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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. pH 54, 8. März 1SI6. merkbar machen wird und dessen einzige Tröstung in dem be- Dcutjchland.*) Die vorstehenden Bemerkungen finden ihre volle Bestätigung in Deutschland. Man muß um etwa sieben Jahre zurückgehen, um eine Gesamterzeugung zu finden wie die von IS14; ihr Abstand gegen das Jahr zuvor zeigt 5770 Verösfentlichungen weniger. 1905: 28 886 1910: 31 281 1906: 28 703 1911: 32 998 1907: 30 073 1912: 34 801 1908: 30 317 1913: 35 078 1909: 31 051 1914: 29 308 Die Minderung ergibt sich besonders aus den Fächern Er ziehung, Unterricht usw. <— 1277) und Schöne Literatur (— 1065), während sie bei der Theologie (Erbauungsbücher, Predigten) und bei den Rechts- und Staatswissenschasten weniger bemerkbar ist. Die einzigen Vermehrungen finden sich, dank den vielen Neu drucken von Karten, bei der Geographie und — wie sich das nur allzu gut versteht — bei den Kriegswissenschaften. Wir kommen jetzt zu den Zahlen der von der I. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig aufgestellten Übersicht. Diese Zahlen umfassen — wir müssen immer wieder ermahnen, diese Tatsache im Auge zu be halten — nicht nur die in irgendwelcher Sprache innerhalb des Deutschen Reiches veröffentlichten Bücher, sondern auch die in deutscher Sprache in anderen Ländern der Welt erschienenen, ins besondere in Österreich und der Schweiz lsiehe weiter unten). Die in Gruppen zerlegte Übersicht der Firma Hinrichs über die Erzeugung der beiden letzten Jahre ist folgende: Allgemeine Bibliographie, Bibliothekswesen, Enzyklopädien, Gesamtwerte, Sammelwerke, Schriften gelehrter Gesell schaften, Universitätswesen Theologie Rechts- und Staatswissenschast Heilwissenschaft Naturwissenschaft, Mathematik Philosophie, Theosophie Erziehung und Unterricht. Jugendschriften Sprach- und Literaturwissenschaft Geschichte Erdbeschreibung. Karten Kriegswissenschaft Handel, Gewerbe, Verkehrswesen Bau- und Jngenieurwissenschast Haus-, Land- und Forstwirtschaft Schöne Literatur (Theaterstücke, Volkserzählungen) . . . Kunst Adreßbücher, Kalender, Jahrbücher Verschiedenes. 1913 1914 494 379 2683 2517 3358 3050 1972 1768 1953 1557 699 582 5429 4152 2304 1807 1705 1175 1450 1493 673 687 2346 1935 1217 956 1066 893 5319 4254 1051 832 643 572 716 699 Insgesamt . . SSV78 2!«V8 Der starke Rückgang ist einzig Folge des Krieges. Der Beweis findet sich in einer anderen Statistik der Hinrichs'schen Buchhand lung, in der sie die Produktion nach den beiden Halbjahren von ISI4 gesondert hat. Da im ersten Halbjahr I772I Veröffent lichungen das Licht erblickt hatten, so ist zu folgern, daß diese Pro duktion, wenn sie sich unter normalen Umständen hätte fortsetzen können, die von ISIS übertrosfen haben würde, denn schon die einfache Verdoppelung der Zahl hätte 35442 Verösfentlichungen ergeben, ohne der Tatsache Rechnung zu tragen, daß regelmässig das zweite Halbjahr eine lebhaftere Verlagstätigkeit zu zeigen pflegt. Hier folge diese zweite Übersicht, nach der einzig die Kriegs wissenschaft eine geringe Aufwärtsbewegung erkennen läßt: I. Halb- 2. Halb jahr jahr Allgemeine Bibliographie usw 267 112 Theologie 1343 1174 Rechts- und Staatswissenschast 1861 II8S Heilwissenschaft 1156 612 Naturwissenschaft, Mathematik 1014 543 Philosophie, Theosophie 37g 203 Erziehung und Unterricht. Jugendschlisten 2498 1654 Sprach- und Literaturwissenschaft 1159 648 Geschichte 780 395 Erdbeschreibung, Karten 838 655 Übertrag: 11295 7185 *) Die Anreihung der Länder folgt dem Alphabet der französischen Benennung im Droit ck'Luteur. Red. 242 I. Halb. 2. Halb, jahr jahr Vortrag: 11295 7185 Kriegswissenschast 334 353 Handel, Gewerbe, Verkehrswesen 1329 606 Vau- und Jngenieurwissenschast . 670 286 Haus-, Land- und Forstwirtschaft 561 332 Schöne Literatur (Theaterstücke, Vollserzählungen) . . 