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Ottendorfer Zeitung : 04.09.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191409047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140904
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140904
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-04
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.09.1914
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Das Seegefecht bei Helgoland. Heldentaten unserer Flotte. Nach dem amtlichen Telegramm sind bei den Seegefechten westlich von Helgoland drei kleine deutsche Kreuzer „Mainz", „Köln" und „Ariadne", sowie das Torpedoboot „V 187" gesunken. Über den heldenmütigen Kampf besonders der „Ariadne" und des „V 187" weist das ,B. T/ aus zuverlässiger Quelle zu berichten: Ganz unerwartet wurde „V 187" durch von Norden kommende englische Torpedovoots- zerstörer angegriffen. : Kaum waren die ersten Schüsse gefallen, als feindliche Streitkräfte, die aus Torpedo- und Unterseebooten bestanden, sich von allen Seiten näherten und das deutsche Boot umzingelten. „V 187", auf dem sich außer dem Kommandanten auch noch der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis befand, wehrte sich bis zum äußersten. Bald aber wurde es durch zahlreiche Schüsse aus nächster Nähe in seiner Bewegungssähigkeit herab gesetzt. Als die Besatzung einsah, daß es keine Rettung mehr gab, wurde eine Sprengung im Innern des Bootes vorgenommen, damit Las Boot nicht 'in die Hände des Feindes fiele. Jetzt sank „V 187" rasch. Abernoch während des Sinkens wurden die Geschütze, so weit sie feuerfähig waren, von der Mann schaft bedient. Endlich verschwand das Boot in den Fluten. Der Flottillenchef und der Kommandant, Korvettenkapitän Lechler verloren nebst Teilen der Besatzung ihr Leben. Der Feind unternahm sofort das Rettungs werk. Als dies Werk noch im Gange war, näherten sich deutsche stärkere Streitkräfte. Die englischen Torpedoboote wurden hierdurch veranlaßt, sich beschleunigt zurückzuziehen. Die ausgesetzten Boote mit den Geretteten konnten nicht mehr an Bord genommen werden, son dern mußten im Stich gelassen werden. Die Geretteten wurden nun aus den englischen Beibooten von den deutschen Streitkräften an Bord unserer eigenen Schiffe genommen. über den Verlust der „Ariadne" wurde das folgende bekannt: Als der Donner der Geschütze aus der Vorpostenlinis anzeigte, daß der Feind sich nähere und im Kampf mit unseren Torpedobooten stünde, ging der ge schützte kleine Kreuzer „Ariadne" vor, um sich am Gefecht zu beteiligen. Den Vorposten mußte Hilse gebracht werden, und der Wunsch, sich endlich vor dem Feinde betätigen zu können, war der treibende Faktor. Plötzlich tauchten unweit der „Ariadne" zwei feindliche Kreuzer aus einer Nebelwgnd auf. Bald wurde man gewahr, daß es zwei Dreadnoughts seien, nämlich zwei Schlacht kreuzer vom Lion-Typ, die 30 000 Tonnen Deplacement haben und eine Armierung von acht34.3-Zentimeter-Geschützen tragen, und die schließlich noch stark gepanzert sind. Was wollte die „Ariadne", die nur 2650 Tonnen verdrängt und mit zehn 10,5-Zentimeter-Ka- nonen bestückt ist, gegen diese beiden Goliath- schiffe ausrichten! Zu Beginn des ungleichen Ringens schlug ein Treffer in den vorderen Heizraum der „Ariadne", der die Hälfte der Kessel außer Betrieb setzte, und so wurde die Geschwindigkeit des Schiffes auf 15 Seemeilen herabgemindert. Trotz der gewaltigen Überlegenheit der Engländer dauerte der KaMpf etwa eine halbe Stunde. Das Achterschiff der „Ariadne" brannte lichterloh. Aber die noch gefechts fähigen Kanonen auf dem Vordeck feuerten unentwegt weiter. Das