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Ottendorfer Zeitung : 26.07.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191407263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140726
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-26
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 26.07.1914
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Vas Ägarettenmonopol. Bei den letzten Verhandlungen über die Ausgaben des Reiches hatte der Reichstag nahezu 70 Millionen Mark ordentlicher jähr licher Ausgaben ohne Deckung gelaßen (d. h. bis zum Inkrafttreten der Reichsvermögens steuer). Um nun die Mittel für diese Deckung aufzubringen, werden jetzt im Reichsamt die entsprechenden Vorlagen an den Reichstag vorbereitet, zumal ja in der nächsten Zeit weitere ungedeckte Ausgaben durch die Be soldungsnovelle, durch die Besserstellung der Altpensionäre, durch die Herabsetzung der Altersversorgungsgrenze von 70 auf 66 Jahre erwachsen, alles Vorlagen, mit denen sich der Reichstag in der folgenden Tagung ohne Zweifel zu beschäftigen haben wird. Nach den Berichten eingeweihter Kreise dürste unter den Vorschlägen der Reichs leitung das Zigarettenmonopol an erster Stelle stehen. Es sind mehrere Vorentwürfe aufgesiellt. Beratungen mit den interessierten Fachkreisen haben ebenfalls schon llattgemn- den. Von den maßgebenden Persönlichkeiten der Industrie wird das Zigarettenmonopol mit Sicherheit erwartet. Endgültige Ent scheidungen werden aber erst im September sallen, wenn ein genaues Bild des Etats für 1816 vorliegen wird. Dann werden sich das preußische Staatsministerium und die bundes staatlichen Finanzverwaltungen darüber schlüssig werden, ob dem Reichstage der Ent wurf des Reichsschatzamts als Vorlage der Regierung zugehen soll. Die Ernennung des Staatssekretärs Kühn zum Mitglied des preußischen Staatsministeriums ist der Beginn zu den künftigen schwierigen Verhandlungen. Das kommende Zigarettenmonopol ist als Fabrikationsmonopol mit einem freien Ver kaufsmonopol gedacht. Danach müßte das Reich sämtliche größeren und kleineren Be triebe übernehmen. Man beabsichtigt dann, die großen Fabriken in der bisherigen Art weiter zu betreiben, die kleineren dagegen nach und nach stillzulegen. Das Reich wird selbst als Tabakkäufer auf dem Weltmärkte erscheinen, doch sollen vorläufig auch die bis herigen Lieferanten (Großhändler) beibehalten werden. Wie weiter geplant wird, soll der Staat seine Fabrikate zu festgesetzten Preisen an Zwischenhändler abgeben, die ihrerseits die Verkaufsgeschäfte zu besorgen hätten. Da neben sollen in allen größeren Städten be sondere große staatliche Niederlagen geschaffen werden. Es wird nicht beabsichtigt, den Leitern und Angestellten der Tabakfabriken den Charakter als Staatsbeamte zu verleihen. Die Herstellung der Verpackungen, Hülsen, Druckarbeiten, sowie die Fabrikation des Zigarettenpapiers soll auch fernerhin der Privatindustrie verbleiben. Wenn man sich an ausschlaggebender Stelle über das Zigarettenmonopol einigt, so müßte zugleich ein Sperrgesetz geschaffen werden, das die Errichtung neuer Zigarettenfabriken ver bietet und zugleich bestimmt, von welchem Zeitpunkte ab die Fabrikation für Rechnung des Reiches erfolgen soll. Was nun die finanzielle Seite der Frage betrifft, so nimmt man an, daß sich die Ablösungssumme auf KOO Millionen Mark beziffern wird. Dagegen schätzt man die Erträgnisse des Monopols auf 110 bis 130 Millionen Mark jährlich. Die für die Ablösung notwendige Summe soll durch eine Anleihe beschafft werden. Um dem neuen Monopol fremden Wettbewerb fernzuhalten und zugleich die natürlich in Wegfall kommende Banderolensteuer zu er setzen, würden die ausländischen Zigaretten künftig mit einem bedeutend Höheren Zoll be legt werden. Selbstverständlich würde mit der Einführung des Monopols der amerika nische Tabakstrust, der sich auf unserm Markte immer peinlicher bemerkbar macht, ausge schaltet werden. Man rechnet darauf, daß der Monopol entwurf weder in den Einzelstaaten noch im Reichstage auf entscheidenden Widerspruch stoßen wird. Nach den angestellten Berech nungen würde das Monopol auf absehbare Zeit den Reichsfinanzen bedeutsam aufhelfen. — Wenn aber in Verbindung mit der Be sprechung des geplanten. Zigarettenmonopols darauf hingewiesen wird, daß die Regierung in absehbarer Zeit auch ein Branntweinmono- Vas Geheimnis -es Zon-erzuges. 