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MsdnifferNgeblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, H°s »Wilsdruffer Tageblatt« erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bszugrureis monatlich 2,— AM. NU Hau-, bei Poffbestellung 1,MAM. zuzügllch Bestellgeld. Einzelnummern 1v Rpig. Alle Postanstalten, Post- Amen"^ s.Ä^ Au-« Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer GeivaU, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Aniprucb aus Lleserung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingejandter vchrrststucke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. ^s für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter! Anzeigenpreis: die 8gespaltene Maumzeile 20 Rpfg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennige, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Rachweifungsgebühr 20 Reichspsennige. Vor- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisvorm.10Ühr. Für die Richtigküt der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radattanipruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 63 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 15. März 1932 Zerronnene Millionen. Schon halb vergessen ist es, daß vor einigen Jahren einer der „Großen" der Welt von heute einen geradezu sensationellen Selbstmord begangen hat, weil er nicht mehr aus noch ein wußte: Der belgische Finanzgewaltige Baron Löwenstein stürzte sich aus dem Flugzeug, als dieses beim Fluge von London nach Paris über dem Kanal schwebte. Weniger sensationell nach außen hin machte jetzt ein Revolverschuß dem Leben eines Mannes ein Ende, der in der Reihe der Finanz könige ganz vorn gestanden hat. Ivar Kreuger, der „schwedische Zündholzkönig", schied sich von den Lebenden, und es rst eine etwas dürftige Erklärung, wenn inan jetzt sagt, er habe „die Nerven verloren". Ob dafür die Fest stellung amerikanischer Ärzte maßgebend war, Kreuger leide an einer unheilbaren Krankheit, oder ob die über groß gewordenen finanziellen Schwierigkeiten ihn zum Selbstmord veranlaßten, — darüber können maßgebende Beurteilungen noch nicht gefällt werden. Entscheidend ist ja schließlich auch nur, was aus dem gewaltigen Gebäude, das dieser Mann errichtet hat, nun eigentlich werden soll. Denn es war doch in der Hauptsache sein ureigenes Werk. Auch Deutschland ist daran beteiligt, denn im Oktober 1929 hat die deutsche Reichsregierung die sogenannte „Kreuger-Anleihe" erhalten; der schwedische Zünd holztrust gab für die Dauer von 50 Jahren eine sechs prozentige Anleihe von 125 Millionen Dollar her, also über 500 Millionen Mark, während das Reich einZünd - yolzmonopol schuf und — die Mehrzahl der deutschen Zündholzfabriken gehörte bereits Ivar Kreuger — den Ertrag dieses Monopols in der Hauptsache den Schweden garantierte. Wie dringend notwendig diese finanzielle Hilfe für Deutschland war, kann man auch daraus ent nehmen, daß das Inkrafttreten des Vertrages mit Ivar Kreuger an die Annahme des — Boung-Plans geknüpft war! Denn ebenso wie es bei den Vereinbarungen mit Deutschland der Fall war, ist es überall dort gewesen und geschehen, wo Ivar Kreuger im Licht der Öffentlichkeit auftrat: gegen Verpfändung des Zündholzmonopols be sorgte er finanziell notleidenden Staaten eine mehr oder weniger große Anleihe. In einer Zeit aber, die gerade zu ängstlich darauf bedacht ist, nicht Aktien — selbst nicht solche vom Weltruf der „Kreuger und Toll-A.