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Vie Sturmflut an äer Ostsee. Unermeßlicher Schaden. — Alle Menschen in Sicherheit. Die neue Wasserkatastrophe, die über den Beutschen Küstenstrich an der Ostsee hereinge- brochen ist, hat unabsehbares Unheil angerichtet. Hunderte von Fischer- und Bauernfamilien sind aufs schwerste geschädigt und zum Teil durch Vernichtung ihres Viehbestandes und Einsturz ihrer Häuser wirtschaftlich ruiniert. Uber den Umfang des Unglücks, das sich als das schwerste seit der großen Sturmflut im Jahre 1872 darstellt, berichtet ein Augenzeuge: Von der See verschlungen. Die Hochwaflerflut hat besonders in den Bezirken Rügenwalde, Köslin und Schlawe furchtbar gewütet. Im Kösliner Kreise sind vier Ortschaften so gut wie vernichtet. Die 'Fahrt mit der neuerbauten elektrischen Straßen bahn von Köslin nach den Badeorten Mölln, Groß-Mölln und Nest zeigt die Verheerungen der Sturmflut. Diese Orte liegen ebenso wie die vom Wasser verschlungenen Ortschaften Damkerort, Laase, Sorenhofen und Bauern hufen auf einer schmalen Landzunge, die auf der einen Seite von der Ostsee, auf der anderen Seite von dem Bukower und Jamunder See begrenzt wird und von der anstürmenden See durchbrochen worden ist. In Lebensgefahr. Furchtbare Szenen spielten sich in. Laase und Damkerort ab. In beiden Dörfern, die vollkommen vornichtet sind, stieg das Wasser vormittags innerhalb zweier Stunden so schnell, daß die Bewohner nichts als das nackte Leben retten konnten. Das von den heranstürzenden Wellen erschreckte Vieh konnte nicht mehr losgemacht werden und ertrank in den Ställen. Von einem scharfen Nordwind gepeitscht, stiegen die Fluten höher und höher und brachten die auf dem Strande stehenden, mit Schnee bedeckten und zum Teil einge frorenen Kähne alsbald zum Sinken. So blieb den unglücklichen Fischern nichts übrig, als auf die Dächer der Häuser zu flüchten. Hier hockten Männer, Frauen und Kinder fast dreißig Stunden lang in durchnäßten Kleidern und warteten auf ihre Rettung. In Laase wurden die Häuser von den Wogen unter spült und stürzten schließlich ein. Die Be wohner retteten sich schwimmend bis zu den nächsten Häusern und flüästeten dann, als eine Zufluchtsstätte nach der anderen ver schwand, auf die höchste Düne, wo sie bis zum Mittag ausharrten. Den meisten der Unglücklichen war es nicht gelungen, sich aus reichend mit Nahrungsmitteln zu versehen, und so gesellte sich zu der Qual die Kälte und der Hunger. Die Ortschaft Damkerort ist voll ständig vom Erdboden verschwunden. Die See rauscht über sie hinweg und kein Merkmal ragt aus den Fluten heraus, die Stelle zu künden, wo das friedliche Dörfchen gestanden. Das zur Rettung der Einwohner von Dankerort ausgesandte Militär wurde von der Station Schübben-Zanow mit Wagen abgeholt. Die Mannschaften versuchten von Wussecken aus vorzudringen. Da das Wasser aber gestiegen war und die dünne Eisdecke brach, so versanken die Mannschaften bis zu den Hüsten in den Fluten. Sie mutzten deshalb die Nacht über in Repkow und Wussecken einquartiert werden. Am anderen Mittag trafen die Sol daten todmüde wieder in,. Köslin ein. Man hatte gehofft, daß es den Infanteristen ge lingen würde, das sogenannte Tief, den Ab fluß des Jamunder Sees nach der See zu, von den angehäuften Massen Seesandes zu befreien, doch erwies sich diese Hoffnung als trügerisch, weil die reißende Flut alles hinweg schwemmte, was sie erreichte. Erft nach wiederholten Mühen, und als die Gewalt der - Sturmflut gebrochen 'war, gelang die Rettung der Ärmsten, die vom Notwendigsten entblößt sind. — Auch von anderer Stelle der deutschen Ostseeküste. kommen Hiobsposten, und es läßt sich heut« noch nicht übersehen, welchen Un ermeßlichen