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Ottendorfer Zeitung : 08.05.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191405084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140508
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140508
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-05
- Tag 1914-05-08
-
Monat
1914-05
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 08.05.1914
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Der wahre Huerta. Der mexikanische Präsident Huerta steht vor einer peinlichen Entscheidung. Nicht nur sein Gegner Wilson verlangt seine Abdankung als unumgängliche Bedingung für einen Ver gleich der Ver. Staaten mit der Republik Mexiko. Auch seine eigenen Anhänger, unter ihnen vor allem sein Feldhauptmann Blanquet, wünschen seinen Rücktritt, um endlich mit den Rebellen zum Frieden zu kommen. Huerta scheint sich aber noch immer zu sträuben, ob wohl er damit rechnen muß, verbannt oder ermordet zu werden. Sollte er sich aber doch dazu bewegen lassen, abzudanken, so dürsten viele Mexikaner, mit Ausnahme der selbst nach der Präsidenten macht strebenden Rebellengenerale und ihres Anhangs, ihm mit ehrlicher Trauer nach blicken. Huerta ist nämlich durchaus nicht so unbeliebt, wie es die Presse Amerikas immer darzusiellen versucht. Die gefärbten Berichte dieser Presse sind daran schuld, wenn man in deutschen Blättern meist stark verzerrte Vorstellungen von der Persön lichkeit Huertas begegnet. Dieser „alte Indianer",wie er sich selbst gern zunennen pflegt, ist durchaus nicht auf eine Stufe zu stellen mit Personen, wie etwa dem Rebellengeneral Villa, der seine Laufbahn als Bandit und Mörder begann. Es ist za begreiflich, daß die Ameri kaner, die augenblicklich in dem zähen und rücksichtslosen Huerta ihren ärgsten Feind er blicken, ihn als blutgierigen Tyrannen und Banditenhäuptling hinzustellen belieben, es ist aber nichts destoweniger vollkommen falsch. Im Gegenteil, Victoriano Huerta hat eine regelrechte militärische Erziehung genossen. Er trat als Kadett in die Militärschule von Chapultepec ein, wo er seinen Lehrern und Vorgesetzten bereits durch eine gewisse Ver schlagenheit und rücksichtslose Energie auffiel. In dem für mexikanische Verhältnisse bereits recht vorgeschrittenen Älter von mehr als 80 Jahren erreichte er den Rang eines Generalmajors. Sein Name wurde der weiteren Öffentlichkeit zum ersten Male unter der Präsidentschaft Porfirio Diaz', des eisernen Diktators Mexikos, bekannt. Diaz kannte Huerta als einen außerordentlich energischen und Willensstärken Offizier und beauftragte ihn daher mit der Unterdrückung einer Rebellion im Staate Guerrero, die Huerta in der Tat unter den erdenklichsten Schwierig keiten zur höchsten Zufriedenheit des Prä sidenten niederwarf. Dann wurde es eine Zeitlang wieder still von Huerta. Es ist heute noch nicht ganz klar, warum Porfirio Diaz den ihm als tüchtig bekannten Offizier bei dem Versuch, die 1910/11 gegen ihn gerichtete Empörung Francisco Maderos im Keime zu ersticken, nicht an hervorragender Stelle verwandte. Huerta aber war es, der dann nach dem Siege Maderos den gestürzten Machthaber nach Veracruz geleitete. Unter der kurzen Präsi dentschaft Maderos war Huerta allerdings als „Bluthund" verschrien. Keinem der jeweiligen Machthaber auf dem mexikanischen Präsidentenstuhl gelang es aber, dem gefähr lichen Huerta irgend etwas anzuhaben. Seit dem er selbst, wenn auch