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Ottendorfer Zeitung : 04.02.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191402040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140204
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-04
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.02.1914
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Vie Urise in Llsaß-tothringen. Der Rücktritt der elsaß - lothringischen Regierung ist wohl nach den Vorgängen der letzten Wochen für niemand eine Überraschung gewesen, sie mußte vielmehr mit Bestimmtheit erwartet werden und dürfte auch nicht erst jetzt erneut erfolgt sein, wenn auch bisher Zu verlässiges darüber nicht verlautet hat. über raschend ist nur die Tatsache, daß der Staats sekretär Zorn v. Bulach das Rücktrittsgesuch des elsaß-lothringischen Kabinetts der Öffent lichkeit bekanntgegeben hat, ehe der Kaiser sein« Entscheidungen getroffen hatte. Eine solche vorzeitige Bekanntgabe ent spricht nicht den Gepflogenheiten und bedeutet daher eine Neuheit, deren Wiederholung kaum eintreten wird; sie zeigt aber zugleich, daß die mrü tretenden Männer mit einer gewissen Verärgerung aus ihrem Amte scheiden. Wie lanae ne noch tätig sein werden, ist un- bestimm». Halbamtlich wird nun erklärt: Der Statthalter in Elsaß - Lothringen, Grai Wedel, hat sein schon im Dezember angeborenes Abschiedsgesuch erneuert. Auch der Staatssekretär Frbr. Zorn v. Bulach und die Unterstaatssekretäre Dr. Petri, Mandel und Koehler haben erneut um ihre Entlassung gebeten. Die Kaiserliche Ent scheidung wird voraussichtlich in den nächsten Tagen erfolgen. Ganz selbstverständlich wird der Kaiser seine Entschließungen aus Anlaß dieser vor zeitigen Bekanntgabe nicht beschleunigen, handelt es sich doch um die Neubesetzung einer größeren Anzahl wichtiger Posten im Reichslande, die natürlich Zeit beansprucht, über den Nachfolger des Statthalters Grafen Wedel ist eine Reihe von Mutmaßungen aus gesprochen worden, die zum Teil nicht auf rechtzuerhalten sein werden. So heißt es in unterrichteten Kreisen, daß der Kommandeur des 14. Armeekorps, Generalleutnant von Loiningen genannt Huene in Karlsruhe, als Kandidat für den Statthalterposten nicht in Betracht kommen wird. Überhauvt dürfte im Gegensatz zu den umlaufenden Gerüchten ein General kaum in Betracht kommen. In Elsaß-Lothringen hat der Rücktritt der gesamten Regierung starken Eindruck gemacht, obwohl man allgemein erwartet hatte, daß die Regierung fläch dem Ausgange der Zaberner Affäre zurücktreten werde. Sie hatte ihrerseits keinen Zweifel darüber gelassen, daß, wenn der Statthalter gehen müßte, sie sich mit ihm völlig verbunden erklären und ihre Ämter zur Verfügung stellen würde. Man ist des halb hier auf den bevorstehenden umfassenden Personenwechsel vollständig vorbereitet, be dauert aber dennoch allgemein, daß auch der Statthalter seinen Posten verläßt. Denn gerade der Statthalter hat sich viel Sympa thien im Lande erworben, wie wohl keiner seiner Vorgänger. Man schätzte seine gerade und offene Persönlichkeit, seine ritterliche Art und wird es niemals im Lande vergessen, daß er der Vater der elsaß-lothringischen Ver fassung ist. Man sieht den Grafen Wedel mit der Über zeugung scheiden, daß er nicht umsonst im Lande gelebt hat, und daß sein Wirken noch Früchte tragen wird. Wer ihn im Statt halterpalais ersetzen wird, darüber hat man auch in Straßburg vorläufig nur Vermutun gen; man befürchtet