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MsdmfferMeblatt Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, xDas „Wilsdruffer Tageblatt* erfcheiui an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— illM. ßrei Haus, bei Pohbesiellung 1,80 AW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstallen, Boft- -boten uub uniere Aus- . , , ..... . träger und EeichLstsstellen nehmen zu feder Aci> Be- IPocheNßkgtt für Wilsdruff u. ÜMctSakNÄ stellungen entgegen. Hm ^FaUe höherer EcwaU, Krieg oder ionstign Be- -trtebsstörungen besteht Lein Amprua au> LNeielung der , eltung oder Kürzung des Bezugspreijes. — Rücksendung eingejandtcr Schriststlleke erfolgi nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8geil oHene BormireNe 20 Npfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennige, die Lgefpaltene Beklamezeile im textlichen Teile 1 BMK. Nachweifungsgebühr 20 Reichspjennig». Vor-i L^'n°chL?°1^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 onnahm.disvorm.lOUHr. - —— Für di- Bichtigbrii d-r durch Fernruf übermN-eUc» Anztlzen Lbrrn. wn keine 0 araniie. Heber L'UdanciNiprvü erlhcll, wenn der Betrag durch Klage eingczogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 60 — 91. Jahrgang Telegr -Adr: Wirtschaftsspionage. Bei der schon fast überlangen Reihe gesetzlicher Be stimmungen, die „durch Notverordnung" getroffen worden sind, ist auch manches so mit untergelaufen, dessen „notverordnende" Festlegung oder Regelung vielfach nicht recht eingesehen worden ist. Bielleicht liegt mehr als nur ein einziges Körnchen Wahrheit in dem Scherzwort, daß so mancher in einen Gesetzentwurf gekleidete Lieblings gedanke irgendeines höheren Beamten nun durch eine Notverordnung aus dem Schreibtisch zum gesetzlichen Da sein gelangen konnte, was nicht passiert wäre, wenn nur der früher übliche Weg der Gesetzgebung heute begangen werden könnte. Diese Kritik wird vielleicht auch an mancher Bestimmung der neuesten Notverordnung geübt werden, — aber jener Teil, der die jetzt für V e r r a 1 von Ge schäfts- und Betriebsgeheimnissen be stehenden Strafen verschärfen will, greift eine Forderung Weiler industrieller Kreise aus, die leider nur allzusehr begründet ist. Muß doch die amtliche Erläuterung der Notverordnung selbst erklären, daß „die geltenden Straf vorschriften nicht ausreichen, um die deutsche Arbeit und Wirtschaft gegen Wirtschaftsspionage zu schützen" und daß daher „sofortige Abhilfe dringend geboten" sei. Und das ist leider richtig! Denn die — bekannt gewordenen — Fälle von Werksspionage haben in letzter Zeit nicht bloß der Zahl, sondern auch dem Umfang nach stark zugenommen. In ganz großem Maßstab haben wir sie erlebt, zähneknirschend durchleben müssen, als die „militärischen" Kontrollkommissionen der Entente den letzten Winkel Deutschlands durchstöberten und sich ihnen jedes Fabriktor öffnen mußte. Und solange das Rhein land besetzt war, blieb kein Geschäfts- oder Betriebs geheimnis vor der „Lurets", dem französischen Über wachungsdienst, sicher, der von Mainz aus seine Spionage fäden bis weit nach Deutschland hinein ausspinnen konnte. Dies diente natürlich in der Hauptsache wirtschafts politischen Zwecken. Hierzu traten dann aber Versuche von Werksspionage, die sich — wie vor kurzem ein großer der artiger Prozeß erwies — zum mindesten vor Gericht in das politische, nämlich das linksradikale Gewand hüllte und, wenn man so sagen darf, den Stoff dafür aus Mos kau bezogen oder, wie damals festgestellt wurde, von sehr viel näher her, nämlich aus der russischen Handels vertretung in Deutschland. Um ein Haar wären dabei Be triebsgeheimnisse der deutschen chemischen Industrie von allergrößter Wichtigkeit von den Werksspionen den Auf traggebern ausgeliesert worden. Das gut organisierte „Unternehmen" konnte erst im letzten Augenblick entdeckt und vor Gericht gebracht werden. Und nur darum konnte das Gericht diesmal auch Strafen verhängen! Sie waren nicht sehr erheblich, nicht