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Ottendorfer Zeitung : 11.07.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191407115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140711
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140711
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-11
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 11.07.1914
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6ro6lerbien. — Neue Battanprobleme. — Als vor einigen Tagen ein Pariser Blatt die Nachricht brachte, daß eine Vereinigung von Serbien und Montenegro unmittelbar devorstehe, schüttelte man zunächst bier und da ungläubig den Kopf. Bald aber behielten diejenigen recht, die in Erinnerung an die russische Balkanpolitik des letzten Jahrzehnts diese Bereinigung sehr wohl für möglich hielten. Das Gerücht, das so großes Aufsehen machte, ist inzwischen bestätigt worden: die Vereini gung der beiden Balkanstaaten darf als sicher gelten. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie als amtlich vollzogen gemeldet werden wird. Ob nun diese Verschmelzung sich unter dem Mantel einer engen Personalunion oder nur einer gemeinsamen Verwaltung (von Finanzen, Heer und auswärtiger Politik besonders) voll ziehen wird, die die Souveränität der beiden Herrscherhäuser unangetastet läßt, ist eine Frage untergeordneter Natur, die erst die Siaats- rechtler beschäftigen wird. Was hier in erster Linie interessiert, ist die politische Triebfeder, die diese neuartige Entwicklung der an sich schon verworrenen Balkanlage veranlaßt hat. Das ist ganz klar, daß die beiden Staaten, Serbien sowohl wie Montenegro, ein das Bild des Balkans so unendlich verschiebendes politisches Unternehmen nicht ins Werk setzen könnten, wenn sie sich nicht unter dem Schutz eines Mächtigeren wüßten. Und dieser Mächtigere ist eben Rußland, das auf diese Weise den österreichfeindlichen Kurs seiner Balkanpolitik wieder ausnimmt. Fragt man nun, welchen Vorteil die beiden Staaten von einer so innigen Verschmelzung erwarten, so wird die Antwort darauf, wenigstens was Serbien und Montenegro angeht, unschwer zu geben sein. Beide Völker sind dem gleichen Stamm entsprossen, ihre geschichtliche Entwicklung zeigt überall Er eignisse, die sie aufeinander Hinweisen, und die serbisch-montenegrinische Waffenbrüder- schait ist ja nicht erst ein Ergebnis der letzten Balkankriege. Will man also in der staats rechtlichen Neubildung der „Vereinigten Staaten von Serbien' in erster Linie die Blutsbrüderschaft, die nationale Verwandt schaft erblicken, die in vereintem Zusammen wirken zu ganz anderer Machtentfaltung sich erheben könnte, so darf man doch diese rein idealen Motive bei der Geschäftstüchtigkeit der Serben durchaus nicht als ausfchlaggedend betrachten. Wer die Balkankrisen der letzten Jahre aufmerksam verfolgt hat, hat als Richtschnur und Endziel aller serbischen Politik immer wieder den „Zugang zur Adria" feststellen können. Ein Hafen an der adriatischen Küste wurde und wird noch heute als Lebens interesse des serbischen Volkes erklärt, dessen Erreichung selbst einen Kampf auf Leben und Tod wert sei. Mit der Entscheidung der öster reichisch-serbischen Krisis im Sinne einer end- gültigen Angliederung Bosniens und der Herzegowina mußte Serbien seine Hoffnungen, einen adriatischen Hasen zu erhalten, vorläufig wenigstens begraben, aber eingeschlafen sind sie deswegen nicht. Das zeigte sich zunächst bei den Verhandlungen über die Aufteilung der Beute aus dem Balkankriege, und