aber vielfach, daß der Nachfolger des Grafen Wedel schärfere Regie rungsmethoden einführen könnte, als Elsaß- Lothringen sie seither gewöhnt war. Ober- landesgerichtspräsident Molitor soll zum Nach folger des Unterstaatssekretärs der Justiz Dr. Petri ausersehen sein. Außer ihm soll kein elsaß-lothringischer Beamter in das neue Ministerium eintreten. Hinsichtlich des Zeitpunktes des Regierungs wechsels war man bisher der Anschauung, daß er nicht vor Erledigung des Budgets im Landtag erfolgen würde. Man erwartete, daß der Landtag zwar eine ausgedehnte Diskussion über das Budget halten, aber nach dessen An nahme etwa zum 1. April auf den 1. November vertagt werden würde. Nachdem nun der bevorstehende Regierungswechsel veröffentlicht und damit der Zwiespalt zwischen Berlin und Straßburg vor aller Welt kund getan worden ist, werden natürlich, wie ja auch halb amtlich angedeutet wird, die Maßnahmen be ¬ züglich Les Regierungswechsels beschleunigt werden. * * * In unterrichteten politischen Kreisen wird angenommen, daß die Entscheidung des Kaisers über den Regierungswechsel in den Reichslanden schnellstens fallen wird. Man glaubt zu wissen, daß im Vordergrund der Erwägungen der maßgebenden Persönlichkeiten die Absicht besteht, als Statthalter einen preußischen Prinzen, wahrscheinlich Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, einzu- setzen- Dem Prinzen soll eine energische Per sönlichkeit als Staatssekretär beigegeben werden die zugleich die Verwaltung des Innern führen wird. — Wie ferner amtlich gemeldet wird, hat sich der Statthalter Graf Wedel bereit erklärt, noch einige Monate die Amtsgeschäfte weiterzuführen, bis die neuen Männer der Regierung in ihre Geschäfte eingeführt sind. Politische Auncilckau. Deutschland. *Der Bundesrat hat dem Antrag von Sachsen-Meinungen, betreffend die Prägung von 1000 Kronen mit dem Bildnis des Herzogs von Sachsen-Meiningen zuge stimmt; ferner wurde dem Entwurf eines Lustverkehrsgesetzes die Zustimmung erteilt. * Die Wirkung der neuen Finanz gesetze vom Juli v. Js., die zur Deckung der Wehrvorlage erforderlich waren, macht sich besonders bei den Einnahmen der Bundesstaaten bemerkbar. In erster Linie kommt dabei das Reichsstempelgesetz in Betracht, das eine Reihe von Stempel abgaben dem Reich zumeist, die früher von den Bundesstaaten erhoben wurden. Hier durch erleiden beispielsweise die Einnahmen des preußischen Staates eine jährliche Ein buße von rund 13 Millionen Mark. Andere Bundesstaaten erleiden Schaden durch die Neuregelung der Erträge der Erbschaftssteuer. Außerdem werden einige Bundesstaaten auch durch die Änderung des Wertzuwachssteuer gesetzes in ihrer Finanzwirtschaft getroffen, falls sie nicht den in Fortfall kommenden Anteil des Reichs als Landessteuer weiter erheben. *Die 23. Kommission des Reichstags zur Vorberatung der Anträge betr. Regelung militärischer Machtbefugnisse hat sich gebildet und zum Vorsitzenden den Abg. Beck-Heidelberg (nat.