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Ottendorfer Zeitung : 30.08.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191408308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140830
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140830
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-30
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 30.08.1914
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Vie französische Niederlage. Eingeständnis in Paris. Nack einem, den italieniscken Blättern an gegangenen, aus Rom übermittelten Bericht ist in Paris am 21. August. 11 Uhr abends, folgende amtliche Bekanntmachung ausge geben: Westlich der Maas wurde unsere Armee von Deutschen angegriffen. Hielt bewunderns wert stand. Zwei französische Armeekorps rückten vor, wurden mit mörderischem Feuer empfangen. Sie wichen nicht. Als aber preußische Garde Gegenangriff aus führte, mußten sie sich zurückziehen. Feind enorme Verluste. Östlich der Maas hatten Franzosen in schwierigem Gelände Vorwärts bewegung gemacht und wurden dann heftig angegriffen. Nack sehr lebhaftem Kampfe mußten sie zurückgehen. Süd lich des Semois nahmen englische und französische Truppen Stellung. Sie bliet-en intakt. Unsere Kayallerie hat nicht gelitten. Physischer und moralischer Zu stand unserer Truppen ausgezeichnet. Fran zösische Armee wird jetzt defensiv bleiben, um Offensive im geeigneten Moment wieder auf zunehmen. Unsere Verluste bedeutend, a^er noch nicht genau anzugeben. Das Com- muniguö erklärt schließlich, es sei zu bedauern, daß der Angriffsplan seinen Zweck nicht erreicht habe, und fügt dann hinzu, die De fensivstellung der Franzosen bleibe gegenüber dem Feinde, der schon geschwächt, vollkommen fest. Teile einer selbständigen deutschen Ka valleriedivision auf äußerstem Flügel seien in das Gebiet von Roubaix - Tourcoing ein gedrungen, das nur von Territorialtruppen verteidigt wurde. lW. T. B.) Nunmehr ist das Lügenregiment in Paris zusammengebrochen. Verhüllt zwar, aber jedem unparteiischen Beobachter erkennbar, wird zugegeben, daß der französische Angriff zurückgeschlagen ist. Selbstverständlich sagt man nicht die ganze Wahrheit. Man bemän telt, daß man in die Pfanne gehauen ist und verschweigt, daß man an drei Punkten ver nichtend geschlagen ist. Natürlich konnte man nicht eingestehen, daß auf belgischem Boden die vereinigte französisch-englisch-belgische Waffenherrlichkeit mit gewaltigen Schlägen zertrümmert worden ist. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß das edle Kleeblatt es nicht wagen durfte, sich den andringenden Deutschen in offener Feldschlacht entgegen zu werfen, hoffte man wenigstens in Paris, Petersburg und London — Brüssel war schon in deutschen Händen —, daß Namur widerstehen würde, daß dort der deutsche Angriff würde aufgehalten werden können. Lüttich—Huy—Namur, die drei Maas festungen sollten diese uralte Heer- und Völker straße jedem feindlichen Durchmarsch sperren. Unüberwindlich erschienen sie jedem Belgier. Waren sie doch von einem der berühmtesten Festungsbaumeister der Neuzeit, dem General Brialmont, errichtet, dessen Ratschläge in ganz Europa maßgebend waren und nach dessen Plänen in der Schweiz, Rumänien, Türkei usw. gearbeitet wurde. Für sein Vaterland batte er sicherlich die besten Pläne entworfen. Aber die Deutschen brachten einen unheimlichen Bundesgenossen