ein grauenvolles Zeugnis von der Lebendigkeit dieser Hoffnung hat das Drama von Serajewo gegeben. Im Falle einer staatsrechtlichen Vereini gung mit Montenegro hätte Serbien aber mit einem Schlage den Zugang zur Adria, den ihm Österreich so beharrlich weigert. Darum erscheint es nicht zu viel gesagt, daß die voll zogene Tatsache der staatsrechtlichen Ver einigung beider Länder für Österreich-Ungarn unbedingt den Kriegsfall bedeuten muß, will es nicht seine ganze bisherige Politik als Widerspruch erscheinen lassen. Auf ein solches Ziel arbeitet Herr v. Hartwig, der Gesandte des Zaren am Belgrader Hofe, längst schon mit zäher Beharrlichkeit hin, scheint es doch sein Lebensziel zu sein, Österreichs Stellung als Balkanmacht eines Tages zum Spott werden zu lassen. Die Donaumonarchie aber muß entweder mit diplomatischer Kühnheit und Energie die Pläne Rußlands durchkreuzen, oder aber aus Selbsterhaltungstrieb zu den Waffen greifen. Vas Geheimnis -es Zon-erzuger. 9s Originalroman von Heinrich Wildau. lF-rtlttzungv Pierre trat erstaunt einen Schritt zurück. „Herr Graf — bedenken —' Doch Murat schnitt ihm das Wort ab. „Schon gut. Gib ihm die Visitenkarte, Pierre. Sage, ich rechne auf seine absolute Diskretion und beobachte sein Gesicht. Geh', — ich bin gespannt auf den Bericht, den du zurückbringen wirst!' Und Pierre nahm die Karte und ging. Mühlenberg hatte sich in seinem Abteil Nummer 14 zurückgezogen und dachte gerade daran, die Haltezeit des Zuges zu benutzen und sich zu entkleiden — was im Fahren immerhin weniger bequem ist —, als an seine Tür geklopft wurde. Gewohnheitsgemäß griff er erst nach seiner wertvollen Ledertasche, die er in der Hand be hielt, während er die Tür öffnete. Draußen stand der Begleiter des Grafen. „Herr Mühlenberg, mein Herr schickt Ihnen seine Visitenkarte, damit Sie ihm einmal schreiben können, wenn Sie besonders schöne Brillanten zu verkaufen haben. Aber — er bittet um Ihre Diskretion, auf die er sich oer lassen zu dürfen glaubt!' Mühlenberg war indessen einen Schritt zurückgetreten und hatte sich dann vor Über raschung auf das kleine Sofa gegenüber seinem Bette gesetzt, die Tasche neben sich hin- stellend. „Aber — aber — ist das wirklich wahr. Ist üaS auch kein Scher» ?" In welcher eigenartigen Beleuchtung er scheint doch jetzt, nachdem das neue Problem am Balkanhimmel aufgetaucht ist, die Mordtat von Serajewo. Franz Ferdinand, der Kopf und die Seele der österreichisch-ungarischen Armee, mußte sterben, damit der Großmachts traum der Serben und damit — ein Wunsch Rußlands erfüllt werden konnte, wie man hoffte, nach des Thronfolgers Tode, ohne Widerstand von feiten Österreichs. Man meint nun, der greise Kaiser werde des Kampfes um Österreichs Stellung auf dem Balkan und an der Adria müde sein und willenlos vernichten lassen, was seine 66 jährige Regierungsarbeit erbaut hat. Die leitenden Persönlichkeiten in Peters burg, Belgrad und Cetinje sind aber ent täuscht worden. Der kaiserliche Greis auf dem Habsburger Throne ist wohl unter dem neuen schweren Schicksalsschlage gebeugt; aber er ist nicht gebrochen. Das zeigt ein Blick auf die Erlasse, die er an Volk, Heer und Flotte gerichtet hat. Mit aller Deutlich keit wird darin ausgesprochen, daß der Kaiser nach wie vor auf die Treue seiner Völker und auf seine Armee zählt und daß er im Ver trauen auf Volk, Heer und Flotte bis ans Ende seiner Aufgabe zu dienen gedenkt. Österreich wird also nicht ohne weiteres nach geben. So hat die Bluttat von Serajewo eine schwere Krise im