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Ottendorfer Zeitung i > s Bezugspreis: vierteljährlich 1,20 Mark frei Hau;. In der Geschäftsstelle abgeholt viertel- jährlich 1 Mk. Einzelne Nummer ,0 Pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag, Ü Untergattung«- unlt Anzeigeökatt a - —0 Anzrigtapre»: Für die kletnspaltige Uorpus-Zeile »der deren Raum io pfg. — Im Reklameteil für die kleinspaltige Petit-Zeile rs pfg. Anzeigenannahme bisUhr mittag». Beilagegebühr nach Vereinbarung. Alit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und W«ndel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Dock »d Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckerei in Groß-Mkrilla. Verantwortlich für die Redaktion H. Rühl« in Groß-Gkrilla. Nummer §07 Mittwoch, den 9 September sW s3. Jahrgang Neuestes vom Tage. Großes Hauptquartier, 7. Sepibr. Am Sonnabend, den 5. September sind die ersten sächsischen Besatzungstruppen in Reims einqerückt, das von der französischen Armee ohne Kampf verlassen worden ist. Die Forts sind geräumt. Da nach dem Abzug der französischen Truppen keine so fortige Uebergabe statlfand, ist die Stadt am 4. September von 9 Uhr 30 Min. bis 10 Uhr 60 Min vormittags mit etwa 60 Schüssen bombardiert worden, bis die weiße Flagge auf der Kathedrale gehißt wurde. Der angerichtete Schaden ist nicht allzu bedeutend. Durch einen Schuß in eine Seilenkapelle der Kirche Sankt Andree wurden die Mauern und Fenster zerschlagen und der Boden aufgewühlt. Die Kathedrale ist kaum merkbar beschädigt. Die Wände mehrerer Häuser und einige Dächer wurden durchschlagen. Ein Haus wurde in Brand gesteckt. In den engen Straßen wurden durch die von krepierenden Granaten ver ursachte Erschütterung viele Fenster zer trümmert. In einer Straße wurde die Gasleitung beschädigt. Der Bürgermeister von Reims ist am 4. September von einer in geringer Stärke einrückenden Patrouille unter Rittmeister v. Humbracht ass Geisel festgenommen worden. Sächsische Truppen zogen singend in die Stadt ein und besetzten sie und die verlassenen Forts. Die Kasernen und die Hauptprätze wurden mit Truppen besetzt. Der Führer des Etappen-Flugzeugparkes der 3, Armee stieß, nachdem die Uebergabe von Reims bekanntgeworden war, mit Autos nach Reims vor, um französische Flugzeuge in den Militärdepots zn beschlag nahmen. Diese waren aufgeräumt. Die Erkundung vorhandener privater Flugzeug schuppen ergab ein überraschendes Resultat: Hier lagerte ein großer Teil des Fulgzeug. Materials des Flugplatzes Reims. Ein Hauptmann der Reserve beschlagnahmte das vorhandene Material, bestehend aus 20 Eindeckern und 10 Doppeldeckern und 40 besten Gnom-Motoren. Das gesamte Material war in tadellosem Zustande. Sein Wert beträgt etwa eine Million Mk. Berlin. Der Angriff der deutschen Truppen auf Nancy ist die beste Antwort auf die Prahlereien Clemenceaus, daß es General Joffre gelungen sei, die deutschen Armeen zwischen Paris und Nancy ein zuklemmen. Die Kreuzzeitm-g hält dm Fall von Nancy für wichtiger, als den von Maubeuge. Nancy habe großen Wert durch seine bevorzugte Lage an der Meurthe und am Rhein-Marne-Kanal. — Die An wesenheit des allerhöchsten Kriegsherrn bei den Angriffskämpfen auf Nancy läßt wohl darauf schließen, daß man auf die Er oberung der Festung großen Wert legt London. Die Admiralität gibt be kannt, daß der Passagierdampfer Runo der Wilson-Linie am 5. dieses Monats nach mittags nahe der euglischen Ostküste auf eine Mine gelaufen und gesunken ist. Die Bemannung und die Passagiere sind