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Nr. 261 — 91. Jahrgang Wilsdrufs-DreSden Telegr.-Adr.: »Amtsblatt" Montag, den 7. November 1932 Postscheck: Dresden 2640 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts-' gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt.' für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gess altene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs» d" 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Dmi» Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 LsichV'LW an»ahmcbis»orm.10Uhr. ——— di- Richtlgk.it tz« durch Fernruf übermitteiteu Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanfpruch erlischt, wenn der Betrag dnrch Klage eingezogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. T I Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt" erschein! an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,8V RW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstallen, Post boten und unsere Aus- k.i« .. 1,——b. träger und DeschüstsstcUen nehmen zu s,bei steil Be» AdüchkUblUU fUk LllNSdkUff U. IlMgSgeUd stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, ° — — Krieg ober sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch ans Lieferung der steitung oder Kürzung des Bezugspreises,— Rücksendung -ingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. Vas Ergebnis üer keicbslagswadlen Verluste der NSDAP, und SPD-, Gewinne der DNVP., DDP. und KPD. Nach der Wahl. Der Statistiker wird leicht feststellen können, daß die bei der zweiten nun hinter uns liegenden Reichstagswahl abgegebenen Stimmen beträchtlich „billiger" waren als am 31. Juli bei der ersten Neichstagswahl des Jahres 1932. Allzu lange schon und fast ununterbrochen zieht sich fast seit Beginn dieses Jahres ein Wahlkampf mannigfachster Gestalt und mannigfachster Objekte durch die deutsche Innenpolitik, und damit ist eine „Politi sierung" der Wahlberechtigten durchgeführt worden, die groß genug war, um die Wahlbeteiligung am 31. Juli weit umfangreicher zu machen, als man dies wegen der drei vorhergehenden Wahlen vermutet hatte. Inzwischen hat sich so vieles im innenpolitischen Aussehen Deutschlands ganz anders gestaltet, ist so ganz anders geworden, daß so gut wie nichts mehr von den damaligen politischen Ab sichten und Aussichten, von der damaligen „Plattform" ge blieben ist, auf der sich vor vier Monaten der Wahlkampf abgespielt hat. Anders geworden war ja auch der Auf marsch der Parteien für den Wahlkampf und die Wahl. Unter dem geltenden Wahlrecht mußten die Parteien doch wieder die Träger dieses Kampfes sein; bei ihm ist allerdings das jedesmalige „Vorpostengefecht" fast ganz vermieden worden, der mehr oder minder erbitterte „Kampf um die Liste" nämlich, den die Kandidaten immer als erstes Gefecht zu führen haben. Bei den Parteien, die sich grund sätzlich auf das Führerprinzip eingestellt haben, ist die Aufstellung der Kandidatenlisten so gut wie allein Sache der Führung. Diesmal haben die Parteileitungen im großen und ganzen aber meist die Listen der vorigen Wahl wieder hervorgeholt, um sie aufs neue zu präsentieren. Hinge es lediglich d a v o n ab, dann würde der neue Reichs tag das Gesicht des früheren ungefähr wiedererhalten haben. Doch zu kandidieren allein genügt ja nicht, — man