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Lion ckerLsube rum Luitomnibus Lustsport ist not. Wieder findet in den großen Ausstellungshallen Berlins am Kaiserdamm eine Ausstellung statt. Sie kann den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, vielleicht die eigen- unigste Ausstellung zu sein, die diese Hallen bisher ge sehen haben. Eine Lustsporiausstellüng, die ihrerseits wieder sich als die größte Ausstellung dieser Art bezeichnen kann. Um es gleich zu sagen: sie bringt nicht nur eine Darstellung des Luftsportes der Vergangen heit und der Gegenwart, sondern sie weist auch in die Zukunft; sie zeigt, auf welchen Bahnen, wenn man so sagen darf, diese Entwicklung in der Zukunft vor sich gehen wird. Was dort gezeigt wird, ist sern jeder Phan tastik; überhaupt ist ja jetzt auf dem Gebiete der Luftfahrt und des Fliegerwcscns nichts mehr phantastisch, nichts mehr unmöglich. Man steht hier zum erstenmal, welch großen Umfang auch die deutsche Flugzeugindustrie hat annehmen können, der man ja bis 1925 die Flügel so gut wie gekappt hatte. Allerdittzzs sind es nur sechs bis acht Werke; aber diese Werke haben durch ihre Leistungen Weltruf und Weltruhm erobert. Gezeigt werden zunächst einmal schnittige Fahrt flugzeuge, namentlich Zweisitzer, man erfährt zu feinem Erstaunen, daß manches Auto teurer ist als solch ein Auto der Luft. Nings in den Kojen stellt die Industrie die zahlreichen Tinge aus, die zu einem modernen Flugzeug gehören. Über dem Eingang der nächsten Halle stcht-die bezeichnende Inschrift: „Vergangenheit und Zukunft". Da findet man die alten guten Rumplertauben wieder, mit denen wir 1914 in den Krieg zogen. Daneben steht auch der Albatros-Zweidecker, der unser hauptsächlichstes Militär-Jagdflugzeug gewesen ist. Da sieht man das Flugzeug der Gebr. Wright mit ihren fchier zahllosen Verstrebungen und Spann- und Steuer drähten. Da findet man in zahllosen Photographien dar aestellt die Entwicklung des Zeppelins, des Schütte- Lanz', des Parsevals und manchen Luftschiffes, von dem heute nur noch das Hörensagen übriggeblieben ist. Die nächste Halle, vom Ring der Flieger hergerichtet, zeigt die zweite Seite des modernen Luftsports, nämlich die Segelfliegerei. Wir sehen die Jungens, die fo eifrig in der Rhön oder in der kurischen Nehrung ihre Segelflugzeuge steuern, nun bei der Arbeit, der Herstellung eines solchen Flug zeuges; denn sie haben ja zu wenig Mittel, um die nun schon aus ihren Anfängen herausgekommene Industrie dieses Luftsportzweiges wirklich ausnützen zu können. Weiter geht es in die Halle, die den Ballonsport zeigt, der übrigens insofern in seiner neuesten Form dar- I gestellt wird, als sich auf der Ausstellung auch ein Modell der Piccard-Gondel mit dem dazugehörigen Luft ballon vorfindet. Weiter gewinnt man die lebendigste An schauung über die Organisation des deutschen Flugdienstes mit seinen zahllosen Sicherungen, mit seinen genauen Flugvorschristen, die ja das Flugzeug schon längst zu einem Luftauto gemacht hat, um nicht geradezu Luft omnibus zu sagen. Mitten darunter steht auch das nette kleine Flugzeug, mit dem Elli Beinhorn fast ganz um die Welt herumgeflogen ist. Nur eins vermißt man in dieser Ausstellung, vermißt es in Trauer. Würde irgendein anderes Land eine solche Ausstellung veranstalten, dann würde einen bedeutenden Raum die Darstellung der Militärfliegerei einnehmen. Bei uns in Deutschland ist sie ja v er b o te n. Und diese Lücke wird leider nur unvollkommen ausgefüllt durch eine reichhaltige Sammlung von Photogra phien der Flugzeuge und der Persönlichkeiten unserer Flieger im Weltkriege. Man hofft, daß fpäter einmal diese Lücke nicht nur durch Photographien, sondern durch richtige Kampfflugzeuge wird ausgefüllt werden können. Alles in allem: Diese Ausstellung