mit, dessen Dasein bis zum Beginn des Krieges geheim gewesen war: das neue 42 Zentimeter-Belagerungsgeschütz. Die' Wirkung dieses ungeheuren Geschützes Mertraf alles bisher dagewesene. Beton bedeckungen, Panzertürme, Erdwälle boten keinen Schutz mehr. Mit einem Schuß wurde manches Panzerwerk untauglich gemacht. So fiel in kurzer Zeit Lüttich, so wurde das kleine Sperrfort Huy in aller Stille in deutschen Be sitz gebracht, so brachte man die Forts von Namur zum Schweigen. Fürwahr, eine wunderbare Einleitung des Festungskrieges, dessen weiteren Verlauf mir hoffnungsvoll ab warten können. Noch liegt Frankreich nicht am Boden, noch kann es einen letzten Widerstand mit den Resten seiner mobilen Kräfte und seiner auf etwa 600 000 Köpfe zu berechnenden Reserve leisten, die durch englische Truppen verstärkt werden dürfte. Aber in der Pfanne, in die wir die Franzosen hauen, wird noch Platz für die edlen Streiter sein, die ihr König ermahnt hat, in Freundesland nicht zu plündern. Wir können stolz auf unsere Armee sei, die unvergänglichen Ruhm erwarb und der wir vertrauen, daß sie nach Niederwerfung Frankreichs auch die Russen mit Schimpf und Sckande aus dem Lande jagt. Wir sind des Sieges gewiß. Und mag England noch so viele Reiter herübersenden, wir werden mit ihnen fertig werden. Ll. v. verschiedene Nriegsnachrichten. Prinz Friedrich von Meiningen gefallen. Auf dem Felde der Ehre gefallen ist der Generalleutnant Prinz Friedrich Von Sachsen - Meiningen, der Schwiegervater des Groffherzogs von Sachsen-Weimar und des Prinzen Adal bert von Prcuffcn. Prinz Friedrich von Sachsen - Meiningen batte nach seiner Stellung z. D. seinen Wohnsitz in Han nover behalten, stellte sich sofort beim Kriegsausbruch dem Kaiser zur Ver fügung und starb bei Namur am23. d. M., getroffen von einem Granatschnsse, den Heldentod für Kaiser und Reich. Prinz Friedrich von Sachsen - Meiningen wurde am 12. Oktober 1861 als Sohn des verstorbenen Herzogs Georg II. und dessen zweiter Gemahlin, der Prinzessin Feodora zu Hohenlohe-Langenburg, geboren. Er ist also ein jüngerer Bruder des regierenden Herzogs Bernhard. Einnahme der letzten Forts von Namur. Amtlich wird unterm 26. August ge meldet : Bei N amur sind sämtliche Forts gefallen, ebenso ist (die franzö sische Grenzfestung) Longwv nach tapferer Gegenwehr genommen. Gegen den linken Flügel der Armee des deut schen Kronprinzen gingen aus Verdun und östlich starke Kräfte vor, die zurück- geschlagen sind. Das Oberelsaff ist bis auf unbedeutende Abteilungen westlich Kolmar von den Franzosen geräumt. (W. T. B.) Kronprinz Rupprecht — Ritter des Eisernen Kreuzes. Die Korrespondenz Hoffmann meldet: Seine Majestät der Deutsche Kaiser Kat Seiner König lichen Hoheit dem Kronprinzen von Bayern das Eiserne Kreuz zweiter und erster Klasse verliehen. (W. T. B.) Die deutsche Verwaltung für Belgien. BelgischeZeitungenindeutscherSprache. Mit der Verwaltung der besetzten Teile des Königreichs Belgien ist von dem Kaiser unter Ernennung zum General- gouverneur der Generalseldmarsckall Frhr. v. d. Goltz beauftragt worden. Die Zivilverwaltung ist dem zum Verwaltungschef ernannten Regierungspräsidenten v. Sandt in Aachen übertragen worden, dem für die Dauer seiner Tätigkeit das Prädikat Exzellenz beigelegt worden ist. Dem Ver waltungschef sind beigegeben: der Ober regierungsrat v. Wussow aus Kassel, Landrat Dr. Kaufmann