Schaden die Wasserkatastrophe an gerichtet hat. * * * Furchtbarer Schneesturm in Petersburg. Ein furchtbarer Schneesturm, der zwei Tage über Petersburg wütete, drohte sich für die .Alle, lieber Rühling, wird zu viel!" »Ach was, mir ist heute keine Wurst zu teuer!" - , Harryhausen, derRegimentsadjutant, machte ein bedenklich Gesicht, trotzdem er bald Haupt mann wurde und sechs Jahre älter wie Rüh ling war, verband sie doch treue'Freundschaft. Sie haften sich in der letzten Zeit schätzen ge lernt. Wie taktvoll und liebenswürdig war der gute Harryhausen zu dem armen Heinz Rühling gewesen! Der hatte ihm seine Not offen und ehrlich anvertraut, und der Regi mentsadjutant erwies sich als ein verläßlicher Freund, der schweigen konnte und Anteil nehmen. »Hören Sie mal," sagte er, „alle wird wirk lich zu viel und damit sich keiner zurückgesetzt flkhlt, werde ich die auswählen, die mitkommen. — Einverstanden?" »Na, meinetwegen, aber ich wasche meine Hände in Unschuld. Kümmeln sich allerdings alle einen an, daß sie weder stehen noch gehen können, die hier sitzen, wird's _ zu eng für ein Nachtquaartier bei mir, da wäre ja ein Hering in der Tonne ein Einsiedler dagegen!" Harryhausen ging auf den Witz ein. .Eben deshalb, lieber Rühling!" Mit Verständnis wählte er die aus, von denen er wußte, daß sie dem Geburtstagskind am nächsten standen. Man brach auf, um sich vom Broglieplatz, wo sich das Kasino befand, zu Heinz zu be geben, es war nur ein Weg von wenigen Minuten, die Sommernacht dämmerte herauf. Da trat eine Regimentsordonnanz an Harryhausen heran. »Der Herr Oberst läßt Herrn Oberleutnant Stadt zu einer Katastrophe auszuwachsen. Es war während der letzten Tage nicht mehr möglich, die Leichen Verstorbener zu beerdigen, da die Kirchhöfe unter einer Schneelast liegen, deren Beseitigung durch Menschenhand fast unmöglich ist. Aber 40 000 Soldaten sind da mit beschäftigt, wenigstens die Hauptstraßen der Stadt für den absolut notwendigen Passanten- und Wagenverkehr freizumachen. In der Provinz hat das Schneetreiben bereits 60 Opfer an Menschenleben gefordert. Von uns fern. Deutsch-französischer Konflikt in Kairo. In der ägyptischen Hauptstadt ist es zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen Deutschen auf abschüssigem Gebiet ins Rollen geraten und rannte mit ungeheurer Gewalt auf einen den Bahnhof Herzele verlaffenden Personenzug, bestehend aus Lokomotive und fünf Wagen, auf. Die Maschine und der erste Wagen wurden aus dem Geleise geworfen und zer trümmert, und auch die übrigen vier Wagen gingen in Stücke. Der Maschinist wurde tat unter den Trümmern hervorgezogen, drei Reisende sind tätlich verletzt, fünfzehn andere zumeist sehr schwer. Vier Arbeiter bei einer Dynamit-Ex plosion getötet. Eine furchtbare Explosion ereignete sich in der spanischen Ortschaft Ditona. Dort führte eine kanadische Gesell schaft große Kanal-Arbeiten aus, bet denen auch Dynamit verwendet wurde. Ein Ar- Tur ^ockwaslerkatastropke im kösUner Gewirk. und Franzosen gekommen, dessen Veranlassung der Flieger Vedrines gewesen sein soll. Auch in Beirut hat Vedrines nicht die besten Ein drücke hinterlassen. Vor einer Versammlung des »französischen Vereins" hat der Flieger deutschfeindliche Reden gehalten, die auch außerhalb der deutschen Kolonie außerordent lich verstimmt haben. Da der Verein inter national ist und der Präsident, ein Franzose, gegen die Äußerungen Vedrines nicht ein schritt, sind sämtliche deutschen Mitglieder aus dem Verein ausgetreten. Die reichste Gemeinde Bayerns ist die Stadt Klingenberg. Sie erhebt keine Gemeinde umlagen und zahlte beim Jahresschlutz jedem Bürger infolge der günstigen Geschäftslage des städtischen Tonbergwerkes 400 Mk. Eine