-G." — im Kasten zu haben, sondern bares Geld, mußte ein Mann, dessen Kapitalien und Kredite derart festgelegt waren, wie das Ivar Kreuger getan hatte, doch früher oder später einmal in Liquidationsschwierig keiten kommen. Die Kurse seiner Aktien sanken an allen Börsenplätzen auf die Hälfte ihres früheren Wertes, und sein Versuch, neue Anleihen zu placieren, neue Kredite zu erhalten, um wieder einmal einem Staate — Polen — finanziell unter die Arme zu greifen, ist mißlungen. Wäre die Welt nicht so, wie sie heute tatsächlich ist, wären die Staaten selbst nicht in ebenso großen finanziellen Schwierigkeiten wie jeder Privatmann und alle indu striellen Unternehmungen, wären nicht in vielen Währungen rings um den Erdball Paniken und Zu sammenbrüche erfolgt, kurz: wäre nicht das gesamte Welt kreditsystem schwersten Erschütterungen bis zum Ver schwinden hier unterlegen — vielleicht hätte doch Ivar Kreuger sein Werk retten und erweitern können. Aber diese Krise, die zahllose, selbst wirtschaftlich ge sunde Unternehmen zum Opfer fordert, packt mit be sonderer Schärfe gerade solche Wirtschaftsbamen, die, in der Inflationszeit begründet, sich über die Folgezeit hin überretten konnten oder sogar, wie der Michael-Kon zern in Deutschland, gerade aus der Deflation von 1924, den langen Monaten knappsten Geldvorhandenseins, ihre Verstärkung erfuhren. Jakob Michaels Name und Eingreifen trat überall dort hervor, wo das Geld der Kleinen und Kleinsten, wo ein Reservoir barer Zahlungen zusammenfloß. Mit seinem Millionenbesitz verschaffte er sich die Aktienmehrheiten und damit den maßgebenden Einfluß vor allem in Versicherungsgesellschaften; auf diese Weise erhielt er die Verfügungsberechtigung über die An lage der dort zusammenströmenden Gelder und Michael wurde u. a. zum Besitzer von fast 200 Grundstücken allein in Berlin. Aber nun ging es ihm geradeso wie — aller dings in weit größerem Maßstabe — dem schwedischen Zündholzkönig: die Wirtschaftskrise ließ seine fest angelegten Kapitalien ertraglos werden. Er ist illiquid. Die Kredite, die er aufuahm, sind „festgefroren". Das ge waltige Gebäude, das er durch Schuldenaufnahme errichtet hat, wankt und stürzt, da die Gläubiger nicht länger still halten wollen oder können. Auch die Zeit ist längst vor über, in der man durch raffinierte, immer mit größtem Risiko behaftete Aktientransaktionen Geld scheffeln konnte. Das ist dem finanzmächtigen Michael-Konzern oft ge lungen. Unter den sengenden Strahlen der Weltkrise ver dorrten dann aber die papierenen Kreditmillionen. Nicht dloß, was Seifenblase war, ist in Deutschland und viel- M drüben in der Welt zerplatzt. Auch über wirtfchaft- "ch wertvolle Unternehmen stürzte die Krise her. «WM »Ii! «M Will „pür Treu unä klauben!" JMMMMNg -er Ms. MOrie. 7 Nach einer zweijährigen Pause traten die Mitglieder des Verbandes Sächsischer Industrieller zur 29. ordent lichen Hauptversammlung des Verbandes im Dresdner Vereinshaus zusammen. Die Tagung wurde durch eine geschlossene Mitgliederversammlung, die der Verbandsvorsitzende Wittke eröffnete, eingeleitet. Nach seinen Begrüßungsworten widmete er den Toten der vergangenen Jahre Worte des Gedenkens, insbeson dere auch dem letzten sächsischen König, mit dem sich für die sächsische Industrie die Erinnerung an Zeiten wirt schaftlichen Aufstieges, vor allem aber auch einer die Stand ortsbedingungen der sächsischen Industrie berücksichtigenden Wirtschaftspolitik verbindet. Hierauf erstattete der Schatzmeister des Verbandes, Konsul F. R. Vollmann, den Kassenbericht, dem auf An trag aus der Versammlung die Entlastung des Vorstandes und Schatzmeisters erfolgte. Das Vertrauen zu der Führung des Verbandes durch den Gesamtvorstand wurde darauf in der einstimmigen Wiederwahl der satzungs- gemätz ausscheidenden Gesamtvorstandsmitglieder be kundet. Es folgte hierauf ein längerer Bericht des Verbands vorsitzenden über „Die Wirtschaftspolitik des Verbandes Sächsischer Industrieller in den Jahren 1931,32 im Rahmen der gesamtdeutschen Wirtschaftspolitik der Reichs regierung und anderer Spitzenverbände", der zunächst das Reparationsproblcm behandelte. Der