Feuer griff trotz aller Löschversuche allmählich auf das Vorschiff über. Die vordere Munitionskammer konnte noch unter Wasser gesetzt werden. Bei der achteren war es nicht mehr möglich. Hier hinderten die überall züngelnden Flammen daran. Der Feind hatte, als er sein Ver nichtungswerk sah, nach Westen abgedreht. Der Kampf war beendet. Auf „Ariadne" versammelte sich die Mann schaft jetzt auf dem Vordeck, brachte in treuer Überlieferung alten Marinebrauchs drei Hurras auf den obersten Kriegsherrn, Kaiser Wil helm 11., aus, und freimütig erklang hierauf das bekannte Flaggenlied: „Stolz weht die Flagge schwarz-weiß-rot." Unter dem Ab fingen des Liedes: „Deutschland, Deutschland über alles" wurde das sinkende und brennende Schiff in vollster Ordnung verlassen. Zwei unserer Schiffe kamen in die Nähe und nahmen die Mannschaften der „Ariadne" an Bord. Vom Feinde war nichts mehr zu sehen. Bald darauf verschwand die „Ariadne" in den Wellen. Wahrscheinlich war die Explo sion der achtern Pulverkammer vorher ein getreten. Von der Besatzung der „Ariadne" sind, so weit bis jetzt festgestellt werden konnte, gefallen: der erste Offizier, Korvettenkapitän Franck, der Schiffsarzt, Stabsarzt Ritter v. Borberger, der Wachingenieur Helbig und ungefähr 70 Mann. Die Zahl der Verwundeten ist groß. Wenn auch dem Kreuzer „Ariadne" das Glück in diesem Treffen nicht hold war, so dürfen wir dennoch stolz sein auf den helden mütigen Geist, den die Besatzung in dem un gleichen Kampf zeigte. Es läßt uns hoffen, daß bei anderer Gelegenheit die Scharte wieder ausgewetzt wird. Der Feind gibt selb st zu, schwere Beschädigungen erhalten zu haben. Md 1UNÄ -fern. Goldablicferung an die Reichsbank. Mit der Ablieserung von Goldmünzen an die Reichsbank zur Stärkung von deren Leistungs fähigkeit ist Prinz Heinrich von Preußen mit gutem Beispiel vorgegangen, indem er ange ordnet hat, daß die bei seiner Hofstaatskasse eingehenden Goldmünzen an Lie Reichsbank- Hauptstelle in Kiel abgeliefert werden. Weiter hat der Prinz der Bank sieben goldene Er innerungsmedaillen zukommen lassen mit dem Auftrage, sie der Königlichen Münze in Berlin zum Einschmelzen zu übergeben, und den Er lös dem „Roten Kreuz" zur Verwendung zu überweisen. Ein Forschungsreisender kriegsgefan gen? Der hamburgische Forschungsreisende Pastor Windfuhr scheint in sranzösische Kriegs gefangenschaft geraten zu sein. Windsuhr ist im Auftrage des Kolonialinstituts zu Sprach forschungszwecken nach Französisch-Marokko gereist und am 3. Juli in Mogador angekom men, wo er beim deutschen Konsul wohnte. Nach seinen letzten, vom 20. Juli datierten Nachrichten gedachte er Ende Juli aus Mogador abzureisen. Seitdem ist über seinen Aufent halt nichts bekannt. Tödlicher Fliegerabsturz. Auf dem Flug platz in Johannisthal war am Sonntag früh der Flieger Post vom Freiwilligen Fliegerkorps auf einer Taube mit seinem Begleiter Silber horn vom Freiwilligen Fliegerkorps gestartet, um die Bedingungen für die Feldfliegerprüsung zu erfüllen. In der Nähe von Alt-Glienicke stürzte der Apparat in größerer Höhe aus un bekannter Ursache ab. Beide Flieger waren sofort tot. Der Apparat war total zertrümmert. Im Fieberwahn zur Mörderin ge worden. Das 18 Jahre alte Dienstmädchen Else Schilder in Berlin hat ihrem gesunden Kinde mit einem Beil den Hals dis zur Wirbelsäule durchschlagen. Die Tat dürste im Fieberwahn begangen worden sein. Unverträgliche Kriegsgefangene. Nach amtlicher Mitteilung sind vom Truppenübungs platz in Ohrdruf (Thüringen), wo 8000 Ge fangene untergebracht sind, eine Anzahl fran zösischer Franktireurs entflohen. Auf Ler Veste Zinna bei Torgau