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sprun-wrtiq nach Nord-1 sc, bemerkt, dak -in s,n»io-° Meibcken die i l,^r„n m-i, <?r Li- Nr. 146 — 91. Jahrgang Freitag, den 24. Juni 1932. Telegr.-Adr.: »Amtsblatt* M EüdlösWg M GleiGmihtiWli SeuMand will den Frieden der Welt, von Papen vor der deutschen Kolonie in Lausanne. Bei einem Empfang, den die deutsche Kolonie in Lausanne zu Ehren der deutschen Delegation veranstaltete, hielt Reichskanzler von Papen eine Rede, in der er zunächst die Bedeutung des Auslandsdcutschtums hervorhob und der österreichischen Brudernation Freundschaft gelobte. Der Reichskanzler fuhr dann forik Es geht in Lausanne nicht darum, die Ursachen zu suchen, die die Weltwirtschaft in Unordnung gebracht haben. Diese sind zur Genüge be kannt und von allen Sachverständigen der Welt überzeu gend und übereinstimmend oft genug dargelegt worden. Heute gilt es, die bereits bekannten Fehlerquellen zu be seitigen. Die Zeit der halben Maßnahmen ist vorbei. Die Völker Europas und der Welt wollen Taten sehen. Ich kann nicht daran glauben, daß die Welt zu einer solchen positiven Arbeit noch nicht reif ist. Die Geisel der Arbeitslosigkeit last schwer auf Deutschland. Die Hoffnung der Jugend ist fast geschwunden. Das wirtschaftliche Leben gleicht einen Kirchhof. Mehr noch als das materielle Elend lastet auf uns, das niederdrückende Bewußtsein, zu einer Nation minderen Rechtes degradiert zu sein. Kann man sich wundern, wenn ein Volk mit einer so stolzen Geschichte wie das deutsche sich mit allen Fasern seines Herzens gegen den Zustand ausbäumt, der sein seelisches Gleich gewicht in dem empfindlichsten Punkte zerstören muß? Die Welt mutz sich darüber klar sein, datz das mate rielle Unglück, unter dem Deutschland so besonders schwer leidet, nicht an den Grenzen eines Landes Halt macht. Und auch darüber, daß die seelischen Spannungen Gegen wirkungen erzeugen müssen, die das soziale Gleichgewicht Europas auf das ernsteste bedrohen. Leider sind die An sätze zu einer Besserung, wie der Moratoriumsvorschlag Hoovers, nicht mit der Energie verfolgt worden, die nötig gewesen wäre. Nicht minder hat die neue Botschaft des Präsidenten Hoover der Welt erneut bewiesen, mit welchem Ernst die große amerikanische Nation auch ihrerseits dem Weltübel an die Wurzel zu greifen gewillt ist. Man muß sich entschließen, endlich einen endgültigen Strich nnter die tragische Rechnung des Krieges zu machen. Das allein ist imstande, der Welt das Ver trauen wiederherzugeben, dessen sie bedarf, um das seelische und materielle Gleichgewicht wiederzufinden. Deutschland will den Frieden in Ehren, weil es den Frieden der Welt will. verarngen »ompromltzvorschläge ad lehnt. Das Nebengleis. . Der Appell, den der amerikanische Präsident Hoover kl Genf an alle Völker gerichtet hat, abzurüsten, kommt fast genau ein Jahr nach der berühmten Erklärung des Hoover-Jahres. Bei beiden Schritten handelt es sich sicherlich um Vorgehen, die von hohem Idealis mus getragen wurden, aber auch die berüchtigten vierzehn Punkte Wilsons zeigten bei ihrer feierlichen Verkün dung diesen Idealismus. Was dann im Verlaus der praktischen Entwicklung daraus geworden ist, das spüren wir noch heute schmerzhaft am eigenen Leibe. Bei allen diesen amerikanischen Erklärungen zeigte sich und zeigt sich noch heute, daß sie erlassen wurden in Unkennt nis der verwickelten europäischen Lage, und jedesmal ließ es sich Frankreich nicht nehmen, sofort Wasser in den Wein amerikanischer Begeisterung