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Oer ^ulammenbruck unserer feinäe. Nach den Schlachten von Tannenberg und an den masurischen Seen muhten wir, daß Deutschlands Schicksal im Osten in starken Händen liegt, daß ein Mann dort mit eiser nem Willen und ungewöhnlichem Können am Werke ist, um die Pläne unserer Feinde zu nichte zu machen. Wir wußten und hielten es als köstlichsten Besitz in dieser Zeit, da alle Werke sich wandeln und wanken. Der Name Hindenburg ist ein Symbol. Deutsche Treue, deutsche Ausdauer, deutsche Zähigkeit haben in vielem Manne ihren weithin strahlenden Ausdruck gefunden. Und was man auch immer von diesem Manne erhoffte und er wartete, er hat nickt enttäuscht. Der glänzende Sieg, den er jetzt nach einer wockenlangen Schlacht gegen einen sich hart näckig und verzweifelt wehrenden, an Zahl bei weitem überlegenen Feind erfocht, ist völlig ohnegleichen in der Geschickte, weil alle frühe ren Kriege keine Vergleichsmöglickkeiten bieten, sowohl in bezug auf die Masse der Kämpfer, als auch auf die Ausdehnung des Schlacht feldes. Das Genie Hindenburgs wandelte den zweiten russischen Angriff gegen Ost- preuk-en, Posen und Schlesien, der mit der Gewalt und Unwiderstehlichkeit wirken sollte, zu einem deutschen Erfolge um, der der weit aus größte der modernen Kriegsgeschichte und damit wohl der größte in der Geschichte über haupt ist. Man kann, wenn man sich die strategische Lage klar machen will, mit einer russischen Armee rechnen, die gegen Ostpreußen tätig war. und einer anderen, die neben Galizien als Hauptziel Przemysl und Krakau ins Auge gefaßt batte. Dazwischen stand die russische Hauptmacht, die wie ein Rammblock unseren Widerstand in der Richtung auf Schiessen zer schmettern sollte. Feldmarsckall Hindenburg faßte den Feind nicht an seiner schwächsten, sondern an seiner stärksten Stelle. Lodz war der Mittelpunkt, und bei Lodz gewann Hinden burg den Sieg, der ilim nun möglich machte, zu melden, daß alle russischen Armeen in Polen geschlagen sind. Natürlich dürfen wir, wenn wir Hindenburgs Strategie voll an erkennen, nicht vergessen, daß er besten Bei stand fand in der beispiellosen Tapferkeit der Truppen und der ebenso bewundernswerten Taktik unserer Verbündeten, die aus den linken Flügel der Russen einen Druck ausübten, der sich bis ins Zentrum fühlbar macken mußte. Was Rußland in diesem Kampfe auf einer Front von vielen hundert Kilometern ein gesetzt hat, ist alles gewesen, was das Zaren reich an ausgebildeten Mannschaften auf die Beine bringen konnte. Eine ungeheure Riesen woge wälzte sich gegen Deutschland und Osterreich-Ungarn heran. In neutralen Län dern und beim Dreiverband selbst zerbrach man sich bereits den Kops, welche Hauptstadt zuerst fallen würde, Wien oder Berlin. .Wir stehen 260 Kilometer vor Berlin", meldete stolz der russische Generalstabsbericht. — .Hinden burg auf der Flucht!" schrieben englische Blätter, als unser Generalfeldmarschall von Warschau aus den berühmten strategischen Rückzug antrat. Und nun folgten die Schläge hageldicht, prasselten die Hiebe auf den Gegner nieder, wo er sich nur Hindenburg und seinen Mannen stellte. Rußlands Macht ist zerschlagen! — Gewiß, sie liegt noch nicht am Boden, aber eine wesentliche Entscheidung kann sie im euro päischen Kriege nicht mehr herbeisühren. Väterchen Zar muß sich nun auf die Hilfs der Engländer und Franzosen verlassen, er muß abwarten, ob sie nun ihrerseits nach Berlin vorstoßen werden. Aber solchen Vor stoß traut man sich ja im Westen selbst nicht zu: denn ohne einen russischen Sieg können die Feinde im Westen nicht an einen aus sichtsvollen Angriff denken. Das weiß man im Westen, das wissen alle Neutralen. Schrieb dock vor einigen Tagen der gewiß nicht deutschfreundliche .Corriere della Sera', daß die Entscheidung im europäischen Krieg im Osten fallen müsse und daß dis Aussichten Deutschlands für diese Entscheidung nicht ungünstig seien. Und die .Neuen Zürcher