ge rettet worden bis auf etwa 20 Russen, die aus Paris geflüchtet waren. — Der Nieuwe Rotterdamsche Courant Meldet aus sicherer Quelle, daß dec englische geschützte Kreuzer Pathfinder im Tyne auf eine Mine gestoßen sei und unterging. Biele Menschenleben sind verloren Athen. Es verlautet mit großer Be stimmtheit, daß der große englische Kreuzer Warrior im Adriatischen Meerbusen in der Nähe der montenegrinischen Küste das Qpfer einer österreichischen Seemine ge worden ist. Zahlreiche Rettungsgürtel, so wie havarierte Rettungsboote wurden vor gefunden. Leichen englischer Matrosen wurden an der montenegrinischen Küste an Land gespült. — Die „Franks. Ztg." meldet aus Amsterdam: Die Engländer, die bisher offiziell behaupteten, daß ihre Verluste nur 4000 Mann betrugen, geben jetzt amtlich zu, daß sie 10 000 Mann Verluste haben. — Die Deutschen legten der von der französischen Besatzung geräumten Stadt Lille und Umgebung eine Kriegssteuer von 200 Millionen auf. — Ueber die Behandlung deutscher Ver wundeter in Frankreich entwirft der Korre- jpondent der „Gazetta del Popolo" in Dijon ein erschütterndes Bild. „Bei dem Eintreffen von Gefangenen auf dem Bahn hof," heißt es dort, „pflegt eine wütende Menschenmenge diese zu erwarten, um sie mit Schmährufen zu empfangen. Sie rufen: „Wir schneiden euch die Hälse ab" und be gleiten dies mit entsprechenden Gesten. Ein Wort des Mitleids wird als Verrat an gesehen, und doch sind so viele dieser armen Leute des tiefsten Mitleids wert. In ihren grauen Uniformen mit den Feldmützen auf dem Kopfe machen sie den Eindruck völliger Ermüdung infolge schrecklicher Strapazen. Halbtot vor Ermüdung, von ihren Wunden gequält, steigen sie aus den Wagen, einer den andern stützend. Sie humpeln und schleppen sich dahin und blicken fast immer zu Boden, ohne aus den Pöbel zu achten, den die französischen Soldaten zurückhalten. „Wir wollen ihnen etwas zu essen geben" rufen die Leute, „sie pflegen? Man sollte sie totschlagenl" Von den deutschen Ge- mngenen sind viele schwer verwundet, trotz dem schafft man sie nach entfernten Garni sonen. Sterben sie, so lädt man sie einfach auf der nächsten Station aus." Der Wahr heit die Ehre, den französischen Verwundeten geht es in Frankreich auch nicht viel besser. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, 8. September WH. — Die Kriegsbetstnnden finden vom 10. September an allemal abends ^8 Uhr an jedem Donnerstage statt. — Ter Krieg und das Erntedankfest! In den Kirchen der benachtarten One wurde am Sonntag das Erntedankfest gehalten. Mitten in kriegerischen Zeitläuften, wie sie ganz einzigartig dasühen, mitten in all der Auf regung und Siegessreude ob des beispiellosen Vorbringens unserer wackeren Truppen, mitten in mancher wirtschaftlichen Sorge und Unruhe und ganz persönlichen schweren Gedanken wegen deS Schicksals lieber, nahestehender Menschen draußen auf blutiger Kampfesbahn — dieses Fest, dessen Name so unwillkürlich einen anmuugen Fnedenshauch ausstrahlt, und bei dem so eigenartige Freudentöne Mit schwingen ... Erntefest! Als der große Krieg zum Ausbruch kam, da gmg wohl ein Seufzen und Bangen, ob denn das schöne, soeben zur Vollreife gekommene Erdengal auch glücklich eingebrachl werden könnte. Das Vaterland riri, und Tausende mußten jetzt die blinkende Sense mit dem guten blanken deutschen Schwert ve, tauschen. Sie Wiens mit Begeisterung, mit selbstverständlicher Bereitschaft für ganz andere lür blutige, nationale Ecntearveit. Aber die Garbenbündel auf den weiten deutschen Acker