keineswegs unan gefochten, die Regierung des Landes in Händen hat, hat er sich den bedrohlichsten Situationen gegenüber dank einer ungewöhnlichen Kalt blütigkeit und Verschlagenheit so gewachsen gezeigt, daß man wohl begreift, wenn Amerika in ihm seinen gefährlichsten Gegner erblickt. -> * * Carranza gegen Huerta. Nach New Docker Meldungen sollten die Aussichten, daß ein allgemeiner Waffenstillstand in Mexiko zustande kommt, jetzt günstig sein. Das nachfolgende Telegramm aus El Paso aber widerruft das schon wieder: General Carranza hat es formell abgelehnt, während der Vermittlungs verhandlungen die Feindseligkeiten gegen Huerta einzustellen. Eine Note dieses Inhalts ist bereits nach Washington gesandt worden. Inzwischen ist im mexikanischen Ministerium ein Zwiespalt ausgebrochen. Der Minister des Äußeren Portillo Rosas und sein Unterstaats sekretär haben wegen Meinungsverschieden ¬ heiten mit Präsident Huerta ihr Entlasfungs- gesuch eingereicht. * Politische Kunctfckau. Deutschland. *Das Kaiserpaar hat Korfu ver lassen. Auf der Heimreise stattet der Kaiser dem deutschen Botschafter beim römischen Hofe, Mumm von Schwarzenstein, in Porto Fino bei Genua einen kurzen Besuch ab. Von Genua aus begibt sich das Kaiserpaar nach Karlsruhe, wo es am 7. d. Mts. eintrifft. Am 9. d. Mts. werden der Kaiser und die Kaiserin den Tauffeterlichkeiten in Braun schweig beiwohnen. *Dcr deutsch-türkische Handels und S ch iffahrtsv ertrag ist auf ein Jahr verlängert worden. ^Neue Vorschläge des preußischen Handels ministers zwecks gesetzlicher Neurege lung des Zugabewesens sind den be teiligten Reichsressorts und preußischen Ministerien zugegangen, so daß demnächst Beratungen darüber zwischen diesen Dienst stellen stattfinden können. Die neuen Vor schläge verfolgen den Zweck, die Mißstände zu beseitigen, die infolge der Zugaben an die Käufer eine Preisverschleierung herbeiführen, wodurch die Konkurrenz der Verkäufer gegen über ihren Berufsgenossen verschärft wird. Der Ausschuß der Berliner Handelskammer hat auf den Fragebogen des Ministers er klärt. er erblicke in dem Verfahren der Zu gabenreklame einen Verstoß gegen das erste Erfordernis des Kaufs, die Durchsichtigkeit der Preisverhältnisse. * Die Errichtung von Gartenbauaus schüssen bei den Landwirtschafts kammern hatte der Landwirtschaftsminister für zweckmäßig erachtet, um gegenüber den von den Gärtnereiverbänden gewünschten be sonderen Gartenbaukammern für die Inter essen des Gartenbaues im Rahmen der amt lichen landwirtschaftlichen Organisationen eine angemessene Vertretung zu schaffen. Es find jetzt bei zehn Landwirischaftskammern bereits solche Gartenbauausschüsse in Tätigkeit ge treten. Österreich-Ungarn. Das Befinden Kaiser Franz Iosevhs ist unverändert dasselbe geblieben. Der Monarch fühlt keinerlei Schmerzen, wird aber nach wie vor durch Husten geplagt. Man hofft auf wärmere Tage, die Spaziergänge im Freien ermöglichen. England. *Der Herzog von Argyll, ein eifriger Verfechter der deutsch-englischen Annäherung, ist im 69. Jahre ge starben. — Durch seinen Tod sind das englische und das deutsche Herrscherhaus in Trauer versetzt worden, denn der Herzog war, da er eine Schwester des am 6. Mai 1910 verstorbenen Königs Eduard VII. und der Kaiserin Friedrich geheiratet hatte, ein Onkel des Königs Georg und stand somit auch in naher verwandtschaftlicher Beziehung zu unserem Kaiserhause. Portugal. *Die Unruhen in Portugiesisch- Kongo find, wie