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Ottendorfer Zeitung : 15.03.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191403153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140315
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140315
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-15
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 15.03.1914
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«in Schulmann als amerikanischer Oberst. Der Direktor des Reformrealgym- nastums in Frankfurt a. M., Geheimer Studienrat Dr. Max Walter, ist von der amerikanischen Army and Navy Union mm Obersten ernannt und als Ehrenadjutant dem Stabe des Oberbefehlshabers, Generals G. Oden Lake, zugeteilt worden. Die Army and Navy Union ist eine dem Deutschen Kriegerbund ähnliche Einrichtung in den Ver. Staaten. Fünf Deutsche sind bisher zu Ehrenmitgliedern und Obersten der Army and Navy Union ernannt worden. Unterschleife bei der Hamburg-Süd amerika-Linie. Die Voruntersuchung in dem Mässenprozeß wegen der Rieienunterschleifc bei der Hamburg-Südamerikanischen Dampf schiffahrtsgesellschaft ist jetzt nahezu beendet. Die Anklage richtet sich gegen mehr als 300 Angestellte der Reederei: Kapitäne, Offiziere, Maschinisten usw. Die Veruntreuungen, die teilweise über 15 Jahre zurückreichen, sollen insgesamt acht Millionen Mark betragen. Auf Anordnung des Untersuchungsrichters wurde ein früherer Gefangenenaufseher in Kiel verhaftet, der an den Durchstechereien aus der Werft beteiligt gewesen sein soll. Es scheinen weitere Enthüllungen in Aussicht zu stehen. Fuchsvlage am Altrhein. In den Niede rungen des hessischen Altrheins zwischen Worms und Mainz haben die Füchse sich in der letzten Zeit derart vermehrt, das? sie erheb lichen Schaden unter dem Wildbestand an richten. Die Jagdpächter haben bisher fall ohne Erfolg versucht, den Räubern zuleibe zu rücken. Eine gemeinsame Jagd in den Ge markungen von Gimbsheim und Eich verlief ergebnislos. Ausgelegtes Fleisch, das ver- gistet war, blieb unberührt. Opfer des Hochwassers. Das Hoch wasser in Baden und Württemberg hat bis jetzt fünf Todesopfer gefordert. Es ertranken in der Aach ein 16 jähriger Knecht namens Joseph Geißler, in der Donau bei Ulm der elfjährige Sohn des Tanzlehrers Felk, in der Brenz der vierjährige Sohn des Kernmachers Läguai, in der Glatt der zehnjährige Sohn des Frohnmeisters Weinmann und in der Alb ein achtjähriger Knabe namens Ruch. Flucht eines Deutschen aus Kairo. Der deutsche Brunnenbohrunternehmer Otto Dessau in Kairo hat die Flucht ergriffen, nachdem er mehrere ägyptyche Bauern um etwa 50 000 Mark betrogen hatte. Täglich laufen Straf- ani eigen gegen ihn ein. Man vermutet ihn m Deutschland oder Rumänien. Pollzeispion Sviha geflüchtet. Der bisherige Retchsratsabgeordnele Sviha. der als Spitzel der Prager politischen Polizei entlarvt worden ist, hat sich heimlich von Prag entfernt. Er ist mit Frau und Kindern mit dem Nachtschnellzug nach Triest avgereist. Dian nimmt allgemein an, daß ihm eine ge wiße Geldiumme zur Verjügung gestellt wurde, damit er sich außerhalb Europas, vielleicht in Amerika ooer Australien, eine neue Existenz gründen kann. „Abhanden" gekommene Kriegsbeute. Bei der Einnahme von Monastir durch die Serben wurden in der dortigen Zweigstelle der Ottomanenbank 680000 Mark vorgeiunden, die als Beute beschlagnahmt und dem Stave der ersten serbischen Armee