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Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 3407 werden können, Nachnahmesendungen und mit Porto belastete Sendungen, wenn der Empfänger das Porto nicht stunden läßt, am Postschalter in Empfang genommen werden. Volkstümliche Hochschulkurse. — Am Sonnabend den 20. d. M. fand in einem von der Stadtverwaltung zur Ver fügung gestellten neuen Rathaussaale zu München die erste Generalversammlung des -Verbandes für volkstümliche Kurse von Hochschullehrern des Deutschen Reiches- statt. Zu dieser Ver sammlung hatten sich Vertreter der Volkshochschulbewegung aus Berlin, Frankfurt a. M., Halle, Karlsruhe, Leipzig, Marburg, München, Straßburg, Tübingen eingesunden, aus Oesterreich waren als Gäste Vertreter der Universität Wien anwesend. Da der Vorsitzende, Geheimer Medizinalrat Professor Or. Waldeysr aus Berlin, am Erscheinen verhindert war, so leitete dessen Stell vertreter, Geheimrat Engler aus Karlsruhe, die Verhandlungen. Seitens der Geschäftsführung, der Centralstelle für Arbeiter- Wohlfahrts-Einrichtungen in Berlin, wurde ein gedruckter Bericht verteilt, der eine Uebersicht gab über die Volkshochschulbewegung in Deutschland während des verflossenen Winters. Nach dem mündlich erstatteten Jahresberichte konnte festgestellt werden, daß die Volkshochschulkurse eine überraschende Ausdehnung genommen haben, und daß Anfänge ihrer Entwickelung an allen Hochschulen vorhanden sind. Von den Spitzen der Hochschulen beginnt sie sich allmählich auch auf benachbarte Städte (Mannheim, Ludwigs hafen, Cassel, Flensburg, Altenburg) auszudehnen. Der Verband war in der Lage, die Bewegung teils durch bare Beihilfen, teils durch Ueberlassung von Lichtbildern, sowie durch Ueberweisung von Schriften und Material zu fördern. An den Bericht schloß sich eine sehr eingehende Diskussion, aus der besonders zu er wähnen ist, daß auf Anregung der anwesenden Wiener Vertreter in eine Beratung darüber getreten werden soll, auf welcher Grund lage sich dauernde Beziehungen der deutsch-österreichischen und deutsch-schweizerischen Volkshochschulvcreinigungen mit dem deut schen Verbände Herstellen lassen. Fakultäten und Studenten in Frankreich. — Nach dem soeben ausgegebenen Jahresbericht des französischen Unter richtsministeriums studierten im letzten Jahre an den Universitäten Frankreichs 9786 Juristen, 8393 Mediziner, 2868 Pharmazeuten, 3762 Studenten der litterarwissenschaftlichen Fakultäten, 3164 Studenten der Fakultäten der exakten Wissenschaften. Paris zählte 12 289 Studierende, Lyon 2458, Bordeaux 2l19, Toulouse 2040. Geringer besucht waren die Hochschulen in Montpellier, Rennes, Lille, Nancy, Aix. Aufhebung eines Verbots (vgl. Nr. 95 d. Bl). — Ueber die hier schon gemeldete AufhebunWes in Oesterreich erfolgten Ver bots der 1. Lieferung von Fuchs und Krämer, -Die Karikatur der europäischen Völker» (Verlag von A. Hosmann L Comp, in Berlin) entnehmen wir der Neuen Freien Presse folgendes Nähere: Anlaß zu der Beschlagnahme boten folgende vier Bilder: 1. Eine englische Karikatur auf die Hinrichtung Ludwigs XVI. von James Gillray aus dem Jahre 1793. 2. Ein satirisches Flugblatt gegen das Papsttum, aus der Reformationszeit 1545, dessen Zeichnung von Lucas Cranach und dessen Text von Martin Luther herrührt. 3. Ein Bild von Ad. Willettc, darstellend das Plaidoyer des ersten weib lichen Advokaten in Paris, und endlich ein Bild von Fslicien Rops samt Text mit dem Titel »Ateliergespräch-. — Gegen das Beschlagnahme-Erkenntnis des Landesgerichts Wien erhob nun die Firma A. Hofmann L Comp, in Berlin Einspruch, über den in diesen Tagen vor einem Erkenntnissenale unter Vorsitz des Hof rates Ritter v. Holzinger verhandelt wurde. Staatsanwalt Or. Bobies vertrat den Standpunkt, daß die zwei letztgenannten Bilder zweifellos eine unzüchtige Darstellung enthielten. Was die erstgenannten beiden Bilder anbelange, so könne es nicht darauf ankommen, ob eine Gotteslästerung, beziehungsweise Verspottung des Papsttums wirklich beabsichtigt sei, sondern nur darauf, daß thatsächlich durch die beiden Bilder die Gefühle von Millionen gläubiger Katholiken in Oesterreich verletzt werden müßten. Dies sei -in der jetzigen Zeit, in der wir in einer Art religiösen Kampfes leben-, leicht möglich. — Dem gegenüber führte der Vertreter des Einspruches, vr. Harpner, aus, daß bei einer Karikatur in erster Linie nicht auf das äußere Bild, sondern auf dasjenige Rücksicht genommen werden müsse, was hinter dem ganzen Bilde stecke. Die Karikatur wolle lachen machen; aber hinter dem Lachen stecke ein ernster Hintergrund, der bei der Beurteilung in Betracht zu ziehen sei. Nun handle es sich im vorliegenden Falle zweifellos um ein hervorragendes, ernst zu nehmendes