-lib.), zum Stellvertreter den Abg. Heine-Dessau (soz.) gewählt. * Zur Frage des zahnärztlichen Doktortitels wird der Kultusminister, falls sie in der Budgetkommission oder im preußischen Abgeordnetenhause zur Sprache 'gebracht werden sollte, zunächst nur seine grundsätzliche Stellungnahme erklären. Man wird sich zunächst mit den übrigen Bundes staaten ins Einvernehmen setzen, da eine ein heitliche Regelung der Frage innerhalb des Reiches angestrebt wirb. Wie verlautet, ist eine allseitig befriedigende Rege lung der Angelegenheit im Sinne der Zahn ärzte zu erwarten. * Die sozialdemokratischen Mit glieder der bayrischen Abgeord netenkammer haben die Teilnahme an der vom König am 4. Februar für alle Ab geordneten gegebenen Hof täfel abgelehnt. Sie haben sich in die aufgelegte Namensliste nicht eingezeichnet. Frankreich. * Einer der stärksten Verfechter des Revanchegedankens, der Dichter Paul De ro u l d d e, ist, 68 Jahre alt, in Nizza an einem Herzleiden gestorben. .England. "Die Bant von England hat ihren Diskontsatz weiter, und zwar um ein volles Prozent, auf 3 Prozent ermäßigt. Belgien. * Auf Wunsch der belgischen Eisen- bahndirektion hat die deutsche Eisen bahnverwaltung den Kohlentransport nach Belgien wegen Überlastung der dortigen Bahnen bis auf weiteres eingestellt. Amerika. * Wie aus Port-au-Prince auf Haiti gemeldet wird, sind die Deutschen unter dem Schutz des Landungskorps außer Ge fahr. * Die Regierung der V er. Staaten hat beschlossen, den mexikanisch enReb e llen Ldn Waffenankauf zu gestatten. Damit sind die Revolutionäre als kriegführende Macht anerkannt. Oeulscker Keicbstag. (Original-Bericht.) Berlin, 31. Januar. Der Reichstag setzte am Donnerstag die Erörterung des Etats für das Reichsamt des Innern fort. Abg. Hoesch (kons.) betonte, daß der Aufschwung unserer Volkswirtschaft nur durch die Fortschritte der Landwirtschaft möglich sei. Die Reden der Abgg. Böhme und Hestermann können nur dazu führen, die Nach barländer zum Zollkampf aufzufordern. Abg. He st ermann (Hosp, der Nat.-Iib.) forderte Schutzzölle für Obst, Gemüse und Hopfen und betonte, daß das Zusammengehen des deutschen Bauernbundes mit der Linken unvereinbar mit den Interessen der Landwirtschaft sei. Be dauerlich sei der Zwiespalt der bürgerlichen Parteien, die sich zum Kampfe gegen den inneren Feind zufammenfinden müssen. Abg. B r u h n (Reformp.) wünschte kräftige Unter stützung des Mittelstandes. Abg. Dr. Erd mann (soz.) wandte sich gegen die christlichen Gewerkschaften und sprach von einem Terro rismus der Kirche gegen das Koalitionsrecht. Abg. Giesberts (Zentr.) antwortete unter lärmendem Widerspruch der Sozialdemokraten, daß der Schild der christlichen Gewerkschaften rein sei und die sozialdemokratischen die Einig keit unter den Arbeitern gestört haben. Abg. Schwabach (nat.-lib.) wünschte eine Denk schrift über die Verhältnisse der Staatsardeiter. Staatssekretär Dr. Delbrück sagte eine solche zu. Abg. Vogt- Hall (wirtsch. Vgg.) sprach sich für Aufrechterhaltung der bisherigen Wirtschaftspolitik und der Einfuhrscheine aus. Wie üblich am Freitag, wurden zuerst kleine Anfragen behandelt. Die beiden heutigen gingen vom Zentrum aus. Abg. Trendel wünschte zu wissen, ob die Ver anlagung für den Wehrbeitrag 1914 auch bei der Vermögensfeststellung im Jahre 1917 zu grunde gelegt werden würde. Unterstaatssekretär I ah n erklärte, daß das 1913 festgestellte Vermögen im Jahre 1917 un verändert gelten solle und mit dem ermittelten Vermögen vom 31. Dezember 1916 verglichen würde. Sodann gab es einen kleinen Zabern-Nach- klang. Es fragte nämlich Abg. Sittart, ob die Garnison Zabern, deren Verlegung nach dem Barackenlager Hagenau - Bitsch als harte Bestrafung empfunden werde, balb wieder in die frühere oder in eine andere Garnison zurückkehren soll. Eine Beantwortung der Frage, jo bemerkte Generalmajor Wild von Hohenborn unter der Unruhe des Hauses, könne eigentlich nicht erfolgen, denn sie gehe