Gefolge gehabt, deren Folgen ganz.Europa bald spüren wird. I). * * * Osterreichfeindliche Kundgebungen in Belgrad. Die Belgrader Blätter besprechen in spalten langen Artikeln die Gerüchte, daß die serbische Regierung zugestimmt habe, die Untersuchung über das Attentat von einem österreichischen Polizeikommissar auf serbischem Gebiet führen zu lassen. Ein führendes Blatt erklärt dazu, es könne nicht daran glauben, daß Belgrad den Skandal und die Schande erleben sollte, einem österreichischen Kommissariat unter geordnet zu werden. Das Blatt .Balkan' be merkt, daß das erwähnte Gerücht um so un sinniger sei, als ja gerade Osterreich-Ungarn wegen Verfolgung Unschuldiger (in Bosnien, in der Herzegowina und in Kroatien) unter internationale Kontrolle gestellt werden müßte. Für österreichische Beamte und Soldaten gäbe es in Serbien nur einen Empfang: „Die Spitzen der Bajonette". Ernste Mahnung an Serbien. Aus Anlaß der maßlosen Hetze, die in Serbien und besonders von der Belgrader Presse gegen Österreich getrieben wird, schreibt der amtlich bediente «Pestdr Lloyd': „Oster reich-Ungarn will keinen Krieg mit Serbien, aber es darf mit Recht erwarten, daß Serbien nach allen Richtungen die Pflichten eines ehr lichen Nachbarn erfüllt. Der Ton, den die halbamtliche,Samouprava' bei Erörterung der Verhältnisse unserer Monarchie anschlägt, ist ein trauriger Beweis dafür, daß die serbische Regierung mit den elementarsten Grund begriffen der internationalen Wohlanständig- keit nicht im klaren ist. Wir können nach Belgrad nur den Rat erteilen, in diesem Punkte unverzüglich Wandel zu schaffen und für die ehrliche Erfüllung aller jener Ver pflichtungen zu sorgen, die in Verbindung mit dem zweifellos in Belgrad vorbereiteten Atten tat der serbischen Regierung obliegen." L^eer unä ftone. — Im Anschluß an die Übersiedlung von Tellen des 'sächsischen Generalsiabs nach Berlin hatte das »Bayrische Vaterland' der Ansicht Aus druck gegeben, daß eine gleiche Maßnahme mit dem bayrischen Generalstab beabsichtigt sein könnte und dadurch Sonderrechte des Landes Schaden leiden würden. Demgegenüber wird an maßgebender Stelle in Berlin versichert, daß die Besorgnis des Münchener Blattes hinfällig ist. Dis einschlägigen Verhältnisse in Bayern liegen von denen in Sachsen durchaus unterschieden. — Aus Anlaß des Jubiläums des Münchener Jnfanterie-Leibregiments hat der König von Bayern dem Regiment zehntausend Mark gestiftet, deren Zinsen zu zwei Dritteln dem Osfizierlorps und einem Drittel als Zulage für Unterosfizier- kapitulanten zu verwenden sind. Der Kronprinz hat seinem alten Regiment 6000 Mk. gestiftet, die Zinsen zur freien Versügung des Regimentskom« Pierre verbeugte sich beteuernd. „Wollen Sie nicht Platz nehmen, Herr —' „Pierre." „Herr Pierre?! Nur auf einen Augen blick -' „Ich danke," sagte Pierre. „Nur auf einen einzigen Augenblick," bat Mühlenberg. Pierre setzte sich. „Und — mehr dürfen Sie mir nicht er zählen ?!" Pierre schüttelte den Kopf. „Wie schade! Wenn ich doch da? geahnt hätte. Und wie wir geplaudert haben. Ich bitte Sie, mein lieber Herr Pierre, überbringen Sie dem Herrn " Pierre erhob warnend den Finger. „Dem Herrn — Grafen," vollendete Mühlen berg lächelnd und mit Betonung, „meine ehr erbietigsten Grüße und sagen Sie, daß ich seine Wünsche gewiß gerne erfüllen werde. Und — und — wünschen Sie ihm Erfolg —" Pierre hatte sich erhoben. Draußen schrie der Schaffner: „Einsteigen, meine Herrschaften, einsteigen!" „Sie sehen." sagte Pierre, „ich muß gehen. Ich werde.alles