16^ Originalroman von Heinrich Wildau. (Fortsetzung.) .Wo habt Ihr die Sachen gelaffen?" .In guter Hut. Wir mußten sie bald unter suchen, da wir sie nicht mitschleppen wollten. Aber für diese Sachen konnten wir uns Zeit laßen. Nur — ich finde nichts!" .Weil du in der gelben Handtasche dort nicht gesucht hast. Dort wird's wohl sein!" .Das glaube ich auch. Damm habe ich es auch auf zuletzt gelassen!' Naive Menschen und Kinder haben vieles gemein. .Es ist zugeschlossen.- .So schneide es auf!" Wieder blitzte Las Messer im Feuerschein. »Und wenn's nicht da drin ist?" .Dann hat er's noch an seiner Person. Aber es wird schon darin sein!" Mit einem Schnitt war die Seite der Handtasche am Bodenteile aufgeschlitzt. Ein massives, in einen Leinwandbeutel gehülltes Paket rollte heraus. Wieder trat das Messer in Tätigkeit auch der Beutel war geschlitzt. Fast gleichzeitig drang ein Ruf des Er staunens durch das Zelt. Überall, auf den Fellen, auf dem Stroh, auf dem Kissen des Sitzenden funkelten Brillanten. Vorsichtig wurden sie eingesammelt, bewundert und dann in den Beutel zurückgetan. .Hebt sie gut auf,' sagte der eine zum andern, »damit es nie heißen kann, wir hätten etwas entwendet!" .Und die Papiere, wo sind die?" .Wie gesagt, an seiner Person!" pol fordern werde, so wird demgegenüber halbamtlich behauptet, daß weitere Monopol pläne nicht bestehen. Politische Kunälckau. Deutschland. "Kaiser Wilhelm hat der Düppel- ausstellung in Sonderburg (Protektor Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein) auf ihren Antrag zwanzigiausend Mark be willigt. "Wie verlautet, wird demnächst den ein zelnen Regierungen der Entwurf einer deutschenEinheitsstenographie zu gehen, wie er von dem vorberatenden Aus schuß beschlossen worden ist. Falls der Ent wurf, woran nicht zu zweifeln ist, die Zu stimmung der Regierungen findet, so dürfte bald die Einführung des neuen Einheits systems bei Behörden und Schulen erfolgen. * Auf die beim Reichspostamt gegebene An regung, nach Art der Brieftelegramme zur zweckentsprechenderen Ausnutzung der Fernsprechleitungen während der Nachtzeit Telephongespräche zu ermäßigten Gebührensätzen zuzulassen, hat das Reichspostamt den Bescheid erteilt, daß es seit einiger Zeit mit dieser Frage bereits be schäftigt ist, daß aber zu ihrer Klärung um fassende Erhebungen nötig sind. Wann diese Ermittelungen zum Abschluß kommen und zu welchem Ergebnis sie führen werden, läßt sich noch nicht übersehen. Wie verlautet, will man die Einführung der billigen Nachtferngespräche auch bei der kommenden Etatsberatung im nächsten Reichstage empfehlen. " Der Veteranenfonds, aus dem die Beihilfen für die Veteranen gezahlt werden, ist durch die letzten Erhöhungen aus 39 Mill, Mark angewachsen. Es ist zu erwarten, daß eine weitere Erhöhung im nächsten Etat nicht erfolgen wird, da die Summe hoch genug sein dürste, um alle Ansprüche an Beihilfen für Veteranen zu decken. Osterreich-Un gar«. "Kaiser Franz Joseph wird in den nächsten Tagen einen Besuch in Gmunden beim Herzog von Cumberland machen, wo gegenwärtig auch das Herzogspaar von Braunschweig weilt. "Im Bezirk Pribram in Böhmen macht sich in letzter Zeit eine große Äuswanderer- bewegung bemerkbar. Zahlreiche Bauern ver kaufen ihre Besitzungen, um nach Albanien auszuwandern, wo sie neuen Grund durch Agenturen ankaufen. — Die Regierung beschäftigt sich mit Mitteln, um die Auswande rung zu verhindern. England. * Die Ulster-Konferenz, die auf Ein ladung des Königs im Buckingham-Palast in London stattfand, hat zunächst