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Dienstag Urteil im Kurfürstcndammprozcß. Berlin. Im Kursürstendammprozctz, der seit dem 17. De- /".E^die Dritte Große Strafkammer beim Landgericht III 7'ch"Mgt, wurden die Plädoyers der Verteidiger beendet. Das bricht hat die Urteilsverkündung auf Dienstag nachmittag um 3 Uhr anbarumt. Die „Deutsche Bauernschaft" für die Reichsrcgierung. Berlin. Die „Deutsche Bauernschaft" faßte eine Entschlie ßung, in der es u. a. heißt: Das in der Deutschen Bauernschaft ZNMnimengcschlosscnc Bauerntum stellt sich in dieser Zeit größ er deutscher Not aus Gründen der Erhaltung unserer nationa len Selbständigkeit und unserer Wirtschaft sowie der Verteidi gung unserer aus dem Mitbestimmungsrecht aller beruhenden Verfassung mit vollem Bewußtsein hinter Reichspräsident, Reichskanzler und Reichsregierung. Die Retchsregterung mutz üch darüber klar sein, daß das Maß von Vertrauen, das ihr Vas deutsche Bauerntum enlgegenbringl, abhängig ist von dem erkennbaren Willen, durch eine planvolle Agrarpolitik der Ge- iamcheii der Landwirtschaft, insbesondere der bisher vernach lässigten Masse der bäuerlichen Bevölkerung, zu Helsen. Geldspende des Papstes für Kuba. Rom. Auf die Nachricht von dem schweren Erdbeben in Kuba hat der Papst dem zuständigen Erzbischof ein Beileids telegramm und eine Geldspende für die Betroffenen geschickt. Attentatsplan auf Litwinow. Moskau. Der stellvertretende Außenkommissar der Sowjet union, Krestinski, hat dem Generalsekretär des Völkerbundes, Drummond, ein Telegramm gesandt, in dem die Regierung der Sowjetunion mitteilt, daß die Weißrussengruppe Schatilow- Miller einen Anschlag auf den Außcnkommtssar Litwinow in Gens verüben wolle. Der Anschlag soll von dem ehemaligen Vertreter des russischen kaiserlichen Roten Krozes in der Schweiz, Ladischeski, ausgeführt werden. Rußland bat, die schweizerische Negierung sofort von diesen Plänen zu ver ständigen. 60» Schafe und 150 Schweine bei einem Gutsgrvtz- seuer umgckommen. Ein größeres Feuer kam auf dem Gute Ramelow in Mecklenburg aus. Der große Schaf- und Schwcinestall, der in einem Gebäude vereinigt war, stand in Hellen Flammen. An eine Rettung des Gebäudes >«ar nicht zu denken. Etwa 600 Schafe und 150 Schweine kirnen in den Flammen um. Außerdem wurden erhebliche nuttervorräte und landwirtschaftliche Maschinen vernichtet. Ein Falschmünzer verhaftet. In Kosenitz im Kreise Nimptsch wurde ein Arbeiter der Frankensteiner Nickel- derke als Falschmünzer entlarvt und festgenommen. In seiner Wohnung sand man eine einfache Lehmform, mit deren Hilfe er Zwei- und Fünfmarkstücke hergestellt hatte. Die Polizei stellte fest, daß der Falschmünzer auch Fünfzig- dfennigstücke herzustellen versucht hatte. Bei seiner Ver nehmung gab er an, daß Falschgeld als Spielzeug für 'eine Kinder hergestellt zu haben. Diphtherie im Kreise Kaltowitz. In Bor-Neudorf im Kreise Kaltowitz ist die Diphtherie ausgebrochen. Die Epidemie hat bereits vier Todesopfer gefordert. Fast sämtliche Kinder des Dorfes sind von der Krankheit be- iallen. Das Gesundheitsamt hat weitgehende Maßnahmen Mroffen, um eine weitere Ausdehnung der Epidemie zu ^hindern. Verhaftung zum Antwerpener Zirtusbrand. Im Lause der Untersuchung über die Entstehungsursache des Brandes im Zirkus Sarrasani in Antwerpen ist der belgische Clown Libot verhaftet worden. Zwei Kriminal beamten soll es gelungen sein, Libot zum Geständnis seiner Beteiligung an dem Brande zu bewegen, doch widerrief er bei dem Verhör im Justizpalast in Brüssel sein Geständnis. Zuchthausstrafen im Kommumstenprozeß. In dem Prozeß gegen die 12 Essener Kommunisten, die in der Nacht zum 14. März 1931 einen Feuerüberfall Ms einen Trupp Nationalsozialisten verübi und dabei den Anstreicherlehrling Felgendreher erschossen halten, wurde inEssen das Urteil