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Ottendorfer Zeitung I I 8 Bezugspreis: vierteljährlich ,,20 Mark fr»! »'ns ^MS. In -er Geschäftsstelle abgeholt viertel- jährlich z Mk. Einzelne Nuntmer >o pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag, unä Anzeigeökatt Für -ie kleinspaltige Uorpu«. Zeile o-er deren Raum w pfg. — Im ReNamettil für die kletnspaltig» Petit. Zeile 2s pfg. Anzeigenannahme bi« Uhr mittag«. Seilagegebühr nach vereinbar»^. Nit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Node". Dnick wld Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckerei in Groß-Dkrilla. verantwortlich für die Redaktion H. Rühl« in Eroß-GkrUla. Nummer Mittwoch, den Z0. September M Jahrgang Amtlicher Teil. Sorge für die Arbeitslosen. Der unterzeichnete Hilfsausschutz hat folgendes beschlossen: Vom 1. Oktober 1914 ab tritt folgende Arbeitslosenunterstützung für die Gemeinden Ottendorf-Moritzdorf, Groß-Okrilla und Kleln-Okrilla inkrast: 1. Arbeitslosenunterstützung erhalten alle infolge des Krieges arbeitslos gewordenen Einwohner, bei denen die Bedürftigkeit vorliegt. 2. Einwohner, die infolge des Krieges am 1. Oktober 1914 eine ununterbrochene Arbeitslosigkeit von 6 Wochen 36 Werktage) nachweisen können, sind sofort am 1. Oktober bezugsberechtigt. Den Nachweis über die voraufgegangene Arbeitslosigkeit haben die Betreffenden selbst zu erbringen. Bei gewerkschaft lich organisierten Arbeitern genügt die Arbeitslosen-Kontrollkarte der Gewerk schaft, bei den Uebrigen die Znvalidenkarte und die letzte Arbeitsbescheinigung. 3. Einwohner, welche nach dem 1. Oktober 1914 arbeitslos werden und ein Einkommen bis zu 1200 Mark versteuern, haben eine Karenzzeit von drei Wochen (--- 18 Werktage) durchzumachen, ehe sie bezugsberechtigt sind. 4. Einwohner, welche nach tum 1. Oktouer 1914 arbeitslos werden und ein Ein kommen von über 1200 Mark versteuern, haben eine Karenzzeit von 6 Wochen (— 36 Werktage) durchzumachen, ehe sie bezugsberechtigt sind. Alle vor dem 1. Oktober fallenden arbeitslosen Tage werden voll angerechnet. 5. Der Antrag auf Unterstützung ist beim Gemeindevocstand zu stellen. Arbeits- losen-Unterstützung darf nicht als Armenunterstützung betrachtet werden. 6. Die Arbeitslosen haben sich pro Woche dreimal zu melden, und zwar die ge werkschaftlich organisierten in der Meldestelle ihrer Gewerkschaft, die übrigen beim Gemeindevorstand. 7. An Arbeitslosen-Unterstützung wird bis auf weiteres gezahlt: u) für verheiratete Familienväter pro Woche 6,00 Mark, für jedes Kind unter 15 Fuhren pro Woche 1,50 Mark. b) für Ledige, die für Eltern zu sorgen haben, pro Woche 5,00 Mark, c) für Lebige ohne Anhang pro Woche 3,00 Mark. ä) organisierten Arbeitern wird die Hälfte der obengenannten Sätze als Zuschuß zu ihrer Unterstützung, welche sie von der Gewerkschaft beziehen, hinzugezahlt, mit der Maßgabe, daß die Gesamthöhe der Unterstützung bei Organisierten mindestens 2,00 Mark pro Woche höher ist, als die der Unorganisierten. Die Kinderunterstützung wird hiervon nicht berührt, sondern wie oben gleichmäßig gewährt. 