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Ottendorfer Zeitung : 18.08.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191408182
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140818
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140818
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-18
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 18.08.1914
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kriegsreckr. Zu Nutz und Frommen unserer Soldaten und ihrer Familien seien folgende rechtliche Bestimmungen in Erinnerung gebracht: 1. In Kriegsbeilen können die den Militär gesetzen unterworfenen Personen letztwillige Verordnungen unter besonders erleichterten Formen gültig errichten (militärische letztwillige Verfügung). Auch Kriegsgefangene und Geise n haben diese Befugnis, solange sic sich in der Gewalt des Feindes befinden. a. wenn sie vom Verfügenden eigenhändig geschrieben und unterschrieben sind (Ort und Datum sehr empfohlen, aber nicht not wendig), b. wenn sie vom Verfügenden unter schrieben und von zwei Zeugen oder einem Kriegsgerichtsrat oder Offizier mitunterzeichnet sind, oder v. wenn von einem Kriegsgerichtsrat oder Offizier unter Zuziehung zweier Zeugen oder noch eines .Kriegsgerichtsrats oder Offiziers über die mündliche Erklärung des Soldaten eine schriftliche Verhandlung ausgenommen, diese vorgelesen, sowie von dem Kriegsgerichts rat und den übrigen mitwirkenden Personen unterschrieben ist. Bei verwundeten oder kranken Militär personen können die Kriegsgerichtsräte und Offiziere durch Militärärzte oder höhere Laza- rettbeamte oder Militärgeistliche vertreten werden. Solche militärische letztwillige Ver fügungen verlieren ihre Gültigkeit mit dem Ablauf eines Jahres von dem Tage an, an welchem der Truppenteil des Soldaten wieder in Friedenszustand gesetzt ist oder der Ver fügende aufgehört hat, zu dem mobilen Truppenteil zu gehören oder als Kriegs gefangener aus der Gewalt des Feindes ent lassen ist. 2. Im Felde sind beim Heere die Kriegs gerichtsräte und die Oberkriegsgerichtsräte zu ständig, unter Zuziehung eines Militärgerichts schreibers Testamente oder Erbverträge zu erlichten und überhaupt Rechtsgeschäfte ge richtlich zu beurkunden, sowie Unterschriften zu beglaubigen, auch Versicherungen an Eides statt entgegenzunehmen (Reichs-Gesetz-Blatt 01, S. 185). 3. Vom Stempel und Gerichtsgebühren sind befreit Militärpersonen hinsichtlich der von ihnen bei der Mobilmachung errichteten einseitigen und wechselseitigen letztwilligen Verfügungen, sowie die Zurücknahme der selben. Die Eröffnung dieser Verfügungen erfolgt gebührenfrei, auch sind Anträge auf Todeserklärung der im Kriege vermißten Militärpersonen gebührenfrei zu bearbeiten (8 8 Pr. G. K. G. Ziff. 5 Ges.-S. 99 S. 328). Justizrat Suchsland, Halle a. S. Politische Kunälckau. Deutschland. * Der Kaiser empfing den früheren Reichs kanzler Fürsten Bernhard v. Bülow und den Gesandten v. Eckardt, bisher in Cettinje. *Der preußische Gesandte in München von Treutler ist als Vertreter des Auswärtigen Amtes für das Kaiserliche Haupt quartier ausersehen. Die Münchener Ge sandtschaft übernimmt der bisherige Botschafter inParis,Freiherr von Schoen, der bereits seit einigen Tagen bei seinem Bruder in München weilt. Herr von Schoen hatte sich in Berlin gleich nach seiner Rückkehr aus Paris für den militärischen Dienst gemeldet, soll bis auf weiteres aber noch eine diplomatische Verwendung finden. 'Die gesetzlichen Bestimmungen über die Beschäftigung von gewerblichen Arbeitern anSonn-und Festtagen finden auf Arbeiten keine Anwendung, die in Notfällen oder im öffentlichen Interesse un verzüglich vorgenommen werden müssen. Zu diesen Arbeiten gehören natürlich auch solche, die im Interesse der Mobilmachung des Heeres notwendig und für die Beschleunigung der Mobilmachung dienlich sind. Dazu rechnen nicht nur die Arbeiten der Unter nehmer, die von Militär- und Marinebehörden als Mobilmachungslieferungen oder Leistungen vertragsmäßig oder freihändig aufgegeben sind. Es gehören dazu auch die Arbeiten, die von anderen Unternehmern für die Militär« oder Marinelieferanten zur Erfüllung der Aufträge geleistet werden, die von der Heeres oder Marineverwaltung stammen. Nach einer Verfügung an die Regierungspräsidenten und den Polizeipräsidenten in Berlin sind deshalb während des Krieges alle Sonntagsarbeiten zulässig, die für den Heeresbedarf und tür die Lebensmittelversorgung des Heeres und der Bevölkerung zu leisten sind. 'Die Bürgerschaft der freien und Hanse stadt Lübeck bewilligte nach einer erhebenden Kundgebung einstimmig allen Familien der ins Feld rückenden Angestellten und Arbeiter des Staates die vollen Bezüge während der Dauer des Krieges, die Errichtung einer staatlichen Beleihungskasse für die Hypotheken mit 5 Millionen Mark Kapital und stellte dem Senat einen Fonds von 1 Millionen Mark zur Bestreitung außerordent licher Ausgaben infolge des Krieges zur Ver fügung. Italien. * Marineminisi er Millo hat wegen Er krankung sein Amt niedergelegt. Als sein Nachfolger wurde Vizeadmiral Leone Male ernannt. Schweden. 'Der Führer der Liberalen, der frühere Ministerpräsident Staaff, hat dem Mini sterium mitgeteilt, daß die liberale Partei an gesichts der ernsten internationalen Lage die Opposition gegen den Regierungs vorschlag, betreffend die Verteidigungs frage. aufgebe. Von unci fern. Des Kronprinzen Villa in Zoppot als Kriegslazarett. Die Kronprinzessin hat in einem Schreiben an den Magistrat des Badeortes Zoppot ihren Dank für die ihr und ihren Kindern in diesem Sommer zuteil gewordenen Freundlichkeiten ausgesprochen und dabei erklärt, daß es ihr eine besondere Freude bereiten würde, wenn die Stadt Zoppot die Kronprinzenvilla im Bedarfsfälle zu einem kleinen Lazarett umgestalten würde. Dementsprechend werden gegenwärtig einige Räumlichkeiten der Villa zur Aufnahme von 30—40 Verwundeten hergerichtet. Ermordung eines Deutschen in Peters burg. Bei der Zerstörung der deutschen Bot schaft in Petersburg ist der einzige allein zu rückgebliebene Beamte in geradezu bestialischer Weise vom Pöbel erschlagen worden. Es handelt sich hierbei um den Botschastsdolmet- scher Hofrat Kattner, der seit vielen Jahren diesen Posten versah und sich der größten Be liebtheit in allen deutschen Kreisen erfreute. Stiftung für die Helden von Lüttich. Im Jahre 1910 hatte ein Deutschamerikaner der Besatzung desjenigen deutschen Kriegs fahrzeuges, das in einem englisch-deutschen Kriege ein englisches Kriegsschiff gefangen nimmt oder vernichtet, einen Preis von 6000 Mark ausgesetzt. Derselbe Stifter hat jetzt aus Begeisterung über d>e Heldentat der Er stürmung der Festung Lüttich durch die deutschen Truppen 300 Mark mit der Be stimmung hinterlegt, daß nach beendigtem Kriege die obersten deutschen Kriegsbehörden diesen Betrag als Belohnung für helden mütige Leistungen nach freiem Ermessen ver teilen sollen. Er hofft hiermit die Anregung für andere in Deutschland lebende Deutsch- Amerikaner gegeben zu haben, zu gleichem Zwecke Beiträge zu stiften. Annahme von Spenden