zu keinem Er gebnis geführt. Man rechnet allgemein mit der Möglichkeit einer Parlamentsauflösung. Balkanstaaten. "Trotz allen Ableugnungsversuchen der serbischen Regierung darf es als feststehend angesehen werden, daß Serbien und Montenegro kriegerische Vorbe reitungen gegen Österreich treffen. In letzter Stunde hat sich nun auch Italien ge meldet. Die Regierung erklärt, daß sie sich wie Deutschland im österreichisch-serbischen Konflikt neutral verhalten werde, solange keine fremde Macht (Rußland?) zugunsten Serbiens Partei ergreift. Der diplomatische Schritt Österreichs in Belgrad wird in den allernächsten Tagen erfolgen. Serbien wird auf Grund des Materials der amtlichen Untersuchung aufgefordert werden, sofort auf serbischem Boden die Ergebnisse der Untersuchung von Serajewo zu vervollstän digen und im Königreich Serbien unbedingt alle Vorkehrungen zur Unterdrückung von Vereinigungen zu treffen, die großserbische Ziele verfolgen und ihr Werbegebiet nach Österreich erstrecken. "Nachdem die alb anis ch en Rebellen es abgelehnt hatten, auf einem Kriegsschiff mit den Vertretern der internationalen Kon trollkommission zu verhandeln, weigern sich die europäischen Gesandten, weiter mit den Re bellen in Verbindung zu treten. Durazzo be ¬ reitet sich jetzt auf den letzten Entscheidungs kampf vor. Wenn man bedenkt, daß die Re bellen eine (mit Hilfe griechischer Offiziere) wohlorganisierte Armee haben, während dem Fürsten Wilhelm nur ein paar hundert un disziplinierte Freiwillige zur Verfügung stehen, kann man an dem Ausgang des Kampfes nicht zweifeln. Amerika. * Der neue Präsident Mexikos Carbajal ist bereit, die Hauptstadt Mexiko den Auf ständischen zu übergeben, falls volle Amnestie gewährt wird. Der Rebellengeneral Carranza fordert jedoch bedingungslose Übergabe. — Die früheren Generale Huertas sind ent schlossen, eine neue Revolution zu be ginnen, falls die geforderte Amnestie nicht ge währt wird. Der holländische Hauptmann Fabius. Ein eigenartiger Zwischenfall zwischen dem Fürsten Wilhelm von Albanien und dem holländi schen Artillerie-Kommandanten Hauptmann Fabius ereignete sich, als der Fürst sämtliche Geschützab- teilüngen besichtigte, um auch gleichzeitig die neu angekommenen Gebirgsgeschütze entsprechend günstig auszustellen. Da sich der Fürst bei dieser Ge legenheit an den bei der Besichtigung teilnehmen den BUdhauer Gurschner wandte, um dessen Meinung über die Geschützstellungen zu hören, fühlte sich der anwesende verantwortliche Artillerie kommandant, der holländische Hauptmann Fabius, zurückgesetzt und ersuchte um seinen Abschied. Herr Gurschner ist der bekannte Organisator eines Werbebureaus für Albanien in Wien. Asien. "In Teheran fand in Gegenwart Les diplomatischen Korps und einer großen Ver sammlung von Prinzen und hervorragenden Persönlichkeiten die Krönung des Schahs statt. Am Vormittag hatte Schah Sultan A ged im Parlamentsgebäude den Eid aus die Verfassung geleistet. Darauf verrichtete er in der Hauptmoschee allein Gebete. Nach mittags erfolgte im Museumssaal die Be steigung des Pfauenthrones. Auf diesem setzte sich der Schah selbst die Krone auf unter Len Segenswünschen des Obermullahs. unä flotte» — Der Kriegsminister bringt zur allgemeinen Kenntnis, daß den Unteroffizieren und Mann schaften der Armee dienstlich verboten ist, inner halb ihrer eigenen oder einer fremden Truppe oder Behörde Zivilpersonen oder den Handwerks meistern der Truppen und der militärischen An stalten usw. zur Ausübung des Gewerbebetriebes Beihilfe zu leisten, insbesondere durch Vermitt lung oder Erleichterung des Abschlusses von Kauf geschäften, Versicherungsverträgen und dergleichen. Den Unteroffizieren und Mannschaften ist be fohlen, von jeder an sie ergehenden derartigen Aufforderung ihren Vorgesetzten Meldung zu machen. — Das Linienschiff „Großer Kurfürst" hat seine erste Werftprobefahrt erfolgreich beendet. Diese Werftprobefahrt dient nicht zur Geschwin digkeitserprobung, sie