litterarisches Werk. Wenn dieses Bilder enthalte, die die Karikatur zur Zeit der französischen Revolution oder zur Reformationszeit wiedergeben, so werde kein gebildeter Leser daran zweifeln, daß es sich eben nur um eine geschichtliche Darstellung handle, und auch der gläubigste Katholik könne sich ^ nicht verletzt fühlen, weun er sehe, wie vor so und so vielen Jahrhunderten das Papsttum karikiert worden sei. Desgleichen seien die angeblich unzüchtigen Darstellungen, wie Or. Harpner aus dem Texte des Werkes folgerte, nur zu dem Zwecke in das Werk ausgenommen worden, um auch diese Art der Karikatur dem Leser vorzuführen. Es liege also auch objektiv in den bean standeten Bildern nichts Strafbares, weshalb die Aufhebung des Konfiskations-Erkenntnisses geboten sei. — Der Gerichtshof entschied, daß dem Einsprüche stattgegeben und das Konfiskations-Erkenntnis aufgehoben werde. -— Staatsanwalt Or. Bobies meldete gegen dieses Urteil die Beschwerde an. Ein litterarisches Preisausschreiben in Japan. — Auf ein Preisausschreiben der japanischen Zeitung -Osaka Mainichi» für zwei beste Romane sind dem Redakteur jenes Blattes 29 Arbeiten eingesandt worden. Die-OsakaMainichi- teiltjetzt dieEntscheidungen der Preisrichter mit. Der höchste Preis von 300 Den wurde dem Roman -Jchijiku- zuerkannt. Ihr Verfasser ist Schur und Makamura, der bisher nicht sehr bekannt war und in Osaka zu Hause ist. Den zweiten Preis von 200 Den sprach man dem Roman -Usuzumi-no-Matfu- eines nicht genanntenzVsrfassers zu. Die Preisarbeiten werden natürlich in der Zeitung zum Abdruck gelangen. Aus dem Antiquariat. — Max von Pettenkofers Biblio thek, die eine große Zahl von Werken aus fast allen Gebieten der Naturwissenschaften enthält, ist von dem naturwissenschaftlichen Antiquariate von Richard Jordan in München erworben worden. Per? oNalNachrichtsK. Berufsjubiläum, kost ksstuw. — Am 23. April d. I. waren fünfzig Jahre vergangen, seit Herr M. W. Schlenker (i/Fa. Rühle L Schlenker in Bremen) seine buchhändlerische Laufbahn begann. Am genannten Tage des Jahres 1851 trat er als Lehrling bei der Firma Loening L Cie. in Bremen ein, die ihr Geschästslokal damals in der Sögestraßs hatte. Es ist inter essant, den Jubilar Augenblicksbilder aus jener Zeit des Buch handels entrollen zu sehen; der jüngere Nachwuchs hat nur ein mitleidiges Lächeln angesichts unserer -vorgeschrittenen- Zeit, und der ältere sagt sich: -Ach, es muß doch schön gewesen sein, wo der Buchhändler noch Zeit hatte und das Publikum noch warten konnte-! Die Firma Loening L Cie. wurde dann durch die Firma Eduard Hampe übernommen, mit ihr der Jubilar. Er blieb bei dieser Firma bis zum Jahre 1877; dann machte er sich selbständig, indem er zusammen mit Herrn C. G. Rühle die früher Hcinsius'sche Buchhandlung übernahm. Seit 1887 ist er alleiniger Besitzer der Firma Rühle L Schlenker. Seine Arbeit ist gesegnet gewesen, und den Erfolg seiner Arbeit hat er niemandem zu danken, als nur sich selbst, seinem eisernen Fleiß, seiner rastlosen Thätigkeit und der Befähigung, nicht in alten An schauungen zu verrosten, sondern auch den veränderten Anforde rungen einer neuen Zeit gerecht zu werden. Trotz der Ueberlastung mit geschäftlicher Arbeit hat er noch Zeit gefunden, einen großen Teil seiner Kraft dem öffentlichen Leben zu widmen. Viele Jahre gehörte er dem Bremischen Reichstag, der Bürgerschaft, an; viele Jahre auch ist er bereits im Vorstand des Landwirtschafts-, wie des Gartenbau-Vereins für das Bremische Gebiet, und die große Bremer Tierschau, wie jede größere landwirtschaftliche oder garten bauliche Ausstellung in Bremen wäre ohne Herrn Schlenkers un ermüdliche und umsichtige Mitarbeit schier undenkbar. — So steht der Jubilar vor uns — ein richtiger Bremer der guten, ajten Zeit, anspruchs- und bedürfnislos, äußeren Schein gcringschätzend, nur an die Pflicht für Beruf, Familie und öffent liches Wohl denkend, in der Arbeit für diese gleichzeitig die Genüsse des Lebens suchend und findend, und in diesen Eigenschaften ein leuchtendes Vorbild für jeden Jünger unseres Berufes! Möge den Jubilar das Glück weiter begleiten auf seinem Wege und ihn zu einem ruhigen Abend führen! L.. 6l. (Sprechsaal.) Polnische Zuschriften an deutsche Firmen. Wir lesen in der Posener Zeitung: -Vor der Firma Julius Springer in Berlin warnt ein Herr Adolph Nowack im Krakauer -Czas- seine Landsleute, weil diese Firma eine an sie gerichtete, polnisch abgefaßte und adressierte Postkarte anzunehmen abgelehnt hat.» Gegcnüber dem in der letzten Zeit zunehmenden Unfug, Post karten und Briefe in polnischer oder tschechischer Sprache an deutsche Buchhandlungen zu schicken, dürfte sich das Verfahren der angesehenen Berliner Firma zur allgemeinen Nachahmung em pfehlen. IV. 445*