Nachrichten' äußerten sich über die Kriegslage folgendermaßen: .In gut befestigten Stellungen werden die Russen sich zwar noch immer einige Zeit zu halten vermögen. Aber alle Anzeichen des kommenden Zusammenbruchs sind bereits da. Dann wird es eine Niederlage werden, wie eine gleiche die Kriegsgeschichte noch nicht gesehen hat. Mit dem Zusammenbruch aber steht man der Kriegslage bereits auf den Grund, denn die russische Kriegsmacht sollte ein tragender Balken des Landkrieges auf dem Festlande sein. Birst er, dann ist die Sache des Dreiverbandes auf dem letzteren verloren: denn auf dem westlichen Kriegs schauplatz ist sie auch nicht mehr zu retten. Vom Westen sind zwar neuerdings keine irgendwie entscheidenden Berichte angelangt. Aber die letzten Meldungen von dort fetzen der Lage doch einige Lichter auf. Die Ereig nisse auf dem rechten Flügel der französischen Front offenbaren alles. Das Bemühen der Verbündeten, die deutsche Front zu durch brechen, ist umsonst, während umgekehrt die Waffengänge bei Upern, Arras und am Nfer- kanal ein gewisses Versagen des linken Flügels der Verbündeten künden. Im ganzen genommen sieht man eine eiserne Mauer der Deutschen von den Vogesen bis Flandern, die in nicht zum Wanken zu dringender Festigkeit bastelst, während umgekehrt die französisch-englische Gegenmauer an ihren wichtigsten Stellen sich bereits brüchig zeigt." Diese Voraussagen haben sich erfüllt. Schon unter dem Eindruck der russischen Niederlage bei Lodz, die den jetzigen Zusam menbruch einleitete, schrieb die Londoner ,Daily Mail': .Wenn wirin den nächsten vier zehn Lagen hunderttausend Mann nach der Front senden könnten, so wäre der Kampf in Flandern vielleicht bald erledigt, aber weder wir, noch unsere Verbündeten können das. Wenn allo von Upern aus etwa ein Fort schritt gemeldet wird, so bedeutet das nicht etwa auch nur den Anfang vom Ende des Krieges. Vorläufig ist Deutschland noch gänzlich frei vom Feinde und sein Besitz Belgiens nicht im geringsten erschüttert. Zwischen dem, was wir erreicht haben oder in naher Zukunft erreichen 'können, und dem, was wir zu erreichen uns bestrebt haben, klafft eins ungeheuerliche Scklucht, die zu überbrücken die denkbar grö -ten Opfer aller Verbündeten noch immer nicht groß genug sein werden." Wenn — aber — vielleicht! Man wird unsicher. Das ist die Grundstim- mung in Frankreich und England. In Ruß land kennt man die Wahrheit nicht. Lernt man sie aber kennen, so wird es für die russischen Machthaber ein sürchterliches Erwachen aus ihrem Siegestraum geben. Mögen auch die englischen Minister jetzt noch prahlen, daß der Krieg nicht beendet werden kann, ehe sich die Verbündeten in Deutschland die Hand reichen: wir wissen, daß sie es machen wie die Kinder, die Lärm fchlagen, um ihrs Furcht zu verbergen. Wir wissen, da; unserer Armee und Flotte noch schwere Aufgaben harren, w ssen, daß wir allesamt noch Geduld und Ausdauer Haven müssen: aber wir wissen es auch heute ge wisser, als je, daß der Sieg endlich unser werden muß. Alle Vorbedingungen sind bei uns gegeben, während sie unseren Gegnern fehlen; alle Zeichen stehen für uns auf Sieg, und vor allem eines: Wir wollen siegen, koste es, was es wolle. Die ganze Nation ist einmütig zum Siege entschlossen. Darum werden wir siegen. Das walte Gott! LI. v. * * verschiedene Uriegsnachrichlen. Die Stärke der englikch-franzöfischen DardanellenVotte. Nach Athener Meldungen besteht das französisch-englische Geschwader, das die Dardanellen blockiert, aus sechs Groß kampfschiffen, und zwar aus vier eng lischen und zwei sranzöfiscken, sowie aus sieben Kreuzern, nämlich vier englischen und drei französischen, ferner aus zwei fran zösischen Minenlegern, acht englischen Zer störern, vier französischen Torpedobooten, Unterseebooten und zahlreichen Transport- sckiffen. Den Oberbefehl hat ein französischer Admiral. Die bisherigen englischen Offiziersverlnste. Das Londoner Preßbureau teilt mit, daß