aus Lissabon gemeldet wird, durch eine kleine Zollerhöhung hervor- gerusen worden. Die Aufständischen wurden geschlagen und die Ruhe soll bereits wieder hergestellt worden sein. Balkanstaate». "Die Meldung verschiedener Blätter, daß Marschall Liman v. Sanders, der Chef der deutschey Militärmission in der Türkei, nach Berlin gereist sei, um nicht mehr nach Konstantinopel zurückzukehren, ist unzutreffend. Der Marschall tritt lediglich eine Reise nach Smyrna an, um die dortigen Truppen zu be sichtigen. * Nachdem die Epiroten in der Um gegend von Kolonia verschiedene Dörfer erobert haben,ist es mehrfach zu schweren Kämpfen zwischen ihnen und den andrin genden Älbaniern gekommen. Nachrichten aus Epirus besagen, daß dort völlige Anarchie herrsche. Die Ausständischen richteten arge Verwüstungen an. Die mohammedanische Bevölkerung sei den Übergriffen der Banden vollkommen schutzlos preisgegeben. In Albanien rüstet man sich angeblich zu einem entscheidenden Vorstoß. Veutlcker Keickstag. (Original-Bericht. > Berlin. 5. Mai. Der Reichstag hat am 2. d. Mts. seine Tagesordnung in kurzer Zeit erledigt, so daß die Abgeordneten, die an der Besichtigung des neuen Riesendampfers „Vaterland" in Cuxhaven teilnehmen wollten, den Bahnhof bequem erreichen konnten, ohne sich zu über stürzen. Zunächst passierten Rechnungssachen, Wahlprüfungen und Petitionen ohne Debatte nach den Beschlüssen der Kommissionen, dann schritt man zur ersten Beratung des Nennwett gesetzes, das, allen unwillkommen, voraus sichtlich doch Annahme finden wird. Nach längerer Debatte, an der Vertreter aller Par teien teilnahmen, wurde das Gesetz einer Kom mission von 21 Mitgliedern überwiesen. Darauf vertagte sich das Haus. Im Reichstage stand am Montag die Ko n- kurrenzklauselvorlagezur zweiten Be ratung. Noch vor wenigen Tagen war das Schicksal des Gesetzes sehr zweifelhaft, denn die Regierung hat bekanntlich die Kom- missionsbsschlüsse in dem wichtigsten Punkte sür unannehmbar erklärt, der die Konkurrenzklausel in allen Fällen sür nichtig erklärt, in denen das Gehalt des betreffenden Gehilfen 1800 Mk. nicht übersteigt. Heute sind die Aussichten für die Vorlage außerordentlich gestiegen, denn ein Ansgleichsantrag aller bürgerlichen Parteien sucht dem Bedenken der Regierung Rechnung zu tragen, indem er für die Nichtigkeit der Konkurrenzklausel nur eins Gehaltsgrenze von 1500 Mk. festlegt. Abg. Hoch (soz.) wandte sich gegen die Konkurrenzklausel überhaupt und forderte ihre völlige Beseitigung. Der Redner stützte sich hauptsächlich am die aus der Kommission schon bekannten Gesichtspunkte. Abg. Trimborn (Zenir.) behauptete, daß der Vorredner lediglich Parteiinteresien dienen wolle und daß es ihm gar nicht darauf ankomme, die Sozialpolitik im Verfolg dieses Zweckes unter Umständen sogar erheblich zu schädigen. Der Reichstag habe die Pflicht, zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeit gebers das Gleichgewicht herzustellen. Abg. Thoma (nat.