aufs beste bestellen!" Er mußte sich tatsächlich beeilen, aus dem Wagen zu kommen. Eine Minute später setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Mühlen berg zog die Tür seines Abteiles zu, verriegelte sie vorsichtig, probierte, ob sie auch gut ver- fchlossen sei und betrachtete noch einmal musternd die Visitenkarte. „Welche Ehre!" Er fühlte sich sehr geschmeichelt und ver wahrte die Karte aut in keiner Brieftasche. mandeurs und zum Besten des Offizierkorps. Ein ungenannter Gönner hat dem Regiment 10 000 Mark in vierprozentigen Pfandbriefen geschenkt. Das Offizierkorps hat 6000 Mk. für die Unter offiziere gestiftet und 1000 Mk. Jubiläumsprämien an die 40 ältesten Unteroffiziere des Regiments verteilt. Prinz Georg von Bayern ist s la suite des Regiments gestellt worden. Außerdem ist eine große Reihe von Auszeichnungen an jetzige und frühere Offiziere verliehen. poliMcke Aunälckau. Deutschland. "Kaiser Wilhelm hat den gevlanten Besuch in Koburg und die Besichtigung der wiederhergestellten Feste Koburg abgesagt. — Der Monarch wird voraussichtlich Ende des Monats von der Nordlandsreise zurück kehren. * Der neue Herzog von Meiningen hat eine Amnestie für alle Straffälle ver fügt, die durch Not, Leichtsinn oder Verführung veranlaßt wurden. Roheitsvergehen sind von der Amnestie ausgeschlossen. * Amtlich wird bekannt gegeben, daß der Kaiser den Staatssekretär des Reichsschatz amts Kühn und den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes v. Iagow zu Staats ministern und Mitgliedern des preußischen Staatsministeriums ernannt hat. — Der gleichen Auszeichnung erfreuen sich unter den gegen wärtigen Mitgliedern der Reichsregierung be reits Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück und der Leiter des Reichsmarineamts Groß admiral v. Tirpitz. "Die Meldung, das Preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten sei in Gemeinschaft mit bem Kriegsministerium mit den Vor arbeiten für eine reichsgesetzliche Re gelung des Leuchtfeuerwesens für die Luftschiffahrt beschäftigt, ist unzu treffend. An den zuständigen Stellen in Preußen ist von derartigen Vorarbeiten nichts bekannt. Es scheint auch durchaus unwahr scheinlich, daß eine reichsgesetzliche Regelung beoorsteht. Im Interesse der Luftschiffahrt würde es zweifellos liegen, wenn zur Orien tierung bei Nachtfahrten ein möglich dichtes Netz von Leuchtfeuern vorhanden wäre, das den Luftschiffern ermöglichte, aus der Art des Feuers festzustellen, über welchem Ort sie sich befinden. Daß aber schon gegenwärtig bei uns die Interessen der Lustschiffahrt, soweit Nachtfahrten dabet in Frage kommen, so er heblich sind, daß auf dem Wege der Reichs gesetzgebung eine Befeuerung aller Ortschaften im ganzen Reiche vorgeschrieben werden müßte, darf verneint werden. "Ein oft beklagter Mißstand soll jetzt von den Behörden des Reichslandes mit den schon aus französischer Zeit stammenden gesetzlichen Mitteln bekämpft werden. Die neue Re gierung in Elsaß« Lothringen hat beschlossen, gegen das vielfach geübte Tragen verbotener Abzeichen und Farben vor zugehen. Die amtliche Korrespondenz, das Organ der Regierung, veröffentlicht folgende Erklärung : „Es ist in letzter Zeit beobachtet worden, daß insbesondere bei der Rückkehr von Ausflügen über die Grenze Fahnen in auffälliger Weise getragen werden. Es empfiehlt stch daher der Hinweis, daß die öffentliche Ausstellung dieser Farben nach Artikel 6 des Dekrets vom 11. August 1848 unter vielfachen gerichtlichen Entscheidungen eine strafbare