überliefert wurden. Der französische und der englische Gesandte in Belgrad verlangten jetzt das Geld für die Ottomanenbank zurück. Von der ganzen Summe sollen aber nur noch 223 000 Mark vorhanden sein. Unerhörtes Attentat einer Frauen- stimmrcchllcrin. Einem Attentat der Frauen- stimmrechtlerinnen ist das berühmte Bild „Venus mit dem Spiegel" von Velasquez, das sich seit 1906 im Besitz der englischen National galerie befand, zum Opfer gefallen.. Die Stimmrechtlerin Richardson beschädigte das Bild, das einen Wert von nahezu 800 000 Mk. hat, durch Axthiebe. Sie wurde verhaftet. Folgenschwerer Landhausbranv. In Wilna ist ein Holzhaus nieöergebrannt. Da bei kamen eine alte Frau, ihre beiden Töchter, drei Schülerinnen und ein junger Mann in den Flammen um. Verschleierte Telephonistinnen. In Kon stantinopel wird demnächst der öffentliche Fernsprechdienst eröffnet werden. Für den Dienst sind ausschließlich einheimische Mädchen verpflichtet worden, Griechinnen, Armen e- rinnen, Jüdinnen und auch mehrere Türkinnen. Bemerkenswert ist, daß bis jetzt weder im Ge- schäftsleben noch im Postdienst Konstantinopels türkische weibliche Angestellte verwendet worden sind. Die türkischen Telephonistinnen werden ihres Amtes verschleiert walten. Allerlei vom Tage. — Der Reichstagsabgeordnete Pfarre rHebel, der vor mehreren Wochen mit seinem Fraktionsgenossen, Geistlichen Rat Pütz, bei einem Automobilunfall in Berlin schwere Verletzungen und eine Gehirnerschütterung erlitt, hat das St.-Hedwigs-Krankenhaus verlassen. Pfarrer Hebel ist soweit hergestellt, Kerkers verurteilt. Jacob war verhallet worden, nachdem festgestellt worden war, daß der russische Militärattache Zankiewitsch seit längerer Zeit mit ihm in Verbindung gestanden hatte. KerUner f)umor vo^ 6erickt. Der Don Juan wider Wille». Vor dem Schöffengericht spielte sich dieser Tage der letzte Akt einer Tragikomödie ab, die für die Beteiligten in ihrem Verlaus zwar schmerzlich war, die aber gewissermaßen versöhnlich ausklang. Klage und Widerklage wegen verleumderischer Beleidigung halten die ehemaligen Freundinnen Frau Michalke und Frau Bandke erhoben. Schon bei Beginn der Verhandlung machte sich eine sehr gereizte Stimmung bei den Variete» geltend. „Ick bin eene unbescholtene Frau," so legt Frau Michalke Zur Erinnerung an die USmpse von Düppel vor 50 Zähren. Im Kriege 1834 hatten die Dänen mtt allen Mllteln der Befestigungckunst si ü bei hem Dor'e Düppel eine sehr starke Stellung ge!-" affen mit einer Frontaus ehnung von nur 4000 Schritt, ge deckt durch zehn Stanzen, die, auf Hügeln ange legt, das ganze Terrain beherr chien und den Schlüffe! zu Allen bildeten. Beide Flügel dieser Stellung stützten sich auf das Meer und die dort mitwir ende Flotte, während die rechte Flan'e überdies durch die Alsener Strandbatterien ge- jchützt wurde. Durch einen gro en Brückenkopf war die Verbindung mit dieser Insel sicherqellellt. Die Preußen standen bereits in der ersten Hälfte des F bruar 1864 vor dieser Befestigungslinie, doch gewann der Oberbekehlshaber Prinz Fr.eorich Karl bald die Überzeugung, daß die Befestigungen nur durch eine regelm äßige Belagerung genommen werden konnten. Da für den Augenblick das er- orderliche Geschütz mangelte, so konnte die erste Parallele erst am 28. März eröffnet werden, worauf nach Vollendung der dritten Haupt parallele die Erstürmung der Schanzen am 18. April morgens 10 Uhr überraschend schnell und