entstand zwischen den 180 französischen und belgischen gefangenen Offi zieren, weil letztere Frankreich des Verrats be schuldigten, eine blutige Schlägerei. Fleisch kann die chemische Untersuchung auf Ver dachtsfälle beschränkt werden. Dänische Pferde für die deutsche Land wirtschaft. Das Reichsamt des Innern hat einen ihm angebotenen Transport dänischer Pferde an genommen und gibt diese Pferde an die landwirt schafttreibende Bevölkerung ab. Dadurch fall dem großen Bedürfnis entsprochen werden, das sich infolge des Krieges bei der Landwirtschaft ein gestellt hat. Am 13. September des darauf folgenden Jahres erfolgte seine Beförderung zum General oberst. Im September vergangenen Jahres leitete er in Vertretung des erkrankten Chefs des Generalstaves die Kaisermanö^ und am Neujahrstage dieses Jahres verlieh ihm sein Allerhöchster Kriegsherr die höchste militärische Würde, die eines Feldmarschalls. Am 24. Januar d. I. empfing er den Orden pour Is mörits sür Wissenschaft und Künste, nachdem ihm die Universität Königsberg schon 1904 zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät ernannt hatte. Schon früh wendete sich der junge Offizier der schriftstellerischen Tätigkeit auf kriegswissenschaftlichem Gebiete zu. Seine eigenen Erlebnisse im Kriege 1870 gaben ihm den ersten Stoff dazu. Schon 1874 Erschienen: „Die Operationen der Zweiten Armee bis zur Kapitulation von Metz" und „Die sieben Tage von Le Mans", denen im nächsten Jahre „Die Operationen der Zweiten Armee an Ler Loire" folgten. Da damals von dem Generalstabswerk nur der erste, bis zur Schlacht bei Gravelotte reichende Teil er schienen war und sich diese Werke auf Akten material stützten, so hatten sie einen besonderen Wert, Len sie auch, infolge der damaligen Stellung ihres Verfassers im Stabe des Ober kommandos der Zweiten Armee 1870, heute noch beanspruchen dürfen. In den neuen Reichslanden. Generalfeldmarschall v. d. Goltz, ihr erster General« gouoerneur. Belgien, unser neues Reichsland, hat in dem Generalfeldmarschall Colmar Frhr. v. d. Goltz seinen ersten Generalgouverneur er halten. Die Bedeutung dieses ungewöhnlichen Mannes kommt in seiner neuen Stellung erneut zum Ausdruck. Frhr. v. d. Goltz ist der rechte Mann am rechten Platze, denn sein Leben ist zwar reich an Erfolgen, reich an Ehren, aber noch reicher an Verdiensten und Arbeit, die unserm Heere und dem ganzen Vaterlande zugute gekommen sind. Er wurde am 12. August 1843 zu Bielikenfeld bei Labiau in dem heute heiß umstrittenen Ostpreußen geboren. Am 14. Mai 1861 trat er im Alter vo« noch nicht 18 Jahren als Leutnant in das Infanterieregiment Nr. 41 in Tilsit ein. In den Jahren 1864 bis 1867 besuchte er die Kriegsakademie, die im Jahre 1866 wegen des Krieges geschlossen wurde. Er nahm darum am Kriege gegen Österreich teil. Bei Trau- tenau erhielt er einen Gewehrschuß in die Schulter und erwarb sich durch seine Tapfer keit den Roten Adlerorden 4. Klasse mit Schwertern. Im Kriege 1870 war er als Premierleut nant bereits Generalstabsoffizier und war dem Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl zugeteilt. Hier kam er mit dem Feldmarschall Grafen Häseler zusammen, der demselben Hauptquartier als Major angehörte. Im Jahre 1872 wurde Frhr. v. d. Goltz Lehrer an der Kriegsschule zu Potsdam, dann wieder dem Generalstabe zugeteilt, dem er mit einer Unterbrechung von einem Jahr als Kompagnie chef im 96. Infanterieregiment dauernd ange hörte. Im Jahre 1878 wurde er Lehrer an der Kriegsakademie und übte daneben noch seine Tätigkeit im Generalstabe aus. Das Jahr 1883 brachte seinem Leben eine große Wendung, da er im August dieses