Kampf des Verbands gegen den Zentralismus galt in erster Linie der Wiederherstellung der früheren Konkurrenzverhältnisse, insbesondere auf dem Gebiete der Löhne und Frachten. Wertvolle Zusagen der Negierung sind hier leider noch unerfüllt. Ebenso gilt es, weiter um die Einführung ge sunder regionaler Prinzipien in der Kreditwirt- schäft zugunsten der sächsischen Industrie zu ringen sowie um eine gerechte, die Not Sachsens berücksichtigende Ver teilung der öffentlichen Aufträge. Aus die Frage der Han delspolitik übergehend, verwies Redner darauf, daß der Verband fchon frühzeitig Vorkehrungsmaßnahmen gegen die Abschließungstendenzen des Auslan des gefordert habe. Die Abwehrmittel der deutschen Ne gierung kämen leider in vielen Punkten zu spät. In der Behandlung des Preisproblems verlangt der Ver band, daß die Preissenkung in erster Linie auch die Preise der öffentlichen Hand betreffen müsse. Hierauf behandelte der Vortragende als wesentliche Vor aussetzungen für eine Selbstkostensenkung das Problem der Soziallasten sowie die Frage der öffentlichen Haus haltgestaltung. Der fehlende Steuerabbau steht in schärfstem Widerspruch zu der Preissenkungsaktion. Die Notverordnungen haben gewisse Ansätze zu einer Umkehr in der Finanz- und Wirtschaftspolitik im Sinne der Anträge des Verbandes gebracht. Es gelte nunmehr durch unablässige Arbeit auch der In dustrie den Weg zur Umkehr ganz zu finden und zu Ende zu gehen. — Hierauf erstattete der 1. Geschäftsführer des Verbandes, Syndikus Dr. Schubert, den Bericht über die Einzeltätigkeit der Geschäftsführung. Es ist in vergangenen Jahren in hohem Umfange gelungen, verantwortliche Per sönlichkeiten Berliner Ministerien und Zentralstellen in un mittelbare Verbindung mit der sächsischen Industrie im Lande selbst und in den Betrieben zu bringen und ihnen so den besten Einblick in die Besonderheit der sächsischen Pryduktionsbedingungen wie Notlage zu verschaffen. — Der gleichen Aufgabe der Einflußnahme auf die deutsche Wirtschaftspolitik diente die mehrfache Entsendung von Delegationen des Verbandes in die Reichsministerien und sonstige Stellen. Beide Vorträge bildeten den Mittelpunkt einer sich anschließenden Aussprache, in der die aktuellen wirtschaftlichen Probleme eingehend erörtert wurden. Die öffentliche Kundgehung. Im Anschluß an die geschlossene Mitgliederversamm lung des Verbandes Sächsischer Industrieller wurde nach einer kurzen Pause die öffentliche Kundgebung „Für Treu und Glauben" eröffnet. Schon bei der Begrüßung der Ehrengäste fiel aus, daß außer den Vertretern der Reichs-, Staats- und städtischen Stellen, der Wirtschaft und anderer Körperschaften auch starke Delegationen der Landwirtschaft, des Groß-, Einzel- und Kleinhandels wie des Handwerks bewillkommnet wurden. Man zeigte hier Wohl zum ersten Male den Willen zur Einheitsfront der Wirtschaft. Danach gedachte der Vorsitzende in einfacher, schlichter Form des 30jährigen Bestehens des Verbandes. Es folgten kurze Glückwünsche des Wirtschafts- und Fi nanzministers Hedrich im Namen der sächsischen Regierung und des Oberbürgermeisters Tr. Külz namens der Stadt Dresden. Danach gedachte die Versammlung erstmalig in Deutschland in einem Nachruf auf die Opfer der Wirtschaft, der in den Katastrophenjahren zusammengebrochenen Ar beitsstätten und der mit ihnen zusammengebrochenen Leiter. Hierauf verlas der Vorsitzende den Aufruf des Ver bandes, in dem es unter anderem heißt: „Zu den Deutschen will ich sprechen und jeden Deut schen aufrufen, an seinem Platze, in seinem Stand zu wirken und nimmer zu ruhen, bis Treu und Glauben und alles das, was der Kaufmann in diesen Worten zu- sammeufaßt, wieder den Platz im Leben des Staates und Volkes haben, der ihnen gebührt! Ich weiß, daß viele von Ihnen gekommen sind in dem sicheren