-lib.) nahm für seine Freunde die Zuerkennung des Rechts in An spruch, daß sie dauernd für die Besserstellung der Gehilfen eingetreten seien, doch müsse die Vorlage die berechtigte» Interessen der Beteiligten nach Möglichkeit auszugleichen versuchen. Abg. Wald stein (fortschr. Vp.) schloß sich dem Vorredner an und auch die folgenden Sprecher traten für den Ausgleichsantrag ein, so die Abgg. Frommer flons.), Dombek (Pole), Mertin, Reichsp.), Mumm (wirtsch. Vgg.). Letzterer erklärte, bedauerlich sei, daß der Verband der 58 er Handlungsgehilfen den Kompromiß antrag ablehnie. Im Gegensatz dazu stehe die kluge Haltung der deutsch- nationalen Handlungsgehilfen. Ministerialdirektor Dr. Delbrück wies dann kurz auf die bereils abgegebene Regie rungserklärung hin und gab bekannt, daß auch die Angestellten der Versicherungsgesell schaften aus Gegenseitigkeit unter das Gesetz fielen. Abg. Dr. Quarck (soz.) griff nun noch mals den Antrag an. Daß man seinen Freunden eine „Alles- oder Nichts-Politik" vorwerfe, sei ein starkes Stück von Demagogie. Für diese Beleidigung des Reichstages rief Präsident Dr. Kämpf den Redner zur Ord nung. Der Redner begründete dann einen Antrag, die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Haftstrafe zu streichen. Er griff den Reichskanzler an, der das dem Reichstage beim Vereinsgesetz gegebene Ver sprechen, das Gesetz nicht mißbrauchen zu lassen, nicht gehalten habe. Diesen Vorwurf wies Ministerialdirektor Dr. Delbrück kurz aber bestimmt zurück. Nach weiteren Bemer kungen der Abgg. Dr. Bell (Zentr.) und Mar quart (nat.-lib.) rief Präsident Dr. Kämpf den Abg. Dr. Quarck (soz.) nachträglich zum zweiten Male zur Ordnung wegen des auf den Reichskanzler erhobenen Vorwurfs. Die Abstimmung ergab die Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge. Der bürgerliche Antrag mit der Gehaltsgrenze von Mk. 1500 fand z. T. mit den Stimmen der Sozialdemokraten Annahme. Der bürgerliche Ausgleichsantrag wurde also angenommen. Die Abstimmung über Auf hebung der Freiheitsstrafen soll eine nament liche sein, sie wurde zurückgestellt. Darauf vertagte sich das Haus nach sechs stündiger Sitzung. Besichtigung äes Dampfers „Vaterlanä". Eine große Anzahl von Vertretern des Reichstages und des Bundesrates weilte am 2. und 3. d. Mts. in Cuxhaven zur Besichtigung des neuen Riesendampfers „Vaterland", dessen Probefahrten so glänzend verlaufen sind. Bei dem Festmahl, das die Hamburg-Amerika- Linie ihren Gästen gab, hielt der Vorsitzende des Aussichtsrates eine Ansprache, die er mit den Worten schloß: Nehmen Sie daher den Eindruck mit. daß auch die Reeder der Ham burg-Amerika-Linie auf ihrem Posten für das Wohl des Vaterlandes arbeiten, und nehmen Sie den Eindruck mit, daß die kostbaren Werte, die wir dem Meere anvertrauen müssen, ein entsprechendes Gegengewicht im weiteren Floltenausbau erheischen. Das sei die einzige Subvention, die Sie uns gewähren. Dann werden wir auf friedlichem Wege beitragen, dem Spruche Geltung zu verschaffen: „Deutsch land in der Welt voran!" Nach der Besichtigung des Ozeanriesen am Sonntag, die auf alle Teilnehmer einen überwältigenden Eindruck machte, hielt Staats sekretär Dr. Delbrück eine Ansprache, in der er u. a. sagte: „Wie alles auf diesem wunderbaren Schiffe klug, schön und zweckmäßig eingerichtet ist fo ist auch der festliche Empfang, den die Ham- burg-Amerika-Linie Bundesrat und Reichstag an Bord der „Vaterland" bereitet hat, ein Musterbild vortrefflicher Organisation und vornehmer Gastlichkeit. Wir nehmen aus diesen beiden Tagen mehr mit als die Be lehrung, die Bereicherung unseres Wissens, die uns die Besichtigung dieses schönen Schiffes gebracht hat. Wer wie wir in Berlin tagtäglich in der Schußlinie stehen muß, wird durch die Kritik, die er dauernd zu üben oder über sich ergehen zu lassen genötigt ist, in der Freiheit des Urteils darüber beein trächtigt, was eigentlich das Ergebnis unserer Arbeit ist. Sie