für die Natio nalstiftung durch die Post. Für die Hinter bliebenen der im Kriege Gefallenen ist eine Nationalstiftung gegründet worden. An der Sammlung von Geldbeträgen hierfür be teiligen sich jetzt auch sämtliche Reichspostan- stalten, also die Postämter, Postagenturen und Posthilfsstellen. Sie nehmen Beiträge von örtlichen Hilfsoereinen und von einzelnen Personen an. Wo sich mehrere Postanstalten an einem Orte befinden, befaßt sich jede da- damit. An der Außenseste des Posthames wird an geeigneter Stells ein Aushang über die Annahme der Beiträge angebracht. Die Einzahlungen werden wöchentlich mit Zahl karte bei der Deutschen Bank „Für Lie Nationalstiftung" eingezahlt. Russische Spione als Deveschenauf fänger. Das Garnisonkommando in Danzig teilt mit, daß dort während der letzten Nächte mehrere russische Spione in Haft genommen worden sind, die sich auf den Dächern in An schlußleitungen nach dem Bezirkskommando und dem Garnisonkommando eingeschaltet hatten. Anscheinend sollte die Kriegstele- graphen-Bereitschast durch Auffangen der amt lichen Depeschen gestört werden. Die Spione wurden kriegsgerichtlich zum Tode verurteilt und erschossen. Veim Sturm verwundet. Der Ober bürgermeister von Schöneberg bei Berlin, Dominicus, ist als Hauptmann mit in den Krieg gezogen. Beim Magistrat Schöneberg ist nun folgendes Telegramm eingelauien: „Hauptmann Dominicus beim Sturm aus Lagarde an der Spitze seiner Kompagnie leicht verwundet, bleibt beim Regiment." Der jüngste Rekrut. Beim Kaiser-Franz- Grenadier - Regiment meldete sich dieser Tage der Apothetersohn Resochacki aus Neukölln gerade an dem Tage als Kriegsfreiwilliger, an dem er 17 Jahre alt wurde. Auf seine dringende Bitte wurde der junge Mann auch sofort angenommen und noch am gleichen Tage eingekleidet. SRulsiiff „Prinzess Eitel Friedrich" in Stettin. Das Schulschiff des deutschen Schulschiffoereins „Prinzeß Eitel Friedrich" ist von Swinemünde nach Stettin-Bredow über- gesührt worden, wo die Ausbildung der Zög linge ihren Fortgang nehmen wird. Von Kosaken ermordet. In dem preußi schen Grenzdörschen Skodden bei Johannis, bürg ist der Besitzer eines kleinen Gehöftes mit seinem Sohne und seiner Tochter von Kosaken ermordet worden. Vanderbilt auf dem Wege nach Amerika. Der amerikanische Milliardär Vanderbilt hat den italienischen Dampfer „Prinz von Udine" gechartert und bat von Genua mit 400 reichen amerikanischen Familien, die er in den letzten Wochen aus allen Teilen Europas nach Genua konzentriert hatte, unter italienischer Flagge die Heimreise nach New Dork angetreten. Das ÄngeftellLenrecht im Uriege. Durch den Krieg ist eine allgemeine Rechts unsicherheit geschaffen worden, und namentlich über das Recht des Angestellten auk Be schäftigung, bezw. auf Einhaltung des mit dem Arbeitgeber geschlossenen Anstellungsvertrages herrschen noch vielfach Zweifel. Auch die ge« etzlichen Bestimmungen sprechen sich in dieser Beziehung nicht immer scharf genug aus. Immerhin werden die Gerichte im Zweifels falle sicher dem alten Grundsatz huldigen, dem wirtschaftlich Schwächeren ihren Beistand zu leihen, und die bisher schon immer geübte Praxis dürste aus den Friedenszeiten sicher in der Kriegszeit keine Änderung erfahren. Ob bei den kaufmännischen Ange stellten das Gehalt unter allen Umständen im Falle der Einziehung des Angestellten auf die Dauer von sechs Wochen weiterge ahlt werden muß, ist streitig. Der 8 63 des Handels-Gesetz-Buches sieht diese Gehalts zahlung bei Eintritt eines unverschuldeten Un glücks vor; ob aber ein Krieg als ein solcher Fall anzusehen ist. wird erst durch die Gerichte entschieden werden müssen. Nehmen wir die bisherige Rechtsprechung als Grundlage an, daß eine freiwillige achtwöchige militärische Übung noch nicht zur Kündigung berechtigt (die sich auf 8 72, Ziffer 3 H.