Jahres seine Berufung nach Konstantinopel zum Reorganisator der türkischen Armee er hielt. Er war damals Oberstleutnant, hatte sich aber durch seine Schriften einen Namen gemacht, der weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinausreichte und auch in der Türkei einen hervorragenden Klang hatte. Trotz seines Ausscheidens aus der preußischen Armee als etatsmäßiger Offizier wurde Frhr. v. d. Goltz aber in den Listen der Armee noch weitergeführt und avancierte vollkommen regelmäßig. Er wurde im Jahre 1887 Oberst, im Jahre 1880 Generalmajor und im Jahre 1895 Generalleutnant. Er führte im Jahre 1886 gemeinsam mit dem türkischen General Muzaffer-Pascha dis Organisation des tür kischen Heeres nach deutschem Muster durch. Aus der Hochachtung, die er zu allen Zeiten seines Wirkens in der Türkei genoß und noch heute genießt, kann man ersehen, wie taktvoll Frhr. v. d. Goltz seine Aufgabe in dem fremden Lande und in einer fremden Umgebung durch- sührte. Im Jahre 1895 kehrte er aus der Türkei zurück, um noch später des öfteren sich wieder dorthin zu begeben und der türkischen Re gierung seinen Rat und Beistand zu leihen. Nach seiner Rückkehr aus der Türkei wurde er Kommandeur der 5. Division in Frankfurt a. O. am 2. Januar 1895. Am 26. Mai 1898 wurde er zum Generalinspekteur des Inge nieur- und Pionierkorps und der Festungen ernannt. Ein Jahr später, im Jahre 1899, wurde er Chef des Jngenieur-Pionier-Korps. Der Kaiser ernannte ihn am 27. Januar 1900 zum General der Infanterie. Im Jahre 1902 erhielt Frhr. v. Goltz das Kommando des 1. Armeekorps. Fast fünf Jahre befehligte General v. d. Goltz das 1. Korps, bis er am 11. September 1907 als General- inspetteur an die Spitze der neuge- bildeten Sechsten Armee«Inspektion trat. England und die Fremdenlegion. (Helfer am französischen Raubzuge.) Die wahre Gesinnung, die England uns seit je entgegenbrachte, kann man aus einem kleinen, aber bezeichnenden Zuge erkennen. England wußte sehr gut, welche Anstrengungen in Deutschland stets gemacht worden sind, um Werbungen für die französische Fremdenlegion zu hintertreiben. Da sich die englische Regie rung über diese schmachvolle sranzösische Ein richtung nicht im unklaren sein konnte, so hätte es schon die geringste Anstandspflicht ge fordert, derartige Machenschaften in ihrem Lande zu unterdrücken. Aber weit gefehlt! England hat den französischen Werbern der Fremdenlegion geradezu dadurch Vorschub ge leistet, daß es ihre Tätigkeit in England selbst in keiner Weise behinderte. Die englische Regierung wußte nämlich, daß in ihrem eigenen Lande eine ausgedehnte Tätigkeit Ler Werber für die Fremdenlegion blühte. Da sich erfahrungsgemäß in England und besonders in London sehr viele Deutsche aujhielten, die von den Warnungen Ler Fremdenlegion nur wenig gehört hatten, so wurden von dem Werbebureau in Paris Werber nach England geschickt, ausschließlich mit der Bestimmung, die dort ansässigen und dort hinkommenden Deutschen für die Legion zu werben. Es kam ihnen dabei zu statten, daß sehr viele nach England auswandernde Deutsche in der Heimat irgendwie gescheitert waren. Die Werber machten sich an junge Zureisende oder in England lebende Deutsche unter der Maske von Volksgenossen heran. Aus Freude über die Begegnung mit einem Deutschen wurde dann eine Trinkerei ver anstaltet. Wenn der junge Mann völlig be rauscht war, mußte er den Aufnahmeschein sür die Fremdenlegion unterschreiben. Dann mußte der Werber darauf bedacht sein, den jungen Mann, der von seiner Unterschrift nichts mehr weiß, nach Frankreich zu bringen. Dies geschah unter dem Vorgeben, daß in Frankreich reichlicher