ist wirklich sehens wert und gibt auch dem Laien ein vortreffliches Bild über den Stand der Luftschiffahrt. Das Wochenendamphibium auf der „Dela". Die Seitenansicht des Wochenendamphibiums, einem Flugzeug, das speziell für den Ausflug aufs Land konstruiert ist. Mit ihm soll man keinen Flugplatz anzu steuern brauchen, sondern auf jedem Gelände landen können. Auch aus dem Wasser kann man mit Hilfe von Schwimmern landen, aus sumpfigem und moorigem Gelände mit Hilfe von Raupenketten. Die Tragflächen sind schräg angeordnet. Durch die vielen Zusatzeinrichtungen wird die Maschine so schwer, daß man zum Start aus dem Wasser, der infolge der Saugkraft höhere Kräfte als der vom Lande erfordert, einer Flüssigkeitsrakete zur Unterstützung der Wirkung der zwei vorgesehenen Motoren benötigt. Anhali siaggi zum GeSurisiag Hindenburgs. Das änhaltische Staatsministerium verbreitet folgende Mitteilung: „Es trifft nicht zu, daß di anhaltische Staats regierung das Beflaggen von Dienstgebäuden oder die Abhaltung von Schulfeiern zum 85. Geburtstag des Herrn Reichspräsidenten verboten hätte. Die Reichsregierung hat den Länderregierungen mitgeteilt, daß Reichsprä sident von Hindenburg von der Abhaltung besonderer amtlicher Feiern abzusehen bitte. Gleichwohl hat die Reichsregierung die Abhaltung von Schulfeiern und die Beflaggung der Dienstgebäude vorgeschlagen. In Über einstimmung mit dem Wunsch des Reichspräsidenten hat der anhaltische Ministerpräsident geglaubt, nichts veran lassen zu sollen. Da jedoch die Möglichkeit besteht, daß diese Stellungnahme zu Weiterungen gegenüber dem Lande Anhalt führen könnte, hat der anhaltische Minister präsident sich entschlossen, um Auswirkungen zuungunsten des Landes zu verhüten, dem Wunsche der Neichs- regierung Rechnung zu tragen." Eine Hindenburg-Postkarte, die von der Deutschen Reichspost anläßlich des 85. Geburts tages des Reichspräsidenten herausgegebcn wird. Elf Schulmädchen gehen zu Sindenvmg. Sie beantragen „schulfrei" und setzen's durch. Diese wahre Geschichte ist in Berlin passiert! Hindenburgs Geburtstag steht auf der Tagesordnung, und selbstverständlich feiern auch die Schulen, nur daß i n Berlin die Schulfeiern vorverlegt werden mußten, weil inzwischen die Herbstferien angefangen haben. Die Ber liner Berufs-, Fach- und Handelsschulen hatten aber merk würdigerweise nicht „frei bekommen" für die Hindenburg- Feier. Während alle anderen Schulen schon Donnerstag den Betrieb eingestellt haben, sollten z. B. die Schülerinnen einer Handelsschule in der Berliner City noch am Freitag Schule haben, bis 14 Uhr! Die Mädchen — Ver zeihung: „jungen Damen", denn es handelt sich um Schülerinnen von 14 bis über 16 — wollten das aber nicht glauben und fragten die Turnlehrerin, ob es denn wirk lich wahr sei. „Was wollt ihr von mir?" sagte die Turn lehrerin. „Beschwert euch doch bei Hindenburg!" Solches geschah zwischen 8 und 9 Uhr morgens am Donnerstag. Als dann um 9 Uhr die zweite Schulstunde eingeläutet wurde, fehlten in der Klasse 18, wo gerade Buchführung geübt werden sollte, von dreißig Vierzehn jährigen nicht weniger als elf! Der Buchführungs lehrer war außer sich. „Wo sind denn die anderen?" fragte er. — „Die sind zu Hindenburg gegangen!"- lautete die Antwort. Sie waren tatsächlich zu Hinden burg gegangen, um sich zu beschweren. Da der Reichspräsident aber nicht zu Hause war, weil er in der Schorfheide zur Jagd weilte, wurden die elf Protestlerinnen, die einen großen Blumenstrauß mitgebracht hatten, vom Ministerialdirigenten Dr. Döhle empfangen. Sie trirgen ihre „Beschwerde" vor und er klärten, daß sie am Freitag einen „Freitag" haben wollten. Dr. Döhle versprach, sein Bestes zu tun und nahm den großen Blumenstrauß in Verwahrung, worauf die Elf getröstet und hoffnungsvoll in die Schule zurückkehrten. Und eine Stunde später geschah es, daß der Rektor der Handelsschule zuerst vom Büro des Reichspräsidenten und bald darauf noch einmal vom Handelsmini. sterium angerufen wurde und die Weisung erhielt, am Freitag eine Hindenburg-Feier stattfinden, im übrigen aber den Unterricht ausfallen zu lassen! Und selbstver ständlich galt das nun auch für alle anderen Berliner Handels- und Fortbildungsschulen. Man muß nur sofort an die richtige Stelle gehen, wenn man etwas durch setzen will! vorsorgliche Kündigung preußischer Staatsangestellter. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mittcilt, ist am 1. Oktober den Staatsangestelltcn in den preußischem Ministerien für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft. Domänen und Forsten und für Volkswohlfahrt, die einen längeren Kündigungsschutz genießen, zum jeweiligem nächsten Kündigungstermin vorsorglich gekündigt worden. Diese Maßnahme ist im Nähmen der Vorberatungen füv die bereits angekündigte Neuorganisation und Verein- fachung der preußischen Zcntralmstanz notwendig ge worden. Es wird dabei mit allem Nachdruck dafür gesorgt werden, daß möglichst alle jetzt vorsorglich ge kündigten Angestellten weiterhin im preußischen Staats dienst verwendet werden. Wie von amtlicher preußischer Seite wiederholt betont worden ist, sollen sich die Verwaltungsreformmatznahmen in Preußen nicht nur auf die Kommunalverwaltung sowie auf die untere und mittlere Instanz der staatlichen Ver waltung erstrecken. Es soll vielmehr Hand in Hand mit den übrigen Maßnahmen auch eine Reform der Zentral instanz erfolgen. Reformmöglichkeiten in der Zentral instanz, d. h. bei den Ministerien, sind bereits seit einiger Zeit Gegenstand eingehender Prüfung durch die zu ständigen Stellen. Bestimmte Ergebnisse hat diese Prüfung bisher noch nicht gezeitigt. Eine wichtige Rolle spielte die Frage, inwieweit Reformmaßnahmen bei den preußischen Ministerien zweckmäßiger mit einer Reichsreform zu verbinden wären, d. h. ob bestimmte Verwaltungsausgaben Reichs-, «MÄWÄergeiM Fortsetzung.) Wenn Szengeryi vor seinen Hörern sprach, war es die alte flammende Begeisterung, die ihn erfüllte und die die andern mit sich riß. Sobald er aber über die Schwelle seines Heimes trat, fiel die Trostlosigkeit wie mit Keulenhieben über ihn herein. Um all den Flitter seiner Würden, Titel, Ehren hatte er das Leben seines Weibes hingeworfen. Rosmarie! Ihr Bild, das Bild, das die Zeitungen damals gebracht hatten, stand jetzt auf seinem Arbeitstisch. Alle anderen Pho tos hatten gefehlt, und Aga konnte nicht umhin und mußte gestehen, was die junge Frau damit gemacht hatte. Stundenlang konnte er vor dem Bild sitzen, den Kopf weit hintenüber geneigt, die geliebten Züge betrachtend. Wenn er abends die Augen schloß, verfolgten sie ihn noch in seine Träume hinüber, die wirr und abgerissen die endlos langen Nächte durchirrten. Ihre Stimme schmeichelte sich in sein Ohr, ihr Mund an seine Lippen. „Bela — wie kann man so Über die Maßen glücklich sein!" Dann stöhnte er auf: „Und so über die Maßen unglücklich, Rosmarie!" Török kam immer seltener. Die beiden Männer wußten sich nichts mehr zu sagen, nicht das geringste. Sie trugen ein und dasselbe Leid und wagten kaum den Finger daran zu legen, damit die Wunde nicht wieder bluten sollte, die Wunde, die doch niemals vernarben konnte. An Horvath dachte Szengeryi nur selten und dann ganz flüchtig, als ob er nicht in dessen Schuld stünde, da er doch Mosmaries Leben hatte retten wollen. Für das alles gab er nichts. Sie war tot. Daß der Freund gegangen war, schmerzte ihn kaum. Das Leid um die geliebte Frau ver schlang jedes andere, das nicht mit solchen Niesenfäusten an ! einem Herzen trommelte, wie die Sehnsucht nach ihr. Er mußte sich erst entsinnen, als ihm eines