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Ottendorfer Zeitung : 05.04.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191404052
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140405
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140405
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-05
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 05.04.1914
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Zsquitd. Der «e«o englische Kriegsminister. Nachdem der englische Kriegsminister Seely infolge der Ulsterrebellion zurückgetreten ist. hat der Ministerpräsident Asquith das Amt und damit die Aufgabe übernommen, die eng lische Heeresorganisation auf eine neue Grund lage zu stellen. Ist auch der bisherige Ministerpräsident kein eigentlich militärischer Fachmann, so darf man sich von seinem Talent uud seiner organisatorischen Begabung doch Ersprießliches Mr eine günstige Fort entwicklung des englischen Heeres versprechen. In den langen Jahren seiner Tätigkeit als Chef deS Ministeriums hat Asquith Gelegen heit genommen, in zahlreichen Reden sich zu Heeresfragen zu äußern. Wenn er auch natürlich in der kurzen Zeit seines Amtierens als Kriegsminister noch nicht Zeit gesunden hat, eine programmatische Erklärung abzu geben, so ist es dennoch möglich, aus seinen Reden gewissermaßen die Grundsätze fest zustellen, die Asquith in der Leitung des Kriegsministeriums befolgen wird. Aus dem Rücktritt des bisherigen .Kriegs ministers Obersten Seely ging schon zur Ge nüge hervor, daß die übrigen Kabinettsmit glieder, insonderheit Asquith, mit dessen Haltung in Sachen der streikenden irischen Offiziere in keiner Weise einverstanden waren. Der Schluß ist also erlaubt, daß der neue Kriegsminister das Schwergewicht auf eine strengere brasse Disziplin unter Mannschaften und Offizieren legen wird, und man dort der Energie Asquith' schon zutrauen, daß er seinen Willen auch durchsetzen wird. So sehr Feld marschall Sir John French auch günstig auf eine mehr militärische Auffassung in der eng lischen Armee eingewirkt hat, so konnte doch selbst er es nicht erreichen, daß mit der in England noch vielfach verbreiteten Anschauung, der Militärdienst sei „Soldatenspielerei", all gemein gebrochen wird. Der Begriff der persönlichen Freiheit, wie ihn der Engländer versteht, bringt es mit sich, Last er die Unterordnung unter einen höheren Willen, den unbeugsamen Gehorsam, nur widerwillig anerkennt. Asquith hat sich zu wiederholten Malen in Übereinstimmung mit seinem Gesinnungsgenossen, dem früheren Kriegsminister und eigentlichen Schöpfer der Heimatsarmee, Lord Haldane, befunden, wenn sie beide die ungewöhnliche Lückenhaftigkeit der englischen Mannszucht scharf verurteilten. Ein englisches Militärfachblatt konnte noch kürzlich schreiben: „Die Unteroffiziere haben nicht Selbstvertrauen genug, um ihre Auto rität durchzusetzen. Der Hauptfehler liegt jedoch bei den Offizieren. Die Mehrheit der selben hat nicht die geringste Idee von Disziplin, und hierdurch werden natürlich auch die Mannschaften beeinflußt." Hier Wandel zu schaffen, einer entgegengesetzten Auffassung zum Siege zu verhelfen, das wird Asquith' Hauptaufgabe sein. Daneben aber wird der neue englische Kriegsminister einigen dringlichen Fragen der Heeresorganisation erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden. So ist die wirkliche Sicherstellung einer sofortigen Mobilisierung eine Frage, die für England von höchstem Interesse werden kann. Die Abstellung des Mangels an Offi zieren und Mannschaften gehört nicht minder in sein Programm wie die Vervollständigung des Pferdematerials, mit der es ziemlich übel bestellt ist. Auch Reformen in der Hand habung des Rekrutierungsgeschästes werden nicht auf sich warten lassen, da sie längst schon zu einer brennenden Frage geworden sind. Schließlich wird auch mit dem System der großen FriedenSübungen und Manöver eine Abänderung zu treffen sein, da in diesem Punkte die englische Armee im Vergleich zu den Festlands-Mächten bisher recht offensicht lich versagt hat. Der 1852 geborene Kriegsminister Asquith ist aus dem Rechtsanwaltsstande heroorge- gangen und gehört seit 1886 bereits dem Parlament an. Während der konservativen Regierung (1895 bis 1906) war er ein scharfer Widersacher der Regiemng. Seit 1868 ist er bereits als Nachfolger Campbell-Bannermans Premierminister. Es schien anfangs, als ob sein Vorgehen gegen Ulster und insbesondere die Unmöglichkeit, das Programm der Regie- Poliltscke Kunciscbau. Deutschland. * Das Kaiserpaar wird nach der Heimkehr von Korfu am S. Mai Colmar, wo eine Gedirgsübung staUimdet, und am Tage darauf Straßburg besuchen. *Die argentinischen Zeitungen widmen dem Prinzen Heinrich von Preußen und seiner Gemahlin begeisterte Artikel. Zu Ehren des Prinzen fanden in Buenos Aires große Festlichkeiten statt. — Das Prinzenpaar hat sich von Buenos Aires nach Chile begeben, wo es ebenfalls mit großem Jubel empfangen wurde. "Der Kommandeur der Schutz truppe, Generalmajor v. Glasenapp, hat seinen Abschied eingereicht. Gesund heitsrücksichten zwangen den verdienten Offi zier zu die>em Schritt. Er war schon feit Generalmajor von Glasenapp. längerer Zeit leidend und hatte bereits vor Wochen im Offizier-Genesungsheim in Falken stein im Taunus Heilung gesucht. Die dortige Kur scheint die erhoffte Wirkung nicht gehabt zu haben. General v. Glasenapp ist 1857 ge boren, trat in das 9. Grenadierregiment ein und ist seit Juli 1911 Generalmajor. *Wie im Reichskolonialamt verlautet, ist dieReise des DeutschenKronprinzen nach Afrika auf den Frühling des nächsten Jahres verschoben worden. * Von vielen Seiten ist wegen der Höhe der Beiträge, die die Krankenkassen für die Versicherung der Dienstboten festge setzt haben, Klage geführt. Die württem- bergische Regierung hat nun diese Klagen als berechtigt anerkannt und beschlossen, auf eine Ermäßigung der Beiträge hinzuwirken. Die Reichsversicherungsordnung bestimmt be kanntlich, daß durch die Satzungen der Kranken kassen die Höhe der Beiträge nach der Er- krankungsgesahr bei den Erwerbszweigen und Berussarten der Versicherten abgestuft werden kann, und diese ist bei den Dienstboten wesent lich geringer als die der gewerblichen und land wirtschaftlichen Arbeiter. Das württember- gische Ministerium des Jnnem hat infolge dessen die züständigen Aufsichtsbehörden ange wiesen, auf die Krankenkassen dahin einzuwirken, daß sie eine Ermäßigung der Beiträge für die Versicherung der Dienstboten in Erwägung ziehen. "Die Erste hessische Kammer hat die Regierungsvorlagen betr. den Voranschlag der Staats-Einnahmen und -Ausgaven und den Entwurf eines Finanzgesetzes für das Etatsjahr 1914 angenommen. Auch gab sie in übereinstimmungmitderZweitenKammereinem Anträge ihre Zustimmung, in dem die Regie- ! rung durchzusetzen, seinem Kabinett ein Ende machen