verkündet. Die Angeklagten Zingel Md Wolfs werden wegen gemeinschaftlichen Totschlags, verschiedener Waffendelikte und Geyeimbündelei zu je Zehn Jahren drei Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Angeklagten Verseck und Schuler wegen derselben Delikte KNMUM k^omsn von lAsi-Iiss Lonnobonn j49 „Warum dann aber keine systematische Ausbildung? Dieses wilde Volontärisieren sieht so nach Dilettantismus aus!" „Sie will ja nicht Schwester werden. Sic hat große Pläne!" „Na, na, na!" Elisabeth lachte leise durch das Telephon. „Und sehr praktische noch dazu In manchem unschein baren Kern steckt eine wundervolle Blüte!" „Na, da bin ich aber gespannt. Also viel Gutes für ven freien Tag. Doktor Degeener!" Elisabeth hatte gebadet und ein frisches Kleid angelegt. 2ie genoß die Schönheit, die sie umgab, und unbewußt auch die des eigenen Jchs. Der behagliche EmpfangSraum war mit Rosen ge schmückt. Sie haue es so angeordnet. Mit warmer Freude wartete sie auf den Geliebten. Es erfüllte sie mit Glück, ihm ihr schönes Heim zeigen zu können. Sie bedachte nicht, daß dieses Heim nicht ihr, sondern dem Gatten gehörte, den sie im Begriff stand auf zugeben, zu verlassen. Es war ihr noch viel weniger klar, wie gerade diese Harmlosigkeit eine tiefinnere Verbunden heit mit Herbert Degeener bewies. Der Diener führte Ley in diesen privateren Naum, in dem nur nahe Bekannte des Hauses empfangen wurden In warmem Stolz reichte Elisabeth ihm ihre beiden Hände. „Sei tausendmal willkommen. Wir haben ein paar ganz für uns. Ich lasse Tee servieren, und dann °^ge ich dir unseren Garten und die malerischste Aussicht über den Seel" zu je acht Jahren drei Monaten Zuchthaus. Von den übrigen Angeklagten werden sechs zu Gefängnisstrafen von fünf Monaten bis drei Jahren verurteilt, während zwei freigesprochen werden. In der Begründung wird ausgeführt, daß die Angeklagten einer Verbindung angehört haben, deren Zweck bewaffnetes Auftreten gegen die Nationalsozialisten war. Der Überfall stellt sich rechtlich als Totschlag dar, die Tat grenzt an Meuchelmord und zeugt von großer Hinterlist und Feigheit. Mildernde Umstände konnten den Angeklagten trotz ibrer Jugend nicht zugebilligt werden. Ltrieil im Eaimeiie-Mrozeß. Sühne für das K i n d e r st e r b e n. Am Sonnabend um >8 Uhr verkündete das Lübecker Gericht im Calmette Prozeß folgendes" Urteil: Professor Dcycke wird wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Gefäng nisstrafe von zwei Jahren verurteilt. Professor Dr. Aitftacdt wird wegen Vergehens der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Gefängnisstrafe von eine m Jahr und drei Monat c n verurteilt. Die Angeklagten K l o tz und Schwester A n n a Schütze werden s r c i g e s p r o ch c n. Die Begründung des Urteils. Der Vorsitzende gab einen kurzen Abschnitt aus der Urteilsbegründung. Danach sind aus Grund der Sachverständigengutachten von den 76 gestorbenen Kindern 68 an Fütterungstuberkulose verstorben. Bei drei Kindern sei keine Erkrankung infolge der Fütterung festgesteüt worden, bei fünf sei zwar Fütterungstuberkulose, aber diese nicht als Todesursacke anruieben. Gereimte Zeitbilder. Von Gotthilj. Nanking hieß mal eine Hose, Schön kariert und etwas lang, Doch zusammenhängt nur lose Sie mit diesem Kriegsgesang. Höchstens könnt' man meditieren, Daß die Chinamänner bald Auch die Hosen noch verlieren, Wenn s in Nanking weiter knallt. Nanking, wo die Kugeln fliegen, Dieses liegt in Kiangsu, Aber bald wird's unten liegen, Und der Völkerbund dazu. Kommissionen sieht man tagen, Seit die Kriegsdrommele scholl, Um zum Schießen was zu sagen, Und dann kommt's ins Protokoll. Und dort steht dann allen Ernstes, Dies schlag' allem ins Gesicht, Aber, Menschenskiud, du lernst es Und du lernst es nu mal nicht! Und dieweilen sie in Gennes Rüsten ab und rüsten zu, Gibt