Handlung darstellt, die mit Ge fängnis und erheblichen Geldstrafen geahndet wird." * Der in Straßburg tagende Landespartei tag der elsaß-lothringischenSozial- demokratie beschloß, eine Aufforderung an Len bevorstehenden internationalen Sozialtsten- kongreß in Wien zu richten, wonach dieser er- erklären möge, daß die Gewährung der republi kanischen Autonomie an Elsaß-Lothringen im Rahmen des Deutschen Reiches die günstigste Grundlage schaffen würde zu der im Interesse des Weltfriedens gebotenen deutsch-französischen Annäherung. "Das bayrische Zuwachs st euer- gesetz mit seinem fünfzigprozentigen Rechts anteil für den Staat ist im Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer gefallen und damit als gescheitert zu betrachten. Dann entkleidete er stch, nahm sein Leder täschchen, klemmte es fest zwischen der Bett matratze und der Wand ein und legte sich dann zur Ruhe. Wer an die Ledertasche heran wollte, hätte erst entweder Mühlenberg austvecken oder über seine Leiche müssen. Schon vorher hatte er sich ein Buch zurecht gelegt, einen Maupassantschen Roman. Diesen fing er jetzt zu lesen an, bis ihm die Augen zufielen und er einschlief. Das Elektrische Licht ließ er seiner Gewohnheit gemäß brennen Im Wartesaale der ersten Klasse saßen der Graf und Pierre, der seinem Meister über den Eindruck berichtete, den die Visitenkarte auf Mühlenberg gemacht hatte. Und der Graf lachte. „Schade, daß ich das nicht selbst sehen konnte." Pierre aber schüttelte ernst das Haupt. „Pardon. Herr Graf. Aber —" „Nun, aber?!' „Es war gegen die Verabredung!" sagte Pierre langsam. Da wurde der Graf plötzlich ruhig und ernst. Keine fünf Minuten waren seit Abgang des Orient Expreß aus Wien vergangen, als ein zweiter Zug auf dem nämlichen Gleise ein lief und stch der Stationsvorsteher dem Grafen näherte, ein paar Schritte von ihm entfernt haltmachte, stramm stand, den Finger an die Dienstmütze legte und meldete: „Herr Graf, der Sonderzug steht bereit!" Murat und Pierre erhoben stch sofort, der Stationsvorsteher führte sie bis an die Wagen tür, die er selbst öffnete. Drinnen stand der Waqentontrolleur und half seinen beiden Norwegen. "Das Storthing hat in geheimer Sitzung einen außerordentlichen Kredit von 11,6 Millionen Kronen für Verteidigungs zwecke bewilligt, davon 6,1 Millionen für die Befestigung des Ehristiania-Fjords. Balkanstaaten. "DieLage inDurazzoist unverändert. Es heißt zwar, der vielgenannte Prenk Bibdoda sei endlich mit etwa 100 Mann in Durazzo eingetroffen: aber er verlangt vor Beginn des Kampfes gegen die Rebellen 100 000 Frank, die das Land natürlich nicht hat. — Der albanische Gesandte in Wien, Suraya-Bei, der kurze Zeit in Berlin weilte, erklärte in einer Unterredung, daß Albaniens Schicksal ganz von den Mächten abhänge: der Fürst brauche Geld und Sol daten. Ohne beides könne er sich nicht halten. Amerika. * Die Gerüchte, der Präsident Huerta sei bei Krawallen in der Stadt Mexiko ermordet worden, sind unzutreffend. Der ehemalige Präsident, der stch anscheinend nun mit seiner Abdankung abgefunden hat, soll angeblich für den Posten eines auHerordentlichen Ge sandten in Paris ftr Aussicht genommen sein. Dieses neue Amt kann er natürlich erst antreten, wenn die Prästdentschaftssrage eine glückliche Lösung gefunden hat. Afrika. " Die Hiobsposten aus Marokko haben in ganz Frankreich große Unruhe er regt. Nicht nur in Mittel-Marokko, wo ja die französische Herrschaft noch keineswegs gesichert ist, sondern auch in dem bereits „beruhigten wie befriedeten" Nord-Marokko