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Ottendorfer Zeitung : 16.01.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191401169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140116
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140116
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-01
- Tag 1914-01-16
-
Monat
1914-01
-
Jahr
1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 16.01.1914
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Vte Freisprechungen in Straßburg. Die Aufnahme der Urteile. — Pressestimmcn. Nachdem das Urteil gegen Oberst von Reutter und Leunant Schad, das auf Frei sprechung lautete, bekannt geworden war. sah man in Straßburg mit größter Spannung dem Urteil gegen Leutnant Frhr. v. Forstner ent gegen. Leutnant v. Forscher war bekanntlich wegen Körperverletzung zu 43 Tagen Ge fängnis verurteilt worden. Die Verhandlung mährte nur wenige Stunden. Nachdem noch einmal Oberst v. Reutter vor d^m Oberkriegs- gericht seine Ansicht dargelegt harte, kam das Gericht zu einem Freispruch, indem es an- nahm, dnß Leutnant v. Forstner in der Not wehr gehandelt habe. Natürlich findet das Urteil eine geteilte Aufnahme in der deutschen Presse. Die ge samte elsaß-lothringische Presse äußert sich zu den freisprechenden Urteilen gegen Oberst v. Reutter, Leutnant Schad und Leuchant v. