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Jede, Radattaniprncb erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Austraggebet in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 116 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrusf-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 20. Mai 1932 Was soll daraus werden? Das Hai uns zu allen unseren schweren Sorgen auch noch gerade gefehlt! Zwar kennt heute wohl jedermann in Deutschland die Mweren Hemmnisse, die seit dem Herbst vergangenen Wahres in so ziemlich allen Ländern der Welt gegen die Einfuhr ausländischer Waren errichtet worden stnd. Und man weiß es überall in Deutschland, daß dieser allgemeine Abschluß gegen die Einfuhr vom Ausland her den deutschen Warenexport mir besonderer Schärfe trifft. Schließlich ist es bei uns auch niemandem unbekannt, daß der deutsche Export vor allem Fertigfabrikate umfaßt und das Hauptaktivum in unserer Außenhandelsbilanz darstellt. Weniger bekannt dürfte allerdings sein, daß die industrielle Gesamterzeugung in Deutschland heute zu etwa 35 bis 40 Prozent auf die Ausfuhr entfällt, haupt sächlich auf den Export von Fertigfabrikaten. Geht dieser Zurück, dann macht sich das natürlich sofort bei dem Be schäftigungsgrad der deutschen Industrie und ihrer Arbeiter bemerkbar. Das ist nun in einem Ausmaß von nicht weniger als 40 Prozent geschehen; unsere Fertig- ivarcnausfuhr ist im April um 43 Millionen Mark zu rückgegangen und hat damit einen Tiefstand wie nie zuvor.' Wertmäßig haben wir noch im Oktober 1931 sastumlOOProzentmehrvondiesenWarcn ausgeführt als im April 1932, und noch im März hatte sich diese Ausfuhr einigermaßen halten können, obwohl inzwischen die Zoll- und Einfuhrverbotsmauern überall draußen in der Welt ein ganzes Stück erhöht worden waren. Jetzt aber ist ein derart starker Rückgang erfolgt, daß man an der P a s s i v i t ä t u n s e r e r Z ah t u n g s- bilanz keinen Zweifel mehr hegen kann. >zst doch der Ausfuhrüberschuß des Vormonats letzt aus nur noch 54 Millionen — ein Drittel des Märzergebnisses — zurück gegangen, und der tn den ersten vier Monaten 1932 er zielte Gesamtüberschuß von 418 Millionen in der Handels bilanz reicht nicht aus, unsere Zins- und Amortisations- verpflichtungen an unsere Auslandsgläubiger vollständig zu erfüllen; denn sie belaufen sich für diesen Zeitraum auf mindestens 550 Millionen. Was soll daraus werden? Wie sollen wir denn bezahlen, auch wenn Wir es noch so sehr tun wollen? Wir können unsere Schulden doch nicht mit Gold — das haben wir nickt — sondern nur durch Warenausfuhr in die Gläubigerstaaten bezahlen; dort aber türmt man die Hindernisse und Ver- bote gegen dle d^ immer höher auf. Und vorläufig fft keine Aussicht, daß es damit anders wird, also kaum oder gar nicht mit unserer Ausfuhr und — unserer Zahlungsfähigkeit. Aber in der Handelsbilanz des April findet sich noch ein anderer, ein noch sehr viel schwärzerer Punkt: Die Einfuhr von Lebensmitteln und Geträn ken ist wertmäßig um über 30 Millionen — 25 Prozent — gestiegen. Dieses Emporschnellen wird aber noch be dauerlicher, wenn man daran denkt, daß die Weltpreise der agrarischen Einfuhrwaren inzwischen um 3 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sind, so daß die mengenmäßige Einfuhrsteigerung noch viel größer ist, als jene 30 Millionen es vermuten lassen. Und welche Ware steht unter den Lebensmitteln, die in größerem Um fang hereingelassen wurden, mit 6 Millionen an allererster Stelle? Der Kaffee! Dann folgen bald dahinter mit einem Mehr von 5,7 Millionen Südfrüchte und