würde. Seine dip'omatische Geschick lichkeit aber hat einen Ausweg gefunden, und es ist deshalb wahrscheinlich, daß er auch die schwierige Aufgabe der militärischen Reorgani sation lösen wird. I). rung ersucht wird, den Landständen eine Gesetzvorlage zugehen zu lassen, durch die die Gesetze vom 29. April 1875 und vom 1. Juni 1895 betr. die religiösen Orden und ordensähntichen Kongregationen insofern ge mildert werden, als ihnen eine freiere Tätig keit in religiöser, charitativer und sozialer Richtung ermöglicht wird. Frankreich. * Die Rochette-Kommission hat sich nun über die Fassung des Tadels geeinigt, den sie vor her Kammer den Ministern Caillaux und Monis erteilen will. Er lautet: Beklagenswerte Unterstützung des Rochette- schen Ansuchens (um Verzögerung des Straf verfahrens). — Die Kammer nahm einen Ent wurf an, der eine Abänderung des Artikels des Strafgesetzbuches anstrebt, der die Ver jährung in Kriminal- und Zuchtpolizeigerichts sachen betrifft, um die Verjährung durch Ver haftung des Verurteitten zu unterbrechen. Der Berichterstatter setzte auseinander, daß es sich darum handle, einen Hochstapler daran zu hindern, nach einem Aufenthalt von fünf Jahren im Auslande nach Frankreich zurück zukehren und seinen zweifelhaften Beruf weiter auszuüben. Die Person, auf welche dieser Antrag ziele, sei Rochette. Herr Rochette wird also nicht mit einer Verjährung seiner Hoch stapeleien rechnen und demgemäß nicht mehr nach Frankreich zurückkehren dürfen. Als Opfer der Rochette-Affäre bleibe also der er schossene Calmette und Frau Caillaux auf der Strecke, die mit ihren Schüssen Enthüllungen verhindern wollte, die ihr Mann, wie sich jetzt gezeigt hat, nicht zu fürchten hatte. England. *Die Unterhaus-Verhandlungen über die Selbstverwaltung in Irland sind ohne Zwischenfall verlaufen: man nimmt daher an, daß es in zweiter oder dritter Lesung noch zu einer Einigung auch über Ulster kommen wird. Italien. * Fast sämtliche Blätter tadeln die Un- schlüssigkeit der Regierung zur Ergreifung von Maßregeln gegen den drohenden Ge neralstreik der Eisenbahner. Außer den Post-, Telegraphen- und Telephonbeamten hat auch der Verband der italienischen Sekundäreisen bahner mit den Eisenbahnern der Staats bahnen, ebenso die Straßenbahner von Genua und Turin gemeinsame Sache gemacht. Luxemburg. »Das LuxemburgerHofmarschall- amt hat den bei dem letzten Hoskonzert in Luxemburg auf Len Straßen durch Zurufe be leidigten deutschen Offizieren das Bedauern der Großherzogin ausgesprochen. Damit ist der Zwischenfall endgültig erledigt. Portugal. *Jm Senat ist an die Regierung das Er suchen gerichtet worden, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, ob die Kolonie Angola tatsächlich in die deutsche Ein flußsphäre einbezogen werden soll. Zum Verständnis dieses Ersuchens muß daran er innert werden, daß man dem portugiesischen Finanzminister amä sich seines jüngsten Ver weilens in Paris deutlich zu verstehen ge geben hat, dag, wenn Portugal eine Anleihe in Paris erreichen wolle, es in der Frage der deutschen Einflußsphäre größere Klarheit schaffen müsse als bisher. f)eer uns flone. — Anläßlich des Kaisermanöoers sind die Bataillone der Infanterie, Jäger und Pioniere des 7., 8., 11. und 18. Armeekorps, soweit erforder lich, durch Einziehung von Reservisten auf 23 Tage auf je 700 Mann zu verstärken. Ferner sind zwei Kompagnien aus Reservisten auf 28 Lage während des Kaisermanöoers in Koblenz und Mainz zu bilden und als Fahrer für die Feldküchen, für die Schanz- wrd Werkzeugwagen der Infanterie und für die Gerätewagen der Pioniere Reservisten des Trains unmittelbar zu den Infanterie-Regi mentern und Pionier-Bataillonen einzuziehen. — Für die Übungen des Beurlaubtenstandes 1914 sind mit Ausnahme des 5. Armeekorps bei sämt lichen übrigen zu bllden: je ein Releroe-Jnfan- terieregiment mit Reserve«Maschinengewehrkom pagnie, nur aus Reservisten besiegend, auf 28 Lage, möglichst bald nach Entlassung des Jahr ganges 1912, ferner je ein Reserve-Infanterie ¬ regiment mit Reserve-Maschinengewehrkompagnte auf 14 Tage. Außerdem werden bei allen Armee« korps nach Entlassung der Reserven 1914 zweimal Reservisten auf je 28 Tage nacheinander in Stärke von etwa 20 Mann für jede Infanterie- und Jägerkompagnie eingezogen. Bei allen Armee korps ist je eine Reserve-Feldartillerieabteilung aufzustellen. Beim 1., 5., 15., 16., 17., 20. und 21. Armeekorps sind Reservisten der Feldartillerie einzuziehen (nach dem Erlaß vom 12. August 1918). Über die Aufstellung von Reserve- und Landwehr regimentern der Fußartillerie hat die General inspektion der Fußartillerie Weisung erhalten. Vas äer Italer. Ein verheißungsvoller Versuch. München, Ende März. Eine Gruppe Münchener Künstler führte in den Kammerlichtspielen, einem geladenen Kreise probeweise eine neue Art von Kino unterhaltung vor. Es gilt dabei, dem Kino neues, kulturell wie ästhetisch wertvolles Material zuzuführen. Wenn es sich nur darum handelte, Volksbildungszwecke zu fördern, ohne zugleich dem Geschmack der großen Menge gerecht zu werden, so wären die Aussichten der neuen Idee gewiß herzlich gering. Nach den ge sehenen Versuchen darf man aber er warten, daß die Sache bei einem geschickten weiteren Ausbau imstande sein wird, einen Teil des minderwertigen Stoffes aus dem Kinotheater zu verdrängen. Da das Kino bis jetzt zur Hauptsache auf die Sensations dramen angewiesen war und sich beim Publikum bereits eine gewisse Übersättigung mit dieser Kost bemerkbar macht, hat jede unterhaltende und leicht verständliche Vor führung neuer Art gute Aussicht, Zuschauer anzulocken. Bei dem neuen Münchener Unternehmen handelt es sich darum, die bedeutendsten Werke der bildenden Kunst durch unbewegliche farbige Darstellung nach Aufnahmen von den Originalen auf die Wand zu werfen und durch bewegliche Films aus dem Leben der Künstler das Interesse für die Werke anzuregen und zugleich durch das Unterhaltende dem Geschmack weitester Volkskreise anzupaffen. Bei der diesmaligen ersten Probe bekam man von vier lebenden Künstlern je ein halbes Dutzend ihrer Werke und kinematogravhische Aufnahmen aus ihrem Atelier- und Privat leben zu sehen, und zwar die Maler: Zumbusch, Marr, Defregger und Angelo Jank. Ferner gab es aus Albrecht Dürers Leben eine Änahl von Kinolchaulpielern in der üblichen Weise auf heute noch wohlerhaltenen alten Höien und Gaffen Nürnbergs ge stellte Bilder. Es folgten natürlich einige Werke des alten Meisters. Die stete Ab wechslung zwischen den beweglichen farblosen Films und den unbeweglichen Darbietungen der farbigen Bilder waren von einer dem Auge neuen und wohltuenden Wirkung, wo durch die Aufnahmefähigkeit gesteigert wurde. Eine den Kunstwerken angepaßte Musik, die die Stimmung vorbereitete und unterstützte, verstärkte die Wirkung. Die interessante Probevorstellung fand ungeteilten Beifall. Neben zahlreichen Mitgliedern des königlichen Hauses sah man in erster Linie die Münchener Künstlerschaft und Gelehrtenwelt stark ver treten, und wohl allgemein waltete der Ein druck, hier einem Unternebmen gegenüber- zustehen, das eine Zukunft hat. Neben ihrer ideellen Bedeutung hat der Versuch auch eine der Künstlerschaft zustatten kommende wirtschaftliche praktische Seite. Der Künstler wird himort unmittelbar zu seinem Publikum reden können, seine Werke werden dem Verständnis eines größeren Kreises zu gänglich gemacht und können weithin auch leichter materiell verwertet werden. Ferner wird dem Künstler ähnlich dem dramatischen Dichter für die Aufführung seiner Werke materielle Entschädigung zufließen. Die Aussichten prak tischer Bedeutung sind so gewaltig, daß sie heute auch nicht annähernd zu überblicken sind. Mit der Zeit wird sich das gejamte Lebens werk eines Künstlers geschlossen vorführen lassen, das dann als ein fortdauerndes Denk« mal seines Lebens und Schaffens gelten kann und so ein wertvolles Kulturdokument darstellt. Der Gedanke dieses neuen LichtfpielprogrammS geht von einer Musikerin aus. Gestern noch auf stolzen Rosien. 2j Roman von Horst Bodemer. qsortsetzuirap Und gerade die betrachtete der Friseur ein gehend, denn die Maurer stampften ihm mit ihren nagelbeschlagenen Stiefeln das neue Linoleum kaput und einen Schmutz ließen sie zurück zum Gotterbarmen. Aber mit den Leuten konnte er sich nicht in einen langen Disput ein lassen, sonst warfen sie ihn womöglich zum eigenen Laden hinaus. „Los, los, Mann," schrie einer, „wir haben unsere Zeit nicht gestohlen!" „Warte," sagte ein anderer und fing an den Schreier einzuseifen. Manke war froh, als er die Arbeiter wieder los wurde, narff solcher Kundschaft sehnte er sich nickt, denn er hatte doch ein .pikfeines" Geschäft, wollte überhaupt nur angewiesen sein aw die „besseren" Kreise. Als zum Ladenschluß Frau Manke kam und fragte, ob er zufrieden sei, zog er die Schultern hoch. „Lene, gut Ding will Weile haben, aber meinem Gott will ich danken, wenn erst hier nicht mehr gebaut wird, sieh dir bloß den Fußboden an, waren das Kunden!" Aber die Frau griff resolut zu Wasser und Hader, und während sie arbeitete, sagte sie zu ihrem »Mann: „Also die Sportzeitung ist bestellt, und wegen Witzblättern, da müssen wir erst sehen ..." „WaS?" „Wart' doch ab, du mußt doch die Leut« fragen, was sie haben wollen und arg teuer sollen sie auch sein!" Da machte ihr Mann eine abwehrende Handbewegung. „Spielt gar keine Rolle!" „Na, na . . ." „Lene, ärgere mich heute nicht, das lähmt meine Kratt!" Da wischte sie weiter auf. „Ich bin ja gleich stille! Ja und die Annonce, wegen des Gesellen, die habe ich mir in einer Filiale von 'ner großen Zeitung aut- setzen lassen, sie war gar nicht so sehr teuer!" „Na siehste! — Drei Mar? achtzig heute ist ia 'n Quark, aber aller Anfang ist schwer! Wenn ich erst feste Kundschaft habe, was meinst du, verdiene ich allein an den Seifen und Parfümerien?" Frau Manke schwieg, sie wollte nicht recht an die Zukunft glauben und viel war von der gamen schönen Erbschaft nicht mehr übrig, die „Aufmachung" hatte sie verschlungen. 