Hamburger Brauerei durch Feuer zerstört. In der Tivoli-Brauerei in Eidel- städt entstand vermutlich infolge einer Explosion ein Feuer, das in ganz kurzer Zeit gewaltig um sich griff und fast die gesamte Brauerei zerstörte. Das Feuer hat große Malzvorräte vernichtet. Der Schaden wird auf eine halbe Million Mark geschätzt, ist aber durch Ver sicherung gedeckt. Automobilomnibus-Unfall in London. Ein Motoromnibus, auf dem sich eine zahl reiche Gesellschaft von Angestellten einer Färberei befand, die ihn zur Fahrt nach einem Fußballwettspiel gemietet hatten, stürzte beim Ausbiegen vor einem anderen infolge Schlüpfrig keit des, Holzpflasters um. Sämtliche achtzehn auf dem Verdeck fitzende Personen wurden gegen die Mauer eines Hotels geschleudert und erheblich verletzt. Auch die im Innern befindlichen Passagiere kamen mehr oder weniger schwer zu Schaden. Fünfzehn Männer und sechs Frauen mußten ins Krankenhaus geschafft werden, mehrere von ihnen in bewußtlosem Zustande. Eisenbahnunglück in Belgien. Ein schwerer Eisenbahnunfall trug sich auf der Kleinbahn von Oudenarde zu. Dort war ein mit zehn Tonnen Steinkohle beladener Waggon bester beging die Unvorsichtigkeit, in der Nähe der Dynamitlager ein offenes Feuer zu unter halten. Ein Funke des Feuers muß auf eine Dynamitkiste gefallen sein. Es folgte eine furchtbare Explosion, durch die vier Arbeiter buchstäblich in Stücke zerrissen wurden. Viele andere wurden mehr oder weniger schwer verletzt. Die Häuser, die sich in der Nähe der Katastrophe befanden, sind sämtlich eingestürzt. 8 weitere Personen wurden durch die Trümmer der zusammenstürzenden Häuser verletzt. Kälteplage in Nordspanicn. In ver schiedenen Ortschaften an den Abhängen der Pyrenäen wurde eine derartige Kälte ver zeichnet, wie seit 200 Jahren nicht. Viele Menschen fielen dem Schneesturm zum Opfer. Aufruhr in Südafrika. Die Streikgefahr in Südafrika, die noch vor wenigen Tagen abgewendet schien, ist über Nacht außer ordentlich ernst geworden. In Pretoria, Kapstadt, Johannesburg ist man in nieder gedrückter Stimmung, weil die Goldminen wahrscheinlich stillgelegt werden müssen, wodurch 160 000 fremde farbige Arbeiter brotlos wür den. Am schlimmsten aber ist der Aufstand der Basutos, der eingeborenen Arbeiter, die aus ihrer Siedlung ausgebrochen sind und die Weißen bedrohen. Es gelang der weißen Bürgerwehr nur mit großer Mühe, die Farbi gen im Schach zu halten. Die Regierung hat 60000 Mann aufgedoten, die die Bahnstrecke besetzt halten. VolksWirllchäMiekes. Neue Warnung des Handelsministers vor ausländische» Emissionspaptcrcn. Der preu ßische Handelsminister hat mit Rücksicht auf die großen inländischen Ansprüche, die der deutsche Kapitalmarkt in den kommenden Monaten zu be friedigen haben wird, die Emiffionshäufer mehr fach darauf Hinweisen lasten, daß gegenüber aus ländischen Anlechen, für deren Übernahme kein deutsches politisches Interests oder anderes all gemeines Interests spricht, die äußerste Zurück ¬ haltung geboten ist. Diese Mahnung habe leider nicht überall volle Beachtung gefunden. Noch neuerdings hat sich der Handelsminister veranlaßt gesehen, für auswärtige Anlechen, deren Einführung beabsichtigt war, den Emissionshäusern eröffnen zu lasten, baß die Zu lassung zum Börsenhandel vor der Hand nicht ge stattet werde, weil die Voraussetzungen nicht ge geben seien, unter denen der deutsche Kapital markt jetzt nur zur Verfügung gestellt werden könne. Das deutsche Publikum werde daher gut tun, solchen auswärtigen Anleihen gegenüber, die noch nicht zum Börsenhandel zugelasten sind, Vor sicht walten zu lasten, damit es nicht Papiere er wirbt, von denen es sich später zeigt, daß sie an inländischen Börsen nicht verkäuflich sind. Ne»e