Volltext Seite (XML)
MMusserTageblatl Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Vor .Wilsdruffer Tagrdlatt' ericheinl -n allen Werktagen nachmittag« 8 Uhr. Bezng»preis rnonatüch 2,— RW Ikki Hau-, de, Poffbestellung 1,8Ü 2iM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern w Rpjg, Alle Postanstalle», Post^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend LAWLER l^a..e höherer Ffrxxa oder sonstiger Be- Medsstürungen besteht Lein Anjpruck aus Liesermia der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. - RLckienduno erngesandrer Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto bewegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Maurnzeile 20 Mpfg., die 4gespaltrne Zeile der amtlichen Bekanntmachungen4V N^ich«. -Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeilr im textlichen Teile 1 AMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennigr. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisvorm.10Uhr. ' Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Aodattanipruch erUscht, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadlrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 90 — 91. Jahrgang Trlegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 18. April 1932 Antreten zur Polonäse Nun beginnt eine neue „Tour" in der Polonäse, die in Genf unter der Bezeichnung „Weltkonferenz" getanzt wird. Es geht dabei natürlich furchtbar vornehm zu und, um mit Shakespeare zu reden: „Sie lispeln wie die Engel, wenn sie lügen". Tardieu möchte ja dabei am liebsten Führer der Polonäse sein und die Musik dirigieren. In sattsam verzwickten Schlangenbewegungen dreht und schlingt sich diese Polonaise durcheinander, der eine oder andere Teilnehmer springt einmal aus der Reihe heraus oder will sich den Anordnungen des schon ganz ungeduldig gewordenen „Maitre" Tardieu gar nicht fügen. ZweineuePersönlichkeiten sind jetzt dabei, von denex die eine, Dr. Brüning, allerdings schon einmal für ein paar Stunden bei der ersten „Tour" mitgetanzt hat. Anders der zweite „Neuling" auf dem Genfer Par kett, Staatssekretär Stimson, Hoovers langjähriger außenpolitischer Mitarbeiter. Im vergangenen Sommer- Hat er einen — vergeblich gebliebenen — Europa-„Tripp" gemacht, nm gegen die Franzosen vom Hoover-Freijahr zu retten, ivas etwa noch zu retten war. Auch in Berlin beim Reichskanzler ist er gewesen, zur gleichen Zeit, als MacDonald und sein damaliger Außenminister Hender son Dr. Brüning besuchten. Allerdings war Amerika im vergangenen Sommer noch eine Macht, von der man annahm, sie sei von der Weltwirtschaftskrise zwar er schüttert, aber nicht wesentlich zermürbt worden. In zwischen sind die Bereinigten Staaten mit vollster Wucht von der Krise gepackt worden, sind in schwerste finanzielle Nöte geraten, und blieben alle Anstrengungen, sich selbst zu helfen, vergeblich. Stimson hat dabei den allerdings etwas mageren Trost, daß man auch in Frankreich aus „mil lionenfachen" Gründen das Andenken Ivar Kreugers nicht gerade feiert. Die Beziehungen zwischen Paris und Washington haben sich unter den Sturmstößen der fran zösischen Angriffe auf den Dollar auch nicht gerade er wärmt. Offiziell heißt's ja: „über Thema darf nicht ge sprochen werden." Über das Thema der deutschen Tribute und der interalliierten Kriegsschulden an Amerika nämlich. Aber wenn sich die Vertreter Deutschlands, Englands, Italiens, Frankreichs und Amerikas zu einem Sondertänzchen in ein wohlverschlossenes Nebenzimmer begeben haben und sich, wie schon immer wieder angekün digt ist, dort auch zu einem politischen Ballgeflüster über „das Thema" niederlassen, wird Herr Stimson sich kaum schamhaft die