3. Unter den vielen sich bei Manke auf die Annonce meldenden Gesellen suchte er sich eine« neunzehnjährigen jungen Mann, Ernst Pillow, aus. Gewandt, nicht auf den Mund gefallen, praktisch in jeder Beziehung, der richtige Helle Berliner Junge, der nahm erst einmal seinen Meister in die Lehre. „Die Kunden wollen unterhalten sein, interessant, wie's mit dem Wetter auSsiebt, wissen sie von ganz allein. — Und nicht zimper lich tun. zu was haben Sie all die schönen Sachen dastehen? Verkauft müssen sie werden, da muß man ein bischen nachhessen! Passen Sie mal auf, wie ich das raus habe! Aber auch nicht zu toll, die Leute taxiert man ab, das will gelernt sein! Und wenn ich was aufgeschwatzt habe, kriege ich natürlich zehn Prozent Provision ab!" „Zehn Prozent?" „Na natürlich! Das ist überall so in den guten Friseurgeschäften, denn von dem bischen Gehalt und den paar Trinkgeldern, viel ist ja noch nicht los und die Kunden sind auch mal „nur so", kann man doch in dem teuren Berlin nicht leben!" Und als Pillow gleich am ersten Tage einem blasierten Jüngling, der iy einem der Nachbarhäuser wohnte, ein Abonnement und für drei Mark zwanzig Ware aufgeschwatzt hatte, fand es Manke ganz in der Ordnung, daß sein Geselle zehn Prozent abbekam. „Na, das wird noch ganz anders werden, nur Geduld, ich versteh' mich aufs Geschäft! — Ja. sagen Sie mal Meister, haben Sie denn Karten drucken lassen und an die Herr schaften versendet, die hier herum wohnen?" „Karten drucken lasten?" Manke sah ihn ganz erstaunt an. „Nicht? Na, da wundert's mich auch nicht, daß Sie keine besseren Geschäfte machen! Woher soll denn dann die Kundschaft kommen ? Sie zeigen Ihre Geschäftseröffnung an, Ihr wohl assortiertes Lager aller zum Fache ge hörigen Bedarfsartikel halten Sie angelegent» lichst empfohlen, ich werde Ihnen aufsetzen, wie man das macht, und die Ankündigung schicken Sie natürlich hübsch verschlossen mit der Post, denn „Drucksachen" schmeißt jeder vernünftige Mensch in Berlin ungelesen in den Papierkorb. Vassen Sie mal auf, dann kriegen Sie 'ne Menge Kunden, die zu Hause bedient sein wollen — und die machen das Kraut fett!" Manke trug diesen Fall seiner Frau vor. Die überlegte immer mit größter Seelenruhe, und was sie dann sagte, hatte Hand und Fuß. „Warum nicht, Gustav? Haben wir so viel rausgeworten, kommts auf ein paar Mark mehr oder weniger auch nicht an, denn wa- wir jetzt verdienen, langt gerade für dis Miete!" „Lene, du sollst doch nicht" . .. „Sind Tatsachen und nun heißt's eben sich ans Geschäft klammern, denn die Sorgen geben doch nun erst recht los und Sonntag hole ich die Kinder!" „Ja, ja, 's wird höchste Zeit!" Wenn die erst da waren, batte seine Frau alle Hände voll zu tun, da würde sie nicht alle Augenblicke in den Laden kommen können und seufzen, wenn sich mal 'ne halbe Stunde kein Mensch sehen ließ. Pillow saß unterdessen in einer Ecke, las die Sportzeitung und machte sich Notizen. Griff von Zeit zu Zeit in die Hosentasche und zählte seinen „Barbestand", schüttelte den Kopf und ging ernstlich mit sich zu Rate, ob er doch nicht lieber wo anders sein Heil versuchen sollte, hier war wahrhaftig nur btutwenig zu verdienen. — Am nächsten Morgen betrat ein junger, elegant gekleideter Herr das Geschäft, dem man den Offizier trotz der Zivilkleidung sofort ansah. Pillow stürzte sich wie ein Wilder auf ihn. „Guten Morgen, Herr Leutnant — bitte!" Er rückte den Stuhl zurück, die Augen strahlten aus seinem hübschen frischen Gesicht, er warf dem Meister einen Blick zu, ihn ja den Offizier allein bedienen zu la^en, der nicht aerade in der fröhlichsten Stimmuna »u sein
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