Broterwerb vor handen ist. Aus purer „Freundschaft" bezahlte der Werber natürlich auch noch die Reise sür den jungen Mann, der in dem Werber nun seinen wahren Freund sah. In Frankreich war es dann leicht, den jungen unerfahrenen Deutschen zu berauschen und ihn in eine Kaserne zu schaffen, aus der er nicht mehr herauskam. Dieies Verfahren richtet sich allein. Die Werber, die nach England abkommandiert wurden, mußten weniger gut englisch sprechen als deutsch. Die deutsche Sprache war un erläßlich. Schon daraus geht hervor, daß es zu für die Franzosen lediglich darum handelte, über England Deutsche zu Fremdenlegionären sich gewinnen. Diese Gefahr, die unseren jungen Landsleuten in England drohte, war um so schwerwiegender, als ihnen die warnenden Stimmen der deutschen Presse nur selten zu Ohren kamen. ° ° VolkswirtlekaftlickLS. Einfuhrcrleichtcrungeu für ausländisches Fleisch. Der preußische Landwirtschaftsminister hat in bezug auf die vom Bundesrat beschlossenen Erleichterungen sür die Einfuhr ausländischen Fleisches in einem Erlaß an die Regierungs präsidenten folgendes bestimmt: Für die Bezirke mit Beschaustellen ermächtige ich die Regierungs präsidenten, alle Änderungen in der Besetzung des Beschaupersonals (einschl. der chemischen Sach verständigen), die durch Einberufung zum Kriegs dienst nötig werden, selbständig vorzunehmen. Die chemische Untersuchung von Fett ist nötigenfalls ans eine Vorprüfung zu beschränken, wenn die Hauptprüfung nicht mit der erforderlichen Schnellig keit durchgeführt werden kann. Bei zubereitetem Artur lachte laut auf. „Das ist köstlich l" rief er. „Er hat sich von seinem Alten losgesagt! Das junge Küken ist flügge geworden! Du, das hast du gut ge macht. Wahrhaftig, er macht ein Gesicht, wie vierzehn Tage Regenwetter! Na, mein Junge, setze dich nun erst einmal und zünde dir eine Zigarette an. Mein Diener soll uns eine Tasse Mokka bringen, ich habe einen famosen Chartreuse — direkt aus Frankreich bezogen — oder ziehst du den Kognak mit den drei Sternen vor? — Das wird die ernsthasten Gedanken schon vertreiben." Er klingelte und befahl dem eintretenden Diener den Kaffee und die verschiedenen Liköre zu bringen, und als der würzige schwarze Trank in den chinesischen Schalen dampfte und sein Geruch sich mit dem Duft Ler türkischen Zigaretten mischte, als Herbert ein Glas des grünlich schimmernden Char treuse getrunken und behaglich in einem amerikanischen Schaukelstuhl saß, da kam ihm der Gedanke, eine lohnende, praktische Be schäftigung zu suchen, selbst sinnlos vor. „Du hast gut lachen," sagte er mit einem leichten Seufzer, „du hast dein selbständiges Vermögen und dein Vater gibt dir einen reichlichen Zuschuß, aber mein Later hat seine Hand vollständig von mir abgezogen, er hat mich nach einer heftigen Szene aus dem Haufe gewiesen. Ich muß mir nun den Lebens unterhalt selost verdienen." Artur Wernicke lachte, daß ihm die Tränen über die blassen, schwitzigen Wangen liesen. „Verzeih," sagte er schließlich, „wenn ich Hche. Aber du ziehst ein Gesicht wie der Lohgerber. Lem die Felle sortgeschwommen sind. Was du mir da sagst, überrascht mich gar nicht. Das mußte ja so kommen. Ich kenne das: hab's mit meinem Alten auch durchgemacht. Er wollte mich in sein Kontor sperren, das war mir aber zu sad — da wurde er bösartig und setzte mich vor die Tür. Ich mietete mir dann diese Wohnung und stattete sie vollständig aus. Die Rechnung schickte ich meinem Alten. Zuerst brummte er, dann zahlte er, und seitdem kommen wir ganz leid lich mit einander aus. Ich bin Lem Namen nach Teilhaber seines Geschäftes, brauche mich aber um nichts zu