feldern? Sollten sie verderben? Nein, sie sind erhalten geblieben und in die Scheuern und Scheunen geschafft worden, Deutschland bekam seine Er,.te prächtig herein! Und dessen sind wir froh und dankbar! Erntedankfest wird jetzt gefeiert. Auch mit solchem „Nun danket alle Gott" geben wir dem Herrn die ^hre. Er hat wunderbar geholfen, und gerade diesmal verstehen und würdigen es auch die Stadtleute, was es heißt, christlich-kirchliches Erntedankfest hallen. „Herr, die Erde ist ge segnet von dem Wohl tun deiner Hand!" Das dankende Gebetsbekenntnis des frommen Lieder, dichlers findet jetzt millionenfaches Echo in gläubigen deutschen Herzen. Jawohl, Ernte dankfest mitten in der Kriegszeit — mag cs seinen stillen, starken Segen bekunden! .... — Seid verschwiegen! Der Krieg beschäftigt alle Gemüter. Er ist fast der einzige Gegen stand aller Gespräche geworden. Ueberall hört man nur von Russen, Franzosen, Engländern, Armeekorps, Schlachten, Geschützen usw. Gar groß ist plötzlich die Zahl derer, die einen Be- kannten diem Generalstab haben oder wenigstens einen, der einen Generalstäbler kennt. Meist ist cs auch harmlos, was da weitergetragen wird. Es mag nicht schaden, wenn die Nach richt von dem Fall einer belagerten Festung so früher verbereitet wird, als die amtliche Mitteilung darüber kommt. Der Wunsch ist der Vater des Gedankens. Häufig aber gehen auch Pläne unserer Heeresleitung von Mund zu Mund. Auch hier ist nicht alles leeres Ge rede. So wurde der Plan, die Russen nach Süden zu drängen und dort zu vernichten, schon etwa zehn Tage in Berlin herumerzählt, ehe diese Absicht erwrrklichr wurde. Man be rief sich auf die Feldpostbriefe von Offizieren. Bange Sorge ergreift uns wenn wir denken, daß die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß ein derartiges Gerede den Weg zu unseren Feinden findet. Pflicht eines jeden ist es, solche Dinge, wenn er sie hört, nicht weiterzugeben auch nicht unter dem bekannten Siegel der Ver schwiegenheit! Wenn ein jeder dieser Regel befolgt, so ist jene Gefahr beseitigt. — Die Versiegung dec Gefangenen Hal wegen ihrer angeblich zu weitgehenden Güte eins abfällige Beurteilung erfahren. Diese Verpflegung überschreitet aber nicht das normale Maß der Beköstigung, und es liegt nicht im Belieben der Militärverwaltung, sie zu erhöhen oder zu verringern, sie wird viel mehr genau nach den Bestimmungen der Kriegsverpflegungsvorschrift gewährt. Die in dieser Vorschrift ausgesetzten Preife entsprechen den Preisen der Lebensmittel. Besondere Zu gaben zu der von den Lagerkommandanturen geprüften Kost bezahlen, wenn sie es können, die gefangenen Offiziere und Mannschaften aus ihrer Tasche. Im übrigen trägt auch nicht die eigene Heeresverwaltung die Kosten der Gefangenenunterhaltung; diese werden viel- mehr bet Friedensschluß von Gegner zurück gefordert. Bemerkt wird noch, daß bei der öen Unternehmern der Beköstigung unserer Gesangenen zuzubilligenden Vergütung auf Kopf des Gesangenen alle die Unkosten auch mit einbegriffen sind, die dem Unternehmer z. B. durch Verleihung von Glas, Geschirr, Kochgeräten und anderes erwachsen. Für die Beköstigung unserer eigenen Leute wird nicht unerheblich mehr ausgcgeben als für die der Gesangenen. Die Brotportion der letzteren ist neuerdings von 750 Gramm auf 500 Gramm herabgesetzt worden. Einer auf hoher Kultur stufe stehenden Nation wie der deutschen, ist es nicht würdig, den Haß gegen den Feind aus die wehrlosen Gesangenen auszuüehnen. Wir hoffen und wünschen, daß die gesangenen deutschen Soldaten bei