Glauben, daß ein gemeinsamer Aufruf von vielen einem Impuls von ge waltigerer Wirkung haben muß. Und die Wirkung, die wir erzielen wollen, kann nicht gawaltig genug sein! Wir bitten Sie, mit uns, das deutsche Volt in seiner Gesamtheit, alle Stände, Berufe, Altersklassen aufzurufen, den Grundsätze» von Treu und Glauben die altbewährte Geltung wieder zu erringen! Wir rufen es zu: dem eigenen Stande, den Regierungen und Volksvertretungen, den akademischen und freien Be rufen, den Beamten, den Erziehern unserer Nation, rufen es zu: der alten und jungen Generation, den nationalen Jugendbünden, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern von Kopf und Hand!" Sodann wurde bekanntgegeben, daß der Verband aus hervorragenden Vertretern der alten industriellen Gene ration einen Ehrenausschutz bilden werde, der in einem „Goldenen Buch der sächsischen Industrie" die Namen der Firmen und Männer für künftige Zeiten festhallen wird, die im Sinne der Kundgebung tätig wurden, ein dem Senat des Reichsverbandes ähnliches, wenn auch ausgesprochen nach ethischen Grundsätzen ge wähltes Gremium von Senioren, dem auch nichtindu- strielle Förderer der sächsischen Industrie hinzugewählt werden können. Burgfrieden für die Osterwoche Berlin, 15. März. Im Reichsinnenministerium ist nach einer Meldung Berliner Blätter ein Entwurf einer Verord nung vorbereitet worden, durch die über die Osterzeit, und zwar voraussichtlich für die Dauer der Karwoche ein politischer Burgfrieden bestimmt werben soll. Der Entwurf wird dem nächst das Neichskabmett beschäftigen. Wahlen in Preußen am 24. April Der ständige Ausschuß des Preußischen Landtags setzte im Einvernehmen mit dem preußischen Staats ministerium den Termin der Wahl zum Preußischen Land tag auf Sonntag, 24. April, fest. Wahlpuolient für die prerrhenwahl SO VOV. Entsprechend einem Beschluß des preußischen Staats ministeriums wird für die auf den 24. April festgesetzte Wahl zum Preußischen Landtag der Wahlquotient in Abände rung der preußischen Sparverordnung vom 12. September vorigen Jahres auf 50 000 sestgelegt werden. Die preußische Sparverordnung sah bekanntlich eine Erhöhung des Wahlquotienten von bisher 40 000 auf 60 000 vor. In der Verordnung der Regierung wird nun die Frage der Wahlquotienten gemäß dem Wunsche der preußischen Landtaqsparteien deraestalt aereaelt werden, daß für ein Abgeordnetenmandal 50 000 Stimmen erfor derlich sind. Das bedeutet, daß der Preußische Landtag in Zukunft nicht mehr 450, sondern nurnoch375 Abge- ordnete haben wird. Beratungen im ständigen Ausschusses. Bei den Beratungen des ständigen Ausschusses des Preußischen Landtages über den Zeitpunkt der Preußen wahlen erklärte Minister Severing, daß der frühe Zeitpunkt den Parteien entgegenkomme, die vor einrm Jahre die Auflösung des Landtages betrieben hätten. Alle Gerüchte, die Regierung wolle Neuwahlen verhindern, seien unwahr. Das Staatsministerium meine, es sei nicht zweckmäßig, die Preußenwahlen mit der Reichspräsidenten stichwahl zusammenzulegen. Die Regierung sei aber auch bereit, auf Wunsch des Landtages sich mit dem 24. April als Wahltag einverstanden zu erklären. Eine weitere Hin ausschiebung sei jedoch im Interesse der Wirtschaft und wegen der übermäßigen Inanspruchnahme der Polizei nicht möglich, wenn ein ordnungsmäßiger Verlauf der Wahlvorbereitungen gewährleistet werden solle. Die D e u t s ch n a t i o n a l e n traten für den 10. April als Wahltermin ein, wenn man nicht dem Vor schläge des deutschnationalen Parteiführers folgen wolle, am 8. Mai die Wahl zum Preußischen Landtag gleichzeitig mit den Neuwahlen zum Reichstag vorzunehmen. Der Vertreter der Deutschen Volkspartei erklärte, er halte den 8. Mai für zweckmäßiger. Nachdem noch der Vertreter des Landvolks sich gleichfalls für den 8. Mai