Ohren zuhalten. Denn daß die Kriegs schuldenfrage von Amerika unmittelbar mit der Ab rüstungsfrage zusammengekettet wurde, ein amerikanisches Entgegenkommen abhängig gemacht wird von einer ver nünftigen und entschiedenen Abrüstung Europas, hat Hoover selbst oft genug betont. Der kräftige Vorstoß des Gesandten Gibson wies auch deutlich nach dieser Richtung, unterstrichen auch noch von dem Hinweis, vatz die viel gepriesene „Heiligkeit der Verträge" nicht bloß ein Aufrechterhalten der deutschen Tributpflicht bedeuten und verlangen dürfe, sondern auch die Ausführung des Abrüstungsversprechens im Versailler Vertrag. Und z. B. auch die Erfüllung des französischen Kriegsschuldenver trages mit Amerika, — woraufhin Herr Tardieu aufgeregt diesem Teilnehmer an der Genfer Polonäse ziemlich grob kam! Solche „Scherze" werden sich ja jetzt kaum wieder holen, weil man zur Haupttour der Polonäse angetreten ist. Dr. Brüning wird zu einem Tanz gezwungen sein, bei dem ihm nicht allzuviel Bewegungsfreiheit bleibt. Außerdem brütet im Genfer Ballsaal eine für uns Deutsche keineswegs angenehme Atmosphäre: sie ist allzu stark mit französischen Gerüchen durchsetzt, die alles andere als Wohlgerüche sind. Herrn Stimson versuchte man bei seinem Pariser Besuch natürlich auch gleich entsprechend zu „parfümieren". Allerdings soll er dabei stark abgewehrt haben; Europa solle gesälligst erst Wal den eigenen Laden selbst in Ordnung bringen und Amerika — hier merkt man schon die französische Beein flussung oder zum mindesten den Wunsch dazu — werde sich in Genf vor allem den Fragen der Seeabrüstung widmen, die der Landabrüstung aber nur „beobachten". Der beschränkte, ganz undiplomatisch denkende Unter tanenverstand wird freilich ganz erstaunt fragen, ob wirk lich nur deswegen Herr Stimson die weite Reise über den Ozean gemacht hat! Und auch noch in einem für Amerika und besonders für Hoover wirtschaftlich-finanziell recht kritischen Zeitpunkt! Man darf also vom besagten Unter tanenverstand doch nicht allzuviel — Beschränktheit ver langen! Draußen aber an den Fenstern des Genfer Tanzsaales drängen sich die von Not zerquälten Völker und müssen nun zusehen, wie ihre Diplomaten, wie die Lenker ihres Schicksals zur „Polonäse" antreten, die hoffentlich nicht — wit einer Rauferei enden wird. Fünftägige Arbeitswoche in USA.? Präsiden: Hoover hat zur Linderung der Arbeits- wsigkeit die allgemeine Einführung der fünftägigen -Arbeitswoche vorgefchlagen nnd dem Amerikanischen Kongreß empfohlen, mit der Beamtenschaft den An- Wng zu machen, wobei gleichzeitig eine Ersparnis von berwaltungskosten bezweckt wird. Zer MMM i« SsW gescheitert Das sächsische Volksbegehren auf Auflösung des Land tages ist erfolglos geblieben. Es fehlen an der erforder lichen Wahlbeteiligung, die die Hälfte der Stimmberech tigten hätte betragen müssen, 439 770 Stimmen. Im einzelnen ist das zahlenmäßige Ergebnis folgendes: Stimmberechtigte: 3 664 047 Wahlbeteiligung: l 392 254 Ja-Stimmen: 1318 042 Nein-Stimmen: 53 442 Ungültige Stimmen: 20 770 An dem Volksentscheid beteiligten sich die National sozialisten, Deutschnationalen und die Kommunisten. Die Wahlhandlung ist nach den bis jetzt vorliegenden Mel dungen im ganzen Lande ohne Störung verlausen. Bei dem Volksbegehren, das diesem Volksentscheid voranging, hatten sich insgesamt 733 558 Stimmberechtigte eingetragen, während 351136 Eintragungen nur erforder lich waren. Von den Eintragungen entfielen auf den Wahl kreis Dresden-Bautzen 237 197, Leipzig 127 603 und Chemnitz-Zwickau 368 758. Wahlkreis Dresden-Vautzen. Stimmberechtigte: 1363 727, Wahlbeteiligung: 435 959, Ja-Stimmen: 414 099, Nein-Stimmen: 15 858, Ung.: 