aus Euskirchen, Justizrat Trimborn, Mitglied des Reichstags, aus Köln, der bisherige Konsul in Brüssel, Lega tionsrat Kempff, sowie der Bürgermeister v. Loebell aus Oranienburg. Die Berufung weiterer Beamter, insbesondere von Technikern der Berg- und Bauoerwaltung, ist in Aussicht genommen. Der Generalgouverneur, General feldmarschall Frhr. v. d. Goltz hat sich zur Übernahme seiner neuen Tätigkeit bereits nach Belgien begeben. Die gesamte Presse Belgiens mit Ausnahme der von Antwerpen erscheint in deutscher Sprache. Der deutscherseits eingesetzte Gouverneur hat das Weitere ver anlaßt. Es ist anzunehmen, daß die franzö- sische Sprache neb en d er deutschen bei behalten wird. <W. T. B.) Die neunte Verlustliste. Die neunte Verlustliste enthält 953 Namen, und zwar 176 Tote, 489 Verwundete und 288 Vermißte. Die Regimenter, die empfindlicher gelitten haben, sind das Infanterieregiment Nr. 70 (Saarbrücken), Füsilierregiment Nr. 90 (Rostock), 1. Bad. Leibgrenadierregiment Nr. 109 (Karlsruhe), Infanterieregiment Nr. 138 (Dieuze), Infanterieregiment Nr. 172 (Neubreisach). Indien für Deutschland. Ein Inder namens Birendranath Chatto- pLdhyLya hat aus England folgende Kund gebung versandt: In einem Augenblick, wo wir glaubten, ganz Asien auf Deutschlands Seite zu sehen, begeht Japan den schmählichen Verrat. Es ist daher unsere Pflicht, gegen die unglaubliche Undankbarkeit Stellung zu nehmen. Indien hat für Deutschland die wärmsten Gefühle und sieht in ihm den end gültigen Befreier von englischer Sklaverei. Durch die englischen Lügen, wie wir sie schon seit 150 Jahren kennen, bekommt Indien keine richtigen Nachrichten; so ist es heute, so war es 1870. Wäre es anders, könnte Indien seine Sym pathien schon durch die Tat ausdrückcn. Die Inder in Deutschland, Deutschlands Dank an Schweden. Der deutsche Gesandte in Stockholm, Frei herr v. Reichenau, übermittelte der schwe dischen Regierung die wärmste Danksagung der deutschen Regierung für die Gastfreiheit und die opferwillige praktische Hilfstätig- keit, die Behörden und Bevölkerung den deutschen Untertanen bezeigten, die aus Ruß land durch Schweden in das Vaterland zurück gekehrt sind. Um Kiautsckou. Nach einer Meldung der .Franks. Ztg/ aus Peking erschienen bei Laitschauiu zwei japa nische Kreuzer, um Truppen zu landen. Lait- schaufu liegt 120 Kilometer von Kiautschou entfernt. Nach anderen Berichten wurden mehrere deutsche Handelsschiffe gekapert. Der deutsche Handel ist unterbunden. Österreichs erster Sieg. Das österreichische Kriegsquartier meldet amtlich: Die dreitägige Schlacht bei Krasnik endete mit einem völligen Siege unserer Truppen. Die Russe» wurden aus der ganzen etwa 70 Kilometer breiten Front geworfen und haben fluchtartig den Rück zug gegen Lublin angetreten. Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: Nach den letzten Nachrichten haben unsere Truppen in den Kämpfen um Krasnik über 3000 Gefangene gemacht und 3 Fahnen, 20 Geschütze und 7 bespannte Maschinengewehre erbeutet. Gefangen ge nommene russische Offiziere, die den Feldzug gegen Japan mitgemacht haben, sagen über einstimmend aus, daß die Angriffe der öster reichischen Streitkräfte viel stürmischer seien, als diejenigen der Japaner. Kriegszustand zwischen Österreich und Japan. Dem japanischen Botschafter am Wiener Hofe wurden Dienstag mittag die Pässe zu gestellt. Der österreichisch-ungarische