Konflikte zwischen Ärzten und Krankenkassen. In Leipzig, traten die Ver trauensmänner, der Beirat und her Vorstand des Leipziger Arzteverbandes und der Meschäftsaus- schuß des Deutschen Arflevereinsbundes abermals zu einer Sitzung zusammen, die zeitweise sehr er regt verlief, und aus deren Verlauf zu schließen ist, daß infolge der neuen Streitigkeiten,, die sich zwischen Ärzten und Kasten ergeben haben, der erst kürzlich geschlossene-Friede wieder arg ge fährdet ist. Nach dem Ergebnis Ler Verhand lungen weigern sich nämlich einige Kassen,"die als Nothelfer engagierten Arzte, deren Amtsenthebung zur unbedingten Voraussetzung dxs Friedens schlusses gemacht worden ist, zu entlasten. Wen« diese Maßnahme nicht umgehend erfolgt, so dürfte der Kampf zwischen Ärzten und Kranken kasten auss neue entbrennen. ' An Reichsmünzen wurden ausgeprägt im Monat Dezember für 27 028 740 Mk. Doppel kronen, 4 824 560 Mk, Fünfmarkstücke, 589 38S Mk. Dreimarkstücke, 251 765,80 Mk. Zehnpfennigstücke, 33 853,56 Mk. Zweipfennigstücke, 39 WO,58 Mk. Einpfennigstücke. l-uMckiffakrt. — Der Freiballon »Nordsee" landete, mit mehreren Offizieren von Wilhelmshaven kommend, glatt nach zweistündiger Fährt bei Lüppermm nördlich von Emden. Die Ossiziere beabsichtigten, die Fahrt nach Holland auszudehnen, mußten sie aber frühzeitig abbrechen, da die Gefahr vorlag, in die Nordsee oder nach England abgetrieben zu werben. — Der französische Flieger Marc Pourpe, der von Kairo nach Chartum unterwegs ist, ist in Abu Hammeü gelandet. Er hat einen Flug von 240 englischen Meilen über der Wüste zurück- geiegt. Ein Nordoststurm hat während des Fluges solche Wolken Wüstenstaubes entwickelt, daß dem Flieger die ganze Aussicht genommen wurde und es ihm wiederholt halbe Stunden lang nicht möglich war, den Eisenbahndamm, der ihm zur Orientierung diente, im Auge zu behalten. Gericbtsballe. Eisenach. Nach fünfjähriger Dauer ist jetzt ein Schadenersatzprozeß zu Ende gegangen, den der Theaterdirettor Rudolph gegen die., Stadt Eisenach bezw. gegen die Allgemeine Versiche rungs-Gesellschaft in Stuttgart führte, weil er auf dem Promenadenwege vor dem Reuterhaüse bei Glatteis die Kniescheibe gebrochen hatte. Nach dem Urteil des Landgerichts hat die Stadt bezw. die Versicherungsgesellschaft dem Kläger zu zahlen: 4634 Mk, Heilungskosten, 2400 Mk. Schmerzens geld, 4000 Mk. Rente für das erste-Jahr 1909/10, je 2400 Mk. für die nächsten vier Jahre, und von diesem Jahre bis zu Rudolphs SS. Lebensjahre jährlich je 1200 Mk. Die Kosten des Rechtsstreits sind zu vier Fünfteln von der Beklagten, zu. ein Fünftel vom Kläger zu tragen. Ästige Ecke. Gute AuSrede. „Ich habe Walter einen schönen Schlips geschenkt, den ich selbst gemacht habe," sagte Mavel. — »Nun, und wie hat er ihm gefallen?"— „O, sehr; er jache, er sei.so schön, daß ihn nie bas^Auge eines änderen Sterblichen sehen dürfe, als das seine. War das nicht reizend von ihm?" Beruhigend. „Ach, Mama, reg' dich doch meinetwegen nicht auch noch auf. Du hast ohne dies mit dem'Papa schon Arger-genug." Meggendorfer Blätter' Mangelnder Erfolg. „Meine Mütter hat mich zu dem gemacht, was ich bin," sägte der Redner und schlug sich stolz in die Brust. — „Da muß sie aber daneben noch viel anderes zu tun gehabt haben," kam eine bescheidene Stimme aus dem Winkel Les Saales. ,° bitten, sofort zu ihm in seine Privatwohnung zu kommen!" „Nanu, — jetzt noch, — was ist denn los?" „Ich weiß nicht, Herr Oberleutnant!" „Herrschaften, ich muß zum Obersten, komme aber dann zu Ihnen, Heinz Rühling, hoffent lich hebt ihr mir einen ordentlichen Schluck aus, der Tag heute war ja infam heiß!" „Aber lasten Sie uns nicht zu lange warten, lieber Harryhausen!" „Keinen Moment