2487 1767 Kunst 568 266 Adreßbücher, Kalender, Jahrbücher 107 465 Verschiedenes 372 327 Insgesamt . . 17721 11587 Immerhin sind übrigens die Veröffentlichungen des zweiten Halbjahrs ziemlich zahlreich. Der Krieg selbst hat eine ganze Literatur sui gensris entstehen lassen, die in unmittelbarem Zu sammenhang mit den Erscheinungen und Bekundungen steht, die er hervorbringt. Die Hinrichs'sche Buchhandlung hat geglaubt, den Bibliographen und künftigen Geschichtsschreibern einen Dienst zu erweisen, indem sie auch das Verzeichnis dieser besonderen Ver öffentlichungen znsammenstellte. Für die zwei ersten Kriegs- monate hat sie 478 solcher Veröffentlichungen verzeichnet. Diese verteilen sich wie folgt: Theologie und Erbauungsbücher: 112; Politische Werke, Urkunden: 31; Recht, Gesetze usw.: 44; Heil kunde: 16; Kriegswissenschast: 33; andere Wissenschaften: 25; Kriegsgeschichte und Kriegschronik: 27; Kriegskarten: 118, davon 81 in Deutschland, 33 in Österreich, 4 in der Schweiz erschienen. (Allgemeine Karten 23; Westen 25; Osten 31; Balkan 12; Meere, Kolonien 21; Atlanten 3; Führer 3); Kriegs- und Soldaten lieder: 29; Flugblätter: 30; Verschiedenes: 13. Diese Bibliographie kriegerischer Tagesgeschichte ist in Liefe rungen fortgesetzt worden. Deren erste umsaßt die Veröffent lichungen bis zum Dezember 1914, die zweite die vom Dezember 1914 bis Februar 1915, die dritte die vom März bis Mai 1915. Eine besondere Statistik ist sür jede dieser Lieferungen aufgemacht worden, von denen die erste 1416 Titel enthält, die zweite 1471, die dritte 1631. Die Zeit, diese besondere Statistik, die sich auf sieben verschiedene Gruppen verteilt, zu veröffentlichen, wird nach dem Friedensschluß gekommen sein. (Fortsetzung folgt.) Der Urlauber. Skizze von Edmund Krensch (Offenburg, Baden). »Anssteigen!« Dreivicrtel Jahr im Feld. Jeden Abend nur an die Heimat ge dacht, ans Wiedersehen: wie wird das ausfallen? Überraschend will er vor sie hintreten: da bin ich, mit Dreck und Speck, direkt ans dem Schlilrengraben — wer kennt mich noch? So steht er ans dem Bahnsteig und atmet schwer. Nicht wegen des »Assen«, der ihn druckt, sondern weil er wieder heimatlichen Boden tritt. Asphalt und Zement, hart und fest: kein weicher, glitschiger, sumpfiger Grabenboden— das gibt wieder mal ein Gefiihl der Sicher heit, von der Sohle bis zum Hirn. Fest tritt er ans, mit beiden Füßen nacheinander: eine Verge wisserung, die ihm gar wohl tut. Mit blanken, wenn auch unge waschenen Angen schaut er um sich. Drüben blauen die Berge des Schwarzwalds, die »Brandeck«, das »hohe Horn«, der »Bühlstein«. Ja, sie stehen noch da wie vor dreiviertel Jahr und gerade noch so wuchtig, so breit und so hoch: ihre waldigen Kämme schieben sich zu sanften schönen Linien neben- und hintereinander. Findet er im Urlaub die Zeit so steigt er wieder mal ans den Turm der »Brandeck« und überschaut noch einmal das griinwogende Meer unendlicher Berge und Täler. »O Schwarzwald, o Heimat, wie bist du so schön!« Er trinkt das Bild mit blanken Augen, indessen die Menschen um ihn hasten und eilen, und das Glasdach der Halle von dem Lärm der Maschinen und dem ausströmcnden Dampf widerhallt. Für ihn, den Urlauber, eine süß betäubende Musik. Wie ein Gaul, der den Hafersack wittert, spitzt er die Ohren nnd trinkt mit allen Sinnen die Geräusche und Gerüche in sich hinein. Feldgrau — lehmgrau. — Man schaut ihn an. Er glaubt, die ganze Welt müßte ihn, ansehen, wie erregt einer innerlich ist, der so oft den Tod ins Auge geschaut. Er meint, sie müßten's ihm alle vom Gesicht ablcsen, wie sehr er sich nach all den Tagen der Ent behrung nach einem herzlichen Empfang sehnt. Ja, direkt sehnt — gradezu sehnt — sehnt — »Links!« schreit ihn ein »Jsebähnler« an. Er blickt verwundert dem öavoneilenden Beamten nach. Was will der Kerl? Ich werd' doch wohl noch wissen, wohin ich zu gehen habe.