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Ottendorfer Zeitung : 13.11.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191411130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19141113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19141113
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-13
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 13.11.1914
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Oeutkklanäs frieäensllebe. Unsere Feinde haben sich gar nickt genug darin tun können, dem neutralen Auslande gegenüber Deutschland und den Deutschen Kaiser als Urbeber dieses fürchterlichen Krieges hinzustellen. Daß dies erbärmliche Lüge und Verleumdung ist, dafür liegen der Welt bereits die urkundlicken Beweise vor. Es ist im Gegenteil sestgestellt, das; von deutscher Seite das Äußerste getan worden ist, den Krieg zu vermeiden. Kaiser Wilhelm hat stets den Frieden gewollt, ost genug hat er in den 26 Iabren seiner Regierung sich als Schirmherr des Weltfriedens erwiesen, und ost genug haben das unsere Gegner selbst anerkannt, fa oft genug ist er sogar wegen seiner Friedensliebe belächelt und verspottet worden. England sucht seinen perfiden Überfall damit zu beschönigen, daß es sich heuchlerisch als Beschützer der belgischen Neutralität auf- svielt und Deutschland beschuldigt, Belgiens Neutralität freventlich verletzt zu haben. Auch das ist nichts als Lüge und Verleumdung. Denn es ist erwiesen, daß Frankreich und England schon vorher zu ihrer Verletzung ent schlossen waren und daß Belgien damit ein verstanden war. Nur. als eine schon lange an der Grenze lauernde Übermacht von drei Seiten über uns herfallen wollte, zogen wir das Schwert und das deutsche Volk erhob sich wie ein Mann. Wäre Deutschland der Ver letzung der Neutralität Belgiens durch Frank reich und England nicht zuvorgekommen, so wäre das gleichbedeutend mit Selbstvernichtung gewesen. Angesichts des Lügenfeldzuaes unserer Feinde sei auf eine kurz vor Ausbruch des j Krieges in Variier Blättern erschienene an gebliche Äußerung des Deutschen Kaisers hin- gewiesen, die gerade Deutschlands Friedens liebe im hellsten Lichte widerspiegelt. Als man den Deutschen Kaiser in den letzten Tagen der schwer heraufziehenden politischen Wetterwolken hatte dazu drängen wollen, den Gegnern zuvor zu kommen und lieber gleich den Krieg zu erklären, habe Kaiser Wilhelm geantwortet: „Ehe man mich dazu bringt, den Mobilmachungsbefehl zu unterschreiben, wird man mich dreimal darum angeben müssen." Ob diese Äußerung wirklich gefallen ist, möge dahingestellt bleiben, fedensalls ist es interessant, daß sie gerade in Pariser Zei tungen und kurz vor Ausbruch des Krieges verbreitet wurde, während Rußland schon die allgemeine Mobilisierung angeordnet hatte. Die Friedensliebe Deutschlands ist auch vor längern Jahren schon von unserm großen Strategen Hellmut v. Moltke nachdrücklich be tont worden. So äußerte er sich einmal: .Wir stehen unter den großen Mächten mitten inne: unsere Nachbarn im Westen und Osten haben nur nach einer Seite Front zu machen, wir nach allen: sie haben schon im Frieden einen bedeutenden Teil ihrer Heeresmacht nahe an unserer Grenze-stehen, während unsere Regimenter gleichmäßig verteilt stehen über das ganze Reich. Wir brauchen darin keine feindseligen Absichten zu suchen. Wenn unsere Nachbarn wirklich Gefahr von Deutschland besorgen, so handeln sie fa von ihrem Stand punkte recht, aber wir müssen doch mit diesen Verhältnissen rechnen. Hat der deutsche Michel überhaupt jemals das Schwert ge zogen, als um sich seiner Haut zu wehren?" Ein andermal sagte er: „Man möge die Geschichte unseres Jahrhunderts durchmustern und urteilen, ob von Deutschland die Kriege auSgegangen sind. Deutschland hat sein Ziel, Lie Wiedervereinigung, erreicht, es hat nicht die mindest Veranlassung, auf kriegerische Abenteuer auszugehen, aber es kann zur Ab wehr gezwungen werden und muß daraus vorbereitet fein." Wie genau übrigens der große Stratege unsere Nachbarn in Ost und West eingeschätzt hat, beweist folgende Äuße rung: »Die friedlichen Versicherungen unserer Nachbarn in Ost und West — während übri gens ihre kriegerischen Vorbereitungen unaus gesetzt fortschreiten —, diese friedlichen und alle übrigen Kundgebungen find gewiß sehr wertvoll, aber Sicherheit finden wir nur bei uns selbst." Auch in diesen uns aufgezwungenen Krieg find wir mit reinen Händen hinelngegangen, Ss braust em Kuf. 2j Erzählung von Max Arenbt-Denart. Kortlttzuna.) .Das ist nicht wahr!" schrie Edwin außer sich. Aber mit unerschütterlicher Ruhe fuhr Karl fort: „Es ist wahr! Denn dieses dämonische Weib kennt keine Liebe, sie kennt nur ihr Vaterland und dient nur dem heimlichen Kampf um die Wiedererlangung der verlorenen Provinzen." .Ich verbiete dir, so von meiner Verlobten zu sprechen." .Kinder," fiel Herr von Carsten ein, .ich denke, wir beenden diese Unterreduna, indem wir noch einmal ihre praktischen Ergebnisse zusammenfasien. Edwin schreibt noch in dieser Stunde sein Abschiedsgesuch und wird bis zu seiner Genehmigung hier im Haule bleiben: da er vorläufig doch Urlaub erbeten hat. Ist Las Abschiedsgesuch genehmigt, werden wir über seine Zukunft reden können." Er winkte seinen beiden Ältesten, dis sich still entfernten. Dann trat Herr von Carsten auf Edwin zu, der wieder auf einen Sessel gesunken war, der seiner Jugend geheime Schmerzen so ost gesehen hatte. „Edwin," sagte er, «es muß lein. Glaub mir, es ist das beste für uns alle, und dir selber erspart es großes Leid. Vor dir siegt mit deinen dreiundzwanzig Jahren noch die ganze Welt. Du kannst, wenn dein Herz so unauflöslich an dem jungen Mädchen hängt, ein neues Leben beginnen wenn du nickt mehr Ojßzier bist." und wir werden mit reinen Händen aus ihm herausgehen, aber wir werden ihn aegen eine Welt von Feinden bis zum siegreichen Ende führen, wir werden unsere Gegenwart und unsere Zukunft für alle Zeiten sichern. Wir verteidigen unseren Besitz an materiellen und geistigen Gütern, aber wir bleiben, was wir waren: ein duldsames und friedliches Volk, das den Krieg nicht um des Krieges willen führt, sondern für einen Frieden, der nicht nur uns. sondern allen friedliebenden Völkern zum Segen gereichen wird. verschiedene Uriegsnachrichten. Fortschritte im Weste». Nack schweizerischen Blättern sind in den letzten Tagen die Deutschen überall in Belgien und Nordfrankreich energisch zum Angriff übergegangen. Bei Arras griffen die Deutschen heftig an, sie versuchen den Kanal durch das Departement Artois zu erreichen. — Aus Bern, Rotterdam und Amsterdam wirb übereinstimmend gemeldet, daß die Engländer, Franzosen und Belgier bei den Kämpfen am Jserkanal ungeheure Verluste gehabt haben. Die neuen Opfer der Karlsruhe. Nach dem -Nieuwe Rotterdamsche Courant' war das größte der van der „Karlsruhe" an der brasilianischen Küste zum Sinken ge brachten Handelsschiffe, die „Vandnck", ein Dovvelschraubendampfer. Der Wert dieses Schiffes wird auf 230000 Pfund Sterling Mill. Mark) geschätzt, der Wert der Ladung (Fleisch und Korn) auf 100000 Pfund Sterling. Die „Surstdale" und .Glanton" sind Schiffe von 2787 bezw. 3021 Tons. Mit Ladung wird ihr Gesamtwert auf 84 000 Pfund Sterling geschätzt. — Der chilenische Gesandte in Lon don hat im Namen seiner Regierung Ein spruch gegen den von englischer Seite ge machten Vorwurf erhoben, daß Chile mit Bezug auf den Kampf im Stillen Ozean nicht Neutralität gewahrt habe. In einer langen Denkschrift setzt der Gesandte auseinander, daß seine Regierung durchaus richtig gehandelt und keine der kriegführenden Parteien je bevorzugt habe. Nachdem Eng land die europäischen Neutralen und Nord amerika bereits schwer verletzt hat. scheint es jetzt auch die südamerikanischen Staaten vor den Kopf zu stoßen. Wohl ein Zeichen seiner Unsicherheit! Die Haltung Spaniens. In Paris herrscht eine zwiespältige Stim mung hinsichtlich Spaniens und Portugals. Die Enthüllungen, nach denen Portugal eine spanische Nordprovinz als Kriegspreis versprochen erhielt, haben in Madrid ungeheures Aufsehen erregt. Trotz eines Ableugnungsversuches in London und Paris herrscht allgemein die Überzeugung, daß Portugal dieses Versprechen tatsächlich gemacht worden ist: sonst könnte Portugal in seiner schwachen Stellung sich unmöglich für den Krieg begeistern. * Erfolge der Türken. Aus dem türkischen Hauptguartier werden neue Erfolge gegen England nnd Rußland gemeldet. Die türkischen Streitkräfte haben die ägyptische Grenze überschritten und bei Akaba die englischen Landungstruppen vernichtet. Die russische Schwarze meerflotte bat sich in ihre Häfen zurückgezogen. Die Türken haben aufs neue Sewastopol bombardiert. In die Hafeneinfahrt wurden Minen ge legt. — Nach der .Frankfurter Zeitung' hat der Scheik des Senussi, der bisher in der Cyrenaika unermüdlich gegen Italien kämpfte, seine Streitmacht aus der Cyrenaika zurück gezogen und nach Ägypten gegen die Engländer geschick. (Die Türkei h alt also Wort. Sie hatte versprochen, den „Heiligen Krieg von Tripolis fernzuhaiten, so lange Italien neutral bleibt. * Der junge Carsten richtete sich auf. Müh sam brachte er die Worte hervor: „Kann ich nicht wenigstens eine Frist er bitten? Ein einziges Vierteljahr. Bis nach Beendigung Les Manövers. Ich möchte einen Abschied mit allen Ehren!" „Aber Junge!" rief der alte Mann, „das ist doch selbstverständlich. Einen Abschied mit allen Ehren, den müssen wir Haden!" Und Edwin Carsten setzte sich an den Schreibtisch. 2. Vom Schlöffe Hohenlindow führt eine vielfach gewundene Landstraße zu den Dörfern, die zum Gutsbezirk gehören. An einer Brennerei vorüber führt der Weg über den stolzen Fluß, der kurz vorher schiffbar wird, zunächst zur weltberühmten Schneide mühle, um dann hinter dem stattlichen Forst haus in dem ersten Dorle Schiffmoor zu münden. Dahinter liegen Grabow, Alttornei und Neuendorf. Auf der holprigen Dorfstraße schritt eine lange breitschultrige Gestalt, ein Mann in den besten Iabren, den Blick finster zur Erde gesenkt, als drücke ihr eine schwere Last und als beherrsche ihn eine ohnmächtige Wut. Und hinter ihm drein lugten die Dorfbe wohner durch die dicht verhangenen Fenster, während ein paar Jungen riefen: „Macht Platz, der Einödvauer kommt!" Anton Ferchhammer Iah nicht auf, er ver folgte seinen Weg, bis er ziemlich am Ende »m Schiffmoor vom Dorfschulzen angesprochen wurde. Aus dem Fenster keines niedrigen Haujes sah das kleine spitze Gesicht Siewerts. „Die pestartige» Engländer." Der Burengeneral Dewet denkt — im Gegensatz zu englischen Lügenbsrichten — nicht daran, mit England zu verhandeln. In einer Rede, die er im Oraniefreistaat hielt, wandte er sich gegen „die elenden pestartigen Eng länder". Er erklärte, ganz Südafrika werde gegen Bothas englandfreundliche Politik sich erheben. In Pretoria beabsichtigt Dewet eine freie unabhängige süd- afrikanische Republik zu gründen. — Im Gegensatz zu Londoner Meldungen, die von einer günstigen Aufnahme der eng lischen Militärdiktatur sprechen, wissen Privat nachrichten davon zu erzählen, daß die Er folge der türkischen Flotte im Schwarzen Meere in ganz Ägypten große Befriedigung hervorgerufen haben. Euro päer, die Beziehung zu eingeborenen Kreisen haben, versichern, daß sowohl unter den Fellachen, wie unter einem großen Teil der Stadtbevölkerung die Absicht besteht, einen türkischen Angriff auf Ägypten nach Kräften zu unterstützen. China kriegsbereit. Auf eine Anfrage der russischen Regierung wegen der Trupv env erstärkung an der chinesischen Grenze hat die Pekinger Regierung entschieden ablehnend geantwortet und bemerkt, daß das feindselige Verhalten Rußlands und des nachweislich mit diesem verbündeten Japan, sowie die von beiden Staaten genährte Hetze in China alle Vor- fichts- und Abwehrmaßregeln der Regierung rechtfertigen. Die chinesische Regierung bat auch dis Getreide-Ausfuhr nach russischen Gebieten untersagt. Die Behörden haben demzufolge die Ausfuhr nach Charbin gesperrt. Die militärischen Vorbereitungen Chinas gelten als vollendet. Es heißt, daß dis chinesische Regierung nunmehr sowohl in Petersburg als auch in Tokio entscheidende Schritte zu unternehmen gedenke. Oer fall Tsingtaus. Während in der Millionenschlacht im Norden Frankreichs die deutschen Heere in schweren Kämpfen mit jedem Tage mehr Boden gewinnen, während in Polen sich ent scheidungsvolle Kämpfe vorbereiten, hat fick weit draußen. im fernen Osten das Schicksal unserer Kolonie in China erfüllt. Die deutsche Kulturarbeit vieler, vieler Jahre ist eine Beute der japanischen Räuber und ihrer englischen Diebesgenoffen geworden. Der Ausgang war vorauszusehen: denn bei der zehn- bis fünf zehnfachen Übermacht des Feindes war nicht daran zu denken. Tsingtau zu halten. Deutsch lands Söhne haben dort heldenhaft gekämpft, und sie können mit Stolz von sich sagen, sie haben gegen einen hinterlistigen Feind alles verloren, ausgenommen die Ehre. Der Heldenkampf, der drei Monate lang gegen eine ungeheure Übermacht geführt wurde, ging allein um die Ehre, es war der Verzweiflungskampf einer kleinen Schar gegen ein ganzes Volk. Die Kriegsgeschichte ist reich an Berichten über die Verteidigung von Festungen, die dem Ansturm des Gegners bis zum letzten Augenblick trotzten, um entweder auf die Entsetzung durch eigene Truppen zu harren, oder um stärkere feindliche Heere auf sich abzulenken und so lange wie möglich fest zuhalten: aber die Weltgeschichte kennt wenige Taten wie die der kleinen Verteidigerschar von Tsingtau, die sich opfert, ohne dabei irgendwelche strategischen Vorteile von Be deutung für die Kriegsoperationen Deutsch lands erzielen zu können, nur der deutschen Ehre willen. Der Ausgang des großen Vötkerringens kann selbstverständlich von dem Falle Tsing taus nicht berührt werden, über das Schicksal dieses Krieges und der kämpfenden Völker entscheiden ausschließlich die Schlachten in Nordfrankreich und Polen. Und dennoch sind wir von der Kunde tief erschüttert. In den Kämpfen in Ost und West sorgt jedes einzelne deutsche Haus sich um einen oder mehrere Angehörige. Dort draußen in China hatten nur wenige Familien Anverwandte. Und dennoch waren aller Augen auf die ferne Kolonie gerichtet: denn dort draußen spielte .Einödbauer, geht's net durchs Dorf! Gelt, ihr wißt's warum ich euch's rate!" Das Fenster flog wieder zu. Anton Ferch hammer aber tat, als habe er die Beleidigung nicht vernommen. Er setzte seinen Weg fort. Endlich war er an das letzte Haus in Neuenhagen gekommen. An der Hoftür lehnte ein hagerer, sehnig gebauter Mann, dessen unstete Augen unter den haarlosen Lidern neugierig die Landstraße beobachteten. Als er den Kommenden erblickte, reckte er sich auf; ein seltsames Leuchten glitt über seine Züge, und mit verbissenem Groll murmelte er vor sich bin: „Wie, der Anton Ferchhammer vom Einödhofe? Was hat denn den heute zum Sonntag aus seiner Einsiedelei Heraus getrieben? Wenn der sich sehen läßt, an dessen Händen ungesühnt vergossenes Blut klebt, gibt's sicher ein Unglück im Dorfe. Aber ich fürchte mich nicht vor ihm und vor den Blitzen seiner Satansaugen. Ich will ihm zeigen, daß ich noch der Alte bin." Er trat einige Schritte vor, stellte sich breitspurig dem einsamen Wanderer in den Weg und schlug Lie Arme herausfordernd über der Brust zusammen. „Du lebst also noch, Anton Ferchhammer?" fragte er mit erhobener Stimme, damit ihn auch die Nachbarschaft hören könne. „Ich glaubte, du wärest längst mit dem Leib haftigen davongefahren. Sag' doch noch ein mal, wie war die Geschichte damals mit meinem Bruder? Du warst net Labei, wie? So hast' ja wohl damals gesagt, und man hat dir mit deinen Leufelskünsten ge glaubt." Anton Ferchhammec antwortete auch dies- sich nicht nur die Tragödie einer unvergleich lichen Heldenschar ab — es war der Kampf des Deutschtums, der Kultur gegen das Bar barentum. Tsingtau war ursprünglich als Flotten stützpunkt gebaut, und in einem .Kriege mit England, Rußland oder Frankreich, ja selbst in einem Kriege mit allen drei hätte es als Stützvunkt für die deutschen Kriegsschiffe gute Dienste leisten können. Aber Japan gegen über. das seine ganze Land- und Seemacht an die Gewinnung der Kolonie setzen konnte, war es auf die Dauer wehrlos, besonders gegen die Angriffe von der Landseite. Wohl möchte man hier und da nach der Kriegs erklärung Japans den Vorschlag. Deutschland solle, um Blutvergießen zu vermeiden, die Kolonie China oder Amerika übergeben. Aber Kommandant und Besatzung entschieden anders. Sie zogen den sicheren Untergang nach heldenmütigem Kampfe vor. Ehre ihrem Andenken, und einhelliger Racheschwur den Urhebern dieses Raubes! Vestmanv. Die letzte Stunde des Kampfes. Nach den spärlichen japanischen und eng lischen Meldungen hat fick die Besatzung Tsingtaus bis zum letzten Augenblick aufs äußerste gewehrt. Über die Bedin - gungen der Übergabe wird nichts mit geteilt, und Nachrichten darüber sind, da Eng land im Besitze aller Kabelverbindungen ist, nur nach und nach zu erwarten. Der helden mütige Kommandant Meyer- Waldeck wurde am letzten Tage in den Kämpfen ver wundet. Eine Kundgebung des Deutschen Reichstags. Anläßlich des Falles von Tsingtau hat der Präsident des Reichstages, Dr. Kämpf, folgendes Telegramm anKaiserWtlhelm gerichtet: „Das ganze deutsche Volk ist bis ins Innerste erregt und ergriffen angesichts des Falles von Tsingtau, das, bis zum letzten Augenblick todesmutig verteidigt, der Über macht hat weichen müssen. Ein Werk deutscher Arbeit, von Euer Kaiserlichen und Königlichen Majestät unter freudiger Anteilnahme des Volkes als Wahrzeichen: „Stützvunkt deutscher Kultur" errichtet, fällt dem Neide und der Habsucht zum Opfer, unter deren Flagge sich unsere Feinde verbündet haben. Der Tag wird kommen, wo die deutsche Kultur im fernen Osten von neuem den Platz einnehmen wird, der ihr gebührt, und die Helden von Tsingtau werden nicht vergeblich ihr Blut ver- gossen und ihr Leben geopfert haben. Euer Kaiserlichen und Königlichen Majestät bringe ich namens des Reichstages die Gefühle zum Ausdruck, die in diesem Augenblicke das ganze deutsche Volk beseelen. Österreichs Teilnahme. Alle Blätter beklagen den Fall Tsingtaus, der aber ein unvermeidliches Ereignis ge wesen sei. Sie widmen Worte der Bewunde rung und des ehrenden Gedenkens der kleinen Heldenschar, die gegen eine hundertfache Über macht länger als zwei Monate bis zum Ende ausharrte. Das.Fremdenblatt' schreibt: Die Menscheit hat wohl kaum ein helden hafteres Schauspiel gesehen, als die auf''verlorenem Posten stehenden Verteidiger Tsingtaus es boten. Wir in Österreich-Ungarn find stolz, daß an diesem Nibelungenkampf österreichisch-ungarische Seesoldaten teil nehmen konnten, Sckulter an Schulter mit dem Bundesgenoffen kämpfend und sein Los zu ihrem eigenen machend. Rache für Tsingtau zu nehmen wird jedes Deutschen sehnlichster Wunsch sein. — In ähnlichem Sinne äußern sich alle andern Zeitungen. Die Zukunft Kiautschous. Der japanische Unterstaatssekretär der Marine erklärte, wie aus Tokio nach London berichtet wird, in einem Gespräch über die Zukunft Kiautschous, daß Japan während der Dauer des Krieges Ts sing tau ver walten und nach denrKrtege Ver handlungen über das Gebiet mit China einleiten werde. — Nach dem Kriege wird Deutschland über die Zukunft Kiautschous ein kräftiges ^Wort mitsprechen. mal nicht. Er senkte den Kopf noch tiefer und ging fürbaß. Als aber hinter ihm drein das höhnische Lacken des Bückwaldbauern erscholl, ward sein Gesicht, in das zwar Leid seine Runen gegraben hatte, das aber immer noch von edler Männlichkeit und einstiger Schönheit zeugte, um einen Schatten bleicher. Die Lippen zogen fick in herbem Schmerz zu sammen, und aus dem großen dunklen Auge fuhr ein Blitz zur Erde nieder, in dem Ver achtung und Bitterkeit leuchteten. „Gut'n Tag, Herr Ferchhammer!" hörte er in diesem Augenblick eine weiche melodische Stimme. Verwundert blieb Anion Ferch hammer stehen und hob den gesenkten Kopf. An dem Zaune des Gartens, der zu des Buch waldbauern Besitzung gehörte, stand mit ver legenem Gesichtchen ein etwa achtzehnjähriges Mädchen, das unter dem ernsten forschenden Blicke des Mannes die Augen niederschlug, als habe es eine Sünde begangen. „Grüß Gott, mein Kind! Wer bist du, daß du dem Verfemten Len Gruß nicht ver sagst?" „Ich bin Antonie Wehrlin, die Tochter des Buchwaldbauern, der jetzt zu euch gered't hat," antwortete sie zögernd. „Des Buchwaldbauern Tochter? Du bist seine Tochter und magst mich dennoch grüßen?" „Ich grüß euch gern." Das junge Mädchen blickte auf und ihr Auge suchte wie bittend das seine. «Ich hab' alles gehört, was der Vater Schlimmes zu euch gesagt hat, und — und —" „Und wolltest wieder gutmachen, was er mir wehe getan hat?"
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