8. Die Unterstützung wird Alontags bei den Gemeindevorständen ausgezahlt. Der Ausschuß für Kriegshilfe. Neuestes vom Tage. — Nach dem gestern veröffentlichten Be richt des britischen Pressedureaus über die Schlacht an der Aisne gleiche diese eher einer Belagerung, als einem allgemeinen Kampfe. Beide Seiten sind stark verschanzt. Das Artilleriefeuer dauere Tag und Nacht ununterbrochen an. Flugzeuge suchten die Stellungen zu erkunden, und das alles unter andauernden, lagelangen Regengüssen. Die Hauptaufgabe in diesem langen Kampfe falle der Infanterie zu. Ihre Schützengräben seien halb voll Wasser. Die Mannschaften sind bis auf die Laut durchnäßt und dabei ständig und ununterbrochen dem Bom bardement der schweren deutschen Artillerie ausgesetzt. Am linken Flügel sollen die Franzosen nach einer Tunesmeldung ein wenig zwischen Lassignay und Roye vor gedrungen sein. Weiter nördlich habe eine französische Abteilung Peromne besetzt. Straßburg. Die Straßburger Post berichtet nach dem Züricher Tageblatt vom 18. d. M.: In Langendorf ist eine erschöpfte Brieftaube eingefangen worden. In einem Gummiringe, an dem einen Fuße ein geschlossen, wurde eine Botschaft an die französische Heeresleitung bei ihr gefunden, die über Stellung oeutscher Truppen im Elsaß Aufschluß gab. Luxemburg. Die Kommission zur Feststellung des Schadens, den die deutschen Truppen aus ihrem Durchzuge durch Luxem- burg verursacht haben, erledigt ziemlich schnell ihre Ausgabe. So hat jetzt die deutsche Reichsregierung bereits die erste Rate von 400000 Mark berettgestellt, diejenigen ^gezahlt werden sollen, die durch den Durchzug geschädigt worden sind. Alle An sprüche dürften glatt befriedigt werden. Ostende, 27. Septbr. Ein Zeppelm- lustschrff unternahm in der letzten Nacht eine neue Streiffahrt, ohne über Ostende zu kommen. Es üb<rflog Almost, Gent und Deynze, wo es um 1^, Uhr fünf Bomben warf. Daraus wandte sich das Luftschiff nach Thourout in der Richtung auf Courtrai und Touruai und schlug schließlich die Richtung nach Osten ein. Rotterdam, 28 September. Reuter drahtet aus Paris, daß gestern früh zwischen 11 und 11^/z Uhr eine Taube die Stadt überflog und mehrere Bomben in der Nähe des Eiffelturms warf. Eine Bombe fiel in die Avenue du Trocateur an der Ecke der Rue de Freycinet und lötete einen Rechtsanwalt und dessen Tochter. Weiter fielen Bomben auf die Rennbahn in Auteuil wo Vieh weidet, und in die Rue de Vcnause und Rue de Pompe. Die Bomben hatten größere Explosivkraft als die früheren. Atan vermutet, daß der Flieger es auf die draht lose Station des Eiffelturms abgesehen hatte. Während des Angriffs herrschte Nebel. Die Pariser Bannmeile verlassend warf der Flieger eine Fahne herab mit der Inschrift: Die Pariser grüßt ein deutscher Aviatiker v. d. Decken. — Aus der Luft geraume Zeit beobachtet konnte während der jüngsten Kämpfe im Westen, wie der N. G. C. geschrieben wird, eine Abteilung englischer „Mineure" in voller Stärke von 180 Mann gemngen- genommen und ihr das Handwerk gelegt werden. Die Abteilung hatte die Aufgabe vor der deutschen Front auf Straßen und an Brücken Minen zu legen, und sie be stand, wie sich bei näherer Untersuchung er gab, aus dem Abschaum der Menschheit, nämlich aus dem verkommensten Hafen gesindel, früheren Sträflingen und Negern. Die Leute sagten aus, sie wären vor Beginn des Feldzuges angeworben worden und eder vnn ihnen hätte für die von ihm zu verrichtenden Taten im voraus eine Prämie von 700 Mark in barem Gelds erhalten. Diese englische Truppe, deren Zusammen- etzung die Anmaßung Englands, als „Hort der Zivilisation" betrachtet