Bot schafter in Tokio wurde abberufen. (W. T. B.) Der Papst und der Krieg. Der Arzt des verstorbenen Papstes, Dr. Marchiafava. äußerte zu einem Korrespon denten der Wiener.Reichspost', daß der Papst dringend gebeten worden sei, mit seiner großen Autorität gegen den Ausbruch des Krieges zu wirken. Der Papst erklärte daraus wörtlich: „Der einzige Herrscher, bei dem ich mit Aussicht auf Erfolg wirken könnte, weil dieser Monarch stets in Treue dem Heiligen Stuhle ergeben war, ist Kaiser Franz Joseph. Aber gerade bet ihm kann ich nicht für den Frieden wirken, denn der Krieg, den Österreich führt, ist gerecht, nur allzu gerecht." (W. T. B.) * * Das unbekannte Geschütz. über das neue Kruppgeschütz, mit dem jetzt zunächst die Belgier so gründliche Bekannt schaft gemacht haben, wird Ler .Nordd. Allgem. Ztg.' geschrieben: „Die Tatsache, daß es möglich gewesen ist, im Frieden Geschütze von derartiger Wirkung völlig unbemerkt vom Ausland herzustellen, ist ein glänzender Beweis für die pflichttreue Vorbereitung des Krieges in Friedenszeiten. Es ist ja ohne weiteres einleuchtend, eine wie große Zahl von Personen bei dem Zustande kommen eines derartigen Geschützes beteiligt werden muß, ehe die neue Einrichtung fix und fertig in die Erscheinung treten kann. Der deutschen Heeresverwaltung ist es gelungen, dieses Geheimnis so vortrefflich zu wahren, daß der Feind erst durch die Wirkung der einschlagenden Geschosse davon erfuhr. Das ist ein leuch tender Beweis sür die Pflichttreue aller in Betracht kommenden Persönlichkeiten. Es tut jedem deutschen Herzen wohl, das in aller Öffentlichkeit festzustellen. Auch unserer größten deutschen Waffenfirma gebührt für ihre Leistungen der Lank des Vaterlandes. Sie hat sich in diesen schweren Tagen getreu ihren Überlieferungen glänzend bewährt. Die Leistung unserer deutschen Geschütze vor Lüttich und in den gesamten Kämpfen in West und Ost berechtigen das deutsche Volk zu der Zuversicht, daß die deutsche Artillerie allen Anforderungen und Aufgaben gewachsen sein ! wird, die der weitere Krieg uns stellt." polMcbe Kunälckau. Deutschland. * Das Reichsschatzamt hat die Beschlag nahme der japanischen Staats« guthaben in Deutschland in die Wege ge leitet. * Den Kölner Blättern ging vom General- Kommando nachstehende Warnung zu: „Die Nachricht vom Tode des Papstes wird von den Blättern entsprechend ihrem konfessionellen Charakter verschieden besprochen. In mehreren großen Zeitungen hat deshalb schon eine schärfere Polemik eingesetzt. Ohne sich in die internen Angelegenheiten der einzelnen Zei tungen einmischen zu wollen, sieht sich das Gouvernement doch veranlaßt, an die Presse die dringende Mahnung zu richten, die ge schlossene Stimmung der Parteien und die bisher einmütige Haltung unter allen Umständen aufrecht zu er halten. Der geringste Versuch, die augen blickliche Einigkeit des deutschen Volkes durch parteipolitische Streitigkeiten und Befehdung ! auf konfessionellem Gebiete zu stören, gleich viel von welcher oder gegen welche Partei, wird sofort auf das energischste unterdrückt werden." "Der preußische Staatssekretär des Innern hat den Antrag des Vereins der deutschen Zuckerindustrie abgelehnt, allgemeine Ausnahmen von den Vorschriften der Gewerbeordnung über die Be schäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern zu gewähren. Es sind zurzeit noch zahlreiche arbeitslose