etwa, weil die Straftat unerheblich war — ganz im Gegenteil: eines der volkswirtschaftlich bedeutsamsten Betriebsverfahren stand vor der Auslieferung durch Verrat —, sondern weil der Richter nach geltendem Recht nur eine Höchststrafe von — neun Monaten Gefängnis verhängen darf! Zudem ist weder die Vorbereitung eines solchen Verbrechens strafbar noch selbst der Versuch dazu! Nur die vollendete Tat verfällt der Strafe, wobei ja die eigentlichen Drahtzieher nie oder selten erwischt werden. Atan wird also verstehen, daß durch die Notverordnung diese Strafbestimmungen verschärft werden mutzten; denn sie waren nicht scharf und standen in einem grotesken Gegrnsatz zu den volkswirtschaftlich schwerstwiegenden Folgen, die eine gelungene Werksspionage herbeiführen konnte. Seitdem der Krieg das internationale Recht des Patentschutzes zertrümmerte und uns den Besitz zahlreicher deutscher Erfindungen raubte, verfährt man in der Welt überhaupt vielfach mit einer gewissen „Großzügigkeit" gegenüber fremdem geisti gem, wenn wirtschaftlich nutzbarem Eigentum. Anderer seits ist es ja nicht ganz unbekannt, wie z. B. Rußland mit ungeblichen oder wirklichen Werksspioncn zu verfahren pflegt! Offen sei auch zugegeben, daß heute die hochgestiegcne No> in Deutschland — abgesehen von den oben an- gedeuteien politischen Motiven — den Verführern zur Wirtschaftsspionage das Werk erleichtern, besonders dann uatürlich, wenn sie gar über erhebliche Mittel verfügen. Auch wenn die Spionageabwehr der deutschen Groß betriebe sich ganz außerordentlich verfeinert hat, übrigens so mancher Spionageversuch von den Arbeitern und An- ^steilten selbst aufgedeckt und verhindert wurde — die "chchrcgeudx Wirkung einer wirklich schweren Strafe mußte muzulreteu! Gewisse, früher geäußerte Bedenken gegen me,e Strafverschärfung können dann nicht zutreffen, wenn Man den „w j r t s ch a f t l i ch e n L a n d e s v e r r a t" Pak ten will, dessen Tatbestandsmerkmale in den meisten Fällen feststellbar sind. Verrat ist ein Verbrechen, bei dem bereits der Versuch bestraft wird! Davon unterscheidet sich -^-Usentlich, wenn z. B. irgendeine deutsche Fabrik die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse eines anderen deutschen Unternehmens ausspionieren läßt oder durch Verrat Kenntnis von ihnen erhält. Und schließlich bleibt das recht"«) überaus komplizierte Gebiet ganz außer halb, auf oem es sich um die Frage handelt, wie weit über haupt ""d Angestellter seine an früherer Arbeitsstätte erworbenen Kenntnisse nun an seinem neuen Wirkungsort straflos verwerten darf. „Amtsblatt" Wilsdrusf-Dresden Postscheck: Dresden !640 Freitag, den 11. März 1932 HjMnbliW Rede an dar deWe Volk Am Donnerstag abend hielt Hindenburg die ange kündigte Rundsunkansprache, in der er begründete, warum er die Kandidatur angenommen har. Er führte aus: Deutsche Männer und Frauen! Als vor sieben Jahren zum ersten Male die Frage an mich herantrar, mich für Deutschlands höchstes Amt zur Verfügung zu stellen, habe ich es absichtlich vermieden, vor parteimäßig aufgezogenen Versammlungen zu reden und habe deshalb nur einmal im Rundfunk vor dem ge samten deutschen Volkes gesprochen. Jetzt, wo mir zum zweiten Male die Präsidentschaft des Deutschen Reiches angetragen worden ist, wollte ich mich im Wahlkampf völlig zurückhalten. Der Verlaus desselben nötigt mich aber, aus meiner Zurückhaltung herauszutreten und im Rundfunk zu dem gesamten deutschen Volke zu sprechen; denn alle sollen es aus meinem Munde hören, warum ich die neue Kandidatur angenommen habe. Zugleich will ich durch diese Ansprache dartun, daß ich nicht gewillt bin, die in der letzten Zeit über mich ver breiteten Unwahrheiten unwidersprochen zu lassen. Eine politische Programmrede will ich also nicht halten, weil ich es nicht für nötig halte: Mein Leben und meine Lebens arbeit sagen Ihnen von meinem Streben und Wollen mehr, als es Worte tun können. Wenn ich mich nach ernster Prüfung entschlossen