mutz auch gewählt werden. Die nun fünfmalige wahlpolitische Inanspruchnahme des deutschen Volkes lietz also vor der Wahl die entgegen gesetztesten Vermutungen über die Wahlbeteiligung zu und es gab ebenso viele Pessimisten, die mit eitler Wahl ermüdung rechneten, wie Optimisten, die an eine weit fortgeschrittene Politisierung der Wählermassen und an eine infolgedessen starke Wahrnehmung des Wahlrechts ge glaubt haben. Wer recht gehabt, nun — das wissen wir jetzt! Wir wissen nun aber auch, welche Rolle die mehr oder minder große Wucht der Agitation, der Umfang der all gemeinen Wahlpropaganda gespielt hat. Mangel an Geld — der fünfmalige Wahlkamps hatte eben allzu große An forderungen an die Parteikassen gestellt — schnürte dies mal aber die Propaganda auf einen Umfang zusammen, der um vieles geringer war als vor vier Monaten, der so klein war wie Wohl niemals bei irgendeiner Wahl seit den Januartagen 1919. Auch im Rundfunk fehlten dies mal die Reden der Parteiführer ebenso wie die Minister ansprachen des Julikampfes, kurz — es ging auf dem Gebiete der parteimäßigen Propaganda verhältnismäßig ruhig zu und — das erfreulichste an dem hinter uns liegenden Feldzug — die Zahl der blutigen Opfer einer irregeleiteten Parteileidenschaft ist weit, weit geringer als vor vier Monaten, jenen Tagen größter wirtschaftlicher Not und Hoffnungslosigkeit. Aber obwohl hier manches sich hat mildern lassen, haben wirtschaftliche Nöte auf das Ergebnis der Wahl ebenso stark gewirkt wie das „politische" Für und Wider, unter dem nach außen hin der Wahlkampf selbst geführt worden ist. Denn beides, jenes Wirtschaftliche und dieses Politische, war eng ineinander verklammert, ist es noch und wird es im Zeichen des neuen Reichstages bleiben. Ruhiger Wahlverlauf. Nach den bisherigen aus allen Teilen des Reiches vor liegenden Meldungen ist der Wahlsonntag ruhig verlaufen, abgesehen von einigen Zwischenfällen in Bremen, Staß furt und Misburg bei Hannover. Die Berichte über die Wahlbeteiligung lauten sehr unterschiedlich. Während aus einzelnen Teilen des Reiches eine sehr rege Wahl beteiligung gemeldet wird, war sie.in anderen Landes teilen ziemlich schwach. Die Nacht zum Wahlsonntag ist in Berlin weit ruhiger verlaufen als bei irgendeiner der vielen Wahlen dieses Jahres. Es wurden insgesamt nur 44 Zwangs gestellungen vorgenommen. Davon steht aber eine ganze Anzahl mit dem Verkehrsstreik im Zusammenhang. Es hat in der letzten Nacht nur zwei erwähnenswerte Zu- fammenstöße zwischen politischen Gegnern gegeben, bei denen drei Angehörige der SPD. und zwei Reichsbanner- leute verletzt wurden. Auch am Sonntag herrschte in den Straßen Berlins ungewohnte Ruhe, die Wohl besonders durch das schlechte Wetter bedingt war. Abgesehen von den Plakatträgern vor den Wahllokalen und den Partei- Reichspräsident von Hindenburg hat gewählt und wird — wie man sieht — beim Verlassen des Wahl lokals von der Menschenmenge begeistert begrüßt. sahnen an den Häuserfronten deutele kaum etwas auf die Besonderheit des Tages hin. Selbst Polizeibeamte waren, ausgenommen die Doppelposten in der Nähe der Wahl lokale, in den Straßen kaum sichtbar. Der Andrang zu den Abstimmungslokalen war meist nicht so lebhaft, wie er nach der vorausgegangenen Wahl propaganda zu erwarten gewesen wäre. Allem Anschein nach