zu werden, in ein sehr wirksames Licht rückt, ist auf einem der zu Gefangenenlagern eingerichteten Waffenplätze im Westen Deutschlands unter gebracht, von den übrigen Gefangenen räumlich getrennt und auch äußerlich durch die Kleidung so kenntlich gemacht, wie sie es verdient. Diese Truppe ist ein neuer Beweis, daß England alle Regeln ehrlicher den Satzungen des Völkerrechtes ent sprechender Kriegführung schamlos mißachtet. London. Tas Reuter-Bureau meldet aus Pretoria vom 24. d. M.: Die Polizei statton Rietfontein wurde am 20. September von einer etwa 200 Mann starken deutschen Abteilung genommen. OerMches und Sächsisches. Dtten-orf-Vkrilla, 29. September — Herbstanfang und frohe Siegeszuversicht. Seit 44 Jahren hat Deutschland keinen solchen Herbstbeginn gesehen. Lange Jahre durften wir unsere Geschäfte im Frieden abwickeln und jeder Jahreszeit mit ihrer Eigenart nnd ihren Ausgaben gerecht werden. Heute sind unsere Sinne auf etwas anderes gerichtet. Vor 44 Jahren war die Hauptschlacht bei Sedan um diese Zeit bereits geschlagen, und wenn sich der Krieg auch noch in die Länge zog und noch manches Blutopfer kostete, so war doch das Ergebnis kaum mehr zweifelhaft. Auch heute sind schon herrliche Siege erfochten worden ja unsere Truppen sind schon tiefer in Frank reichs Herz eingedrungen als vor 44 Jahren um diese Zeit. So gehen wir hoffnungssceudig und zuversichtlich in diesen Herbst hinein. Deutschland wird sich glänzend behaupten! Bei dem Gedanken an unsere kämpfenden Brüdern verblassen alle andern Eindrücke, die uns der scheidende Sommer sonst vermittelt. Wenn die milde Herbstsonne über die sich färbenden Gefilde scheint, denken wir an sie und wenn die ersten Stürme sich aufmachen und kalter Regen an unsere Fenster schlägt, sind unsere Gedanken bei ihnen. Je länger die Herbstabende werden, um so mehr gewinnen wir Zeit, sür sie darußen im Felde zu wirken und ihnen in freiwilliger Hilfsarbeit all die keinen Bequemlichkeiten zu schaffen, durch die wir ihnen den harten Kamps zu erleichtern suchen. — Schickt Briespapier und Briefumschläge mit euren Bliesen an Eure Soldaten! Man cher erhält vielleicht deshalb so spärlich Nach richten aus dem Felde, weil sein Angehöriger draußen kein Briespapier hat! Schreibt au die Briefumschläge gleich zu Hause eure Adresse mit Tinte, und zwar den Ort und die nähere Bezeichnung, wie „Königreich Sachsen" oder „Bezirk Dresden" recht groß und deutlichI Tann har die Feldpost leichtere Arbeit und ihr erhaltet die Briese schneller. Da Briese bis 50 Gramm portofrei bleiben, wird den Soldaten so eine große Freude ohne besondere Kosten bereitet. — Papier dient im Feldlager als Notschutz gegen die Kälte l Hierüber schreibt die „Deutsche Moden-Zeitung": Wer Angehörige beim Heere hat, soll ihnen so ost als möglich die gewohnten Zeitungen zugängig machen, sie spinnen die trauten Verbindungsfäden zur Heimat und erfreuen dadurch in den seltenen Ruhestunden das Herz unserer tapferen Krieger. Aber auc wenn die Zeitungen gelesen sind, hört ihr Nutzen tür den Soldaten nicht auf, sondern sie erfüllen noch als Notschutz gegen die Kälte einen un gemein wertvollen Zweck. Geübte Sportsleute haben die folgenden Ratschläge oftmals erprobt: Beim Postenstehen wird selbst beim stärksten Winddruck die Brust warm gehalten durch das Einschieben mehrerer Zeitungslagen zwischen