habe, mich zu einer Wiederwahl zur Verfügung zu stellen, so habe ich es nur getan in dem Gefühl, damit eine vater ländische Pflicht zu erfüllen. Hätte ich mich versagt, so bestand die Gefahr, daß bei der starken Parteizersplitte rung, insbesondere der Uneinigkeit der Rechten, im zwei ten Wahlgang entweder der Kandidat der radikalen Rechten oder ein solcher der radikalen Linken zum Präsidenten des Deutschen Reiches gewählt würde. Die Wahl eines Parieimannes, der Vertreter einer einseitigen und extremen politischen Anschauung sein und hierbei die Mehrheit des deutschen Volkes gegen sich haben würde, hätte aber unser Vaterland in schwere, nicht absehbare Er schütterungen versetzt. Das zu verhindern, gebot mir meine Pflicht. Ich war mir dabei wohl bewußt, daß diese meine Entschließung von einem Teil meiner alten Wähler, darunter leider manchem alten Kameraden, mißverstanden und ich deshalb angefeindet werden würde. Aber ich will lieber verkannt und persönlich angegriffen werden, als daß ich sehenden Auges unser Volk, das so viel Schweres in den letzten anderthalb Jahrzehnten getragen hat, in neue innere Kämpfe geraten lasse. Um Deutschland hiervor zu bewahren, um ihm eine Zeit der Ruhe zu geben, in der es die für unsere Zukunft so entscheidenden großen Fra gen im Innern und nach außen hin lösen soll, würde ich mein Amt im Falle meiner Wiederwahl weitersühren. Gewisse politische Kreise haben meinen Entschluß, wieder zu kandidieren, anders gedeutet. Auch sind Unrichtigkeiten, wenn nicht gar bewußte Lügen über mich im Umlaus. Dagegen wende ich mich nun. Es ist behauptet worden, ich hätte meine Kandidatur aus den Händen der Linken oder einer schwarz-roten Koalition entgegengenommen. Das ist salsch. Die Kandidatur ist mir aus allen Schichten und allen Kreisen des deutschen Volkes an getragen worden, sowohl von einem großen Teile meiner alten Wähler, als auch von solchen, die l925 ihre Stimmen anderen Bewerbern gegeben haben. Die ersten Ersuche an mich, wieder zu kandidieren, gingen von Gruppen der Rechten aus. Diesem Vorgehen schlossen sich andere Par teien und Verbände an. Ich selbst habe meine Zustimmung zu meiner Kandidatur erst dann gegeben, nachdem ich mich überzeugt halte, daß — unbeschadet der Parteizugehörig keit im einzelnen — in ganz Deutschland weite Schichten den Wunsch haben, daß ich weiter in meinem Amte bkeibc. Kandidat einer Partei oder einer Parleiengruppe zu sein, hätte ich abgelehni, ebenso wie ich Bedingungen und Verpflichtungen zurückgewiesen habe. Aber auf über parteilicher Grundlage der Kandidat des deutschen Volkes zu sein und als solcher denen entgegenzutreten, die nur Kandidat einer Partei sind, das hielt ich für meine vaterländische Pflicht. So werde ich, wenn ich nochmals gewählt werden sollte, nur Gott, meinem Gewissen und dem Vaterlande verpflichtet sein und als der Treu händer des ganzen deutschen Volkes meines Amtes walten können. Im Wahlkampf sind aus meiner bishergen Amtsfüh rung persönliche Angriffe gegen mich gerichtet worden. Ich greife die schwerwiegendsten heraus; das Urteil über das mir zugefügte Unrecht überlasse ich jedem einzelnen: Es kommt nur und mit dringender Notwendigkeit darauf an, möglichst zu verhindern, daß Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die oft deutsche volkswirtschaftliche Vermögenswerte von größter Bedeutung darstellen, durch wirtschaftlichen Landesverrat dem Ausland nutz bar gemacht werden. In erster Linie wird mir die Unterzeichnung des Uoung-Plans vorgehalten, durch die ich mich in einem offenen Gegensatz zu der sogenannten Rationalen Front gesetzt hätte. Die Unterschrift ist mir wahrlich nicht leicht geworden, aber ich habe sie gegeben in der Überzeugung, daß auch diese Etappe notwendig war, um zu unserer nationalen Freiheit zu gelangen, und ich glaube, ich habe recht gehandelt. Das Rheinland ist frei, die fremden Aufsichts behörden sind verschwunden, der Äsung-Plan mit seinen Voraussetzungen ist durch die