ist die Wahlbeteiligung in Berlin nicht unerheblich hinter der der letzten Wahl zurückgeblieben. Die Polizei fand sehr selten Anlaß zum Einschreiten. In Bremen war es in der Nachi zum Sonntag verschiedentlich zu Zusammenstößen gekommen. Im Westen der Stadt machten Kommunisten mehrfach von der Schußwaffe Gebrauch. Mehrere Nationalsozialisten wurden verletzt. In Staßfurt kam es am Sonntag zu einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und Kom munisten. Dabei wurde ein Nationalsozialist schwer und mehrere Kommunisten und Nationalsozialisten leichter verletzt. In dem Hannover benachbarten Misburg wurde ein Nationalsozialist von Reichsbannerleuten verletzt. Kommunistischer Geheimsender in Tätigkeit. Am Sonntag wurde in Berlin erneui der kommu nistische Geheimsender gehört, der Schallplatten und Wahlvorträge sandte. Es folgte eine Ansprache zur Reichs tagswahl, in der der Redner verschiedentlich auch den Reichspräsidenten von Hindenburg angriff Die Lautstärke des Senders war ziemlich groß. Die Station arbeitete auf einer Wellenlänge, die in der Nähe des Berliner Rund funksenders Witzleben liegt. Vas Gesamtergebnis NsM üem am Montag trüb um 3 UDr vrraurgegevenen ammevrn vrrrMnungen Davon aie Parteien toigenüe Stimmen una Sitze erDaltenr Reichstagsw. 6.11.32 Nat-Soz N70S2S0 Sozialdem. 7 23L 404 Kommunisten S 070 833 Zentrum 4 228 322 Deutschnal. 3 081 828 Bayer. Volksp. 1 081 SOS Dtsch. Volksp. SSO 703 Staatspartei 337 871 Christl. Soz. 412 S23 Hannoveraner 63 010 Wirtschaftsp. 110117 Bauernpartei 148 082 Landbund — Landvolk 46 486 Württ. Bauernb. 105 188 Thür. Landbund 60 06S Sitze 10S 121 100 70 S1 18 11 2 S 1 2 3 Nat.-Soz. Sozialdem. Kommunisten Zentrum Deutschnat. Bayer. Volksp. Dtsch. Volksp. Staatspartei Christl. Soz. Hannoveraner Wirtschaftsp. Bauernpartei Landbund Landvolk Reichstagsw. 31.7.32 13745781 7959712 5282621 4589335 2177414 1192684 436012 371799 364542 46929 146876 137133 96851 90555 2 1 Württ. Bauernbund Thür. Landbund Wir äie Wahlkreise wählten Sitze 230 133 89 75 37 22 7 4 Z 2 2 1 Sie drei WMen Wahlkreise. 28. Wahlkreis Dresden-Bautzeu. Natsoz. 378 826, Soz. 328 931, Kom. 189 908, Zentrum 21 465 Dnat. 90 854, Rad. Mitte 1014, TVP. 45 687, StP. 16 899, Ehr. Soz. 14 373, Wirtsch. 14 934, Landv. 4207, Vollsr. 2083, SAP. 3986. 29. Wahlkreis Leipzig. Natsoz. 262 710, Soz. 272 242, Kom. 175 877, Zentrum 8936, Dnat. 60837, DBP. 28131, StP. 11 040, Chr.-Soz. 7382, Wirtsch. 8249, Vollsr. 6782. 30. Wahlkreis Chemnitz-Zwickau. Natsoz. 493 251, Soz. 253 313, Koni. 242 609, Zentrum 7027, Dnat 57 912, DVP. 15 916, Ttp. 6892, Chr.-Soz. 24 564, Wirtsch. 15 535, Landv. 1202, Vottsr. 6098, SAP. 8937. Die Übrigen Wahlkreise. 1. Wahlkreis Ostpreußen. Natsoz. 422 494, Soz. 211 363, Kom. 148 026, Zentrum 79 810, Dnat. 153 263, DVP. 14 897, StP. 5918, Chr.-Soz. 15 243, Wirtsch. 1248, Landv. 835, Vollsr. 358, SAP. 615, Polen 2744. 2. Wahlkreis Berlin. Natsoz. 265 860, Soz. 268 886, Kom. 448 684, Zentrum 48 875, Dnat. 103 207, DVP. 6275, Stp. 12 511, Chr.-Soz. 5033, Wirtsch. 832, Landvolk 73. 3. Wahlkreis Potsdam ll. Natsoz. 341 691, Soz. 267 397, Kom. 272 099, Zentrum 53 671, Dnat. 178 829, DVP. 20 138, Stp. 22 441, Chr.-Soz. 6201, Wirtsch. 1293, SAP. 1067. 4. Wahlkreis Potsdam I. Natsoz. 414 162, Soz. 285 401. Kom. 287 257. Zentrum