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75, 1. April 1899. Nichtamtlicher Teil. 2473 Nichtamtlicher Teil Noch einmal die Postgesetznovelle. Die Eingabe des Börsenvereins an den Reichstag (vgl. Nr. 65 des Börsenblatts) ist ein Beweis der stetigen Fürsorge unseres Vorstandes sür das Sortiment und von diesem Standpunkt aus dankbar zu begrüßen. Bei wieder holter Durchsicht dieses Schriftstückes drängen sich mir aber Bedenken auf, ob unser Vorstand das richtige getroffen hat, wenn er sich an den Reichstag wandte. Zunächst will ich bemerken, daß ich der Darstellung, die der Vorstand von der Bedeutung des Zeitschriften-Vertriebes für das Sortiment gegeben hat, rückhaltlos zustimme. Man mag es bedauern, daß der Journalismus in unserer Litte- ratur überwuchert und das Interesse für ernste Bücher mehr und mehr verdrängt; — aber die Thatsache ist nicht wegzu leugnen und der Sortimenter, der heutzutage auf den Zeit schriftenvertrieb verzichten wollte, würde die Unmöglichkeit seiner Existenz bald einsehen. Wird die Vorlage der Postverwaltung Gesetz, so liegt allerdings die Gefahr nahe, daß der Sortimenter seine Abonnenten verliert, wenn nicht gleichzeitig die billigere Lieferung durch die Post verhindert wird. Wie soll das geschehen? Unser Vorstand schlägt vor, den gegenwärtig geltenden Postzeitungstarif in Geltung zu lassen, oder mit anderen Worten: Der Reichstag möge die Vorlage ablehnen, wonach die Post bereit ist, den Verlegern dieselbe Arbeit wie früher um einen wesentlich geringeren Preis zu leisten. Das heißt doch fiskalischer als die Post sein! Ich bin überzeugt, daß der Reichstag nicht verstehen wird, wie der Buchhandel in seiner berufenen Vertretung diese wesentliche Verkehrsverbilligung ablehnt, zu einer Zeit, da die ganze Welt nach Ermäßigung des Posttarifs schreit. Auch die Begründung, die Rücksichtnahme auf das Sor timent, wird sicherlich das Kopfschütteln der Abgeordneten erregen. Die ganze Zeitströmung geht dahin, den Zwischen handel einzuschränken und zu beseitigen, die Erzeugnisse des Produzenten den Konsumenten möglichst direkt zuzuführen. Aus diesem Grunde ist dem großen Publikum der Sorti menter schon lange ein Stein des Anstoßes, ein »Verteurer« der Bücher. — Ich befürchte, daß die Eingabe unseres Vor standes dieser Auffassung neue Nahrung zuführen wird. Der Reichstag wird die Berechtigung eines Zwischenhandels nicht zugeben, der durch so künstliche Mittel erhallen werden muß. Wir Buchhändler wissen das besser; darum hätte der Vorstand sich nicht an den Reichstag, sondern an die Ver leger wenden sollen, denen diese, von ihm bekämpfte Ge setzesvorlage, wie er selbst zugiebt: »hohe pekuniäre Vorteile« bietet. Die ganze Schwierigkeit wird beseitigt, wenn die Verleger ihre Zeitschriften später der Post zum Ladenpreis abzüglich der neuen Postzeitungsgebühr liefern werden. Eine Verständigung hierüber ist unumgänglich nötig; sie ist aber auch zu erreichen, denn sie liegt im beider seitigen Interesse: der Verleger, die sich durch diese Maß regel die Vorteile der neuen Vorlage erhalten, und der Sor timenter, die nunmehr die Konkurrenz der Post nicht zu fürchten haben. Vor allem aber, meine ich, wird durch dieses von mir empfohlene Zusammengehen der Verleger und Sortimenter die Würde des Buchhandels gewahrt, der es bisher für seine Ehre hielt, der Schwierigkeiten innerhalb des Berufes ohne Eingreifen der Gesetzgebungsmaschine Herr zu werden. Und dann noch eins! In der ganzen Bewegung zur Hebung des Sortiments haben die Verleger häufig und mit Recht Klage geführt über die Opfer, die von ihnen verlangt würden, wenn sie zu gunsten des Sortiments die gewinn bringende Verbindung mit einem Schleuderer aufgeben mußten u. s. w. Nach dem Vorschläge des Vorstandes sollen die Verleger hier nun wieder zu gunsten des Sortiments auf eine ihnen von der Postverwaltung gebotene Verbilligung des Zeitschriftenvertriebes verzichten. Das sollte vermieden werden. Und ich denke, es geht! Jedenfalls erscheint mir die vom Vorstande gewünschte Ab lehnung der Bestimmung unmöglich. Elberfeld, den 22. März 1899. Bernhard Hartmann. Buchhändler-Verband Hannover - Braunschw eig. In der Sitzung des Verbandstages des Buchhändler- Verbandes Hannover-Braunschweig, der am 26. Februar 1899 in Hannover abgehalten wurde, erstattete der Vor sitzende, Herr Hellmuth Wollermann-Braunschweig, nach folgenden Jahresbericht: Geehrte Herren Kollegen! Wenn wir das verflossene Vereinsjahr als einen Merkstein in der Geschichte des Buchhandels bezeichnen können, so giebt uns hierzu die in der letzten Hauptversammlung des Börsenvereins angenommene buchhändlerische Verkehrsordnung begründete Veranlassung. Als wir vor einem Jahre auf unserem Verbandstage den Entwurf zur Besprechung stellten, traten viele Wünsche hervor. Wenn nun auch nicht alles erreicht ist, so können wir doch mit Befriedigung auf unsere »Rechtsordnung«, wie wir unsere Verkehrsordnung nennen können, blicken. Das Jahr 1898 war für Verlag und Sortiment ein befriedigendes; die Absatzfelder haben sich sür den Verlag vermehrt, und das Sortiment hat durch hervorragende Er scheinungen größere Umsätze erzielt. Trotz des äußerlich günstigen Standes des Buchhandels giebt es doch noch viele Klagen, viele Wünsche. Ihr Vorstand ist in reger Thätigkeit geblieben und hat mehrere Male sehr energisch eingreifen müssen, um die Rabattgeber vulgo Schleuderer zur Raison zu bringen. Dank dem hervor leuchtenden Corpsgeiste unserer maßgebenden Mitglieder, dank der Unterstützung unserer namhaften Verleger ist es uns aber gelungen, in unserem Hause Ordnung und Recht hochzuhalten, und so soll's — will's Gott — bleiben! In unseren Verband wurden neu ausgenommen: Herr Clemens Steffen-Hildesheim, Frau Martha Braams, geb. Stromann,-Norden, Herr vr. A. Gerstenberg-Hildesheim, „ H. Witt (Fr. Weidemaniy-Hannover, „ Curt R. Vincentz-Hannover, „ G. F. Weber (Haag)-Melle und Kiepert'sche Verlagsh.- Leipzig, „ C. Bösendahl-Rinteln, „ Herm. Limbarth (C. Mittag's Nachf.j-Lautcrberg, „ A. Rackow (Rackow's Schreibwarenverlagj-Hannover, „ Friedrich Feesche-Hannover. Ausgeschieden sind dagegen: Herr Louis Steffen-Hildesheim, „ Bruno Gerstenberg-Hildesheim, 33l> SeLSunkstcklUaster Habraana.