glücklich vor sich ging. daß er sich zur völligen Wiederherstellung seiner Gesundheit in ein Sanatorium begeben kann. — Der frühere Bürgermeister Trömel von Usedom, der nach seinem Ver chwinden aus U edom in der Fremdenlegion in Algier wieder auftauchte, wegen Krankheit aber aus den französischen Heeresdiensten wieder entlassen wurde, beabsichtigt eine Vortragsreise durch Deutschland anzutreten. Die Polizei wird aber seine Vorträge nicht zulassen. Sein Bortrag in Halle a. S. wurde ihm verboten. — Die Zahl der Todesopfer der Brand, katastrophe in St. - Louis scheint dreißig zu erreichen. Es wurde jede Hoffnung aufgege"'en, noch Lebende unter den Trümmern des Klub hauses zu finden. Gerickwkatte. Frankfurt a. M. Durch das Urreil der hiesigen Strafiammer wurde der frühere Re dakteur des ,Launusboten" in Homburg v. d. Höhe, im Wiederaufnahmeverfahren von der Anklage der Beleidigung des zweimal zum Tode verurteilten Fechilehrers Hop? freigesprochen, da, wie die Schwurgerichtsoerhandlung gegen Hopf ergeben hat, die im,Taunusbotem 1907 gebrachte Nach richt, Hopf sei in Untersuchungshaft genommen worden, weil er seine Frau zu vergiften gesucht habe, um in den Besitz der Lebensoersicherungs- jumme zu gelangen, sich als man: herausgestellt Hal. Der Redakteur war damals zu 150 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Wien. Der Oberleutnant Artur Jacob des 4. österreichischen Husaren - Regiments wurde wegen des Verbrechens der Spionage zu Kriegs zeiten zur Kassation und zu 17'/- Jahren schweren los, „und for mein Meechen, da lej' ick de Hand in't Feier!" — „Rube," ermahnt der Vorsitzende, „wir wollen ohne Autgeregtheit den Sachverhalt seststellen. Und zwar soll die Beklagte und Widerklägerin Frau Bandke beginnen. Erzählen Sie alo —" — „Nee, die nich," unterbricht Frau Michalke wütend den Vorsitzenden, „nee, die nich, die schwindelt." — Vor.: Ruhe! Ich werde keine Rücksicht mehr nehmen, wenn Sie nochmals die Verhandlungen stören. Es blecht dabei, Frau Bandke spricht zuerst. Wir werden dann durch die Zeugen feststellen, wie weit sich Ihre Darstellung mit dem Sachverhal! deckt. Also bitte. — Angekl. Bandke: Also eenst scheenen Dages taucht bei uns im S parvaetn der Jnschenjör Morohn uff, der ja ooch Hecke hier als Zeije erschienen ist. Er machte von Anfang an meine Dochta Kläre, wat een patentet scheenet Meechen is, den Hof. Aba sie ließ ihm abfallen, weit se schon een festet Bahältnis hat, wat nächstens eene Valobung jibt. Darauf machte sich nu der Jnschenjör an oe Michalken ihre Frieda ran, wo er denn nu mehr Jlück hatte. Wenn bet die Michalken bestreit', denn wer' ickZeijindaforbrmgen, bet det Meechen oft mit den Mann zu ammen jesehn worden is. Det ha' ick azählt un nischt weita. Un darum is die olle Michalken wild je- worden un hat uff mein Meechen jesacht, sie hat sich mit den Jnschenjör heimisch jetroffen. Det is nich wa, un darum ha ick ihr mit Recht eene lüjnerische Klatschbase jenannt. For det, wat ick hier jesacht habe, steh ick jrade! — Bors.: Nun, Frau Michalke, erzählen Sie einmal dte Geschichte von Ihrem Standpunkt. Stimmt das alles so? — Angekl. Michalke: Nee, Herr Präsident, det stimmt natierlich nicht Et is so unjejähr stade umjekehrt. Meine Frida hat'n loojen lassen un denn erst hat sich die Bandke'n ihre Kläre ihm aniekratzt. — Angellagte Bandke (unter brechend): Sö'ne Jemeinheit! Mein Mes — — Vori.: Ich bitte um Ruhe! Da wir ja auf