ist es wieder zu schweren, für die Franzosen sehr verlustreichen Kämpfen ge kommen. — Zu gleicher Zeit haben übrigens auch in Spanisch-Marokko Kämpfe stattgefunden, in denen die Spanier nur unter schweren Verlusten das Feld behaupten konnten. Von ^ak unck fern. Fünf Personen vom elektrischen Strom getötet. Auf dem Königlichen Krongut Bornim bei Potsdam wurden durch Berühren eines zerrissenen Drahtes der elektrischen Über landzentrale der Aufseher Sykutera, sowie drei ihm unterstellte polnische Landarbeiter und ein Pferdeknecht getötet. Sechs weitere Personen, die den Verunglückten zu Hilfe eilten, trugen teilweise schwere Verletzungen davon. Es handelte sich um eine Nebenleitung der Haupt leitung der Spandauer überlcmdzentrale, die große Gebiete der Mark mit Elektrizität ver sieht. Die Ursache des Drahtbruches, der von so verhängnisvollen Folgen begleitet war, ist noch nicht aufgeklärt; ob die Leitung auf irgendeine Weise schadhaft geworden war, ob irgendeine Fahrlässigkeit vorlag oder durch welchen Umstand sonst das Unglück Herbei geführt wurde, muß erst die Untersuchung er geben. Deutsche Automobile in Frankreich siegreich. Bei dem Wettstreit um den Großen Preis des französischen Automobilklubs auf dem Rundwege von Lyon haben die deutschen Wagen der Marke „Mercedes' die ersten drei Preise davongetragen. Der Sieger des ersten Preises, Lautenschläger, hat 762 Kilometer in sieben Stunden und sieben Minuten zurück gelegt. Dieser Triumph der deutschen Farben erinnert an das Rennen von 1903 zu Dieppe, wo die deutschen Marken „Mercedes" und „Benz' die Wagen der namhaftesten franz ö st« schenund italienischen Automobilfirmenschlugen. Auch damals trug Lautenschlager den Sieg davon. Diese Niederlage hatte dann zur Folge, daß das Rennen um den Großen Preis drei Jahre hindurch unterblieb. 17 Zentner Bücher beschlagnahmt. Die Zentralstelle zur Bekämpfung Unzüchtiger Bilder und Schriften beim Berliner Polizei präsidium hat in einer Druckerei in Bernau 17 Zentner Bücher beschlagnahmt und den Inhaber der Druckerei verhaftet. Die Druckerei arbeitete im Auftrag einer internationalen organisierten Vertriebsfirma, deren Angebote über Amsterdam in die Hände der Berliner Kriminalbeamten gelangt waren. Gästen — oder Herren, er wußte es selbst nicht — einsteigen. Ein einziger Dienst mann war damit beschäftigt, zwei mittel große Gepäckstücke in den Vorderwagen zu schieben. In einem der Stücke erkannte der Kon trolleur seinen Koffer! Der Stationsvorsteher ging zur Lokomotive, wo er dem Führer augenscheinlich Jnstruftion erteilte. Indessen stellte der Kontrolleur sich mit einer tiefen Verbeugung vor: „George Köhler.' „Also ein Deutscher. Ich bin der Graf Murat und Hes ist Pierre. Sind Sie aus München?" George bejahte. „Und haben diese Reise schon ost gemacht?" „Sehr oft, Herr Graf." „Um so besser. Und jetzt tun Sie bis zu Ende Ihre Pflicht ohne Neugierde und gerade so, als seien Sie noch im Orient-Expreß, und ich versichere Ihnen, es soll Ihr Schaden nicht sein!' Nach diesen Worten ging der Graf an George vorüber, direkt auf seinen Abteil zu. „JO bin ermüdet. Werde mich zur Ruhe legen. Sind die Betteu gerichtet?" „Jawohl, Herr Graf!" George ging schnell vorwärts und riß die Tür eines Abteils auf. Es sah wie ein recht komfortables Zimmerchen aus. Ein kleiner Schrank, Sofa, Bett und Waschtisch. Der Graf nickte befriedigt. „Gut. Wo schläft Pierre?" George deutete auf den nebenliegenüeu Abteil. „Und Sie?"
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