von falschen Voraussetzungen aus. Es könne weder von einer Bestrafung nach Verlegung die Rede sein. Schon seit zwei Jahren müßte eine groge Anzahl von Truppen auf den Übungsplätzen untergebracht werden. Nunrnehr ging das Haus, am achten Tage, wieder auf die Beratung des Etats des Rcichsamts des Innern ein. Große Gesichtspunkte wurden nicht mehr aufgestellt. Abg. Wein Haufen (fortschr. Vp.) nahm kurz Stellung zu der sozialen Gesetz gebung und forderte ein einheitliches Arbeits- und Angestelltenrecht. Auch der Abg. Dom bek (Pole) wünschte die Einführung eines Verhanölungszivanges bei Lohnkämpfen. Wie er, so sprach sich auch Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.) gegen weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Koalitionsrechts aus. Letzterer wünschte weiter die Ausrecht- erhältung unserer Wirtschaftspolitik, nament lich aber den Schutz der Landwirtschaft." Zugunsten des Mittelstandes trat Abg. Warmuth (Reichsp.) für die Bekämpfung der Warenhäuser, des Hausierhandels und des unlauteren Wett bewerbes ein. An den Polizeipräsidenten von Berlin richtete der Redner den Wunsch, er möchte schärfer dem Handel mit Schmutz literatur auf den Straßen entgegentreten. Der fraktionslose Abg. Dr. Becker- Bingen befürwortete eine Reform der ärztlichen Prüfungsordnung und die Beibehaltung aus reichenden Zollschutzes. Seiner Bemerkung, dieser habe erst unsere Sozialpolitik ermög licht, trat Abg. Momenbuhr (soz.) ent gegen. Auch das Freihandelsland England habe eine energische Sozialpolitik eingeleitet. Der Schutzzoll habe auch keine Krisen ver hindern können, er bilde sogar ein Hemmnis für den Aufschwung der Landwirtschaft. Das verneinte wiederum Abg. Emminger (Zentr.) ganz entschieden. Die Milchprodu zenten könnten einen Zollschutz überhaupt nicht entbehren. Er verwies ferner auf den hohen Nährwert der Molkereitzroduktc, für deren Absatz mehr getan werden müßte. Ein Rahm- und Käsezoll sei nötig als Er gänzung zum ButterzoU. Auch der Hopsen bedürfe eines stärkeren Zollschuhes. Nach einer kurzen, auf der Tribüne fast unverständ lichen Erklärung des Reichsbankpräsidenten Havenstein, daß die im Laufe der Debatte gewünschte staatliche Kontrolle der Bank institute nicht möglich sei, daß die Verfehlungen einzelner nicht dem Gros der soliden Banken zur Last gelegt werden könnten, vertagte sich das Haus. Grubenunglück bei Dortmund. IOK Bergleute im Schacht eingeschlossen. Wieder einmal hat im westfälischen Kohlen revier eine Schlagwetter-Explosion das Leben vieler mackerer Bergleute gefordert. Über das Unglück, das sich auf Zeche „Achenbach" bei Dortmund ereignete, wird gemeldet: Eine graste Schlagwetter- und Koblen- staub-ExPlosion ereignete sich am Frei tag abend um Uhr auf Zeche „Minister Achenbach" in Brambauer. Die Explosion erfolgte auf der dritten Sohle. Tie Schachtanlage hat zwei Schächte mit etwa 670 Metern Tiefe; die Belegschaft ist 1866 Mann stark. Davon waren mittags 65V angefahren, abends um 16 Uhr fehlten noch hundert, über Äv Berg leute find sofort tot herausgc- schafft worden. Ebenso wurden viele Schwerverletzte geborgen. Die zutage beförderten Leichen sind bis zur Unkennt lichkeit entstellt. Teilweise sind ihnen die Gliedmassen abgerissen, was auf die Gewalt der Explosion schliesten lästt. Zahlreiche Sanitätsmannschaftcn waren sofort zur Stelle, ebenso Hilfe von den Nachbarzechen. Die Zeche „Minister Achenbach" ist dieselbe, auf der sich im Dezember 1912 ebenfalls