diese Weise zu keiner Klärung deS Sachverhalts kommen, müssen wir die Zeuginnen und den Zeugen hören. — Es wird zunächst die Zeugin Klara Bandke aufgerusen. — Vor!.: (nachdem er die Zeugin auf die Bedeutung des Eides ver wiesen hat): Wenn Sie glauben, durch Ihre Auslage sich irgendwie zu belasten, oder wenn Sie fürchten, Ihrem Ansehen Schaden zuzufügen, so dürfen Sie Ihre Auslage verweigern. — Frau Bandke: Wat, meine Dichter? Herr President. — Vors.: Ich wünsche Ruhei (zur Zeugin wrt- fahrenü): Wenn Sie aber ausfagen wollen, müssen Sie die lautere Wahrheit agen: Sie kennen die Strafe, die auf einem Falscheid steht. Zeugin (nach längerem Zögern): „Ick mechte meine Aussage vaweiiern! — Wäh rend Frau Bandke nach Athem ringt, platzt Frau Michal e los: Na, wat ha ick je- lacht. Die hat wat zu vaschweffen, mein Meechen nich! — Vors.: Mr werden jetzt die andre Zeugin hören. — Nach der Ermahnung des Vorsitzenden schweigt auch die Zeugin Frida Michalke längere Zeit. — Vors.: Nun, wollen Sie nicht aussagen? — Zeugin (weinend) : Nee, ick ha' mir ja maischt dabei jedacht, ick mechte lieba nischt sajen. — Tableau! Die " beiden Mütter blicken zornsprübend auf ihre Töchter, während der Vorsitzende den Zeugen Morohn in den Saal rufen läßt. — Vor!.: Der Zeuge !oll uns darüber Auskunft geben, in welchen Be ie- hunoen er zu den Zeuginnen Frida Michalke und Klara Bandke gestanden hat. Wenn Sie dabei fürchten, sich irgendwie zu belasten, so dürfen Sie Ihr Zeugnis verweigern. — Zeuge: Nee, Herr Prestdeni, ick mecyte aussagen, denn meine Frau —. Der Zeuge wird bei dielen Worten von einem gemeinsamen Aufschrei der beiden Mädchen unterbrochen. Er sieht ich mnäch!. hilflos um und fährt dann fort: Die Sache wa nemlich fo: Ick reife for een Kor- settjeschäft, so bei Private un Vaeine. Dazu muß ick notierst Damenbekanntschaften machen — in alle Ehren selfftoaständlich. Wie ick nu in den bewußten Sparoaein kam, da merkte ick jleich, det die beeden jungen < amen for een Jeschäft in Betracht kamen. Ick fädelte also die Sache in. Zu mein' stetzten Schrecken bestellten die mir aber beede uf een Rangdewun. Wenn ick det Jeschäst machen wollte, konnte ick nich nee sagen — na, un so ha ick mir denn abwechselnd mu die eene un oie andre jetroffen, bis se jlicklich beede een Korsett jekooft hatten. Det sich die Mitter da ma q mengten, wa mir heechst fatal. — Die Mädchen mußten weinend den Sachverhalt zugeben, die Schnei- digkeit des Herrn „Ingenieurs" batte es ihnen angetan. Auf Vorschlag des Vorsitzenden zogen die beiden beleidigten, jetzt tief zerknirschten Mütter ihre Klagen zurück und trugen gemeinsam die Kosten. — Kaum aber hatte sich hinter ihnen die Tür des Gerichtssaals geschloffen, so ging daS Strafgericht über die beiden jungen Damen nieder, deren Herzensgeheimnisse so erbarmungslos ent hüllt worden waren. Frau Michalke und Frau Bandke zankten diesmal nicht sich, sondern ihre Töchter aus. Vermitcktes. Die getäuschten Lords und Ladies. Au dem Flugplatz Hendon in England haben zwei Schwindler die elegante Gesellschaft an der Nase herumgeführl; zu welchem Zweck, ist allerdings bisher noch nicht ermittelt. Der eine von beiden gab sich als Kronprinz von Württemberg aus, den es bekanntlich gar nicht gibt, und der anders als den Privatsekretär des „Kronprinzen", Lord Stanton Hope. „Lord Hope" scheint sehr aufgeräumt gewesen zu sein, und ein Peer erzählt, daß der Lord Besorg« nisse