frei in ihrer Arbeit und in ihren Beschlüßen. Ganz grundsätzlich möchten wir Deutsche den Vor sitzenden dieser Konferenz auch bei jenem anderen Wort nehmen, daß man in Gens einen Schritt hinaus „zu dem ^Wsel des Friedens und der Zusammenarbeit" aller Kolker nur machen könne, wenn sie die „Gleichheit des N's in der freien Völkergesellschaft" genießen. Tenn r,j das deutsche Ziel bei dieser Wellkonferenz: Er. Vött'"" Gleichheit aller Rechte mit den anderen M die NlMMWrWt Mrs Hitler thüringischer Staatsangehöriger. Ein thüringische Staatsakt vom Juli 1930. Die thüringische Staatsregierung hat der Reichs regierung Material übergeben, das der Reichskanzler dem Reichsinncnminister zur staatsrechtlichen Prüfung zu geleitet hat und aus dem hervorgeht, daß nach Aussage eines Oberkegierungsrates und eines Ministerialrates gegenüber dem thüringischen Staatsminister Dr. Kästner der damalige Minister Dr. Frick etwa im Juli 1930 eine Anstcllungsurkunde hat ausstellcn lassen, wonach dem Frontkämpfer des Weltkrieges Adolf Hitler die damals freie Stelle des Gendarmeriekommissärs in Hildburghausen übertragen wurde. Hitler habe dabei auf Dienstantritt und Besoldung verzichtet. Der Oberregierungsrat und der Ministerial rat, die diese Angaben dienstlich gemacht haben, erklärten, daß sie sich durch ein ihnen von dem damaligen Minister Frick auferlegtes Schweigegebot bedrückt gefühlt hätten. In Verbindung mit der Frage, ob Hitler als Prä sidentschaftskandidat aufgestellt werden kann, ist natürlich, wie schon sooft, die Frage aufgetaucht, ob Hitler das deutsche Staatsbürgerrecht besitzt. Bisher wußte man nur, datz Hitler früher österreichische Staatsangehörigkeit hatte. Nach den Berichten der zwei thüringischen Ministerialbcamten, die der Reichsregierung vom thü ringischen Statsminister Dr. Kästner übergeben wurden, scheint Hitler die thüringische Staatsangehörigkeit und damit die deutsche Reichsangchörigkcit durch seine Er nennung zum Staatsbeamten erworben zu haben. Im Zusammenhang mit dieser Frage erhalten wir folgende Berichte: An zuständiger Berliner Stelle enthält man sich jedes Urteils und jeder Meinungsäußerung über das die angebliche Einbürgerung Hitlers betreffende, von der thüringischen Staatsregierung der Reichsregierung überreichte Material. Man hat sich mit der Veröffent lichung der bckanntgcwordcnen Ernennung selbst begnügt und bemerkt lediglich, datz das Material, die Aussagen der beiden thüringischen Beamten, für sich spreche. Der Reichsinnenminister wird nunmehr das Material staatsrechtlich zu prüfen haben, und vas Ergebnis der Prüfung dürfte voraussichtlich in einem Gutachten nieder gelegt werden. Die staatsrechtliche Nachprüfung der An gelegenheit ist insofern schwierig, als es sich um sehr ver wickelte beamtenrechtliche Fragen handelt. Vor allem fehlt zunächst überhaupt einmal das Dokument selbst, da außer den Niederschriften über die Anssagen der beiden thürin gischen Beamten keine Akten vorliegen. Weiter wäre Wohl eine Zeugenaussage darüber notwendig, ob Adolf Hitler wirklich die fragliche Beamtenstelle angetreten und wieder um seine Entlassung aus dem Staatsdienst nachgesucht habe. Die Aussagen der MMerialbeamten. Das von der thüringischen Staatsregierung der Reiche regisrung übergebene Material besteht aus drei Niederschriften. unter dein Datum vom 1 Februar. In der ersten Nieverschrisl teilt Ministerialrat Walther mit, wie die Angelegenheit ins Rollen gekommen ist, durch eine Anfrage einer Zeitung, die sich aus das von Sienncs und von Kapitän Ehrhardt fort- geführle Momagsblan bezog. Dieses Blatt hatte behauptet, Hitler sei in einem deutschen Lande bereits eingebürgert worden. Die Urkunde darüber werde im „Braunen Haus" in München geheim verwahrt. Walther teilie die Ansrage dem Mimsterial- rat A. mit, der darauf sagte, daß er und Oberregierungsrat B. etwas darüber wüßten, daß sie aber Minister Frick zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet habe. Die zweite Niederschrift betrifft die Aufforderung an die Genannten zur Aussage, da «ach Ansicht deS Ministers Kästner ein von einem früheren Minister ausgesprochenes Schweigeverbot nicht auch gegenüber einem Amtsnachfolger dieses Ministers bestehe. Die dritte Niederschrist enthält die Vernehmung des Obcr- rcgierungsrares B. und des Ministerialrates A. durch deu Staatsminister Dr. Kästner. * Am Hitlers Staatszugehörigleit. Aus Leipzig wird gemeldet: Zu der Frage, vr Adolf Hitler Staatsangehöriger eines deutschen Landes ist oder nicht, kann auf folgendes hingewiefen werden: Im Verlauf des bekannten Scheringer-Prozesses, alfo etwa drei Monate nach der angeblichen