werden mir darin zustimmen, daß man manchmal den Eindruck hat, als wenn man nirgends so wenig Verständnis hätte für die Erfolge und die Entwicklung unseres Vater landes als im Deutschen Reichstage. Hier draußen aber in der freien hanseatischen Luft an der Pforte des Weltmeeres, angesichts dieses stolzen Schiffes, das sich zu seiner ersten Fahrt in den Ozean anschickt, wird unser Blick freier, und wir sagen uns mit Stolz, daß wir im Laufe der letzten vierzig Jahre im Deut schen Reiche doch nicht vergebens gearbeitet haben, und dieses Gefühl werden wir als eine bleibende Errungenschaft dieser Fahrt nach der Nordsee mit zurücknehmen in die tägliche Arbeit. Wenn wir in Zukunft in den Zeitungen von dem Schicksal und den Erfolgen der „Vaterland" lesen, dann werden wir es mit dem stolzen Bewußtsein tun, daß mit diesem stolzen Schiff ein Stück Deutschland in die Meere fährt. Zeugnis ablegend von deutschem Können und deutschem Wollen, von der Macht und Größe unseres Vaterlandes. Dafür wollen wir unseren Gastfreunden herzlich danken, indem wir wünschen, daß, wo immer die „Vaterland" ihre Flagge zeigt, sie die Er folge begleiten möchten, zu denen ihre glän zende Probefahrt berechtigt, indem wir der Hamburg-Amerika-Linie weiteres Blühen und Gedeihen und ihrem genialen Leiter weiterhin das Glück und den Erfolg wünschen, der ihnen bisher zuteil geworden und die das Ansehen des deutschen Namens auf allen Nteeren ver breitet Haven." Gestern noch auf stolzen Rosien. ILj Roman von Horst Bodemer. cForts<b»«ad Schließlich gab er sein Suchen auf, morgen war auch noch ein Tag! Hatte man unter dessen den Paunitz nach Nummer Sicher ge bracht, nun fo hieß es eben, sich rauslügen, so gut man konnte, denn irgend etwas schrift liches hatte der von ihm nicht in Händen, dazu war er doch viel zu schlau. Er rief eine Droschke an und fuhr hinaus zu den Damen Hohlstoone, gerade zum Abend essen würde er zurechtkommen. Doch der Diener zuckte bedauernd die Achseln. „Die Damen sind leider ausgegangen!" Ob das auch stimmte? Jedenfalls ließ er seine besten Empfehlungen übermitteln und gab die Faust Rosen ab, die er unterwegs gekauft hatte. Und dann bummelte er durch den Tier garten. Mochte sich da draußen der Paunitz vor Auflegung den Hosenboden kaputrutschen. 20. Manke zählte die Tageskasse. Er hatte allen Grund, mit den Einnahmen heute zu frieden zu sein. Mancher war wohl auch aus Neugierde ins Geschäft gekommen, um Näheres zu erfahren über „den Krach" bei dem Gastwirt an der Ecke. Nicht nur auf den Hintertreppen wurde darüber geredet. Seine Frau stand neben ihm, und Pillow strich sich noch einmal daS Haar vor dem Spiegel zurecht, er wollte gleich wieder zum Wirte gehen, um zu hören, ob die Dinge im Laufe des Tages eine andere Wendung ge nommen hätten. „Lene, neununddreißig Mark neunzig, so viel haben wir noch niemals eingenommen!" Der Geselle drehte sich kurz auf dem Ab satz um. „Meister, zehn Mark an den Toto tragen, sich 'ne Viertelstunde aufregen und dann einundsechzig Mark einsacken, ist viel bequemer und schöner!" Da begehrte aber Frau Manke auf, ihrer ganzen, lang verhaltenen Wut legte sie keinen Zwang mehr an. „Ernst, wenn Sie noch einmal im Geschäfte von der verdammten Setzerei anfangen, fliegen Sie raus!" Der riß Augen und Mund sperrangel weit auf. „Nu, ich kann ja gehen, — so wie so bei der Bezahlung, und dann auch noch Vorwürfe hören, wenn man seine Pflicht und Schuldig keit getan und das ganze