6002. Wahlkreis Leipzig. Stimmberechtigte: 967 929, Wahlbeteiligung: 307 016, Ja-Stimmen: 290 406, Nein-Stimmen: 11735, Ung. 4875. Wahlkreis Lhemnitz-ZwiSau. Stimmberechtigte: 1 332 391, Wahlbeteiligung: 649 279, Ja-Stimmen: 613 537, Nein-Stimmen: 25 849, Ung. 9893. Vergleichszahlen von den Reichspräsidenlen-Wahlen. Zum Vergleich mit den Ergebnissen des Volks entscheides geben wir nachstehend die in den drei sächsischen Wahlkreisen bei den Reichspräsidemenwahlen vom 13. März 1932 und — nach dem soeben eingetroffenen amt lichen Zählungsergebnis — vom 10. April 1932 auf die einzelnen Kandidaten entfallenen Stimmen. Wahlkreis Dresden-Bautzen. 13. März: Duesterberg 77410, Hindenburg 625853, Hitler 342 947, Thälmann 148 409. 10. April: Hindenburg 640839, Hitler 434959, Thäl mann 110 496. Wahlkreis Leipzig. 13. März: Duesterberg 36647, Hindenburg 454544, Hitler 237 362, Thälmann 144 383. 10. April: Hindenburg 448892, Hitler 296311, Thäl mann 122 038. Wahlkreis Chemnitz-Zwickau. 13. März: Duesterberg 55653, Hindenburg 410335, Hitler 478 882, Thälmann 236175. 10. April: Hindenburg 445023, Hitler 557467, Thäl mann 177 646. Ginzelergebniffe. (Reihenfolge der Zahlen: Wahlberechtigte, Wahlbe teiligung, Jastimmen, Neinstimmen. (Die evtl, verbleibende Differenzzahl sind ungültige Stimmen.) Dresden: 504 373, 136 203, 132 132, 3041. (10. April: Hin denburg 246 436, Hitler 144 080, Thälmann 35 902.) Leipzig: 534 669, 131 859, 127 096, 3576. (10. April: Hinden bürg 263 345, Hitler 138 439, Thälmann 71 227.) Chemnitz: 254 923, 115 279, 110 208, 4013. (10. April: Hin denburg 94 780, Hitler 94 841, Thälmann 34 307.) Plauen: 81689, 44 587, 42 619, 1463. (10. April: Hinden bürg 19 260, Hitler 40 309, Thälmann 10 925.) * Adorf (Vogtland): 5259, 2834, 2671, 120. Annaberg: 13 698, 7706, 7224, 296. Aue (Sachsen): 18 036, 7435, 7161, 177. Auerbach (Vogtland): 13 935, 8884, 8435, 285. Bad Schandau: 2332, 1127, 1054, 49. Bautzen: 27 095, 10 417, 9974, 326. Bautzen (Land): 72 869, 28 870, 26 680, 1656. Bischofswerda: 6590, 2790, 2629, 135. Borna: 7421, 2584, 2472, 80. Döbeln: 16 181, 5448, 5134, 314. Dresden (Amtshauptm.) 104 438, 33 998, 31 968, !378. Freiberg: 25 592, 12 338, 11 900, 438. Freiberg (Land): 35 084, 15 797, 14 824, 685. Freital: 27 050, 5863, 5534, 242. Großenhain: 9203, 3920, 3799, 88. Großenhain (Amtshauptm.): 38 611, 17 434, 16 366, 771. Hohenstein-Ernstthal: 12147, 6394, 6166, 174. Kamenz: 7644, 2512, 2417, 61. Klingenthal (Stadt): 4463, 2825, 2615, 140. Klingenthal (Bezirk): 13 248, 8393, 7761, 411. Leisnig: 13 295, 5749, 5439, 172. Lugau (Erzgebirge): 7419, 3261, 3107, 100. Markneukirchen: 6258, 4767, 4560, 133. Meerane: 18 377, 5753, 5511, 173. Meißen: 33 756, 9869, 9439, 286. Meißen (Land): 62 277, 25 859, 23 903, 1418. Mittweida (Stadt und Land): 25 202, 12 3S7, 11 640, ISS. Neustadt: 3587, 1391, 1305, 75. Slsnitz (Erzgebirge): 12 290, 6353, 6101, 252. Slsnitz (Vogtland): 11 726, 6446, 6014, 260. Pirna: 22 756, 7674, 7267, 283. Pirna (Land): 85 031, 31510, 29 447, 1517. Radeberg: 11 190, 4008, 3869, 93. Riesa: 18 258, 3792, 3672, 85. Schwarzenberg: 7957, 5190, 4861, 202. Schwarzenberg (Amtsh.): 79 696, 45 319, 41 802, 2347. Sebnitz: 8029, 1597, 1533, 53. Stolpen: 1255, 405, 387, 14. Tharandt: 2776, 1233, 1120, 66. Wilsdruff: 878, 216, 206, 6. Wurzen: 13 355, 5288, 5035, 152. Zittau: 28 624, 6878, 6600, 219. Zwickau: 61 140, 21711, 20 818, 6^1. Die erste« BLätterstimmeu. Dresden, 18. April. Zu dem Ausgang des Volksent scheids auf Auflösung des sächsischen Landtages liegen vorläu fig nur die Stellungnahmen der beiden Dresdner Frühblätter vor. Die „Dresdner Nachrichten" weisen unter der Ueberschrift „Lehren und Folgerungen" zunächst daraus hin, daß gegenüber den 20.5 v. H. der Eintragungen zum Volksbe gehren die Zahl der abgegebenen fta-Stimmen auf 30 v. H. angewachsen ist. Es habe sich nun deutlich gezeigt, daß zwischen Persönlichkeits- und Parlamentswahlen sowie der Abstimmung über eine Gesetzesvorlage ein großer Unterschied bestehe. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe aber auch das Fernbleiben der Kommunisten von einer Aktion, die sie selbst erst in die Wege geleitet hätten. Die kommunistischen Wähler schienen aber nicht an einen Erfolg der Abstimmung geglaubt zu haben und seien deshalb entgegen den Weisungen ihrer Parteileitungen der Wahlurne ferngeblieben. Das Blatt schreibt unter anderem: „Wenn bei der Frage der Fürstenenteignung, die mit ihrer auf Neidgefühle abgestellten Forderung große Massen der Linken herauslockte, nur 35 v. H. der Wahlberechtigten mobilisiert wer den konnten, so nehmen sich daneben die gestrigen 36 v. H. für die nüchterne Forderung nach Landtagsauflösung recht stattlich aus" und schließt: „Politisch bedeutungsvoller ist der Umstand, daß es mit diesem Ergebnis für die nächste Zeit unmöglich ge macht wird, von Sachsen aus eine Kampfstellung der Rechten zu beziehen, die stark genug wäre, um dem Linkskurs im Reich entgegenzuwirken. Die Hoffnung, von der Länderseite her den großen Umschwung herbeizuführen, konzentriert sich jetzt aus die Preußenwahlen am nächsten Sonntag, die als reine Parla- mentswahlen, ohne die technischen und psychologischen Erschwe rungen des Volksentscheids, unter günstigeren Voraussetzungen und mit besseren Aussichten ausgefochten werden." Unter der Ueberschrift: „Abgewehrter Angriff" nimmt Ler „Dresdner Anzeiger" unter anderem wie folgt Stel lung: „Niemand konnte vor fünf Monaten wissen, daß der Volksentscheid zeitlich zwischen zwei Ereignisse von höchstem reichspolitischen, ja von weltpolitischem Range fallen werde, zwischen die Reichspräsidentenwahl und die preußischen Land tagswahlen. Der Schlag, den die Rechte in Sachsen führen wollte, ging formell gegen den Landtag, aber gemeint war die Regierung. Das sächsische 'Beamtenkabinett, dem ein Miß trauensvotum des Landtages bekanntlich nicht gefährlich ist, hat sich dafür der Feuerprobe des Volksentscheids unterwerfen müs sen, und es hat sie bestanden, obwohl sie von den Nationalsozi alisten und den Deutschnationalen in den letzten Tagen noch mit der Mitverantwortung für das SA.-Werbot belastet wor den worden war, an dem die sächsische Regierung in Wirklich keit keinen Anteil hat. Die Regierung ist in der Abwehr -er ge gen sie erhobenen Vorwürfe mit einer deutlichen Erklärung des Ministerpräsidenten aus ihrer Zurückhaltung hervorgetreten, und man möchte wünschen, daß sie künftig öfter mit der gleichen Entschiedenheit und Offeüheit zur sächsischen Bevvkerung sprä che. Sie wird und muß in dem Ergebnis des Volksentscheides eine Bestätigung ihres Auftrages erblicken, und sie wird sich die sem Auftrage nicht entziehen, sondern weiter arbeiten, mit dem Landtage oder, wenn er sich ihr versagt, auch ohne ihn. Aber immer für das ganze Volk." Ersolg des Volksentscheides in Oldenburg. Der Landtag wird ausgelöst. Im Freistaat Oldenburg wurde der von den in der nationalen Front zusammengeschlossenen Parteien in Gang gesetzte Volksentscheid auf Auflösung des Oldenburgischen Landtages zugleich mit dem roten Volksentscheid der Kom munisten durchgeführt. Nach dem Abstimmungsergebnis ist der Volksentscheid mit großer Mehrheit durchgekommen, so daß der Landtag aufgelöst wird. Es wurden abgegeben: Im Landesteil Oldenburg: 99 440 Ja-Stimmen, 4126 I Nein-Stimmen und 811 ungültige.