-G.-B. stützt), so muß mindestens das Recht des Arbeitgebers zu einer sofortigen Kündigung schon im Augenblick der Einberufung stark bezweifelt werden. Die weitere Frage, ob dem Arbeitgeber ein sofortiges Kündigungsrecht dem Nicht eingezogenen gegenüber zusteht, läßt sich im allgemeinen nicht beantworten. Sie wird in jedem einzelnen Falle zu prüfen sein, da eine Entscheidung, ob durch den.Krieg ein wichtiger Entlassungsgrund im Sinne des Gesetzes ge- schaffen ist, noch nicht gefällt wurde. Jedenfalls dürste aber nur in Ausnahme!allen dieser Grund als vorliegend erachtet werden können, wenn beispielsweise die Kriegslage den Arbeitgeber zur völligen Einstellung seines Betriebes zwingt. Durch diese Einschränkung soll der Willkür ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden, denn keineswegs will das Gesetz schon eine zeitweilige Stillegung des Be triebes als genügend für die sofortige Ent lassung der Angestellten angesehen wissen. Ist aber in Ausnahmefällen vom Gericht ein wichtiger Entlassungsgrund anerkannt, dann verlieren natürlich auch die Verträge ihre Gültigkeit, die etwa auf Jahre hinaus ge schlossen wurden. Was die sofortige Kündigung der zur Kriegsdienstleistung eingezogenen gewerb lichen Angestellten in gehobener Stel lung (zu denen Betriebsleiter, Werkmeister usw. zu rechnen sind) betrifft, so bedarf es auch ihnen gegenüber eines wichtigen Grundes. Die Gewerbeordnung gibt zwar dem Ar beitgeber in ihrem Paragraphen 133 e, Ziffer 4, das Recht der sofortigen Ent lassung bei längerer Abwesenheit des Ange stellten, enthält aber nichts darüber, was als eine solche anzusehen ist. Hier muß der In halt des zwuchen den Parteien abgeschlossenen Vertrages helfend und entscheidend mit- iprechend. Bei den Nichteingezogenen sind dieselben rechtlichen Rechtspunlte zu beachten, die für die Handelsangestellten entscheidend ins Gewicht fasten. kriegsereignil se 1914. 1. August. Mobilmachung in Deutschland. 2. August. Allgemeine Mobilmachung in Österreich. Mobilmachung in Frankreich. 3. August. Französische Truppen in Gottes thal, Metzeral und Markirch auf lothringi schem Boden. — Deutsche Grenziruppen be setzen Kalisch, Czenstockau und Bendzin. — Deutscher Kreuzer „Augsburg" schießt den rmsiichen Kriegsha en Libau in Brand. 4. August. Bruch zwischen Deutschland und Frankreich. — Der Deutiche Reichstag be willigt einstimmig 5 Milliarden Mark, fowie die notwendigen Kriegsgesetze. — Englands riegserklärung an Deutschland. 5. August. Amnestie in Preußen. — Deutsche Kriegsschiffe beschießen befestigte Plätze an der algerischen Küste. — Bei Soldau wird eine russische Kavalleriebrigade vernichtet. — Der russische Grenzort Kibartn gestürmt. Die Türkei mobilisiert. — Das Eiserne Kreuz erneuert. 6. August. Österreich - Ungarn erklärt Ruß land den Krieg. — Belgien erklärt Deutsch land den Krieg. — Deutsche Truppen be setzen Briel). — Russische Kavallerie wird bei Neidenburg, Grodtken und Schwidden zurückgetrieben. 7. August. Die belgische Festung Lüttich von den Deutschen im Sturm genommen. — Montenegro erklärt Österreich den Krieg. 