zu gießen. Auch jetzt wieder ist es der französische Kriegsminister, der als erster den Abrüstungsvorschlag glatt ablehnt. Die französische Regierung bleibt uneingeschränkt auf ihrem bisherigen Standpunkt, daß ohne Sicherheitsgarantien eine Lösung des Abrüstungsproblems nicht denkbar ist. !Zu diesen Sicherheitsgarantien gehört bekanntlich die Auf rechterhaltung der militärischen Entmannung Deutschlands, wie sie der Versailler Vertrag gebracht hat. Da Deutschlands Hauptkampf aus der Abrüstungskon ferenz auf die Wiederherstellung der G l e i ch h e i t in den Rüstungen mit den anderen Ländern gerichtet ist, so ist klar, daß eine Entwicklung der Abrüstungsverhandlungen aus der Linie der Hooverschen Vorschläge die deutsche Forderung völlig unberücksichtigt lassen würde. Wenn auch die Botschaft Hoovers von der Neichsregierung be grüßt worden ist, weil sie das große Verdienst hätte, der Abrüstungskonferenz einen neuen Impuls zu geben, so wird die deutsche Delegation doch scharf darauf achten müssen, daß bei der neuen Verhandlungsbasis in Genf nicht ihre Forderung nach Gleichberechtigung in die zweite Linie gedrängt und als weniger wichtig behandelt wird. Wahrscheinlich wird es den amerika nischen Vorschlägen so ergehen, wie es bisher allen Vor schlägen von anderer Seite erging: sie werden zur Nach prüfung ihrer technischen Durchführbarkeit den Kom missionen überwiesen werden, wo dann der bekannte endlose Streit um Worte und Begriffe einsetzen wird, der jeder tatsächlichen Feststellung ängstlich aus dem Wege geht. Von der deutschen Gleichberechti- gung spricht Hoover in seiner Kundgebung überhaupt nicht, ja man müßte fast annehmen, daß er den jetzigen Ausland Deutschlands als einen unabänderlich gegebenen ansicht, wenn er die Deutschland eingeräumten Streit kräfte als Maßstab für eine entsprechende Regelung in Len anderen Ländern anspricht. Auch von der Regelung der politischen Schul den ist in der amerikanischen Botschaft nicht die Rede, aber die allgemeine Meinung geht doch dahin, daß die Erfüllung der amerikanischen Abrüstungsvorschläge die Bedingung darstellt, an die Amerika ein eventuelles Nachgeben in der Schuldenfrage knüpft. Hoover will sich durch die Aufstellung dieser Bedingungen, von denen er genau weiß, daß ihre Behandlung sehr sehr lange Zeit in Anspruch nehmen wird, anscheinend vor einer bal digen Entscheidung in der Schuldenfrage drücken, die er jetzt vor den amerikanischen Wahlen nicht wagen darf. So lange wie die endgültige Entscheidung der Mächte über Annahme oder Ablehnung der Bedingungen dauern wird, dauert keine Präsidentenwahl. Zeit gewonnen, alles gewonnen! So würde der Vorschlag Hoovers, aus der Per spektive Deutschlands betrachtet, mit seiner Verknüpfung von Abrüstung und Reparationen eine durch aus unerträgliche Verschleppung der deutschen Forde rungen auf Reparationsstreichung und Gleichberechtigung bedeuten. Eine solche Verzögerung der Klarstellung der wirtschaftlichen und politischen Stellung Deutschlands im Konzert der Völker ist aber untragbar. Schon droht zum zweiten Male von Wien aus das Krisengeschwür aufzu- brechen. Nach dem Zusammenbruch der Kreditanstalt das Moratorium, das sortzeugend Böses gebären müßte. Die saisonmäßige Entlastung des deutschen Arbeits marktes ist bereits zu Ende, ohne daß sich Erleichterungen gezeigt haben, und die Zahl der Erwerbslosen ist schon wieder im Steigen begriffen. Zeitverloren, alles Verl oren! Schon in der Erklärung des weiteren Aufschubes der Reparationszahlungen