Hemd und Hosenträger. Soll Brust Rücken gleichzeitig geschützt werden, so versährt man solgendermaßen: Man schneidet in die für Brust und Rücken bestimmten Zettungslagen möglichst tiefe halbe Hals-Ausschnitte, damit aus der Schulter die Teile sich decken, läßt sich aon einem Kameraden das Rückenteil, was an legen und verbindet auf der Schulter daS Brustteil mit dem Rückenteil, was am besten durch einige Fadenstiche geschieht. Ist die Zeitung groß genug, so kann ein kreisförmiger Ausschnitt zum Durchstccken des Kopfes hinein- acschnilten werden. Beim Biwak dienen zwischen Waffenrock und Mantel geschobene Zeitungslagen gegen Durchschlagen der Erdseuchtigkeit und so mit als Schutz gegen Erkältung. Bei der Gewohnheit, auf einem Arm zu schlafen, ist es ratsam, Zeitungen um den Arm zu wickeln. Haben sich rheumatische Schmerzen schon gellend gemacht, so kann man durch örtliche Umwicklungen auch hier bald Besserung erreichen. Wir wollen noch betonen, daß es nicht unbedingt ZeitungS« Papier sein muß, um diese Wirkungen zu er zielen, ein jedes Papier hat als schlechter Wärme leiter die gleichen guten Eigenschaften. Es ist die Pflicht aller, welche Angehörige im Felde haben, diese auf den segensreichen Wert de» Papieres aufmerksam zu machen und sie in regelmäßigen Besitz von Zeitungen zu bringen um dis Vorteile ausnützen zu können. Kamenz. Eine große Freude wurde dem hiesigen Tuchmacher Reinecke'fchen Ehepaar be reitet. Dessen Sohn Fritz, der im Straßburger Jnf.-Regt. Nr. 105 seiner Militärpflicht ge nügt, war in einer der ersten Verlustlisten als tot gemeldet worden. Die tiefe Trauer der Eltern verwandelte sich nun aber in große Freude, als der Totgeglaubte unerwartet, wenn auch verwundet, bei ihnen eintraf. Nach der im Kampfe erlittenen Verletzungen war der junge Krieger bewußtlos aus dem Schlachtfelds liegen geblieben und vom Regiment abgekommen. Eine Verkettung von Umständen hatte es dann mit sich gebracht, dnß er als gefallen gemeldet wurde. Meißen. Eiue seltsame Begegnung im Felde. Begegnung ans feindlichen Boden zwischen Verwandten und Bekannten, die in verschiedenen Truppenteilen dienen, kommen, wie aus eintreffenden Briesen und Karten ersichtlich! ist, unter den Soldaten öfter vor und wecken in beiden Teilen natürlich immer eine freudige Stimmung. Leider sind dies aber meist immer nur kurze Augenblicke des Glückes. Ein längeres Zusammensein genießt durch einen ähnlichen Zufall ein beim Train stehender Gutsbesitzerssohn aus der Umgegend von Meißen, der während einer größeren Rast in der Nähe vor einem Wagen einer Artillerie- Abteilung eins Pferd aus seines Vaters Stall zu erkennen glaubte. Wie er über diese Be gegnung heim berichtete, wollte ihm dies zu nächst niemand seiner Kameraden glauben, bis er das Tier anrief und dies ihm offensichtliche Freude seinerseits zu erkennen gab. Einer seiner höheren Vorgesetzten, der der freudigen Begegnung zugeschaut hatte, vermittelte darauf einen Umtausch des Tieres, sodaß der Train soldat in den Besitz des ehemaligen väterlichen Tieres gelangte. Hoffentlich ziehen beide ge sund wieder in die Heimat ein. Kirchennachrichten. Ottendorf-Okrilla. Donnerstag, den 1. Oktober 1914. Abends */,8 Uhr: Kriegsbetstunde. Großdittmannsdorf. Abends */,8 Uhr: Kriegsbetstunde. Medingen. Mittwoch, den 30. September 1914. Abends 7 Uhr: Kriegsbetstundr,