das englische Expeditionskorps bis zum 14. Dezember 3871 Offiziere verloren bat, nämlich 1133 Tote, 2225 Verwundete, 513 Vermißte oder Gefangene. Bis zum 11. November hatte der Verlust 2420 Offiziere betragen. Die Verlustliste enthält fünfzehn Generale, 108 Obersten, 322 Maiors, 1123 Hauptleute und 2303 Leutnants. VeurlckiLnäs Vergeltung. Schwere Verluste der englischen Flotte. Das Erscheinen unserer Kreuzer an Eng lands Ostküste hat im ganzen Lande Be stürzung und namenlosen Schrecken wach gerufen. Man bann es noch immer nicht fassen, daß die „Umeinnehmbarkeit Englands" kein unantastbarer Glaubenssatz ist, man ver mag sich nicht zu erklären, was die groß mächtige englische Flotte, auf die man so un- endlfch stolz war, eigentlich leistet, wenn sie nicht einmal die Beschießung und schwere Beschädigung befestigter Küstenplätze des Heimatlandes verhindern kann. Aus Kopen hagen wird berichtet, Ler Eindruck, den die Beschießung in England gemacht hat, sei kaum wiederzugeben. Furcht vor dem deutschen Einfall. Ein Kopenhagener Blatt schreibt: Nicht nur in den beschossenen Städten ist der Schreck und die Überraschung un geheuer, sondern auch die Londoner Be völkerung ist aufs höchste erregt. Das Gespenck des deutschen Einfalls macht heute die Engländer mehr erzittern denn je; das Mißtrauen gegen die eigene Flotte und ihre Führer ist um io levya ter, als die anfängliche Hoffnung, datz es den eng lischen Kriegsschiffen gelungen sei, den deutschen Kreuzern den Rückzug abzu schneiden, sich später ebenfalls als trügerisch erwies. Die letzte Nachricht der Admira lität lautete dahin, daz Lie englischen Kriegs schiffe alsbalo nach Einlaufen der Nach richt von Lem Bombardement der englischen Städte versuchten, die deutschen Kreuzer in einen Kampf zu verwickeln und ihnen den Rückzug zu verlegen. Der Plan mißlang aber; die deutschen Kreuzer zogen sich, unter Volldampf kämpfend, zurück und entkamen im Nebel. Das Volk ist nicht aogeneigt, zu glauben, daß sich hinter dieser unklaren Meldung der Admiralität eine neue schwere Niederlage der englischen Flotte verbirgt. Nach den letzten Meldungen aus den beschossenen Plätzen beschossen die Deut schen zunächst Äesthartlepool. Das Bom bardement begann um 8Vi Uhr. Die deut schen Kreuzer schossen aus großem Abstande, die Geichütze der Festung waren voll kommen machtlos. Die weitertragen den tlanonen der Kreuzer hätten die Festung in einen vollständigen Trümmer- hau en vsrwandeln können; die Beschießung Lauerte acker nur 25 Minuten. Die Beschießung von Scarborough begann gleichzeitig mit der Aktion gegen Hartlepool. Scarborough soll am meisten gelitten haben. Unter der Be völkerung brach eine unbeschreibliche Panik aus. Eine große Anzahl Einwohner flüchtete, notdürftig bekleidet, landeinwärts in die Nachbarorte und war nur schwer zu bewegen, zurückzutehren. Von den Granaten und den einstürzenden Häusern wurden zwölf Personen getötet und 24 verwundet. Am ganzen Morgen herrschte nebeliges Wetter, so daß vom Lande aus nicht erkennbar war, wieviel deutsche Kreuzer an der Aktion beteiligt waren. Die Zahl der Getöteten. Das englische Pressebureau teilt mit: Nach den letzten amtlichen Berichlen wurden in Hartlepool 55 Zivilisten getötet. In Scar borough wurden 25 getötet. In Hartlepool wurden außerdem 130 Personen verwundet. Durch ein Torpedoboot wurden sieben Ver wundete gelandet. — In der Presse ganz Englands kommt Schrecken und Wut zum Ausdruck. Manche Organe fordern energisch, die englische Flotte solle Wilhelmshaven zer stören. Man ist besonders empört, daß die englischen Behörden so wenig Wach samkeit entjaUeten. daß zwei Torpedoboote den deutschen Schiffen zum Opfer fallen konnten. In den meisten Organen wird betont, daß die Seeherrschaft Englands durch den Angriff der deutschen Flotte ebenso wenig beeinträchtigt wird, wie das Anlehen der Londoner Polizei durch einen Eindruck leide. Dieier .