8. August. Der kleine Dampfer „Königin Luise" von der Hamburg-Amerika-Linie legt Minen in der Themsemündung. Er wird von einer Torpedoflottille unter Führung des geschützten Kreuzers „Amphion" zum Sinken gebracht. Der „Amphion" läuft auf eine Mine und linkt mit 291 Mann Be satzung. - Siegreiche Vorpottengefechte der Österreicher. — Die Engländer besetzen Lome, die Hauptstadt unserer Kolonie Togo. 9. August. Russische Kavallerie mit Verlusten zurückgeworfen. — Österreicher beschießen den montenegrinischen Hafen Antioari. -- Angreifenüe Montenegriner verlieren im Gefecht 200 Mann. 10. August. Niederlage der Franzosen (50 M) Mann) bei Mülhausen (Oberelsah). — Russische Kavallerie bei Romeiken geschlagen. — Über fall polnischer Freischaren auf Kosaken, die bei Mjechow 400 Mann verlieren. 11. August. Deutscher Sieg bei Lagarde. Die erste französische Fahne erbeutet. 700 Ge fangene. — Der österreichische Botschafter verläßt Paris. 12. August. Kriegserklärung Montenegros an das Deutsche Reich. — Deutsch-englische Ver handlungen über den Schutz der Kauffahrtei schiffe. 13. August. .Kriegserklärung Englands an Österreich-Ungarn. — Aus Petersburg wird gemeldet, daß der dortige Pöbel den der deutschen Botschaft angehörigen Hofrat Alfred Kattnere rmordet hat. -— ---- Tauben und Hühner liehen nicht lange auf sich warten, selbst das zudringliche Volk der Sperlinge kam dreist bis in ihre unmittelbare Nähe, bald an dem Saume ihres Röckchens zupfend, bald an den Schuhen pickend. So verrann eine geraume Zeit, ohne daß man etwas anderes hörte, als das Schnurren des Spinnrades oder dann und wann die Stimme eines jungen Hähnchens, das seinen dünnen Hals in die Höhe streckte, um einen Erstlingsversuch im Krähen zu machen. Plötzlich stand ein Mann vor den Beiden, ohne daß man gehört oder gesehen hatte, woher derselbe gekommen. Sefferl blickte beinahe erschreckt auf, als sie so unvermutet jemanden vor sich sah; allein gleich darauf hatte sie ihre Fassung wiedergewonnen, da sie fand, daß ihr die Erscheinung nicht unbekannt sei. „Ah! der Herr Doktor!" rief sie, das Spinnrädchen bei Seite setzend und Miene machend, ins Haus zu gehen. „Bleib', mein Kindl" antwortete der Doktor, indem er seine Hand auf des Mädchens Schulter legte und sich ebenfalls auf die Bank niederließ. Obwohl nun Sefferl von jeher eine entschiedene Abneigung gegen das süßliche, einschmeichelnde Wesen dieses Mannes hatte, so ließ sie sich dennoch be wegen, länger zu verweilen, und setzte ihre Arbeit fort. Der Doktor sah heute viel jünger aus als sonst. Er war sonntäglich geklejdet, alles glänzte und funkelte an ihm, selbst die ehemals blonde Perücke, die im Laufe der Zeit ver schiedene Farben angenommen halte, war durch eine neue ersetzt worden. Auch schien er besonders guter Laune zu sein, denn seinen breiten Mund umspielte fortwährend ein ver gnügtes Lächeln, während aus den grauen, unstäten Augen ein unheimliches Feuer leuchtete. „Bist allweil so fleißig, Dirndl, als ob's Not jät'," sagte er, das Mädchen beim Kinn fassend, „du, die reichste Erbin im Dorf!" Des Mädchens Gesicht überzog eine dunkle Röte: und kaum von der Arbeit ausblickend, antwortete sie: „Ihr wollt's g'wiß mit'n Voata sprech'», Herr Doktor: er is immer krank und sitzt d'rin in der Stub'n." „Nein, Sefferl, mein Besuch gilt heute hauptsächlich dir. Ich hab' dir 'was Wichtiges, 'was sehr Wichtiges mitzuteilen, aber das darf niemand weiter hören als du allein." versetzte er halblaut, mit einem Seitenblick auf den Kretin, der die beiden immerwährend mit feinen blöden Augen anstarrte. „Mir 'was Wichtig's?" erwiderte das Mädchen. „I wißt' nit, was dös sein könnt; übrigens kann dös a jeder hören, was Ihr mir z'sagen