Küchen gewächse! Bloß gut, daß wenigstens die Buttereinfuhr im April gegen den Vormonat um fast 4 Millionen zurllck- ging! Dafür haben wir aber für 4,5 Millionen mehr — Roggen importiert als im März! Obwohl dem Städter immer wieder versichert wurde, daß unsere Land wirtschaft nicht wisse, wohin mit dem von ihr erzeugten Roggen! Außerdem sind für 8,6 Millionen Gerste und Mais mehr als im Vormonat eingeführt worden. Wenn die Einfuhr industrieller Rohstoffe und Halb fabrikate im April ebenfalls um über 30 Millionen stieg, so ergibt sich freilich daraus, daß der Teil der deutschen Industrie, der diese Waren verarbeitet, eine leichte Saisonbelebung erfuhr, aber leider entspricht diese Mehrerzeugung ja nicht einer Steigerung der Ausfuhr, sondern jene Waren wurden der Deckung des einheimischen Bedarfs zugeftthrt, stehen also nur auf der Passivseite unserer Handelsbilanz. Nochmals: Was soll daraus werden? Aus einer der artigen Einschrumpfung unseres Ausfuhrüberschusses, die mehr als zur Hälfte durch die Einfuhrsteigerung auslän discher Lebens- und Genußmittel verursacht ist. Das ausgerechnet in einer Zeit schärfster staatlicher — Devisen bewirtschaftung! Kürzlich hat der Reichskanzler in seiner großen Reichstagsrede erklärt, daß „wir sehr gegen unsern Willen die Devisenzuteilung für die Wareneinfuhr immer mehr herabsetzen müssen", um nämlich bei dem Devisen schatz der Reichsbauk, der einen Teil der Währungsdeckung ausmacht, allzu große Abzüge hintanzuhalten. Und dann fügte der Kanzler hinzu: „Sollte die weitere Ge staltung unserer Handels- und Zahlungsbilanz uns zu noch schärferen Eingriffen in den Devisenverkehr zwingen, so werden wir nicht zögern, sie sofort vorzunehmen." GesunkeneAusfuhr, stark gestiegene E i n- iuhr — der Augenblick für jenes „sofortige stärkere Ein- Ueifen" der Neichsregierung dürfte angesichts dieser Situation doch Wohl gekommen sein! IMreich Miert die Abröstung. Französische Bemühungen um Vertagung der Konferenz. Im Heeresausschuß der Abrüstungs konferenz gab der französische General Aubert eine Erklärung ab, die deutlich den Entschluß Frankreichs zeigte, unter keinen Umständen aus die s ch w e r en An griffswaffen zu verzichten. General Aubert erklärte, im schroffen Widerspruch zu der grundsätzlichen Entschlie ßung des Hauptausschusses der Abrüstungskonferenz, daß eine Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungs waffen überhaupt nicht möglich sei. Das Verbot der An griffswaffen würde vor allem die gegenwärtig bestehenden Sicherheitsverhältnisse vollständig umstoßen. Die französische Regierung werde niemals einer derartigen Regelung zu stimmen. Die Erklärung Auberts hat in allen Kreisen einen außerordentlich peinlichen Eindruck hervor gerufen. Eine Erwiderung von deutscher Seite wird in der nächsten Sitzung erwartet. Die fortgesetzt von französischer Seite verbreiteten Ge rüchte über die Vertagung der Abrüstungs konferenz bis zum November werden von deutscher Seite auf das entschiedenste als jeder Grundlage ent behrend bezeichnet. Die französische Regierung, die sich zweifellos auf der Abrüstungskonferenz in einer schwieri gen Lage befindet, sucht durch die Vertagung allen Schwie rigkeiten aus dem Wege zu gehen. Dagegen wird auf deutscher, italienischer und englischer Seite an der weiteren Durchführung der Konferenzarbeiteu unter allen Umständen festgehalten. Herriot Hai noch nichi gesprochen. Die halbamtliche französische Nachrichtenagentur Havas veröffentlicht eine Erklärung Herriots, in der er gewisse Darlegungen über die mutmaßliche Einstellung der neuen Regierung gegenüber den großen außen politischen Fragen wie Reparationen und Abrüstung aufs schärfste dementiert. Dieses Dementi richtet sich mit großer Wahrscheinlichkeit gegen die angeblichen Erklärungen Herriots, aus denen herausgelesen wurde, daß er noch sehr viel unnachgiebiger sei als Tardieu und Flandin und daß die Lösung der internationalen Fragen unter seiner Re gierung fast unmöglich würde. London ist pessimistisch. Die Londoner Citykreise beurteilten zum größten Teil die Aussichten für einen Erfolg der Lausanner Konferenz ziemlich pessimistisch. Es gebe wenig Leute, die noch daran glaubten, daß Englands Politik der Streichung der Reparationen und Kriegsschulden sich in Lausanne durchsetzen werde. Frankreich habe bisher kein Zeichen einer Änderung seiner Reparationspolitik gegeben. * Deutschlands Stellung unter den Mächten. Ein Rundfunkvortrag des Grafen Westarp. Graf Westarp sprach im Rundfunk über „Deutschlands Stellung unter den Mächten". Der Redner führt u. a. aus: Aus der Abrüstungskonferenz muß Deutschland aus der Er füllung des Vertrages bestehen, nach welchem die ihm auf gezwungene Entwaffnung des Versailler Diktats der erste Schritt zu einer allgemeinen Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen sein sollte. In dem Verhalten der anderen Mächte ist die Forderung der Gleichberechtigung Deutschlands, also der Aufhebung des Artikels 53, von der in erster Linie die Erfüllung des deutschen Rechtsanspruchs abhängt, noch wenig in den Vordergrund ge treten. Frankreich macht den Versuch, neue Sicherheitsab- kommcn an die Stelle einer wirksamen Abrüstungskonvention zu setzen, und den Vorschlag, die schweren Waffen oder gar sie zivile Luftschissahrt an den Völkerbund zn übertragen und diesem eine eigene Völkerbundarmee zur Verfügung zu stellen. Diese Winkelzüge stoßen bei Amerika und England aus ent schlossenen Widerstand. Ein weiterer Aufschub der Ent scheidung würde gleichbedeutend fein mit einer endgültigen Nie Arbeiten des Reichskabinetts. Das Reichskabinett setzte seine Beratungen über die Finanz-, Wirtschafts- und sozialen Fragen fort. In unter richteten Kreisen rechnet man damit, daß die Gesamt- beratungen des Reichskabinetts Mitte bis Ende der näch sten Woche abgeschlossen sind, da nach der Bereinigung der mit den sozialen Haushalten zusammenhängenden Fragen die Klärung der weiteren Fragen des Reichshaushaltes und der Arbeitsbeschaffung verhältnismäßig schnell von- statten gehen dürste. Es dürfte nunmehr feststehen, daß eine Vereinheit lichung der Arbeitslosenfürsorge nicht erfolgt. Es dürfte lediglich eine gewisse Angleichung der Krisenfürsorge an die Arbeitslosenversicherung erfolgen, und zwar dürfte sich bei beiden die Notwendigkeit herausgestellt haben, ote Unterstützungsdaucr zu verkürzen. Ablehnung ves Deutschen «zernagsanzprucyes aus vce au- gemeine Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen. Äußerste Festigkeit, gepaart mit vorsichtiger Klugheit der Ver treter des entwaffneten Deutschlands, sei in den nächsten Wochen mehr denn je unerläßlich. Auch -er Völkerbund soll sparen! Aussprache im Völkcrbundsrat über Einschränkungs möglichkeiten. Der Antrag der englischen Regierung auf grundlegende Ersparnismaßnahmen, Herabsetzung der Zahl und der Gehälter der Beamten beim Völkerbund gelangte im Völ kerbundsrat zur Verhandlung. Von französischer Seite sind Versuche im Gange, den englischen Vorstoß unwirksam zu machen. Auch der Generalsekretär des Völkerbundes, Sir Eric Drummond, hat dem Völkerbundsrat eine Denkschrift eingereicht, die sich gegen die Einschränkung des Völker- bnndshaushalts und die Herabsetzung der Gehälter der Völkerbundsbeamten ausspricht. Der englische Staatssekretär Eden wies darauf hin, daß in England Stimmen der Kritik an der Finanzgebarung des Völkerbundes laut geworden seien. Die englische Negie rung fei von der Notwendigkeit weitestgehender Ersparnis matznahmen durchdrungen, die heute in allen Ländern zu einer zwingenden Notwendigkeit geworden seien. Der Völ kerbund müsse sich in der Einschränkung seiner Ausgaben den von sämtlichen Regierungen heute ergriffenen Spar maßnahmen anpassen. * USA und Lausanne. Washington, 19. Mai. Zu der Meldung einer ame rikanischen Nachrichtenagentur, wonach man in amerikanischen Regierungskreisen überzeugt sei, daß in Lausanne voraussicht lich die europäischen Länder ein sechsmonatiges Schulden moratorium erklären würden und daß erst im November oder Dezember eine Echuldenregelungskonferenz siattfittden werde, ist festzustellen, daß der Standpunkt der amerikanischen Re gierung zur bevorstehenden Lausanner Konferenz unverändert ist. Die vorherrschende Ansicht ist allerdings, daß die Lausan ner Konferenz die Unmöglichkeit, die Schuldenzahlungen fort zusetzen, festftellen, aber doch keinerlei Neuregelung für die Zahlungen finden wird. Man hält es für wahrscheinlich, daß die am 15. Juli fälligen Zahlungen irgendwie umgangen wer den und die endgültige Zahlungsregelung einer Konferenz mit den Vereinigten Staaten Vorbehalten wird. Man bedauert je doch in unterrichteten Kreisen die Mitteilungen über angebliche Absichten der Vereinigten Staaten in der Schuldenfrage auf das lebhafteste, weil alle Gerüchte hierüber die amerikanische Regierung dazu zwingen, sie zu dementieren. Auch wird durch die Weitergabe derartiger Gerüchte eine etwaige Schwenkung in der Haltung der amerikanischen Regierung nur erschwert. Pessimistische Beurteilung der Lausanner Konferenz in der „City". London, 19. Mai. „Evening Standard" zufolge beur teilen die Londoner Citykreise zum größten Teil die Aussichten für einen Erfolg der Lausanner Konferenz ziemlich pessimistisch. Es gebe wenig Leute, die noch daran glaubten, daß Englands Politik der Streichung der Reparationen und Kriegsschulden sich in Lausanne durchsetzen werde. Frankreich habe bisher kein Zeichen einer Aenderung seiner Reparationspolitik gegeben. Das hätten die letzten Aeußerungen Herriots klar bewiesen. Herriot habe damit die Brücke zu seiner Partei und dem Kar tell abgebrochen. Allerdings, so meint das Matt, könne man bei Herriot noch mit einer Reihe von politischen Schwenkun gen vor der Zusammenkunft der Kammer im Juni rechnen. Auch bezüglich der Haltung Amerikas hegt „Evening Stan dard" keine großen Hoffnungen. Es scheint an eine Herabsetzung der Unterstützungsdauer auf je 16, nach anderer Lesart auf je 13 Wochen gedacht zu sein. Zum Ausgleich der Fehlbeträge in den Gemeinde- Haushalten dürfte man weiter an die Beibehaltung der Bürgersteuer denken, um die Unterstützung der Wohlfahrts erwerbslosen sicherzustellen. An weiteren Maßnahmen zur Ausgleichung der Sozialhaushalte dürfte an eine Kürzung der Invalidenrenten und an eine Einbeziehung sämtlicher Festbesoldeten, also auch der Beamten in die Krisensteuer gedacht sein. Eine Entscheidung ist jedoch in allen diesen Fragen noch nicht gefallen. Fest steht lediglich, daß die Einführung der Be dürftigkeitsprüfung für die Arbeitslosenversicherung und die Krisensürsorge abgelehnt worden ist. Nach Abschluß der Kabinettsberatungen wird der Reichskanzler dem Reichspräsidenten Bericht erstatten. Bis zu diesem Zeitpunkt sind anscheinend auch alle Personal-