während der Dauer der in Permanenz erklärten Lausanner Konferenz kann man den Versuch erblicken, Zeit zu gewinnen und die Diskussion der Reparationen auf ein Nebengleis zu schieben. Durch die Hoover-Botschaft entsteht eine, wenn auch von Amerika sicherlich nicht gewollte, neue Gefahr der Verschleppung der deutschen Forderungen. Die Ver- knüpfung der Abrüstungsfrage mit der Reparationsfrage könnte eventuell eine Verschiebung des Schwerpunktes von L a u s a n n e nach Genf mit sich bringen. Die Teil nehmer an der Tributkonserenz eilten zur Entgegennahme der amerikanischen Erklärung in Scharen von Lausanne nach Genf. Hoffentlich finden sie alle ebenso schnell nach Lausanne zurück, wo ihrer noch die größte und schwerste Aufgabe ungelöst harrt. Der Reichskanzler bleibt in Lausanne. Die Lage immer noch unverändert. Herriot hatte eine mehrstündige Unterredung mit Macdonald. Es wird mitgeteilt, daß auch nach dem Ablauf dieser Unterredung sichkeineÄnderung der Lage weder in der Reparationsfrage, noch in der öfter- reichischen Anleihefrage ergeben habe. Gerüchte, nach denen der Reichskanzler Ende der Woche nach Berlin zu rückkehren soll, werden von zuständiger deutscher Stelle ilS unzutreffend bezeichnet. Die Rückkehr des Reichskanzlers hänge von dem Verlauf der Konferenz ab., Kein deutsch-französisches Mlitärbündnis aevlant. Zu den Mitteilungen der amerikanischen Presse, nach denen Reichskanzler Papen der französischen Regierung ein Militärbündnis Vorschlägen will, wird an zuständiger deutscher Stelle erklärt, daß diese Gerüchte in keiner Weise den Tatsachen entsprechen. Washington ist optimistisch. Die amtlichen Washingtoner Kreise äußern sich trotz der französischen Kühle hoffnungsvoll über die Auf nahme und die Aussichten des Abrüstungsplanes des Prä sidenten Hoover. Die transatlantischen telephonischen Be richte der amerikanischen Abrüstungsdelegation sind viel optimistischer als die Pressemeldungen. Der Abrüstungsplan wird auch in Kreisen des Kongresses günstig beurteilt, weil er die Streitkräfte der Vereinigten Staaten verhältnismäßig eher stärke als schwäche. In amerikanischen Regierungskreisen wird der französische Sicherheitskomplex allgemein als hysterisch bezeichnet. Papen verhandelt heute mit Herriot. Lausanne, 23. Juni. Die Aussprache zwischen von Papen und Herriot findet am Freitag vormittag um 10 Uhr im französischen Hauptquartier, dem Hotel Lausanner Palace statt, wo zuächst eine Unterredung zwischen Herriot und dem Reichs kanzler erfolgte, an die sich nach französischen Mitteilungen eine gemeinsame Besprechung der gesamten deutschen und der gesam ten französischen Abordnung anschließen wird. Nach Mitteilun gen von deutscher Seite nehmen an den morgigen deutsch-fran zösischen Besprechungen außer dem Reichskanzler auch der Reichsaußenminister sowie Staatssekretär von Bülow teil. In französischen Kreisen wurde am Donnerstag abend ln Zweckoptimismus gemacht und der Stand der Konferenz als „günstig" bezeichnet. Die Konferenz habe durchaus Schritte vorwärts gemacht. Die jetzt beginnenden Verhandlungen mit der deutschen Regierung würden zweifellos schwierig sein, jedoch bestände noch die Hoffnung auf eine Verständigung mir der deutschen Regierung. Die französische Regierung halte jedoch selbstverständlich uneingeschränkt an ihrem Standpunkt fest, daß Ser Soove»-Vorschlag und die deutsche Gleichberechtigung. Deutschland bleibt fest. In maßgebenden deutschen Kreisen betont man die außerordentliche Bedeutung des neuen