Arbeitsfähige vorhanden, die zunächst Beschäftigung finden müssen. Die öffentlichen Arbeitsnachweise, die Arbeitsnach weisoerhände und letzten Endes die Reichs- zentrale der Arbeitsnachweise im Reichsamt des Innern sind aus Erfordern in der Lage, den Zuckerfabriken Arbeitskräfte nachzuweisen. Frankreich. * Der frühere Ministerpräsident Clemenceau verlangt in seiner Zeitung, daß das Kriegs amt die französischen Mißerfolge ebenso wie die französischen Siege bekannt machen möge. In einem Kampf auf einer Front von 52 Meilen, sagt er, muß noch anderes vorgehen, als die Er oberung einiger deutscher Kanonen und Stellungen und die Gefangennahme von feind lichen Soldaten; der französische Charakter ist ein solcher, daß er vor der vollen Wahrheit, wie sie auch sei, nicht zurückschreckt. England. "Das allgemeine Moratorium, das heißt die Frist für den Aufschub aller Zahlungen, ist in ganz Großbritannien bis 4. Oktober verlängert worden. Valtanstaaten. "König Karol von Rumänien, der einige Tage unpäßlich war, ist wiederherge stellt. Er hat am Dienstag die türkischen und griechischen Delegierten empfangen. Im Iwekgebirge. 11 j Novelle von C. Born. E<! Sefferl, der der Fremde dagegen sicher ausgefallen wäre, war so in Gedanken, daß sie sich um ihre Umgebung überhaupt nicht bekümmerte. „Gnade, Barmherzigkeit! Herr Gott im Himmel droben! — der Geist des Pro fessors! —" rief der Sterbende entsetzt, der nun ebenso wie Prokop in dem Wahne war, den Geist des Ermordeten zu sehen, weshalb sich auch bei ihm endlich das Gewissen regte. „Ich bin dein Mörder!" — schrie er vor Angst bebend. „Hört es alle! — Ich bin's, der ihn hinabgestürzt hat, ich, und mit der Prokop!" — Etwas leiser fuhr er dann fort: „Ich hab' den Prokop dazu angetrieben, weil ich mich an seinem Weib, das mich stets verächtlich be handelte, rächen wollt': ich hab' ihn aus'n Professor eifersüchtig g'macht, trotzdem sein Weib und der Professor unschuldig waren: und obwohl unsere beiden Hände den Streich geführt Haden, so bin ich doch der eigentliche Urheber und Mörder! — Ich hab' auch meinen Zweck erreicht: denn die Maria is vor Gram und Kummer gestorben .. ." Hier mußte er vor Schwäche adbrechen, während abermals ein Blutstrom aus sei nem Munde drang. Kein Laut unterbrach Lie Stille im Zimmer, alle, mit Aus nahme des alten Geistlicken und des Fremden, waren überrascht und bestürzt durch dieses unerwartete Geständnis, das sie lediglich der Todesangst Les Verbrechers zu« Ichrieben. Nachdem man dem Sterbenden einige Linderung verschafft hatte, fuhr dieser in seiner Beichte fort: „Der Prokop war von der Zeit an ganz in meiner Hand, weil von meiner Aussage und derjenigen des Knechtes Mathies, der uns in jener Schreckensnacht begleitete und Leim Ausflackern eines Blitzes den Prokop als alleinigen Täter zu sehen wähnte, sein Leben abhing. Mathies wurde mit Geld beschwich tigt und verließ die Gegend. Vor zwei Jahren starb er und hat stets reinen Mund gehalten; ich aber ließ Prokop, meines Vor teils wegen, auch fernerhin in dem Glauben, daß Mathies noch lebe. — Auch ich erpreßte namhafte Summen im Laufe der Jahre von Prokop, und in letzter Zeit, als Sefferl er wachsen war, wollt' ich ihn zwingen, sie mir zum Weib zu geben. Prokop aber wehrte sich mit aller Kraft dagegen, trotzdem ich ihm mit der gerichtlichen Anzeige drohte. Er blieb standhaft; er wollte sein Leben, seine