Wintertages eine Dame gemeldet wurde, auf deren Karte er: „Rasa Bosanyi" las. Rasa Bosanyi? Er ging ihr die Hälfte des Zimmers entgegen, sah unter schwarzen Schleiern ein schmales, durch geistigtes Gesicht, das in dem seinen suchte, als ob es ein ganz anderes sei, als das, das in ihrer Erinnerung lebte. „Komme ich dir ungelegen, Bela? Ich ertrug es nicht mehr." Sie taumelte in den Stuhl, den er ihr zuschob und faltete die Hände im Schoß. „Mater Dolorosa!" so durchfuhr es ihn. Irgendwo hatte er einmal dieses Bild gesehen. Genau so, wie dieses junge Weib hier vor ihm saß, haftete es in seinem Gedächtnis. „Kann ich dir irgendwie behilflich sein, Rasa?" fragte er. „Du siehst, ich bin nur noch ein halber Mensch, aber ich habe Verbindungen." Er hielt inne und sah auf den gesenkten Kopf, um den die Lichter des Abends spielten. „Vielleicht hast du Vertrauen zu mir." Sie suchte nach Atem. „Ich komme nicht darüber hinweg." Szengeryi mußte sich erst besinnen, was sie meinte. Er wußte, daß sie Horvath geliebt hatte. Trotzdem fand er kein Wort des Trostes. Er war ganz ausgesogen vom eigenen Leid. „Vom Gericht wurde mir sein Testament zugeschickt," er zählte sie tonlos. „Das Kind ist Erbe." „Das Kind?" Szengeryi ging durch Labyrinthe. „Ich weiß nicht, welches Kind hu meinst?" „Das seine." Er schüttelte den Kopf. „Ich wußte gar nicht, daß er ge heiratet hat. Es muß während meiner Abwesenheit geschehen sein. Wer ist seine Witwe?" „Ich." Szengeryi schlug sich an die Schläfen, schloß die Lider und ließ das Rot der scheidenden Sonne darauf brennen. Flammenbündel schoßen über ihn hinweg. Dann wurde alles zu weißem, tanzendem Nebel, der ihn nach einer Stütze zu greifen hieß. „Wer hat euch getraut?" „Niemand, Bela." Das Mädchen klammerte die Hände in einander und sah in die Ferne. „Vater verwehrte mir seinen Segen und fliehen wollte ich nicht! Heute würde ich es tun — alles würde ich tun, was er von mir verlangt. Aber die Toten haben keine Wünsche mehr." Szenaeryis Gesicht war vollkommen weiß. „Wenn es dich tröstet, Raja, daß ich dieselbe Qual erleide wie du —" Ihre Rechte hob sich abwehrend. „Ich will keinen Trost, wie ich auch kein Vergessen möchte.' Das Erinnern ist das einzige, das mir keiner nehmen kann. Ich möchte dich nur um die Adresse eines Anwalts bitten, um Guidos letzten Willen auszuführen. Er hat bestimmt, daß der Knabe seinen Namen trägt. Von den Zinsen des Geldes soll sein Unterhalt bestritten werden und später seine Erziehung. Bis zum zwölften Lebensjahre daist er bei mir bleiben." „Und dein Vater?" Szengeryi hielt den Kopf zurück gelehnt und horchte auf das Knistern der Scheite, die im Kamin verkohlten. „Er weiß jetzt alles. Bis heute hat er die Ruhe des Toten mit keinem häßlichen Wort gestört." „Wir bereuen immer erst, wenn es zu spät ist." Raja unterdrückte mit Gewalt das Weinen, das ihr in der Kehle saß. Er bat sie, sein Gast zu sein, solange sie in Wien zu weilen gedenke, klingelte nach Aga, die Török ihm über lassen hatte, damit er doch wenigstens einen mitfühlenden Menschen um sich wußte und drückte die Hände vor das Ge sicht, als die Türe hinter Aga ins Schloß gefallen war. „Heute nacht, lieber Schatz, wenn die Sterne am Himmel steh'n, dann muß ich fort. -." Die Fenster mußten für einen Spalt offen gestanden haben, denn das Lied klang eben von der Straße herauf, wo eins Iugendgruppe vorüberzog. , Szengeryi sprang hinzu und stieß sie in die Riegel, daß di» Scheiben klirrten. „Morgen früh, lieber Schatz. ." Aga fand, als sie eine Viertelstunde später wieder eintrat, ihren jungen Professor mit über den Schreibtisch geworfenen Armen, auf denen die schmalen Schultern zuckten. „Warum schreit man nach einem Menschen erst, wenn er nicht mehr erreichbar war? Von den Toten kommt keiner wieder." (Fortsetzung MM