erstreckt sich vielmehr nur auf Feststellung einer gewissen Maschinenleistung nach Pferdestärken bei einem bestimmten Luftdruck. Das Schiff wird nach Wilhelmshaven gehen, von der Marine übernommen werden, am 19. August in Dienst stellen und seine Probefahrten be ginnen, die etwa vier Monate dauern werden, weil das Schiff das erste eines neuen Typs ist. Bei diesen Probefahrten werden erst die Ge- schwindiqkeitserprobungen gemacht. Vie §ta-t der langen Nacht. ckt. Berlin, im Juli. Ein Zukunftsbild aus der Reichsbauvt- stadt, wie es setzt in der Hitze von 34 Grad die Gemüter ängstlich bewegt: der Reisende, der Berlin noch niemals sah, oder das er lange Zeit nicht iah, kommt um 12 Uhr auf dem Bahnhof Friedrichstraße an. Vergeblich hält er Umschau nach dem Lichtmeer, das ihm einst von allen Seiten entgegenflimmerte. Es ist alles dunkel. Er sucht ein bekanntes Speiselokal auf — es ist geschlossen, er will sein „Berliner Kindl" oder ein gutes „nach Pilsener Art" genießen — die Restaurants sind geschlossen. Denn nach der neuesten Ministerialverfügung soll strenge die Polizei stunde eingehalten werden. Berlin ohne Nachtleben! Um 11 Uhr sollen die Restaurants, um 2Ubr die CafSs geschlossen werden, und nur in „dringenden Bedürfnis« fällen" darf eine Konzession für eine hinaus geschobene Schlußstunde erteilt werden. Für jeden Unbefangenen hat die Sache zwei Seiten. Man muß ohne weiteres zugeben, daß Hun derte von Existenzen aufgebaut sind aus der immer deutlicher in Erscheinung tretenden Sucht des Berliners, die Nacht zur schöneren Hüllte des Tages zu machen: es ist-nicht zu leugnen, daß Berlin seinen Ruf als Weitsicht in erster Linie seinem Nachtleben verdankt — die Friedrichstraße macht uns auf dem Erden rund niemand nach. Auf der andern Seite, die mit den sozialen und finanziellen Erwägungen der zunächst Interessierten nichts zu tun hat. darf nicht übersehen werden, daß Kulturwerte auf dem Spiele stehen, die in dem wüsten, jeder Ver nunft und jeden Maßes baren Nachtleben untergehen. Es handelt sich da in erster Linie um Lie Traulichkeit des Familienlebens, das darunter leidet, wenn der erwachsene Sohn die Nächte beim Billard, am Spieltisch, in der Bar zubringen kann, wenn das Familienober haupt seine Skatabende bis zum Aufgang der Sonne fortsetzen kann. Gewiß, seinem Nachtleben verdankt Berlin seinen ungeheuren Aufschwung. Was London, Paris, Wien, Rom und Petersburg nicht bieten konnten oder wollten, in Berlin fand es der internationale Weltenbummler in ver schwenderischem Maße. Der Jüngling und der Greis am Stabe — ein jeder sinket im Lichtermeer der Friedrichstraße einen Haken, in dem er landen kann. Aber das Übermaß, von dem man vergeblich gehofft hat, es würde an sich selbst zugrunde gehen, hat endlich dazu geführt, daß auch der Fremde nichts be sonderes, nichts neues mehr zu entdecken vermag. Es wird in der Zukunft darauf ankommen, das „Leben" oder das was unsere Generation so nennt, schnell und im Zeitmaß zu genießen (vielleicht gewinnt es so wieder ein wenig Rhythmus). Da der Berliner selber nicht an seine Erziehung und an seine Gesundheit denkt, hat nun eine Ministerialverfügung mit rauher Hand eingegriffen! Berlin bei Nacht von 9 bis 11! Freilich, es wird zunächst an Kredit bei den Fremden verlieren, Studenten werden das Philisternest meiden, die Theater werden noch mehr entvölkert werden, Nestau rationspaläste und Cafshäuser werden zu sammenbrechen — aber es werden ohne Zweifel ideelle Werte gewonnen werden. Vielleicht wird Berlin gezwungen, sich eine neue Lebenskultur, eine neue Lebensmelodie zu schaffen. Vor dem Sturmjahre 1848 dachte niemand daran, die Nacht außerhalb des Hauses zu verbringen und gar zur Zeit des ersten Friedrich Wilhelm oder des Alten Fritz hätte eine „unsänftigliche königliche Ermah nung" einen Säumigen um 10 Uhr ins Bett gebracht. Freilich damals war ein Nacht spaziergang durch Berlin eine halsbrecherische Sache — heute im Lichtermeer glaubt