Ehre dem Glücke seines Kindes opfern! Doch die Sefferl hatte unser Gespräch belauscht; sie rettete ihren Vater, indem sie mir sreiwillig ihre Hand bot . . ." Die Stimme des Sterbenden war schwächer geworden, er ließ den Kopf auf das Kissen zurücksinken. Aller Augen richteten sich auf Sefferl, die neben dem Bette kniete und ihr Antlitz verhüllt hatte. „Doch die gerechte Strafe is nit aus« g'blieben, wie ihr alle seht!" stammelte der Doktor kaum vernehmbar nach einer Weile. „Gibt es eine Verzeihung oben tm Himmel, Herr Pfarrer?" — Herr Gott - erbarme — dich — meiner — armen — Seele!" — Ein kurzes Röcheln ließ sich vernehmen — und er war tot! Der Pfarrer kniete auf dem Boden und betete laut; die Übrigen, erschüttert und zer knirscht von dieser Szene, fielen leise in das Gebet mit ein. — Auf die sckwüle, finstere Nacht folgte ein klarer, Heller Morgen. Mit dem ersten Grauen regte sich schon alles im Dorfe. Man war auf der Suche nach dem Kretin, der seit dem Morde spurlos verschwunden war. Die Blutspuren im Garten des Grudhofes führten über die Wiesen nach dem Walde, — hinab zu dem Gebirgssee. Tief unten in dem grünen, stillen, durchsichtigen Wasser lag ein Leichnam. Es war Blasi, der Kretin! Das Wasser ver mochte die Blutspuren anseinenKleidungsstücken nicht unkenntlich zu machen. Sein zerfetzter Rock und mehrere Schnittwunden an den Händen verrieten, daß er mit seinem Opfer, das ihn vielleicht selbst mit dem Tode be drohte, einen harten Kampf bestanden hatte. Ob nun dem schwachen Hirn des unglück lichen Blast das Sträfliche feiner Tat zum Bewußtsein gekommen und er aus Furcht vor Strafe sreiwillig in den Tod gegangen oder ob er versehentlich in den See gefallen war, das blieb ewig ein ungelöstes Rätsel. — * * * Wieder waren zwei Jahre vergangen. Die alles mildernde Zeit hatte ihren Schleier über jene unheilvollen Ereignisse gebreitet. Sefferl war Besitzerin des Grubhofes geworden, dessen Einkünfte sich unter ihrer umsichtigen Leitung von Jahr zu Jahr steigerten. Von nah und fern, selbst aus der Stadt, kamen Bewerber um die Hand der reichen Erbin; doch vergeblich. Alle wurden abge wiesen! An einem herrlichen Sommernachmiitage saß Sefferl auf der Steinbank vor dem Hause und spann. Die zarte Knospe hatte sich zur schönsten Blume entfaltet. Sie war größer und voller geworden, und die Rosen auf ihren Wangen prangten als Zeichen blühendster Ge sundheit. Während das Rädchen schnurrte, schweiften ihre Gedanken in der Vergangen heit umher. Plötzlich erblickte sie einen jungen Soldaten, der des Weges daherkam. Er trug einen Ranzen auf dem Rücken, das mit Schildhahn federn geschmückte Käppchen saß etwas zur Seite, und eine große, silberne Medaille hing an seiner Brust. Das Spinnrädchen fiel auf den Boden, und einen Augenblick später lagen sich beide in den Armen. Es war Vinzenz, der aus fernen Landen in die Heimat zurückkehrte. Mit hochklopfen dem Herzen erfuhr er aus Sefferls Munde alles, was sich während seiner Abwesenheit zu getragen. — Wenige Wochen später feierten die beiden jungen Leute ihre Hochzeit, getraut von dem ehrwürdigen alten Geistlichen, dem es noch eine Reihe von Jahren vergönnt war, inmitten seiner geliebten Berge und der ihm ans Herz gewachsenen kleinen Gemeinde weilen und fick des dauernden Glücks Sefferls und Vmzenz freuen zu dürfen. Ende.
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