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MdmfferTageblatt für Mrgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nr- 118 — 91. Jahrflana Telezr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-DreSden Monta», den 83. Mai 1932 Postscheck: Dresden 2640 Vie ärei neuen Steuern E- nebensächliche Angelegenheit behandeln. Sie sind minde stens ebenso wichtig wie Meliorations- oder Siedlungs vorschläge, denn sie treffen einen unmittelbaren, laut in alle Welt üinausschreienden Bedarf. „Den kleinen, selbständigen Existenzen die Bahn frei- machen", — liegt in diesem Satz und Ziel nicht überhaupt Rücktritt der Preußenkabinetts. Der preußische Ministerpräsident Braun hat an den Präsidenten des Landtags ein Schreiben gerichtet, in dem er mitteilt, daß die preußischen Staatsminister ihre Ämter zur Verfügung stellten, nachdem die Wahlperiode des alten Landtags am 20. Mai abgclaufcn ist. Das Schreiben, das vom 19. d. M. datiert ist, ent hält weder eine Begründung, noch die Mitteilung, daß das Kabinett Braun die Geschäfte weiterführe. Das Kabinett Braun ist damit formell zurückgetreten. Das Schreiben des Ministerpräsidenten wird bei Zusammen tritt des Preußischen Landtags von dem Alterspräsidenten verlesen werden. sollen auf rund 300 Millionen erhöht werden, so daß die Gemeinden jetzt 700 Millionen bekämen. Diesem Mehr von 170 Millionen werden allerdings neue Belastungen gegenüberstehen. Diese ergeben sich aus der Neuord nung der Arbeitslosenversicherung. Der Gesamtbetrag, der für die gesamte Sozialversicherung, von der Arbeits losenunterstützung bis zur Wohlfahrtsfürsorge bei einer Durchschnittszahl von 5,9 Millionen Arbeitslosen erforder lich ist, beläuft sich auf 3,018 Milliarden Mark. Das Prinzip der Arbeitslosenversicherung bleibt aufrechter halten. Die Bedürftigkeitsprüfung wird nicht erweitert. Sie bleibt wie bisher bestehen, wenn es sich um Ehefrauen oder Jugendliche bis 21 Jahren handelt. Die Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung, die bei der Aufstellung ihres Haushalts davon ausgeht, daß die Arbeitslosigkeit vielleicht durchschnittlich etwas höher wird als im Vorjahre, muß, da ihr Haushalt unabhängig vom Ncichshaushalt ist, ebenfalls einen Ausgleich suchen. Sie sieht ihn darin, daß die Unterstützungsdauer in der Arbeitslosenversicherung von 20 auf 13 Wochen vermindert wird, daß aber anderer seits die Sonderstellung der Saisonarbeiter fort fällt. Ferner sollen die Sätze der Arbeitslosenunterstützung etwa denen der Krisenfürsorge angepaßt, also von dem Durchschnittssatz von 56 Mark auf 54 Mark gebracht wer den. Eine Verlängerung der K r i fe n f ü r s o r g e soll angeblich nicht in Frage kommen, so daß die Wohlfahrts fürsorge der Gemeinden um volle sieben Wochen früher beainnt. ' Die neue Notverordnung. In den Grundzügen fertig. Amtlich wird mitgeteilt: Die mehrwöchigen, nur durch die beiden Pfingsttage unterbrochenen Beratungen des Reichskabinetts über die nunmehr in Aussicht zu neh menden finanz-, sozial- und wirtschaftspolitischen Maß nahmen konnten in allen grundsätzlichen Fragen in voller Übereinstimmung zum Abschluß gebracht werden. Zu den unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning stattgehabten Beratungen waren das Reichsbankdirekto rium und, soweit erforderlich, die drei Neichskommissare für Preisüberwachung, Bankenaufsicht und die vor städtische Randsiedlung, sowie der Vorstand der Garantie bank hinzugezogen worden. Die Entschließungen des Reichskabinetts fanden wertvolle Förderung durch neben- hergchende Beratungen mit den berufenen Vertretern der beteiligten