Einbürgerung in Thü ringen, hat Adolf Hitler als Zeuge unter Eid erklärt, er sei staatenlos. Auf die ausdrückliche Frage, unter dem Hinweis auf seinen Geburtsort, ob er nicht Österreicher sei, hat er nochmals erklärt: „Nein, ich bin staatenlos." DemerE des Braunen Hauses. Hitler hatte die Einbürgerung abgelehnt. Zu der Meldung über den angeblichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Hstler als thüringischer Beamter teilt die Pressestelle der Neichsleitung der NSDAP, mit, datz Minister Dr. Frick allerdings die Ab sicht gehabt habe, Hitler durch Erwerb der Beamteneigcn- schaft in Thüringen formell die deutsche Staatsangehörig keit zu verschaffen. Als Hitler jedoch von diesem Versuch, der ohne sein Wissen ersolgt war, erfuhr, bat er Dr. Frick, von feinen Bemühungen Abstand zu nehmen, da er nicht auf diesem Wege die deutsche Staatsangehörigkeit zu er werbe» wünschte. Demgegenüber hat auch Minister Frick damals die eingelciteten Schritte in Thüringen unverzüg lich abgebrochen. Neichsführertagung der NSDAP. Die Pressestelle der Neichsleitung der NSDAP, teilt mit: „Die Reichsführertagung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, die in München in Anwesenheit Adolf Hitlers und sämtlicher Gauleiter des Reiches statt- sand, befaßte sich mit den aktuellen politischen und organi satorischen Fragen. Im Rahmen der Tagung wurde auch die Frage der bevorstehenden Reichspräsidentenwahl er örtert. Es wurde sestgestellt, daß die nationalsozialistische Bewegung willensmäßig und organisatorisch zum Einsatz für den Wahtkam^ so völlig gerüstet steht, daß sie nur die Parole ihres Führers erwartet, um sie zum Siege zu tragen. Zapanileher krohangriN Ostaffatische Märchen. Die chinesische Küste des Stillen Ozeans bildet schon in ruhigen Zeiten den Herd von Gerüchten, Märchen und abenteuerlichen Erzählungen. Wladiwostok z. B. war ja im Weltkriege berühmt dasür. Die bunt zusammen gewürfelte Bevölkerung der zahlreichen Hafenstädte „spinnt gern ihr Garn", wie es bei Seeleuten so der Brauch ist. Erklärlich, daß in Zeiten kriegerischer Hochspannung der zwischen den beiden Mächten ein geklemmte Küstensaum zum Hexenkessel phantastischer Mel dungen und übertriebener Kriegserzählungen wird. Nimmt man es hier in Privatkreisen schon nickst genau mit der Wahrheit, so noch viel weniger bei den politisch interessierten Stellen, und die häufig völlig ent gegengesetzten Darstellungen der kriegerischen Vorgänge durch China, Japan oder Rußland, sind ein manchmal geradezu erheiterndes Beispiel dafür. Solche Berichte schieben dann die Veranlassung zu den Zusammenstößen einmal den Japanern und einmal den Chinesen in die Schuhe. Vor dem Völkerbund dienen sie dann in Auswahl besonders Japan dazu, sich zu entschuldigen und darzulegen, daß es sich hier gar nicht um einen „Krie g" handelt. Auch die Behandlung dieses, man sollte meinen eindeutigen, Begriffs zeigt, datz es gar nicht so leicht scheint, hier die „Wahrheit" zu finden. Ein neues Vokabularium hat sich herausgebildet, und man spricht von: Exekutionen, Sanktionen, Slrasexpeditionen, Pazifizierungen. Schutz oer Vertrage, internationale Polizei, Maßnavmen zur Sicherung des Friedens und ähnlichem, nur nicht von „Krieg". Denn gegen einen solchen mützte derVölker - bund einschreiten, und das sucht dieser auf alle Fälle aus leicht begreiflichen Gründen zu vermeiden. Seine völlige Ohnmacht als Erhalter und Stifter des Friedens würde sich sofort erweisen. Das schöne alte Wort „Ulti matum" will man auch nicht mehr kennen, denn von der letzten in Tokio überreichten Note wird jetzt von ameri kanischer zuständiger Stelle erklärt, daß sie beileibe kein Ultimatum darstelle, sondern „ein Angebot guter Dienste"! So erscheinen die jetzigen Vorgänge im Fernen Osten durch unbewußte und bewußte Entstellung noch viel ferner und verschleierter und selbst bei den angegebenen Tages zeiten muß man die nötige Vorsicht walten lassen. In Schanghai geht nämlich die Sonne früher auf als bei uns, und zwar um etwa 714 Stunden. Wenn es in Schanghai 12 Uhr nachts ist, dann zählen wir 5 Uhr nachmittags, und wenn es 1 Uhr nachts ist, dann haben wir 6 Uhr nachmittags. Wir können also geradezu in die Zu kunft rechnen. Denn die Ereignisse der Nacht des dritten Tages eines Monats werden in Deutschland schon am zweiten Tage bekannt. Man müßte also eigentlich schreiben: Morgen früh ist in Schanghai dies oder jenes geschehen. Kurz und gut, was in Schanghai zwischen Mitternacht und 7 Uhr früh geschieht, ist morgen, und alles, was am Nachmittag passiert, ist für uns Vormittag. Daraus ergeben sich Widersprüche in manchen Berichten.