mancher, es sei eine Fahrt zu neuen Ufern. »Wir haben seine Taschen durchsucht!" „Aber nicht seine Schuhe, nicht seine Unter kleider !" »Dann — gehen wir zu ihm!" „Nein, laßt ihn hierher kommen. Es ist besser!" »Gut. So gehe du, Nummer zwei, und hole ihn!" Und Nummer zwei erhob sich. * * * »Der Sonderzug des Grafen Murat steht noch in der Hauptstadt, dort am Balkan. Der Eisenbahnminister telegraphierte, daß er den Zug dort angehalten hat, weil er ihn zu politischen Zwecken selbst brauchen wird," er klärte, ein Telegramm in der Hand, der Assistent dem Chef der Münchener Kriminal polizei. „Und George Köhler ist dort unter Schloß und Riegel und kann jederzeit aus geliefert werden!" »Dann ist's ja gut!" sagte der Chef. „Leiten Sie nur ein. Und — ja, rufen Sie die beiden Beamten, die den Fall so erfolgreich be arbeitet haben! Übrigens — die Kerle scheinen sich ja schon wieder auf den Krieg vorzu bereiten. wenn sie selbst einfache Sonderzüge zurückhalten!" * * * »Der Eisenbahnminister telegraphiert," be' richtete der Sekretär dem Direktor der Schlas- wagengesellschast, „daß er die beiden Wagen zurückgehalten hat. weil er sie selbst braucht!" „So ähnlich dachte ich mir gleich den Zu sammenhang," erwiderte der Gewaltige. „Also belasten Sie wie üblich, fragen Sie. wann wir die Wagen zurückbekommen und teilen Sie gleich den Preis für Verlustfälle mit. Denn sicher wollen die unsere Wagen für einen abermaligen Krieg dort zur Persügung haben." .Also," sagte der Beamte zu seinem Kol legen, als sie in das Auto stiegen. „Jetzt werden wir einmal sehen, wie der Hase läuft.' Und sie ließen sich zum Karlsplatz zu Meta fahren. Die war erstaunt und erfreut, ihre Freunde — denn Georges Freunde waren auch die ihrigen — wiederzusehen. Doch die Freunde waren diesmal lange nicht so liebenswürdig, als das letzte Mal. Kurz gaben sie sich als Kriminalbeamte zu erkennen, mit wenigen Worten war Meta in den Stand der Dinge eingeweiht. Und dann zeigten sie ihr das Telegramm. Meta schrie nicht auf, sie wurde auch nicht ohnmächtig. Ihre kleine Figur schien zu wachsen, ihre klaren Augen schienen Blitze zu sprühen. »Es ist nicht wahr! Ich sage Ihnen, meine Herren, es ist eine Verleumdung, eine Lüge!" „Aber das Telegramm ist vom Eisenbahn minister." „Und wenn es vom Könige selber wäre, es wäre dennoch eine Lüge!" „Um so besser!" sagte einer der Beamten. »Um so eher werden Sie gewillt sein, mit uns zu reisen, um George Köhler als diesen für uns zu erkennen."' Meta war bereit, ihre Mutter protestierte. Erst als die Beamten hervorhoben. Laß dann Meta selbst in den Verdacht der Mitwisser schaft geraten könne, willigte sie ein. „Wir treffen uns allo pünktlich um drei Uhr aus dem Bahnhofe?!" Meta versprach, pünktlich zur Stelle zu sein. — „Und jetzt zu Anton und Frieda," sagte draußen ein Beamter zum andern. »Sie halten es also wirklich für nötig —" »Unbedingt! Was wollen wir dort unten in Lem fremden Lande anfangen, wenn die Kleine schwört, sie habe den George in ihrem Leben nie gesehen. Wir würden ihn laufen lassen müssen; mindestens aber viel Schwierig keiten haben. Nehmen wir aber Anton und Frieda auch mit, — die Leute, die George hassen, — so haben wir nichts zu befürchten, sondern können sie schließlich gleich an Ort und Stelle verhaften. Meta einerseits und die beiden andern andrerseits dürsten sich so bewachen und so gegeneinander aussagen, daß sie uns von selbst alle Schwierigkeiten aus dem Wege räumen werden. Sehen Sie das nicht ein?" Der Kollege sah es ein. * * „Aber," protestierte der Portier und die Zofe des Hauses Mühlenberg eine halbe Stunde später: »aber wie ssollen wir denn hier fortkönnen? Wir können doch nicht so ohne weiteres nach dem Balkan reisen!' , „Sie haben einmal plötzlich fortgekonnt, Sie werden es wieder müssen! Entweder morgen drei Uhr auf dem Bahnhofe, oder — Arrest!" Und die Beamten empfahlen sich- Frieda und Anton aber begaben
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