geäußert habe, daß der König von Württemberg etwas davon hören könnte, daß oer Kronprinz zu einem Flug aufgestiegen sei und sein Leden riskiert habe. Eine Lady, die sich in Begleitung des Peers befand, glaubte tatsächlich eine „königliche Hoheit" vor sich zu staben, machte einen tiesen Hojkmx vor dem „Kronprinzen" und redete ihn mtt „Sire" an. „Lord Hope" versuchte dann, gesellschaftliche Beziehungen für den „Kronprinzen" zu schaffen, und hatte Glück. Offenbar fühlten sich zahl reiche Lords und Ladies durch die Freund schaft des „Kronprinzen von Württemberg" äußerst geehrt. Der „Kronprinz" verschwand dann, und „Lord Hope" nach ihm. Und keiner hat sie mehr gesehen. Die Herren und Damen der englischen Gesellschaft aber, die dielen Reinfall erlebten, fasten sich mit großen Augen an. hineinsehen kann wie durch eine gläserne Wand. Und unter allen derartigen Wesen, die mir bisher auf meinem Lebenswege be gegnet sind, war keines durchsichtiger als Sie." Sie hatte unwillkürlich die Augen zu seinem Gesicht erhoben, aber als sie dem in seiner warmen Zärtlichkeit so beredten Blick der seinigen begegneten, flutete es heiß über ihre Wangen. „Ich fürchte, daß Sie sich dennoch in mir täuschen," sagte sie leise, „es wäre vielleicht nicht alles Lüge, was man Ihnen Schlechtes von mir erzählen würde. Und Sie müßten mich doch wohl besser kennen, um mir auch da noch zu vertrauen, wo unumstößliche Tat sachen gegen mich zu zeugen scheinen." „Zweifeln Sie an der Festigkeit meines Vertrauens, Fräulein Eva — wohlan, so stellen Sie es auf die Probe. Auf jede, die Sie für geboten halten. Sie haben es vorhin abge lehnt, eine Zuflucht im Hause meiner Mutter zu suchen. Werden Sie es mir auch dann noch verweigern, wenn ich Sie gleichzeitig um die Ermächtigung bitte, der alten einsamen Frau in Ihnen eine — eine Tochter zuzu- führen?" „O, Herr Doktor! — Nein, das war nicht großmütig! — So dürfen Sie nicht zu mir sprechen, nachdem — nachdem ich Ihnen das gesagt hatte." „Aber was, um des Himmels Willen, haben Sw mir denn gesagt, das einen rechtschaffenen Mann abhalten könnte, Ihne« seine Hand an- zubieten? Daß man Sie verleumdet — daß giftige Lästerungen Sie mit übler Nachrede verfolgt haben? Lieber Gott! - Dies Schick- lal bleibt heute wohl schwerlich einem alleinr stehenden jungen Mädchen erspart — und sicherlich am allerwenigsten einer Bühnen künstlerin. Sagen Sie mir, daß sie sich vor Ihrem eigenen Gewißen als schuldlos fühlen — oder nein, sagen Sie mir lieber gar nichts — sehen Sie mich nur an und geben Sie mir ganz stumm Ihrs liebe Hand — und ich werde über die boshafte Dummheit dieser Verleum der lachen, wie Sie von Rechts wegen darüber lachen sollten." cseine frische, fröhliche Rede klang ihr durchs Ohr ins Herz wie eine himmlische Musik von wunderbarer, nie gekannter Süßig keit. Und wie fest auch noch vor wenig Sekunden ihre Vorsätze gewesen sein mochten, der Versuchung zu widerstehen — die köstliche Wonne der Gewißheit, daß es einen edlen, hochsinnigen Menschen gab, der sie liebte und der an sie glauben würde, ob auch alle We t anklagend gegen sie aufträte — sie brachte bei der überwältigenden Seligkeit dieses Augen blicks doch alle Mahnungen ihrer zarten jungen Seele zum Schweigen. Wohl blickte sie still und verschämt vor sich nieder, doch als Helmuts Rechte ihre still sm Schoße gefalteten Hände suchte, bemühte sie sich nicht, sie ihm zu entziehen. Und dann, als sie sein