Bevölkerungskreise. Das Gefamtprogramm erstreckt sich im wesentlichen aus die endgültige Fertigstellung und Abdeckung des Reichshaus Haltsplanes 1932, die Sicherung der Arbeitslofenfürsorge und andere sozial politische Reformmatznahmcn, sowie auf ein Arbeits beschaffungsprogramm unter gleichzeitigem Ausbau des freiwilligen Arbeitsdienstes. Der Reichshaushaltsplan geht nunmehr dem Reichs rat zu, dessen Beratungen unter Beteiligung der Reichs regierung und der Finanzminister der deutschen Länder demnächst beginnen werden. Einzelheiten können im Augenblick noch nicht mitgeteilt werden, da zunächst ein Vortrag des Reichskanzlers beim Reichspräsidenten über das Gesamtprogramm im Laufe der kommenden Woche stattfinden wird. Bedeutungsvolle parlameniswoche. Die Woche verspricht in parlamentarischer Beziehung einen ereignisreichen und bedeutungsvollen Verlauf zu nehmen. Im Vordergründe des Interesses steht die Tagung des neuen Preußischen Landtages, der am Dienstagnachmittag zu seiner ersten Sitzung zu sammentritt. Es ist anzunehmen, daß mit diesem Tage auch die erste offizielle Fühlungnahme zwischen den Frak tionen in Gang kommen wird, da zunächst eine Einigung über die voraussichtlich am Mittwoch vorzunehmende Präsidentenwahl erfolgen muß. Nach dem Rück tritt der Regierung Braun, der in dieser Woche gleichfalls erfolgen dürfte, werden die nächsten Tage,'vielleicht auch Wochen mit langwierigen Verhandlungen über die Person des neuen Ministerpräsidenten ausgefüllt sein, denen wegen der möglichen Rückwirkung auf die Zusammen setzung und die Politik der Reichsregierung ganz beson dere Bedeutung zukommt. Die Möglichkeiten einer Eini gung beurteilt man auf Grund der in den Fraktions sitzungen zum Ausdruck gekommenen Haltung der Na tionalsozialisten und des Zentrums außerordentlich skep tisch. Zunächst wird die Vorfrage zu klären sein, wer im Preußischen Landtag Landtagspräsident werden soll. Hierüber entscheidet, falls keine absolute Mehrheit zustande kommt, die verhältnismäßige Mehrheit in der Stichwahl. Der Fraktionsbeschlutz des Zentrums ist dahin aufzufassen, daß eine Klärung der Verhältnisse in Preußen nur im Zuge mit einer entsprechenden Ent wicklung imReich möglich wäre, und hierfür besteht zur Zeit kaum eine Aussicht. Man würde also damit zu rechnen haben, daß die dann zurückgetretene Preußenrcgierüng Braun noch einige Monate als geschäftsführendes Ka binett im Amte bliebe, es sei denn, daß sie durch eine andere Zwischenlösung ähnlicher Art ersetzt würde. Im Reichstag beginnt am Montag ein längerer Tagungsabschnitt des Haushaltsausschusses, der eine ganze Reihe von Anträgen der Parteien erledigen will. Ob ihm auch schon der neue Reichshaushaltsplan für 1932 in dieser Woche überwiesen werden kann, steht noch dahin. Am Dienstag findet dann eine schon seit langem geplante Sitzung des Auswärtigen Ausschusses statt, vor dem Reichskanzler Dr. Brüning eingehend über alle schwe benden außenpolitischen Fragen berichten will. * Was bringt die nächste Aoiverordnung? über den Inhalt der neuen Steuernotver- ordnung, die in ihren Grundzügen feststeht, werden folgende Einzelheiten berichtet: In erster Linie ist die Er hebung einer Beschäftigungssteue» von 1N Prozent geplant. Die neue Beschäftlgungssteuer wird auch von den Beamten erhoben, nicht nur von den übrigen Beschäftigten aller Berufe, die sie neben der Krisensteuer zahlen müssen. Das Reichssinanzministerium rechnet, daß die neue Beschäftigungssteuer 325 Millionen Marl bringt, davon sollen allein etwa 120 Millionen von den Beamten aufgebracht werden. Wesentlich ist, daß