dies Japan seinen Sennes Zu per Schutz in Kiangsu. Und man mutz sich immerhin doch Sagen, wenn man's recht ermißt, Daß dies Schießen ein Gewinn doch Ist, weil doch die Fastnacht ist. Nie kann ohne die Kanone Eine solche Gaudi sein, Wenn der Vater mit dem Sohne „Karneval!" und so was schreib In Berlin kam unterdessen Auf die Welt ein Dromedar, Denn man hatte ganz vergessen, Daß dies gar nicht nötig war. Denn beleuchtet man bengalisch Auf dem Jangtse den Krakeel, Schreit man „Juhu!" karnevalisch, „Mensch, du selbst bis ein Kamel!" Das Gericht habe prüfen müssen, wie der Impfstoff virulent habe werden können. Dabei habe das Gericht als erwiesen angesehen, daß nach Lage der Dinge ein Rückschlag nur durch Verunreinigung in Frage kommen könne. Wo diese vorgekommen sei, laste sich mit Sicherheit nicht erklären. Es handele sich mehr um ein unerkanntes Versehen. Dr. Altstaedt, Professor Klotz und Professor Deycke hätten sowohl bei der Einführung wie bei der Durchführung der Fütterung fahrlässig gehandelt. Fahrlässigkeit liege auch darin, daß man den Eltern usw. den Impfstoff zur Fütterung an die Kinder verabreicht habe. Die Mitverantwortung Altstaedts für die Herstellung des Impfstoffes ergebe sich daraus, daß Altstaedt als Träger der Einführung des Calmette-Ver fahrens anzusehen"sei. Das Lübecker Laboratorium kann ein ausgezeichnetes Krankenhauslaboratorium sein, für die Herstellung des Impfstoffes sei es jedoch ungeeignet gewesen. Karneval. „Thorheyt zu gelegner zeyt ist die größte Weißheyt", sagte der geistvolle Volksschriftsteller Sebastian Franck, der im 16. Jahrhundert lebte. Dieses Wort erklärt den ganzen Karneval. Wo er entstanden ist, und wann er entstanden ist, und wie er entstanden ist — ja, wer das so klarhin darlegen könnte! Nicht einmal die Gelehrten sind sich darüber einig: die einen behaupten, daß er in Italien geboren sei und ursprünglich die mit Lustbarkeiten aus- gefüllte Zeit von den Heiligen Drei Königen bis zum Beginn der vierzigtägigen Fasten dargestellt habe, andere sind der Überzeugung, daß er den Saturnalien der alten Römer und den Bacchusfesten der alten Griechen ent spreche, noch andere suchen seinen Anfang in dem Hauli- feste der Indier, das ebenfalls der Vorläufer einer Fasten- und Butzzeit ist; die meisten aber bringen ihn mit uralten Frühlingsfesten in Zusammenhang, und diese Deutung dürfte der Wahrheit am nächsten kommen. Sicher ist, daß schon in alten christlichen Zeiten eine Karnevalszeit, die mit dem Dreikönigstage begann, sich nur die Reichen leisten konnten, während die mittleren Klassen sich bei ihren Vergnügungen aus die Woche vor Beginn der Fastenzeit beschränkten, auf die fogenannte „unsinnige Woche", und die ganz armen Leute nur zwei oder drei Tage lang über die Stränge schlugen. Im Mittelalter gab man sich der Fastnacht und ihren Lustbarkeiten so allge mein hin, daß die Städte in dieser Zeit besondere Maß nahmen für die äußere Sicherheit treffen mutzten. Man schmauste, tanzte und trank nach Herzenslust und ergötzte sich an allerlei Mummereien und Aufzügen, wie man sie in vielen Gegenden Deutschlands, besonders am Rhein, noch bis zum heutigen Tage, im Rosenmontagszug, in den Fastnachtsumzügen (Fastnacht heißt der Dienstag vor Aschermittwoch) und in den sogenannten „Lumpenbällen" wiedererkennt. Die einzelnen Haupttage der Karnevalszeit erhielten schon früh besondere Benennungen. Man hatte einen feisten oder schmalzigen Sonntag, einen Fraßmontag, der auch blauer Montag oder Narrenkirchweihe hieß (der Name Rosenmontag kam erst später auf) und die echte Fastnacht, womit der Dienstag gemeint war. Wer nun aber glaubt, daß der Name „Fastnacht" etwas mit den kommenden Fasten zu tuu habe, der irrt sich. Richtiger nämlich müßte es „Fasenacht" oder Fasnacht" heißen, und das hängt mit dem alten Worte „fasen" — faseln zu sammen. Gemeint ist also Sebastian Francks „Thorheyt zu gelegner zeyt". Allerdings ist zu sagen, daß mrn sich in der „Fasenacht" für die bevorstehenden Entbehrungen der Fastenzeit schadlos hielt — daher der vom Volke gebildete Name „Fastnacht" —, und zwar mit üppigen Schmäusen, Fastnachtsspielen, die die älteste Form des deutschen Lustspiels darstellen, und bei denen es meist etwas wild und ausgelassen zuging. So entstand das, was man in Süddeutschland und in Österreich „Fasching" nennt und was der Norddeutsche mit dem Worte „Karneval", das lateinischen Ursprungs ist, be zeichnet. Unter allen Umständen ist aber darauf hin zuweisen, daß anfänglich bei der Karnevalsfeier an ein Fest der wieder erwachten Natur gedacht wurde, und hier mit hängt es zusammen, daß vielerorts die Zeit der Fast nacht noch heute als heilig gilt: besonders für den Flachs, das Geflügel und den häuslichen Wohlstand ist sie von „Welche Pracht dich umgibt!" „Ja. es ist schön hier!" Der Diener brachte das Getränk und einiges Gebäck. Elisabeth entließ ihn. „Wenn ich Sie brauche, werde ich schellen!" „Zu Befehl, Exzellenz!" Unwillkürlich zuckte Werner nervös zusammen. Er liebte nicht diese Anrede für die, die er im Herzen trug Sie schwiegen einen Augenblick. „Du wolltest mich sprechen!" „Ja — aber ...!" „Aber?" „Ich habe — dein vornehmes Heim ist woy! schuld daran! — alles vergessen!" „Vergessen?" »Ja!" „Dann, war es ..." „Nichts Wichtiges? Nein! Cm Traum, der vor der Wirklichkeit zerstob!" „Erzähl' mir deinen Traum!" lockte sie neckend. „Oh, du erlaubst mir eine Zigarette? Du darfst freilich nicht ...!" „Die Aerztin verbiete: es dem Patienten?" „Die Frau dem, um den sie sich sorgt!" Er nahm ihre Hand und küßte sie. „Elisabeth, es sollte ein Auftakt werden, heute. Ich hatte Pläne geschmiedet. Aber — es wird ein Ende werden!" sagte er, den Kopf hebend, aber ihre Rechte um spannt haltend. „Warum?" fragte sie in bittender Zärtlichkeit. Er machte eine Gebärde der Entmutigung, wies über die Eleganz, die sich ringsum zeigte. „Ach das!", machte sie lächelnd, aber geringschätzig. „Was ich sah — im Traum — paßt nicht zu dem, das du gewohnt bist!" „Erzähl' es doch!" „Ich sah ein niedriges, rosenumranktes, sehr länd liches. sehr einfaches Haus, ein Garten ringsum. Ich pflegte den Garten. Du — als Arzt..." — er stockte, blut- übergossen. „Man kann so närrisch träumen. Und die Wirklichkeit ...!" „Man kann Träume gestalten", erwiderte sie ernst, „und dein Traum ist so uneben nicht. Ich habe Aehnliches gedacht. Diese Adelgunde, weißt du, will ein Heim für tuberkulöse Kinder gründen, auf ihrem Gut. Da braucht sie einen Arzt ...!" „Du wolltest arm sein um meinetwillen!" „Ist das so schlimm?" „Kennst du Armut?" Sie zuckte mit den Achseln. „Was heißt Armut? Ich war nicht immer so reich wie jetzt, wie ich als Herbert Degeeners Frau bin. Aber arbeite ich nicht jetzt auch, als ob ich mir mein Brot ver dienen müßte?" „Du liebst ihn nicht?" sragte Werner heiser. „Oh, Werner, doch, wie einen Freund, wie einen Vater vielleicht!" „Ich schäme mich, wenn ich an ihn denke!" „Du kennst ihn nicht!" Von nebenan erklang der Ruf des Telephons. „Entschuldige!" bat Elisabeth. Sie blieb nicht lange fort. Als sie wiederkam, lag eine Wolke auf ihrer Stirn. „Wichtiges?" fragte er teilnehmend. „Ach nein!", wehrte sie. „Wir wollen uns nicht stören lassen. Einmal darf ich auch an mich denken!" fügte sie trotzig hinzu. „Vom Sanatorium?" fragte er. Sie nickte. „Aber heute bin ich einmal nicht Aerztin. Mensch, nur Mensch will ich sein!" Er halte auf dem Wege zu ihr scheu von Zärtlichkeiten geträumt. Aber sie beide hielten sich davon zurück. Es durfte nicht sein, ehe nicht ... Sie beide dachten nicht aus, ehe nicht das... Aber sie standen unter dem Zwang, dem Zügel dieser unausgesprochenen Grenze. (Fortsetzung solgt.)