freudestrahlendes Gesicht plötzlich ganz nahe vor sich sah, als sie die warme Berührung seines Mundes auf ihre Lippen fühlte, schloß sie mit einem seligen Lächeln die Augen, um widerstandslos seine Liebkosung zu dulden. Ein Geräusch hinter ihrem Rücken ließ sie gleichzeitig emporfahren. Helmut säst, daß das Mädchen eingetreten war, um sich bei dem Anblick der zärtlichen Szene sogleich wieder zum Gehen zu wenden. Eva rief sie beim Namen, aber die Magd hatte es entweder nicht gehört oder nicht hören wollen, denn sie drückte die Tür hinter sich ins Schloß und ging eiligen Schrittes davon. „O, mein Gott, nun wird sie Fanny er zählen, was sie gesehen hat. Was werde ich jetzt von meiner Schwester hören müssen!" „Sicherlich nichts, wovor du dich fürchten müßtest, mein geliebtes Herz," beruhigte Hel mut die tödlich Erschrockene voll zuversichtlicher Heiterkeit. „Mit welchem Rechte wollte Frau Fanny verbieten, daß wir uns lieb haben? So weit gehen ihre schwesterlichen Befugnisse glücklicherweise nicht. Und im übrigen darfst du es getrost meine Sorge sein lassen, ihre etwaigen Einwendungen zu beseitigen." „Aber Sie müssen erst mich mit ihr sprechen lassen — ich bitte Sie darum von ganzem Herzen. Es dar? nicht anders sein, und wenn Sie — wenn Sie? es mit mir gut meinen, werden Sie es mir nicht abschlagen." Es blieb ihm nichts anderes übrig, als ihrem Verlangen zu willfahren, da er ja sah, mit wie angstvoller Unruhe sie seine zustim mende Antwort erwartete. Aber er fügte hin zu, daß er jedenfalls noch an diesem Abend wiederkommen werde, um sich die letzte Ge wißheit seines unverdienten Glückes zu holen. Und noch einmal küßte er, ehe er sich auf Evas flehentliches Drängen zum Gehen wandte, heiß und innig die weichen Mädchen lippen, die sich umsonstfeinem stürmischen Ver langen zu entziehen suchten. 11. Für eine« Augenblick hatte Eva die Emv- sindung, daß eine Fremde sich in Fanny» Kleider gesteckt habe, um sie zu erschrecken — jo verändert war das Aussehen der Schwester, als sie — kaum zehn Minuten nach Helmuts Entfernung, — mit dem Ungestüm der höchsten Auflegung in ihr Zimmer stürmte. Ihr schönes Gesicht war mr furienhaften Grimasse ent stellt durch einen Ausdruck leidenschaftlichen Zornes, ihre Augen sprühten, und die ersten Worte schon, die sie Eva entgegenschleuderte, verrieten eine Fülle von Wut und Haß. „Es sind ja hübsche Geschichten, die ich da hören muß l Dazu also benutzt der Herr Doktor seine ärztlichen Visiten! Und du bist schamlos genug, unter dem Dache meines Hauses solche Dinge zu treiben?" Eva war betäubt von dem Entsetzen, das ihr der Anblick Fannys eingeflößt hatte und von der Brutalität ihrer Vorwürfe. Wort los. mit großen, starren Augen sah sie in das zuckende Gesicht der jungen Frau. Fanny aber flat dicht vor sie hin, und ihre kleinen Fäuste waren so dicht vor dem Antlitz der Webrlosen, als ob sie willens sei. sie zu schlagen. „Nun, warum stehst du mich so entgeistert an, statt mir zu antworten? Glaubst du etwa, mtt dieser Unschuldsmiene noch einen Eindruck auf mich zu machen? Um diesen Doktor also war dir'S zu tun? Seinetwegen verursachte es dir Nervenkrisen. Egon von Lettows Namen zu hören? Natürlich hast du ihn auch zu deinem Vertrauten gemacht und zu deinem Beschützer aufgerufen! Die Dreistig keit, mtt der er hier aufzutreten wagt, beweist es ja deutlich genug l" Li ' voryeyung folgt.)
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