eine schwere Explosion ereignete, wobei 45 Berg leute ums Leben kamen. Keine Hoffnung für die Eingeschlossenen! Spät nachts erklärte ein Angehöriger der Gelsenkirchener Nettungskolonne, dak die noch in der Grube befindlichen Leute nach mensch lichem Ermessen rettungslos verloren seien. Wegen des furchtbaren Qualms, der die von der Explosionskatastrophe betroffenen unter irdischen Gänge erfüllt, sei es nicht möglich, bis zu den eingeschlossenen Bergleuten vor zudringen. Die Rettungsmannschaften sind mit Rauchhelmen und anderen Vorrichtungen für das Eindringen der nicht atembaren Gase versehen, konnten aber schließlich nicht mehr vorwärts. Von unä fern. Präsident Wilsons Antwort an Kai-rn Wilhelm. Auf das in Tuckerton von der Station Eilvese (Hannover) eingetroffene direkte drahtlose Telegramm des Deutschen Kaisers an den Präsidenten Wilson, in dem der Kaiser die Hoffnung ausdrückt, daß die drahtlose Ber- binbung ein neues Band zwischen Deutsch land und den Ver. Staaten bilden werde, hat Präsident Wilson folgendes Antworttelegramm an Kaiser Wilhelm gesandt: „Ich bin erfreut, Eurer Majestät huldvolle Grüße zu empfangen, die durch die neue transatlantische Funken station Eilvese übersandt worden sind. Ich beglückwünsche Eure Majestät zu diesem neuen Gliede einer engeren Verbindung zwischen den Ver. Staaten und Deutschland." Tu feig! 2f Roman von Reinhold Ortmann. „Verzeih, wenn ich deinen Onkel beleidigt habe," sagte sie endlich mit ganz veränderter, tast tonloser Stimme. „Aber wenn du mich jemals lieb gehabt hast, so laß mich alles wissen. Was du da sprichst, ist ja so unfaß bar. Die Gage, die ich beziehe, sollte aus der Tasche des Herrn von Lettow stießen? — Und er — er selbst hätte das erzählt?" „Jawohl — er selbst! Bei deiner kleinen Stimme und deinem zimperlichen Spiel würde es natürlich keinem Theaterdirektor der Welt eingefallen sein, dich mit sechs- bundert Mark Monatseinkommen zu enga gieren - das waren leine eigenen Worte. Und was er hinzugefügt haben soll, als man ihn wegen seiner Großmnt neckte, das — das konnte ich durch das Schlüssel loch nicht verstehen. Aber es muß wohl etwas sehr Häßliches gewesen sein, da es meine Maina veranlaßt hat, dir den Absagebrief zu schreiben und mir jeden weiteren Ver kehr mit dir auf das Strengste zu ver bieten." „Ich danke dir, Melitta, daß du trotz dem zu mir gekommen bist. Ich hätte das Fürchterliche ja sonst vielleicht niemals er fahren." Zweifelnd sah die andere zu ihr auf. „Du hast es also gar nicht gewußt? Es war kein abgekartetes Spiel zwischen dir und dem Rittmeister?" Die großen Augen der Künstlerin starrten die Fragende erst eins Weile wie ver ständnislos an. Dann plötzlich schlug sie beide Hände vor das Gesicht, und ein krampf artiges Schluchzen schüttelte ihren zarten Körper. In neu erwachender, mitleidiger Zärtlich keit wollte Melitta ihren Arm um sie legen. Aber beinahe heftig wehrte Eva die Lieb kosuna ab. „Rühre mich nicht an! Ich bin es ia nicht wert! — Und geh — geh — ich bitte dich — geb! — Deine Mutter hatte voll kommen recht, dir den Verkehr mit mir zu unterlagen." „Aber ich verstehe dich nicht, Eva! — Wenn du es doch nicht gewußt hast -" „Als wenn es darauf ankäme! — Als wenn die Schmach dadurch eine geringere würde! — Nein, nein, nein, Melitta, sage nichts mehr! Sprich kein Wort mehr zu mir! Wenn du mir noch einen Freundschaftsdienst erweisen willst, so laß mich allein! Ich kann jetzt keinen Menschen sehen — auch dich nicht. Es ist mir eine Qual — eine unsägliche Qual." „Wenn dir meine Gegenwart so unange nehm ist, muß ich dich allerdings wohl davon befreien. — Ich hatte es gut gemeint, als ich hierher kam. Aber es scheint ja, daß dir selbst sehr wenig an einer Fortdauer unserer Freund schaft gelegen ist." Eva schüttelte den Kopf. „Ich will keines Menschen Freundschaft mehr. Ich will nur allein sein — allein!" „Also ein Lebewohl kür immer? — Nun, wie du willst. Ich dränge mich niemandem auf. Und vielleicht ist es auch so am besten." Sie zögerte wohl noch ein paar Sekunden lang; da ihr aber keine weitere Antwort zu teil wurde, ging sie mit trotzig zurückgeworfe nem Kopfe hinaus. Eine Viertelstunde später verließ auch Eva ihre Wohnung. Ein dichter dunkler Schleier verhüllte ihr Gesicht, als schäme sie sich, es noch irgend einem Menschen zu zeigen, und eilenden Fußes, wie wenn unsichtbare Ver folger hinter ihr wären, lief sie durch die zu dem vielbesuchten Operetten-Theater führen den Straßen. Sie warf keinen Blick auf die Zettel der Anschlagsäulen, auf denen auch der Name Eva Linda — ihr Name — unter den Mit wirkenden bei der Aufführung der neuen Operette verzeichnet war. Ohne nach rechts oder links zu sehen, strebte sie ihrem Ziele zu. Und der Herr Direktor in seinem eleganten Privatbureau erhob fast erschrocken den Kopf, da sse plötzl ch unangemeldet vor ihm stand, und da untrer dem emporgeschobenen Schleier ein so totenbleiches Antlitz, ein so ver zweifelnd zuckender Mund und zwei so un natürlich große Augen, in denen sich die ganze Qual einer lotwunden Seele spiegelte, zum Vorschein kamen. So groß war seine Bestürzung, daß die gewohnte Schlagfertigkeit ibn völlig im Stich ließ, und daß sie schon nach Verlauf weniger Minuten alles von ihm erfahren hatte, was sie zu wissen begehrte. -» * „Allbarmherziger Himmel, liebes Fräulein, wie sehen Sie denn nur aus? Sie müssen krank sein — ernstlich krank. Es ist ja gar anders möglich." „Nein, nein, mir fehlt nichts. — Ich habe nur eine schlimme Aufregung gehabt, Frau Roßwein! Und ich muß gleich eine Reise an treten. Bitte, helfen Sie mir doch, das Aller notwendigste an Wäsche und Kleidungsstücken einzupacken." „Verreisen wollen Sie?— In diesem Zu stande ? - Aber das darf man och unmög lich zugeben. Sie zittern ja am ganzen Leibe, und Ihre Hand glüht wie im Fieber. — Fragen Sie doch wenigstens erst den Theater arzt ! Sie könnten ja den Tod davon haben." .,O. das wäre wohl das Fürchterlichste nicht. Aber machen Sie ssch um meinetwillen keine Sorge! Ein bißchen Migräne — weiter nichts! Ich kann meine Reise nicht auf schieben. Glauben Sie mir: es ist unbedingt notwendig, daß ich noch in dieser Stunde fahre." „So sagen Sie mir wenigstens, weshalb und wohin? Vor zwei Stunden haben Sie doch noch gar nicht daran gedacht." „Nein — die Veranlassung kam ganz plötz lich. Und, nicht wahr, Sie sind mir nicht böse, wenn ich nicht weiter darüber sprechen kann? Ich werde Ihnen später alles in einem aus führlichen Briefe schreiben." „Ja, wollen Sie denn etwa längere Zeit fortbleiben? Sie sind so sonderbar, Fräulein- chen, so wirr und verstört, daß einem ganz unheimlich dabei werden kann." Die junge Operettensängerin zwang sich zu einem Lächeln, das freilich traurig und ge quält genug ausfiel. „Ich sage Ihnen doch, daß ich meine Migräne! habe und daß mir etwas Unange nehmes widerfahren ist. — Wie lange ich fort»
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