Überfall" werde die englische Admiralität nicht bewegen, größere Streitkräfte in der Nordsee, wo sie Angriffen von Minen und Unterseebooten ausgesetzt wären, zusammenzuziehen. Die einzige moralnche Wirkung werde sein, daß die Nation fester als je entschlossen sein werde, durckzuhalten und jeden Mann nach dem Festlande zu schicken. Also die englische Flotte, die .Beherrscherin der Meere", bleibt weiter im sicheren Port! Minen und Unter seeboote sind nicht nach ihrem Geschmack. Uns kann es recht sein. poLMlcbe KunMckau. Deutschland. "Als Gegenmaßregel gegen die schlechte Behandlung Deutscher in Frankreich wurden auf Veranlassung des General-om- mandos des 14. Armeekorps in Vwrzheim 14 Franzosen im dienstpflichtigen Alter fest genommen und ins Gefängnis gebracht. Die Franzosen konnten sich bisher vollständig frei bewegen. Es soll die Zwangs internierung aller wehr ähigcn Franzosen im Reichsgebiet erwlgen, falls die franzü ische Regierung die letzten deutschen Gegenvorstel lungen nicht zufriedenstellend beantwortet. Österreich-Ungarn. "Die Blätter Heven hervor, daß das Er gebnis der Zeichnungen von mehr als drei Milliarden Kronen auf die Kriegs anleihe in Österreich-Ungarn alle Er wartungen übertrifft, und ein glänzender Be weis der wirtschaitlichen Stärke der Monarchie genannt werden kann. England. " Nach einer Londoner Meldung verhandelt Rußland mit Londoner Banken wegen einer Aufnahme von vierzig Millionen Pfund russilÄerKriegsanleihein England. "Nach Berichten aus Dublin wächst die englandfeindliche Bewegung in ganz Irland und verursacht der Londoner Regierung die größten Besorgnisse. Es finden in Irland fortwährend Massenverhastungen statt, über die die Londoner Zeitungen nichts berichten dürfen. Italien. * Fürst und Fürstin Bülow sind in Rom angetommen. Am dem Bahnhofe hatte sich das ganze Personal der Botschaft und Senator Santini eingefunden. Ruhland. "Das Finanzministerium hat bedeutende Mittel bewilligt für die Organisation eines internationalen Wettbewerbs zur Auffindung neuer Gebiete der technischen Verwendung von Alkohol. Für Entdeckungen auf diesem Gebiete sollen Preise bis zu 100 000 Rubel bestimmt werden. 6s bi»ault ein Kuf. 18j Erzählung von Max Arendt-Denart. sTorUtSniiq.) Vergeblich suchten die Flieger höhere Regionen zu gewinnen; nach kurzem Kampfe gaben sie den Versuch, die deutsche Schlacht linie zu überfliegen, auf und verschwanden bald am Horizont in der Richtung über Lie Grenze. Die Erde erdröhnte vom Donner der Ge schütze, und es schien mitunter, als ob der Zug der zurückweichenden Franzosen von den Kämpfenden verfolgt würde. Nack zwei stündigem Marsch war der Hohenlindower in der Kreisstadt angekommen. Wie hatten die wenigen Tage das stille Städtchen verändert. Auf dem Marktplatz hatte eine französische Proviantkolonne ihre Zelte aufgeschlagen. Die Schornsteine der Feldbäckerelen rauchten, Wachtkommandos schrillten durch die Ruhe der Sommernacht. Alle Straßen lagen im tiefsten Dunkel — nur in allen Hausfluren glänzte durch die weit geöffneten Türen Licht, und an den Fenstern der Wohnungen waren Kerzen aufgestellt. Auf dem Rathause war die Kommandan tur eingerichtet. Dort herrschte reges Leben. Ordonnanzen kamen und gingen, Stabs ärzte und Offiziere drängten zur Meldestelle, Telephon und Telegraphenapparate schrillten und surrten. lind in all dem Lärm, in all Ler Unruhe, dachte der Hohenlindower an seine Söhne, dachte er besonders an seinen Jüngsten, der mit da draußen bei Hohen-Neuendorf stand und aus Lesse n Do verkett sein Herz in diesen leidoollen Stunden in der Einsamkeit einer von Moderduft erfüllten Aktenlammer mit ielbstsscherer Gewißheit zählte. Und der Vaterstolz ließ ihn alles Unge mach vergessen. Die Sache wollte es — noch immer batten die Hohenlindower siegreich standgehalten, wenn der Sturm sie zu brechen drohte. An jenem verhängnisvollen Abend, an dem Amelie d'Esiree den Versuch gemacht batte, Edwin von Carsten zum Verrat zu bewegen, war Oberst v. Rauppach nicht mehr in