die neue Beschäftigungssteuer nur von Jahres- einkommenüber3600Mark erhoben werden soll, weil bis zu dieser Grenze die Arbeitslosenversicherung prozentual durchgestaffelt ist, ab 3600 Mark aber nicht mehr steigt. Die Krisensteuer stellt insofern eine neue Einnahmequelle dar, als sie ur sprünglich nur bis zum Ende dieses Jahres vorgesehen war und nun bis zum Ende des Etatsjahres 1932/33 ein gesetzt ist. Das ergibt eine Mehreinnahme von rund 45 Millionen Mark. Schließlich soll die Bürgersteuer, die ursprünglich nur bis zum 1. Juni erhoben werden durfte, in diesem Jahre nochmals von den Gemeinden be ansprucht werden können. Die nochmalige Erhebung der Bürgersteuer bedeutet angeblich eine Mehreinnahme von 250 Millionen Mark. Die Finanzhilfe für die Gemeinden, die das Reich leistete, betrug bisher rund 530 Millionen. Davon waren 230 Millionen Zuschüsse für besonders not leidende Gemeinden und 300 Millionen Ausgleichsmittel für die Erwerbslosenlasten. Jetzt sollen die Gemeinden hierfür 400 Millionen, in Vierteljahresraten von 100 Mil lionen (bisher 75), erhalten, und die 230 Millionen Mark Internationale Sandelskonferenz geplant. Die Genfer Ratstagung beendet. Der Völkcrbundrat hat auf Grund eines Antrags der Internationalen Arbeitskonferenz beschlossen, daß die ver schiedenen Organisationen des Völkerbundes der Lau sanner Reparationskonferenz im Bedarfsfalls zur Ver fügung gestellt werden. Der Rat schlägt ferner der Vollversammlung des Völkerbundes vor, eine Weltkonsercnz zur Prüfung der Probleme des internationalen Handels und der Er zeugung einzuberuseu. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u, Umgegend Schn frei für den Mittelstand! aesie^n»^^ — übrigens gilt das gleiche auch für ^gestern— der Fiskus finanziell am Rande ist Ehr oder minder großen Weisheit angekommen greift er immer zur Steuererhöhung. Da besagter sucht weiß, wie anders er die etwa 3 Milliarden 5 ..rügenden Kosten der Erwerbslosen-Unter- nutz ung zusammenbringen soll, so zieht er eben die Steuerschraube an. Er will — für die unter dem Druck der Kosten für die Wohlfahrtsfürsorge zusammenbrechen den Gemeinden — die Bürgersteuer über den 1. Juli Humus „strecken" und außerdem eine neue Zwecksteuer einführen, von der alle „Beschäftigten" betroffen werden. Denn „man" rechnet mit einer jährlichen Erwerbslosen durchschnittszahl von 5,9 Millionen. Das wäre ungefähr ein Drittel der heute als Angestellte und Arbeiter beschäf tigten — oder nichtbeschäftigten — erwerbsfähigen Deutschen. Und wo bleibtdieArbcitsbeschaffung? Seit anderthalb Jahren wird davon und darüber ge redet; man hoffte auf sie, — aber auch diese Hoffnung ist dünn und mager geworden. Man schrie und fchreit nach ihr, — aber dieser Schrei ist schon fast zu einem Röcheln der Verzweiflung geworden. Die Maschine hat in der Rationalisierung einen so genannten Sieg über den Menschen er rungen, — aber es war schlimmer als ein Pyrrhus sieg. Jetzt rosten die Maschinen, werden zu Schrott und altem Eisen. Und die Millionen von Menschen, die sie triumphierend „überflüssig", arbeitslos machten, werden in jahrelangem Nichtmehrarbeitenkönnen auch zu — altem Eisen. Nicht äußerlich vielleicht, aber innerlich. Die furchtbaren Tragödien aus der Jugendzeit des Kapitalis mus, die von Gerhart Hauptmann in seinen „Webern" dramatisiert woroen sind, wiederholen, vervielfältigen sich zu Mittionenschlcksalen. , . aber in allem Not und Elend der Arbeitslosigkeit "?um nicht verloren hat, haßt nichts so sehr Wie Vas Wort „Fürsorge". Und jede Arbeitsbeschaffung, die für den dabei Beschäftigten nicht eine erkennbare „Werte-Schaffung" ist, bleibt auch nur eine schlecht ver hüllte „Fürsorge". Man kann den Rahmen aber noch sehr viel weiter spannen und feststellen, — doch wir wollen das mit den Worten des Reichskanzlers aus seiner letzten Reichstagsrede sagen: „Aus einer strukturellen Krise, in der sich die Wirtschaft überall in der Welt befindet, kommt man dann am ehesten heraus, wenn man der Energie, Opferfreudigkeit und Entschlußkraft der kleineren, selbständigenExistenzen möglichst die Bahn frei macht." Also: Wenn man dem „Mittelstand" in Industrie, Gewerbe und Handel die Wege ebnet. In der gleichen Reichstagssitzung hatte der volks- parteiliche Redner von einer Zeit der „Konzern- dämmerung" gesprochen. Betrachtet man dieses nicht unrichtige Wort von der produktionstechnischen Seite her, so kann man von einer Dämmerung der zusammen geballten Massenerzeugung reden, wo die Maschine ihr stählernes, menschenzertrümmerndes Lied hinausbrüllt. Es ist heiser, ist zum Lallen geworden, zum Stottern und Stammeln. Der „Hochkapitalismus" der Nachkriegszeit ist vielleicht durch nichts besser charakterisiert als dadurch, daß an die Stelle des „Unternehmers", des „Arbeit- Gebers" der — Generaldirektor oder der Aufsichtsrats vorsitzende getreten ist. Nicht überall, aber bei den meisten Großunlernehmungen. Sie erlagen jedoch der Krise am ehesten. Ein Gegenbeispiel: Von den Ende 1930 berichten den 1361 Gewerblichen Genoffenschaftsbanken, also den typischen Kreditinstituten des „Mittelstandes", haben im Laufe des Unheiljahres 1931 nur 88 die Zahlungen ein stellen müssen. Für diese Mittelstandsbanken hat die Re gierung nur 20 Millionen zu Stützungszwecken hergegeben und noch für 42 Millionen Garantien übernommen, — aber bei der Bankensanierung hat das Reich 335 Mil lionen allein schon verloren! Sollte nicht eine wirtschaftliche, eine wirkliche „Arbeitsbeschaffung" am besten hier einsetzen, an diesem Wendepunkt der „strukturellen" Weltkrise? Das mittlere und kleine Unternehmertum in Deutschland be schäftigt noch heute 30 bis 40 Prozent dar in der Industrie tätigen Arbeiterschaft, ernährt verhältnismäßig mehr Angestellte als die Großindustrie, gibt — dem Menschen, seiner Arbeitskraft, seiner Initiative und seinem Arbeits willen einen viel breiteren Raum. Rationalisierung durch die Maschine ist heute gar nicht mehr identisch mit Renta bilität, und die vom Rost zerfressenen Maschinen fraßen meist nicht nur den Menschen, sondern fressen jetzt auch noch Kapital und Rente. Ein Experiment in einer süddeutschen Zigarettenfabrik hat gezeigt, daß die Ersetzung der Maschinen- durch die menschliche Handarbeit — eine Maschine gleich 200 Arbeiterinnen — nicht bloß zur Mehr- beschäftigung Hunderter von Menschen führt, sondern daß bei einem Steuernachlaß von 14 Prozent ein Ausgleich der Kosten und Preise erzielt werden könnte. 90 Prozent aller Bauarbeiter sind ohne Beschäftigung, und die Zahl der Betriebe im Baugewerbe ist demgemäß eingeschrumpft. Man soll nicht z. B. die Frage der „Hausreparaturen" in den verschiedenen Programmen zur Arbeitsbeschaffung als Anzeigenpreis! die 8g«ipaltene Raum,eile 20 Rpsg., die 4,efpaltene Zeil« der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im tertlichen Teile 1 RMK. RachweifungsgebLhr 2V Reichspjennige. Dar» Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisvorm.lVUHr. ' Für die Richtigkeit der -wgeiE^chrM^ - ^""°un° durch Fernruf übermi.M.» Anzeigen ^b«n^ ^ine «aran.i^ de. Betrag durch Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gencyrs nno des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt.