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Ottendorfer Zeitung : 18.11.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191411180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19141118
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19141118
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-18
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 18.11.1914
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6äuaräs Saat! Man soll die Toten rüden lassen. Und man soll von ihnen nur das Beste reden. Aber es gibt einen Toten, der mit fürchterlicher Stimme aus dem Grabe zu uns spricht, der uns keine Ruhe lässt und der auf seine Fragen Antwort heischt. Und diesem Toten sind wir Wahrheit schuldig, nackte Wahrheit: denn er hat uns das Weltbild entschleiert, dass alle Hemmnisse sielen, daß Blutbande und Freund schaft sich lösten, dass jeder Vertrag zerrissen, jedes Versprechen gebrochen, die Vorherrschaft der weißen Rasse in Frage gestellt und der Weltenbrand entfesselt wurde. Du bast's er reicht, Eduard, der der siebente seines Namens war und der sich sür das lange Warten auf den Thron durch eine leidenschaftliche Geschäf tigkeit entschädigte. Er ruht nun in Westminster Abtei und ruht doch nicht; denn der Weltendrand, der jetzt entfacht ist, und der vom Newastrande bis urm Kap der outen Hoffnung, von Calais bis Tokio seine Feuerzeichen auflodern läßt, ward einst von ihm vorbereitet. Und wenn der Tote auch nicht mehr Zeuge dieser Neu gestaltung der Welt sein konnte, so lebt doch sein Geist unter den Asquith, Grey, George, Churchill und Kitchener, so ist es doch seine Diplomatie, die heute ihre blutigen Triumphe feiert. Nur daß sich nicht alle Wünsche des großen Toten restlos erfüllten. Als er im /Zahre 1907 gen Cartagena und Gaeta zog, geschah es, um auch Spanien und Italien für die Einkreisung Deutschlands zu gewinnen. Hier versagte sein Genie. Der junge König Alfons kannte die Ge schichte zu gut; er wußte, was auf Englands Versprechungen zu geben sei und er tat recht daran, als er beim Festmahl, das sie im kleinen Kreise einnahmen, ganz ungeniert die Rückgabe Gibraltar als Preis sür seine Bundesgenoffenschaft forderte. In Italien war damals Eduard mit Begeisterung begrüßt. Das italienische Volk sah in ihm noch den Beherrscher der Welt, dessen unbeschränkte Macht Bewunderung heischte. Im auswärti gen Amte in Rom dachte man kühler. Alle leitenden Persönlichkeiten — Sonnino, Giolitti, Luzzatti — waren sich darüber einig, daß Eduards Sirenensang Bitternisse berge, die nicht in ihrem vollen Umfang zu ermessen waren. Und noch einen anderen Fehler hatte Eduards geistvoller Plan, der darauf abzielte, den Nebenbuhler auf dem Weltmarkie zu zer schmettern. Er hat die Lebenskraft des Islam falsch eingeschäht. Als England sich auf Eduards Antrieb zu dem ungeheuerlichen Schritt entschloß. Rußland für seine Pläne zu gewinnen und ihm dafür den sreien Weg nach Konstantinopel in lockende Aussicht zu stellen, glaubten die Drahtzieher am Themsestrand, der Islam sei eine überwundene Welt anschauung, der Khalif von Stambul sei ebenso ohnmächtig wie der Sultan zu Kon stantinopel, Las Land, dem man ungestraft die Länder ums Schwarze Meer, Ägypten, Marokko, Tunis, Algier abnehmen durfte, sei am Ende seiner Kräfte, Nun ist Eduards Saat üppig aufgegangen, der Traum vom Weltenbrand ist fürchterliche Wahrheit geworden. Nur daß Old good England nicht daheim sitzen und sich am Feuer des Erdenballes Lie Hände wärmen kann, sondern daß es durch Deutschlands Andringen gezwungen worden ist, teilzu nehmen an dem Riesenlampf und sich mit seinem lebten Mann und seinem letzten Schiff um die eigene Existenz zu schlagen. Ferner denn je ist Rußland der Ha^sla Kolla in Kon stantinopel, ohnmächtiger als je das eitle Frantreich, und in Ägypten, Indien und Süd afrika hat der Weltenbrand die Herzen ent zündet, daß sie ihrer Knechtschaft inne werden und das Joch abwerfen. Und wer weiss, was noch im Zeitenschoße schlummert. Noch steht Bulgarien Gewehr bei Fuß, aber es hat bereits seine Forderungen bet Serbien angemeldet, noch läßt Amerika die Waffen ruhen, aber es kann nicht untätig dem weiteren Vordringen des gelben Bundes genossen Eduards zusehen, noch rührt sich China nicht, und Rumänien kämpft förmlich um Ausrechterhaltung seiner Neutralität. Aber lange kann das Spiel nicht mehr dauern. dann werden neue Kriegsherde geschaffen sein. Eduards blutige Saat! Wer in das Feuer blies, darf sich über die lodernde Flamme nicht wundern. Eduards wunderseiner Plan! Nur daß nicht eine ganze Welt sich auf Deutschland wirft, sondern daß die Völker der Erde bunt durcheinander gewürfelt, in zwei Gruppen gegen einander fechten, den Entscheidungs kampf um die Frage, yb das heilige Recht noch eine Stätte tn der Welt hat, oder ob Machthunger und Ländergier das Zepter schwingen sollen, ob Niedertracht, Wortbruch und Hinter! st die Herrschaft führen oder ob Treue und Wahrheit, Gerechtigkeit und Frei heit triumphieren tollen. Eduards blutige Saat! Was nach der fürchterlichen Ernte bleibt, wird sich durch sich selbst rechtfertigen. verschiedene Uriegrnachrichlen. Das Feuermeer von Bvern. Aus Sluis (holl. Grenze) wird nach Amster dam berichtet: „Wir hören hier immer neue gewaltige Explosionen, die Häuser erschüttern. Die Deutschen fahren fort, die zahlreichen Brücken über den Leopoldskanal (im Osten non Ostende) zu sprengen als Schutz gegen mögliche englische Landungen der Feinde. Die Deutschen bombardieren Dpern, Flieger werfen Bomben hinein. Eine Anzahl Häuter brennen, Kirche und Rathaus sind ernstlich beichädigt, doch die Stadt im ganzen brennt nicht. Aus Briefen belgischer Soldaten erhellt der mörderische Charakter der Nerkämpfe: darin heißt es u. a.: „Wir glaubten, nachdem wir Lüttich, Mecheln, Th-enen, Nefge. Antwerpen durckgemacht, in Frankreich etwas Ruhe zu betommen, wurden hier aber in die er sie Linie ge st eilt. Zehn Tage haben wir die Laufgräben nicht verlassen." Zum Untergang des „Niger". Zum Untergang des englischen Kanonen bootes „Niger", das im Häfen von Dover durch ein deuttches Unterseeboot vernichtet wurde, wird durch italienische Blätter ge meldet: Tausende Personen waren mittags bei Deal nächst Dover Zeugen des Untergangs des von einem Seutschen Unterseeboot getroffenen Kanonenboots„Niger". Außer zwei Matrosen wurde die ganze Mannschaft von Torpedobooten und Schlepp dampfern gerettet. Nach zwanzig Minuten explodierten die Kessel und der „Niger" versank völlig. * „Die Generale weinen." Einem Feldpostbriefe eines badischen Kriegsteilnehmers entnimmt die.Weinheimer Ztg/, daß die Franzosen in den Dörfern bei Arras folgendes Telegramm in franzö sischer Sprache angeschlagen hatten: „Die Russen sind in Berlin eingedrungen. Der Kaiser und die Kaiserin haben fluchtartig die Stadt verlassen. Die Deut schen sind zwilchen Verdun und Toul voll ständig eingeschlossen. 40O00 Mann ihres letzten Aufgebotes Haven sie einberufen. Ihre Generale weinen!" — Wie die Franzosen ihre eigenen Truppen und ihr Volk zietvewußt belügen, zeigt auch die verbürgte Mitteilung, daß vor einigen Tagen das Offizierkorps eines uns gegenüberliegenden französischen Truppenteiles die Kapitu lation d er Festung Metz mit Festmahl nnd Ballfestlichkeiten beging. — Ein amtlicher Anschlag gab ausdrücklich bekannt, daß General v o nKluck mit einer Armee von 80000 Mann in Lie Gefangen schaf t gegangen sei. Russische Gewaltakte gegen Deutsche i» Persien. Die deutsche Kolonie von Täbris, die sich auf dem Wege nach Teheran befand, ist von russischen Streitkräften angegriffen und mit Frauen und Kindern aufgehoben worden, um nach Rußland in die Gefangenschaft verschleppt zu werden. Versuche von deutscher Seite, die persische Regierung zur Befreiung der Ge fangenen zu veranlassen, wurden durch die Furcht der Perser vor Len Russen vereitelt. Der deutsche Konsul wurde mit seinem Archiv durch das rechtzeitige Eingreifen der amerika nischen Gesandtschaft vor den Russen gerettet. Die Lage im Kaukasus. Das Militärkommando des Kau kasus verlangte aus Petersburg tele graphisch Verstärkungen, weil die türkischen Trnvvenbestände an der kau kasischen Grenze weit grösser seien, als man angenommen habe, überdies sei die Be völkerung unzuverlässig. Der Kriegs minister Suchomlinow wird in Begleitung höherer Stabsoffiziere in Tiflis erwartet. Es geht also „üie Not an den Mann!" Der russische Ministerrat hat die Aufforderung der persi chen Regierung, die russischen Truppen aus Werften abzuberusen, ab- gelehnt. Damit hat Rußland die persische N e ul r a lität o e rl etz t. Es verlautet, daß Persien noch dis Vermittlung Enqlanrs ange rufen und betont habe, daß es genötigt sein werde, mit bewaffneter Hand seine Neutralität zu schützen und zunächst die russischen Truppen aus den persischen Städten zu entfernen, aber auch Ler Türkei keinen Widerstand entgegensetzen lönne, wenn diese zur Unterstützung der persischen Regie rung türkische Lruvven nach Persien entiende. Bittere Wahrheiten über England. Mit jedem Tage verliert England durch sein Auftreten gegenüber den Neutralen und durch seine ganze Haltung mehr Freunde in der Welt. Das zeigt so recht ein Artikel der -Washington Polt', eines Blattes, das seit Beginn des Krieges lebhaft für den Drei verband eingetreten ist. Seine Ausführungen sind deshalb doppelt interessant. Das Blatt schreibtl England hat in diesem Kriege einen un wiederbringlichen Verlust an seinem Ansehen erlitten. Lie dürftigen Leistungen, Vie Eng land bisher im j^riege aufwies, trugen dazu« bei, die Verbündeten zu entmutigen und deren Freunde zu entfremden. Obwohl Millionen tapferer Manner für Heer und Flotte verfüg bar waren, obwohl die Existenz des Reiches auf dem Spiele steht, waren die Regierenden Englands zu schwach und zauderten und.ent- behrlen der Entschlußkraft. Dem englischen Volke muß der Atem ausgegangen sein bei den Nachrichten von der Beschießung von Narmoüth und der Vernichtung des--Ge ich waders des Admirals Craddock vor Chile. Was wird aus der englischen Seeherr- schast? Ist der alte Geist tot ? Die deutsche Flotte ist eine neue Schöpfung, ihre Komman danten und Seeleute und verhältnismäßig Neulinge. Sie vollbrachten dennoch Wunder an Wagemut und Tüchtigkeit, während die an Stärke überwältigende engliiche Flotte an innerer Fäulnis zu leiden scheint. Wenn die englische Flotte keine Nelsons mehr hat, warum überträgt England das Oberkommando der verbündeten Floiten nicht dem japanischen Admiral Togo? Die Verminderung des englischen An sehens wirkt empfindlich auf die Verbündeten und ent remdet ihnen- die Sympathien der Welt. Wenn England sich nicht selbst helfest will, kann es nicht erwarten, daß andere ihm helfen. Die Welt hat für Verlierende keine Zeit. Wenn eine Nation'sich einmal auf-Kb- steigender Linie bewegt, sinkt ' sie" bald zu Niederlage und Untergang herab. Ihre ,Ver gangenheit beaeutet nichts, wenn sie nicht in der Gegenwart siegen kann oder will. Englands Fall aber wird erst vollkommen durch den Aufstand in Ägypten, den die eng lische Regierung, um , ihre Schwäche , zu be mänteln, vergeblichoertuschen will. Nun muß es, da italienische Zeitungen in Kairo den Ausbruch des Krieges zwischen der Türket und England ausführlich beschrieben haben, den Kriegszustand über das Land verhängen. Die Eingeborenen verachten Englanü, und merkwürdig berührt der fortwährende Wechsel der Garnison von Kairo und das geheimnis- volle Kommen und Verschwinden der bunt farbigsten Truppen aus der ganzen Welt. Auf die weihen Schotten folgten braune Indier und ziegelsarbige Malayen, dann weiße Australier, die jetzt wiederum ersetzt wurden durch weiße Milchgesichter aus Lancashire und Gallas, unbeholfene Knaben. Binnen kurzem werden Naoris aus Australien erwartet. Die 20 000, angekommenen Indier hatten vor ihrer Weiterfahrt nach Marseille ein Lager bei Heliovolis bezogen, haben aber nach Aussage der Einwohner von Heliopolis am Mehrere Tage einen surchtbaren Geruch zurückgelaffen. Das ist das Heer Englands, das langsam in dem Hexenkessel versinkt, in den es das Deutsche Reich stürzen wollte. So wird also die Wahrheit selbst dort nach und nach bekannt, wo man sich gegen sie lange Zeit gesträubt hat. Freilich, für England werden die Sachen damit immer schlimmer, und das stolze Albion muß end lich einsehen, dass - Lügen kurze Beine haben. poUMcbe Kunälckau. Deutschland. "Den Bundesregierungen ist eine Mit teilung des Reichskanzlers zugegangen, in der angeordnet wird, daß in den Fallen, wo Bei tragspflichtige im Scheck- oder Abrechnungs verkehr infolge unrichtiger Zinsberechnung für den Wehrbeitrag geringfügige Beiträge zu wenig oder zu viel einzahlen, von der Nachholung von Restbeträgen von nicht mehr als 10 Pfennig abzmehen sei. Der Abzug von vier Prozent "Jahreszinsen bei Voraus zahlung des Wehrbeitrages habe nur zu er folgen, wenn der Beitragspflichtige dies, sei es ausdrücklich, sei es durch Einzahlung des um die Zinsen gekürzten Betrages, beansprucht. Wird dagegen ein den veranlagten Wehrbei trag übersteigender Betrag' eingezahlt, so wird der Mehrbetrag als „freiwilliger Wehrbeitrag" zu behandeln sein. * Der Kammerherr und Schloßhauptmann von Schwedt Johann Georg v. Buch- Stolpe, Mitglied des Herrenhauses, Ritter des Eisernen Kreuzes, ist im Alter von 69 Jahren gestorben. Der Verblichene war auf Präsentation des, Verbandes des alten und des befestigten Grundbesitzes im Land- schaftsbezirk Uckermark durch königlich en-Erlaß vom 22, Februar 1905 auf'Lebenszeit ist das Herrenhaus berufen- wyrden. ' * Der langjährige stellvertretende Bundes« ratsbeovllwächtigte ^Bayerns in' Berlin, Staatsrat Ferdinand FreiKrrwon .Uaesfeldt, Exzellenz, ist in München im 80. Lebensjahre gestorben. - * Die Stadtverordneten in Dst i S b urg Wählten für den.ausgeschiedenen Oberbürger meister Geheimrat Lehr den-neuen Oberbürger meister Dr. -Jarres als Repräsentanten der- Stadt für das preußische Herrenhästs. Belgien. - - / I - / * Das von England und -Frankreich gegen Deutschland erlassene Zahlungsoerbot. haLbe- kanntlich die- deutsche Regierung. gezwungen,. Gegenmaßregeln zu ergreifen und im Per» geltmxgswege Zahlungen .aus ' Deutschland nach England und Frankreich ebenfalls zü untersagen. -Der'- Generalgouverneur /ist Belgien hat eine Verordnung erlassen, die sich dem.Inhalt.des deutschen Z gh lungZ» Verbots sinngemäß anschließt. Es sind synach aus dM belMchen'QkkuM - alle Z a htun gen oder Wertüverwkisnngens sei es, daß diese mittelbar oder'unmittelbar erfolgen sollen, nach Engla n-d oder Fra irkre-i ch verb o t e n unst alle Schulden ast Vie feindlichen Länder AM Zuwiderhandlungen gegen dieses' Verbot werden ebenso wie der Versuch nach Kriegs« recht bestraft. . --ft' . *Der Gesandte Portugals h-»t " Brussel verlassens um sich nach Ha ML zu begeben. Pie Vertretung.her portugiesischen Interessen wurden dem brasilianischen Ge« sandten anoerlraut, ' Balkanstaaten. * Rumänien hat das Ansinnen Rußlands," ihm den Truppendürchmarsch gegen die Türkei durch rumänisches Gebiet - zu 'ge währen, b ün d t g z u rü ü g e w i e s e n. * Eine Deputation von Hochschulprofessoren aus Bukarest, die vom König ein Ein greifen Rumäniens verlangten, wurde ziemlich kühl abgefertigt. Der König erklärte' ihnen, sie sollten warten, bis die maßgebenden Faktoren den Zeitpunkt wählen würden, um die nationalen Ideale zu verwirklichen. 6s braust em Kuf. 4j Erzählung von Max Arendt-Denard Igortlkhnnn.) „O, ihr Toren", flüsterte er vor sich, „ihr arm seligen Toren. Um euer Gewäsch, das Neid, Unwissenheit und Erbärmlichkeit genährt und verbreitet haben, sind wir hier oben einsam geworden. Man wagt es, mich von der freien Straße durch die Dörfer zu weisen, ungestraft malt man mir den Satan ans Haus. Pfui über euch! Aber es wird ein Tag kommen, da ich euch heimzahlen kann —" er unterbrach sich, heimzahlen, Anton? Hat sie nicht auf ihrem Sterbebett, als der Priester ihre er kaltende Hand nahm, gefleht: Sei immer lieb und gut, Anlon Ferchhammer, so wie du all die Jahre zu mir warst: Menschenliebe ist ein wertvoll Stück echter Frömmigkeit! „Hast recht gehabt, Marie, ich will's weiter so halten! Und du da droben, gütiger Gott, wirst mir das Herz stärken, auf daß ich's weiter tragen kann." Lange schaute er hinauf in die wandernden Wolken, als hielle er Zwiesprache mit seinem Gott. Und immer freier wurde sein bedrücktes Herz und immer Heller der umdüsterte Blick. Endlich trat er in die Ruine. Aber wie gebannt blieb er stehen. Aus seiner Stube, der einzigen, die die Ruine an der Gartenfront enthielt, drang eine menschliche Stimme. Nie wagte jemand diese Ruine zu betreten. Mit einem zornigen AuSruf wollte Anton Ferchhammer die Tür öffnen, da sah er, daß sie nicht eingeklinkt war. Leise ging er näher. Vor der alter tümlichen Kommode stand die Großmagd und schaute auf ein Bild, das sie in der Hand hielt: „Nein!" flüsterte sie, „du bist es nit gewesen. Das weiß ich gewiß wie die Tote, du bist kein Mörder!" Mit einem Ruck stiess der Bauer die Tür auf. Ein flammender Blick traf dis Magd, als er sie anherrschte: „Was gibt's hier? Was bist du hier ein gedrungen ?" Sie wandte sich erschrocken um. „Ich Litt' recht um Verzeihung!" „Ist alles in Ordnung! Du weißt, daß ich hier allein sein will. Komm mir niemals wieder herein, sonst magst du sehen, wo du bleibst!" Die Gescholtene übergab ihn wortlos das Bild. „So, nun geh!" sagte er. Sie sah ihn bittend mit feuchten Augen an. „Ich dacht' hier ein wenig Ordnung zu machen, dieweil Ihr unterwegs seid." „Ich mach's allein!" „Seid net mehr bös', Herr Ferchhammer, es tut so weh, wenn Ihr zornig seid!" „'s ist gut, Martha, ich weiß, daß du ein gutes Herz bist. Und wenn ich dich damals nicht gehabt hätt' vor zwanzig Jahren in all der Trübsal und Traurigkeit, so wär' ich ohne Lieb' und Trost fast zugrunde gegangen. Aber laß mir meine Klause allein. Dir ge hört das Haus und du sollst dich nicht auch noch um mich sorgen!" „Ich machte es so gern!" erwiderte sie und es ging bei diesen Worten hell und warm über ihr liebes Gesicht. Dann legte sie ihre Hand «n seine Largebolene Rechte und entfernte g«. Anton Ferchhammer stand unbeweglich, bis ihre Schritte nicht mehr zu ihm klangen. „Ich kenne dich," flüsterte der starke Mann! „Deine ganze Jugend hast du mir geopfert und nicht nach Lohn/ gefragt und den Spott der Menschen getragen. Aber mein Leid und meinen Gram sollst nicht mit mir gemeinsam schleppen, es sei denn, daß ich eines Tages rein dastehe vor aller Welt. Dann, Martha Staudinger, wollen wir miteinander reden. Bis dahin muß ich hart sein, daß es mich nicht einmal übermannt wie dich jetzt eben." Er nahm das Bild, das einen flotten Studenten darstellte, und hing es wieder an seinen Platz. „Ob ich noch einmal so von Herzen sroh und glücklich sein werde wie dieser Anton Ferchhammer auf dem Bilde ?" seufzte er. 3. Oberst von Rauppach ging unruhig in seinem Zimmer auf und ab. „s' ist doch eine tolle Zucht!" wetterte er, „ein brillant« Kerl, einer, auf den man die allerbesten Hoffnungen setzen konnte, einer, auf den man in ernsten Tagen für besondere Sachen zählen konnte. Schreibt sein Abschiedsgesuch. Ohne Grund! Will einfach aus dem Heeres- verbande entlassen werden." Ein Klopfen an der Zimmertür unlerbrach den Oberst in seinem Gedankengange. Auf jein lautes „Herein!" erschien der Regiments adjutant. „Nun, Randolf, was bringen Sie? Ist er bereits hier!" .Zu Befehl, Herr Ober^. Leutnant von Carsten wird pch jofort zur Stelle melden l7 „Gut, gut! Lassen Sie uns dann allein, Randolf." Der Regimentsadjutant verließ das Zimmer, kehrte aber sofort wieder um' und meldete: „Leutnant von Carsten ist bereits im Vor zimmer!" - Der Oberst trat selber an die Tür. „Schöne Überraschung das, Herr Leutnant von Carsten! Bitte hier herein!" Edwin von Carsten stand seinem Obersten allein gegenüber. „Bitte, setzen Sie sich! Wollen den Fall , wie Kameraden besprechen. Ist ja übrigens ganz selbstverständlich. Also, schießen Sie los. Gespielt, was ? Schulden gemacht und der alte Herr ist bockbeinig, wie? Oder vertrackte Weibergeschichte? Kann mir unmöglich denken, daß einer der Carsten vorzeitig auf die Idee kommt, den heimatlichen Kohl bauen zu wollen. Sind doch übrigens nicht am Majorat —" Er blickte seinen Leutnant prüfend au- Der aber schwieg beharrlich und hielt den Back zu Boden geienkt. Der Oberst begann aufs neue: „Carsten, ich muss wissen, wie iK mit Ihnen daran bin. Gefällt Ihnen der Dienst nicht mehr?" „Doch, Herr Oberst!" „Nun, also zum Donnerwetter; dann heraus mit der Sprache, Herr!" Edwin von Carsten riß sich zusammen. „Herr Oberst," sagte er zögernd, „ich batte gewünscht, die Unterredung vormeiden zu können. Herr Oberst waren so lle^enswürdtg, , üuf meinen Besuch zu bestehen. Das üt für
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