der Lage gewesen, dem seltsamen Wesen seines Leutnants nachzusinnen. Das Regiment war noch in der Nacht gegen den Vogesenvaß ab gerückt, und es war für niemand Zeit geblieben, sich mit irgendwelchen privaten Dingen zu be schäftigen. Nur fiel dem Oberst auf, wie un gestüm Edwin v. Carsten drängte» zum Pa trouillenritt zugelassen zu werden. Volle 26 Stunden war der Hohenlindower damals nicht aus dem Sattel gekommen. Es schien überhaupt, als ob er keinerlei Ruhebe dürfnis mehr empfinde. Wenn irgendeine Auf gabe zu lösen war, die Ausöauer und ganz be sonderen Mut erforderte, so war Carsten der erste, der sich zum Kommando meldete, und einmal, als Oberst RauppaÄ ihm Ruhe anempfahl und einen Nachtritt einem andern übertrug, flüsterte er: .Herr Oberst, ich bin noch manches der Sacke schuldig." Damals halte Oberst v. Rauppach darauf nicht geachtet; aber jetzt in den langen Nächteir, da man untätig beobachtend dem Feinds gegenüberlag, fiel ihm mancherlei wieder ein; aber er war ein guter Kenner der Menschenseele und wußte, daß Carsten eines Tages auck ohne besondere Frage von dem sprechen würde, was seine iunge Seele be drückte. Im übrigen aber lebten neben ihm und um ihn so viele Schicksale, daß er nicht einem ein einen seine ganze Teilnahme schenken konnte. Neun Tage batte das Regiment nun bei Wafferlingen gelegen. Nordwärts und süd wärts war gekämpft worden, aber die fran zösischen Truppenmassen aus Remiremont waren, als sie sich von der deutschen Kavallerie beobachtet sahen, in weitem Bogen nordwärts auf Metzeral marschiert, um dort die Armee zu verstärken, die nach Colmar durchbrechen sollte. Endlich, den Ungeduldigen viel zu spät, kam der Befehl, daß Las Hufarenregiment zur Flankendeckung der Artillerie, die gegen Hohen-Neuendorf angesetzt war, sofort abzu rücken habe. Ein Lftlfatmen ging durch Lie Reihen der Reiter. Einem aber war es wie die Befreiung von Zentnerlast. Jetzt endlich konnte er sühnen, wLs er gekehlt zu haben meinte, jetzt konnte er die Schmach abwaschen, die er durch seine verblendete Leidenschaft sich selbst zugefügt zu haben glaubte. Ein NaÄtritt von seins Stunden. Dann war das Gros erreicht, das von Straßburg und Metz herangezogen worden war. Zwei Tags lang währt,in die Kämpfe, dann endlich wich der Feind, und durch Meldereiter sowie durch Flieger wurde festgestellt, daß er seinen Rückzug gegen Mülhausen genommen habe, während seine Etappen in der Kreis stadt und in der kleinen nahegelegenen Grenze garniion blieben. Mit ungeheurer Schnelligkeit rückten die Deutschen den zurückweichenden Feinden nach. Dabei aber wurde nicht der Weg genommen, der durch die Dörfer führte, sondern die Ver folger brachten sich durch Eilmärsche in die rechte Flanke der Flüchtenden und schoben sich so zwischen die Abhänge der Vogesen und die Plätze, die die Franzosen besetzt hielten. In jenen Plätzen, die sie mit großer Über macht hielten; fühlten sich dis Franzosen aber als Herren. Der Oberbefehlshaber hatte einen Maueranschlag Herstellen lassen, der den Bewohnern mitteilte, daß an eine Räumung der Plätze, in denen jetzt Lie Republik das Kommando führte, nicht zu denken sei. Seit dem Tage, da das Huiarenregiment auf höheren Befehl seine Garnison verlassen hatte und nordwestlich an die Grenze gerückt war, hatte man in der Kreisstadt ket^e Nach richt mehr von der Stellung und von den Unter nehmungen der deutschen Truppen. Zwar hieß es hier und da. daß aus den Dörfern die Franzosen bereits wieder ver trieben waren und datz die Deutschen gegen die Kreisstadt vorrück.en; aber als immer mehr Flüchtlinge aus Alltornei, Grabow und Schiffmoor eintrasen, und als gar Herr von Carsten als Geisel eingeliefert worden war, lies; man die Hoffnung sinken. Die Franzosen freunde hatten das Heft in der Hand. Übrigens ließ es sich unter der Herrschaft der Ein dringlinge leben. Sie hatten ja ein Interesse daran, sich bei den Bürgern, auf deren Er gebenheit sie zählten, beliebt zu machen.