Abrüstungsplanes des Präsidenten Hoover, der als ein erster ent scheidender Schritt aufs wärmste begrüßt wird. Man hebt besonders hervor, daß in der völlig verfahrenen und auswcgslosen Lage der Abrüstungskonferenz der Vorschlag des Präsidenten Hoover eine völlig neue Lage geschaffen habe. Der amerikanische Vorschlag, der inhalt lich nach deutscher Auffassung mit der italienischen Stellungnahme übereinstimmt, würde im Falle einer tat sächlichen Durchführung bereits zu der von der deutschen Negierung seit jeher geforderten weitgehenden Verminde rung der Rüstungen und damit Verminderung der völlig untragbar gewordenen finanziellen Lasten für die Rüstungsausgaben führen. Die Initiative des Präsidenten Hoover ist daher In deutschen Negicrungskreisen mit großer Sympathie auf- genommen worden, jedoch wird als ganz selbstverständlich hcrvorgehobcn, datz hierdurch die grundsätzliche deutsche Forderung auf Anerkennung der deutschen Gleichberechti gung in keiner Weise berührt wird und die deutsche Re- gierung selbstverständlich in den weiteren Abrüstungsver- Handlungen an dieser elementaren Forderung lebens wichtigster deutscher Interessen weiter sesthält. Sieben MMarden Goldmark AWlußzaWng! Frankreichs unmögliche Forderung an Deutschland. Die privaten Besprechungen aus der Reparationskon ferenz wurden weiter fortgesetzt, ohne daß bisher noch ein Anfang sachlich klärender Beratungen oder ein Abschluß der Konferenz zu sehen ist. Reichskanzler von Papen empfing den belgischen Außenminister Hymans und den belgischen Finanzsachverständigen Franqui. Von belgi scher Seite wird versucht, zwischen der deutschen und fran zösischen Regierung unter Anmeldung von Son derwünschen eine vermittelnde Tätigkeit auszuüben. Die Überreichung der belgischen und französischen Denk schrift über die Reparationsfrage ist bisher noch immer nicht erfolgt, da bei der endgültigen Festlegung der fran zösischen Vorschläge gewisse Meinungsverschiedenheiten innerhalb des belgisch-französischen Lagers zutage getreten sein sollen. Jedoch bewegen sich die französischen Vorschläge nach allen Mitteilungen jetzt in der Linie, datz der voll ständige Zahlungsaufschub für Deutschland drei Jahre dauern und sodann dieAbschlutzzahlung Deutsch, lands durch einen internationalen Sachverständigen- ausschutz festgesetzt werden soll. Von französischer Seite wird hierfür immer noch ein Betrag von sieben Milliarden Goldmark genannt. Die englische Negierung hat ihrerseits ihren Standpunkt in einer Denkschrift festgelegt, die Herriot über- geben worden ist. In dieser Denkschrift soll die englische Regierung an der grundsätzlichen Forderung der voll ständigen Reparationsstreichung festhalten, jedoch erklären, daß, falls eine Einigung hierüber nicht zu- stände kommt, die Abschlußzahlung Deutschlands so gering gehalten sein müsse, daß hierdurch in keiner Weise eine Schädigung der deutschen Wirtschaft oder Versperrung deutscher Wiederaufbaumöglichkeilen eintrete. Es braucht heute nicht mehr betont zu werden, daß die deutsche Regierung nach wie vor alle Wilsdrusf-DreSden Postscheck: Dresden 2640 MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Dovmzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich» Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 2V Reichvpsennige. Dor» geschriedeneErscheinungs- « tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit AlNl v berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm.10Uhr. 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