habt's." „Was hat denn der Trottel da draußen z'tun?" fragte er, auf Blast deutend. „Der g'hört hinein ins Loch. Wenn Ihr den Buben so verhätscheln werd', so überlebt er euch beide, glaub' mir's, Dirndl!" „Versündigt Euch nit an unser'm Herr gott," sagte Sefferl mit sichtlichem Unwillen. „Der Blasi is a Mensch wie jeder andere und soll auch als Mensch d'handelt werd'n. Der Voata hat von jeher a Groll auf den armen Burschen g'hadt, i woaß selbst nit, weswegen: darum erbarmt mi das hilflose G'schöpf, das niemand 'was z'Leid g'tan hat, und i verjuch', sei Los -'verbessern, wo t kann." „Hi, bi, hi!" kicherte der Doktor, „du närrisch' Dirndl! Bist am End' gar verliebt in den schönen Erben vom Grudhof? Hi, hi, hi! Dös wär' a sauber's Paar!, du und der Blast! Aber lassen wir das alberne Ge schwätz," fügte er, seinen heimatlichen Dialekt fallen lassend und gleichzeitig einen anderen Ton anstimmend, hinzu, „reden wir von ernsteren Sachen! Sefferl, du wirst jetzt siebzehn Jahre alt, dein Vater ist kränklich und wird auch nicht ewig leben, deswegen mußt du zusehen, daß du bald unter die Haube kommst." Sefferl sah keinen Augenblick von ihrer Arbeit auf, sondern spann fort, als ob sie nichts hörte. „Du bist immer ein kluges, praktisches Mädchen gewesen, drum höre mich an, Sefferl: die Hauptsache auf der Welt ist, daß man die kurze Spanne Lebens, die man vor sich hat, auf die angenehmste Weise genießt. Das aber ist hier in diesem ab gelegenen Dorfe nicht möglich. Hier ver geht ein Tag wie der andere, man sieht nichts weiter, als ewig die hohen Berge vor sich, oder das dumme Bauernvolk. Man plagt sich die ganze Woche über mit der Arbeit, und zuletzt wird man alt, ohne von seinem Gelde etwas genossen zu haben. In der Stadt dagegen ist alles ganz anders! Hat man Geld genug, dann braucht man sich um nichts zu kümmern, denn alles kommt einem förmlich entgegengeflogen, und man führt ohne Sorge das lustigste Leben. Sieh, Mädchen, ich bin jetzt ein Mann in den besten Jahren," luhr er fort, indem er aufitand und sich gra vitätisch vor das Mädchen hinstellte, „ich habe mein gutes Auskommen in der Stadt und bin gewohnt, fein zu leben. Ich bin ein Freund von deinem Vater und hab' dich schon als Kind auf den Armen getragen. Du hast mir immer am besten gefallen unter allen Dirndl'n im Dors', deshalb mein' ich's wirklich gut mit dir! Es wäre jammerschade, wenn du einen Bauer heiraten und dein Lebtag in dem Dorfe versauern würdest. Ich will dich glücklich machen, Sefferl, ich trage dir meine Hand an: schlag' ein, und in vier Wochen ist Hochzeit!" Das Mädchen spann ruhig fort, ohne eine Antwort zu geben. „Na, Sefferl, sei vernünftig! So sprich doch und schäme dich nicht!" „O, Herr Doktor, von schämen is gar koa Red': und weil Jhr's g'rad verlangt's, so will i Euch auch offen antwort'n: I bank' Euch für die große Ehr', die ihr mir, an einfach'n Bauernmadel, antun wollts, aber i muß ver- zichten. Erstens, weil i mei alten Voata und mei Heimatsdorf nit verlafs'n will, und zweitens, weil i noch viel z' jung zum Heiraten bin!" „Ach, papperlapapp! Wieviel Leute gibt's die noch viel jünger geheiratet haben! Und was deinen Vater anbelangt, so ist's ohne dies sein größter Wunsch, seine alten Tage in der Stadt zubringen zu können! Sefferl!" lispelte er, sich abermals neben sie setzend und seinen Arm um ihre Hüften legend, „Sefferl, stoße dein Glück nicht mutwillig von dir, du könntest es sonst vielleicht einmal bereuen." H, , (Fortsetzung zolat.»
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