bekümmern und lebe soweit ganz angenehm." „Dein Vater ist aber ein modernerer Charakter als der meinige." „Pah — dein Alter wird schon wieder ver nünftig werden. Alach' dir weiter keine Sorgen. Da versuch einmal diesen Kognak! Famos! Nicht wahr?" Das herzliche, heitere Wesen des Freundes, der gehaltvolle Mokka, der Chartreuse und Kognak übten auf Herberts Stimmung eine belebende Wirkung aus. Er glaubte jetzt selbst, zu schwarz in die Zukunft gesehen und den Streit mit dem Vater zu schwer genommen zu haben. War es doch schon oft zwischen ihnen zu Streit und Zank gekommen, hatte sein Vater ihm doch schon einige Male Lie Tür gewiesen und es war dann jedesmal eine wenn auch nur äußerliche Versöhnung zustande gekommen. Das würde auch nach diesem Streit wohl wieder der Fall sein, tröstete sich Herbert und ließ sich den Mokka und den Chartreuse gut schmecken. „Also du bleibst vorläufig in Berlin?" kraaLe Artur. „Mir bleibt keine andere Wahl." „Gut — das ist das Vernünftigste, was du tun kannst. Wir werden dir eine hübsche kleine Wohnung suchen — du bist doch mit Geld versehen?" „Vorläufig ja," entgegnete Herbert mit einem leichten Seufzer, indem er sich der drei tausend Mark erinnerte, die seiy ganzes Ver mögen bildeten. „Na, also — dann hat's ja keine Not. Andernfalls könnte ich dir aushelsen. Du bleibst also hier — wir schreiben an deinen Alten .. ." „Auf keinen Fall!" „Wenn du selbst nicht schreiben willst, so werde ich dir die Mühe abnehmen. Aber du mußt irgend einen Grund angeben, weshalb du in Berlin bleiben willst." „Am liebsten würde ich eine Stellung als Inspektor auf einem Gute annehmen." „Dummes Zeug! Du, der Sohn eines reichen Vaters, Inspektor! Das wäre ja ein fach lächerlich. Ebenso töricht, als wenn ich Kommis bei einem Krämer werden wollte. Halt, ich hab's! Du studierst auf der hiesigen landwirtschaftlichen Hochschule . . . kannst dich ja auch nötigenfalls dort einschreiben lassen. Eine famose Idee! Abgemacht! Du läßt dich als Student der Landwirtschaft ein schreiben. Dagegen kann dein Vater nichts einwenden, das ist ein sehr verständiger Plan. Aber nun haben wir genug über diesen ernst haften Gegenstand gesprochen. Wir wollen zu einem angenehmeren Thema übergehen. Wo bist du abgestiegen?" „Im Kaiserhof." „Famos!" — Kannst ja vorläufig dableiben. bist gut aufgehoben. Heute Abend gehen w»> in den Zirkus, nachher essen wir im „Treppchen", wir treffen da einige gute Freunde. Bist du einverstanden?" „Ja .. ." „Gut. Dann entschuldige mich einen Augenblick, daß ich Toilette mache. Wir fahren dann zum Kaiserhof, damit du dich um ziehen kannst — du hast doch deinen Frack mit- gedracht?" „Ja." „Du mußt dich in Frack und Lack werfen. Abends erscheint man hier nur noch im Gesell schaftsanzug. Weißt du übrigens, daß man jetzt beginnt, farbige Fracks zu tragen? Dunkelblau oder dunkelgrün mit goldenen Knöpfen — ich habe mir auch schon einen blauen Frack bauen lassen. Sehr chik! Na, du wirst ja sehen." Damit verschwand er in dem Neben zimmer, und Herbert hörte ihn nach dem Diener rufen. Es wurde ein sehr vergnügter Abend. Im Zirkus und im „Treppchen" traf man mehrere Bekannte, Sportleute und Söhne reicher Eltern, die eine Ehre darin zu setzen schienen, das Geld ihrer Eltern aus möglichst unsinnige Weise zu verschwenden. In diesen Kreisen durste Herbert über haupt nicht von seiner Absicht, sich eine Stellung zu suchen, sprechen, ohne erstaunten Gesichtern zu begegnen oder wohl gar aus gelacht zu werden. Mit einem angehenden Wirtschafts-Inspektor konnte man doch un möglich verkehren. Tgg r (Fortsetzung folgt.)
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