länger, als mich der Oberst festhält." „Schön, auf Wiedersehen!" „Recht bald, hoffentlich — auf Wieder sehen!" — Man machte sich's bequem bei Heinz Rüh lings trank Sekt mit Burgunder und aß dazu viel Olsardinen, so verträgt man das Gemisch bester, und der lange Vogt setzte sich ans Klavier, knöpfte seinen Überrock auf und spielte lustige Sachen. Man sang, das machte Durst, und brach einer Flasche nach der andern den Hals. Harryhausen ließ lange auf sich warten. Heinz' Hauptmann hatte schon längst gehen wollen, aber ein unbestimmbares Gefühl, daß irgendein Gewitter im Anzuge war, hielt ihn in der fröhlichen Runde fest. Endlich — es war elf Uhr geworden — kam der Äegimentsadjutant. Mit Hallo wurde er begrüßt. Heinz, der einen regelrechten Spitz weg hatte, sagte zu ihm: „Was wollte denn unser Oberst von Ihnen, der legt sich doch sonst gerne mit den Hühnern schlafen?!" „Eine ernste Sache, lieber Rühling," ant wortete ihm Harryhausen mit gefurchter Stirn. Sofort sprang der Hauptmann auf und zog den Regimenstadjutant in eine Ecke, ein dichter Kreis bildete sich um die beiden. Harryhausen drehte sich um. „Herrschaften, tut mir einen Gefallen und laßt mich mit Herrn Hauptmann mal auf fünf Minuten allein in Rühlings Schlafzimmer gehen, Ihr erfahrt die Neuigkeit noch früh genug." Durch den ernsten Ton bewogen, gaben sich die Leutnants vorläufig zufrieden. Heinz schüttelte den Kopf. „Wird wohl einer wieder mal 'ne Dumm heit ausgeheckt haben. — Prost! — Das Regi ment soll leben! — Vogt, den Parademarsch!" Da waren sie wieder alle in fideler Stim mung. Im Nebenzimmer hatten aber Harryhausen und Heinz' Batteriechef eine ernste Aussprache. „Unser Oberst, Herr Hauptmann, hat die Brigade in Köln bekommen und unser Regi ment der Oberstleutnant — von Sommern." „Um Gottes willen — so'n Pech für den armen Rühling." „Der Oberst war ganz aufgeregt; einige siebzig Feldartillerie-Regimenter haben wir in Preußen, und ausgerechnet gerade das muß Rühlings glücklicher Nebenbuhler erhalten!" „Ob er glücklich ist, wag' ich noch sehr zu bezweifeln, lieber Harryhausen, denn das Herz seiner Frau gehörte Rühling, ich weiß das, unter uns gesagt, ganz genau!" „Kann eine schöne Geschichte werden, der Oberst meinte, Rühling müßte weg aus dem Regiment, so schnell wie möglich. Urlaub kann er auf der Stelle erhalten, und Herr von Sommern hat als ehemaliger Generalstabschef doch gute Beziehungen in Berlin, er wird eine Versetzung des armen Kerls sicher schnell er reichen, der Oberst dachte nach Stettin, dorthin hatte er sich ja auch vom Kadettenkorps aus hingemeldet, da ist er in der Nähe seiner Eltern!" „Hm — aber so schnell geht das all»^ nicht!" „Ich soll morgen früh um acht, beim Obersten sein und ihm sagen, wie Rühling die Nachricht ausgenommen hat, er will dann sofort an Herrn von Sommern nach Stettin tele graphieren, der muß auf seiner Herreise über Berlin fahren, da kann er beim Militärkabinett die Sache gleich in Ordnung bringen." „Also nicht mal heute zu seinem Geburts tage soll der arme Mensch Ruhe haben?" Harryhausen zuckte die Achseln. „Sommern wird das Regiment wahrschein lich schon in den nächsten Tagen übernehmen!" „Da müssen wir die andern unauffällig sofort nach Hause schicken." „Bringen Sie das mal fertig, Herr Haupt mann." „Es muß sein — und 's wird gehen." Die beiden Offiziere kehrten in das Wohn zimmer zurück, sie wurden mit Fragen bestürmt. „Ruhe, meine Herren — Ruhe," erwiderte der Hauptmann. „Harryhausen brachte mir eben einen Befehl vom Herrn Oberst, der sofort erledigt werden muß. — Lieber Rühling, seien Sie mir nicht böse, aber bitten Sie die Herren nach Hause zu gehen, die Sache eilt, ich möchte sie gleich hier erledigen." M i» (Korrjetzung solgtä