Geschäft in Schwung gebracht hat! Aber so geht's ja zu, — natürlich — Undank ist der Welt Lohn!" Manke bekam es mit der Angst zu tun, für ihn war der Geselle unbezahlbar. Wie der es verstand, die Kunden ranzuholen, — ganz ab gesehen von seiner Kenntnis des Pferdesports — die Seele blieb er doch im Geschäft! „Ob Ernst gekündigt wird, hab' ich zu ent scheiden, Lene!" Der schlaue Kerl wußte, wo er nun einsetzen mußte, um den Meister ganz in seine Hand zu bekommen. „Immerzu, Frau Manke, ich gehe ganz gern! Wenn ich aber nicht mehr da bin, dann sehen Sie sich nur ihre Tageskasse recht genau an und wenn sie mal über dreißig Mark ist, — na, da können Sie mir ja 'ne Postkarte schreiben! — Drüben in der Nachbarstraße, der Herr Kulig, nimmt mich auf der Stelle, und dann werden Sie ja sehen, wie viel von Ihren Kunden ich „an der Hand" habe!" „Lene, du läßt mir den Ernst in Ruhe, über das Geschäft und feinen Betrieb hab' ich zu bestimmen, weiter niemand — ver standen !" Manke hatte sich in Wut geredet, war dicht an seine Frau herangetreten und fuchtelte ihr mit der Hand vor der Nass herum. „So — o! In dein Unglück willst du rennen? Ich bin deine Frau und wir haben Kinder! Erwischt bist du gestern abend in der Kneipe auch mit worden und ausge schrieben! Kaum sind wir aus dem Gröbsten heraus, gsht's wieder bergab, in dir Zeitung kommst du, schämen muß man sich!" „Keinen Pfennig hab' ich in der Kneipe ge setzt, — nie, — mir kann nichts passieren! Bloß mein Bier hab' ich geb mken!" „Aber du hast gewußt, was dort getrieben wird!" „Ich habe keine Verpflichtung, deshalb zur Polizei zu rennen!" „Den Ernst werden sie einsperren und dann bleibt natürlich auch was an dir kleben!" „Unsinn!" Pillow ließ dis Beiden erst scharf anein ander geraten, im stillen mußte er lachen über die Ansichten dieser Frau aus der Pro vinz! Nein, wie dumm mußte man dort noch sein! „Gustav, mit der Rennerei wirst du dich nicht mehr abgeben, einen Wink hast du ge kriegt, das nächste Mal sällst du sicher mit rein!" „Und ich will dir was sagen, Lene, im Traume fällt mir's nicht ein, zu setzen, wo es verboten ist, aber draußen auf der Renn bahn mach' ich mit meinem Gelds, was ich will!" „Das wollen wir doch erst sehen!" „Ich hab' im ganzen hundert Mark ge wonnen, das ist ein schöner Haufen Verdienst, für die zwei Male, an denen ich draußen g« wesen bin, und ich werde weiter rausfahren und den Villow mitnehmen, so ost ich will, Meine Pflicht ist es, Geld zu verdienen, deine! Wohnung, Geschäft und dis Kinder in Ord nung zu halten. Berlin ist teuer, ich muß mir Nebeneinnahmen schaffen, um für böse Zeiten einen Notpfennig zu haben, und nun Schluß! — Ernst, ich komme mit, wir wollen mal hören, wie die Sachen beim Wirte stehen!" Da fing Frau Manke an zu weinen und zu schimpfen über dieses Berlin. Das vertrug ihr wenig charakterstarker Mann nicht, er ging und schlug donnernd die Ladentüre zu. Pillow blieb an der Ecke stehen und kratzte sich Hinterm Ohre. „Ja, Meister, was soll denn nun werden?" „Natürlich bleiben Sie bei mir, Ernst!" „Aber ich kann mir doch solche Beleidigungen nicht in einer Tour an den Kopf werfen lassen!" „Ich auch nicht! — So was dauert nicht lange, wenn meine Frau sieht, daß sie so doch nicht bei mir durchkommt, wird sie schon Ver nunft annehmen! Das ist nun einmal mcht anders, Weiber sind immer leicht mal aus- 1 geregt! Da zeigt man e»en. daß man der
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