unseren Gegnern eben- falls eine menschenwürdige Behandlung genießen. — Aushebung des Verbots photographischer und ünemalographischer Aufnahmen. Die Be kanntmachung vom 3. August dieses Jahres, das Verbot photographischer und kinemato- graphischer Ausnahmen von Truppenauszügen und dergleichen betreffend, ist von der König- lichen Polizeidirektion wieder anfgehoben worden. — „Sanitas" bezeichnet sich eine Firma in Sülze in Mecklenburg, die in Tages zeitungen unter der Ueberschrift: „Für jeden selbständigen Haushalt" Anzeigen erläßt. Darin preist die Firma ihre Herstellungsweise der „Butterine" an. In dem Inserat heißt es wörtlich: „Es ist die Kunst, sein Back- und Bcatenfett selbst billiger herzustellen als die billigsten Margarine- und Pflanzenfette cingekauft werden können". Schließlich wird die Zusendung von 10 Psund „Probegeheimnis von Butterine" gegen Einsendung von 5 Mk. in Aussicht gestellt. Das Inserat rührt von einem Geisteskranken her. Moritzburg. Die Ausfischung des so genannten Frauenteiches erfolgt am 21. und 22. September und die des Unteren Groß teiches am 24. Septeniber, wobei der Verkauf der Fische in der Zeit von vormittags 8 bis nachmittags 2 Uhr vor sich gehen wird. Bahnstation ist hierfür Bärnsdorf. Lo schwitz. Die Sammlungen für in Not geratene Familien usw. haben bis zum 31. August die stattliche Summe von 27 065 Mark 20 Pfg. ergeben. ^Tharandt. Eine Kriegeschreibstube ist hier im Raihause eingerichtet worden, in der von 11 bis 12 Uhr jedermann Gelegenheit finden soll, Auskünfte zu erhalten und Briefe und Feldpostkarten geschrieben zu bekommen. Leipzig. Vom Küchenbalkon der elter lichen Wohnung in der Wurzener Straße stürzte ein 7 Jahre altes Mädchen zwei Stockwerke tief kopsüber in den Hos. Ver mutlich ist das Kind auf einen Tisch geklettert der vor der Balkonbrüstung stand. Das Kind ist dabei über die Brüstung abgestürzt. Da die Kleine einen schweren Schädelbruch erlitten hatte, wurde sie aus ärztliche Anordnung sofort dem Krankenhaus zugeführt. Werdau, Ein zwölfjähriger Knabe, der durchaus den Krieg in Frankreich mitmachen wollte und infolgedessen seinen Eltern entwischt war, wurde aus dem oberen Bohnhose in Plauen bei einem Truppentransporte an gehalten. Er hatte sich auf die Protze eines Feldgeschützes gesetzt und trug eine Mütze der Jugendwehr. Als er bemerkt wurde, wollte er sich verstecken, um seinen Plan doch zur Ausführung zu bringen. Er wurde jedoch einem Werdauer Herrn übergeben, der den unternehmungslustigen Jungen wieder mit nach Hause nahm. Schwarzenberg. Mit der Unter stützung der dedürstigen Familien im Bezirke der Amtshauptmannschast Schwarzenberg be- schästigte sich der Bezirkstag in seiner letzten Sitzung. Es wurden für Unterstützungszwecke im August 70 000 Mark, im September und Okiober je 130000 Mark und im November 150000 Mark bereitgestelll. Falkenstein. Im „Falkenst. Anz." fand sich dieser Tage folgendes Inserat: „Im Auftrage meines Mannes schlachte ich ein Schwein für die hilfsbedürftigen Familien der zur Fahne einberufenen Manntchaften und für sonstige hilfsbedürftige Familien in Elle feld. Mittwoch, den 2. September, nachm. 3—6 Uhr können sich die Betreffenden in meinem Laden einfinden. Selma Feustel, Fleischerei von Ernst Feustel, Ellefeld. Mrchennachrichten. Ottendorf-Okrilla. Donnerstag, den 10. September 1914. Abends r/,8 Uhr: Kriegsbetstunde. Mittwoch, den 9. September 1914. Medingen. Abends 7 Uhr: Kriegsbetstunde. Donnerstag, den 10. September 1914. Großdittmannsdorf. Abends */,8 Uhr: Kriegsbetstunde.