tatsächliche Entwicklung bereits überholt. Ich glaube nicht, daß wir bei allen Schwierigkeiten der außenpolitischen Lage heute so weit wären, wenn ich damals dem Rat, nicht zu unterschreiben, gesolgt wäre. Ein weiterer Vorwnrf, der in der Agitation gegen mich eine Rolle spielt, ist der, daß ich die Notverordnungen unterschrieben habe. Ich Weitz Wohl, datz ich durch ihren Erlatz dem deutschen Volke schwere Lasten zugemutet und mich der persönlichen Kritik sehr ausgesetzt habe. Wir standen im letzten Sommer vor der Frage, ob wir durch politische Unterwerfung unterdas Ausland uns finan zielle Erleichterungen erkaufen oder durch eigene Kraft nnd schwere Opser uns als Nation selbst behaupten wollten. Ich habe nicht gezögert, mich für den letzteren Weg zu entscheiden. Da der eigentliche Gesetzgeber, der Reichstag, versagte und nicht imstande war, auf dem normalen Wege der Gesetzgebung Vie erforderlichen Matznahmen zur Beseiti gung unmittelbarer Gefahren für Wirtschaft, Staats finanzen und Währung zu treffen, mutzte i ch einspringeu und im Rahmen der mir durch die Retchsversassung ge gebenen außerordentlichen Befugnisse selbst handeln. Ich habe hierbei an den guten alten militärischen Grund satz gedacht, daß ein Fehlgreifen in der Wahl der Mittel nicht so schlimm ist als das Unterlassen jeglichen Handelns. Es ist durchaus begreiflich, datz über einzelne der ge troffenen Matznahmen Meinungsverschiedenheiten be stehen, und ich habe mich oft nur schweren Herzens zu einzelnen dieser Not verordnungen entschließen können. Ich selbst bin der Ansicht, datz manche der Matznahmen, die in schwieriger, schwer übersehbarer Situation eiligst getroffen werden mutzten, verbesserungsfähig sind. Ich glaube auch nicht, datz all die Belastungen, die sie enthalten, aus die Dauer aufrechlerhalten werden können. Im Gegenteil hoffe ich, datz manche Bestim mungen bald aufgehoben oder durch andere Regelung ersetzt werden können. Keiner der Kritiker kann mir zum mindesten das Motiv Heitzester Vaterlandsliebe und stärksten Willens für Deutschlands Freiheit als Grundlage meines Wollens ab sprechen, und selbst die lautesten Rufer im Streit gegen das sogenannte „S v st e m" werden zugeben müssen, datz ich bei diesen schweren Entscheidungen frei von jeder Bin dung, ans eigenster, persönlicher Verantwortung ge handelt habe. Noch stehen wir mitten im Kampf. Die Entscheidungen auf dem Felde der Außenpolitik stehen noch bevor; wichtige Aufgaben im Innern, insbe sondere die Linderung der furchtbaren Arbeitslosig keit, harren der Lösung. Das große Ziel können wir aber nur erreichen, wenn wir uns zu einer wahren Volks gemeinschaft zusammenfinden Ich kann nicht glauben, daß Deutschland in inneren Hader und im Bürgerkrieg versinken soll, wo es gilt, im Ringen um die Freiheit und Geltung der Deutschen Nation zufammenzustehen. Ich erinnere an den Geist von 1914 und an die Frontgesinnung, die nach dem Manne fragte und nicht nach dem Stande oder der Partei. Wie einst im Kriege die Not des Vaterlandes alles Trennende auf hob und die Massen des Volkes — gleich, ob sie der Ar beiterschaft, dem Landvolk oder dem Bürgertum angehör ten — in gleicher Weise hingebungsvoll ihre Pflicht getan haben, so gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß Deutsch land sich zu einer neuen E i n i g k e i t im Gedanken an das Vaterland zusammenfindet. Wer mich nicht wählen will, der unterlasse es. Ebenso werde ich aber niemanden zurückstoßen, der die Einheit des Deutschen Reiches in meiner Person finden will. Die Verantwortung, die mich aushalten ließ im Kriege, bis ich das Heer in die Heimat zurückgeführt hatte, die Ver antwortung, die mir als Reichspräsident alle die entschei denden Entschlüsse abrang, diese Verantwortung vor meinem Gewissen zwingt mich, auch jetzt auszuharren und dem deutschen Volke in Trene zn dienen. Hierfür meine letzte Kraft herzugcbcn, habe ich mich erneut zur Verfügung gestellt. Das ist Sinn und Ziel meiner Kandidatur!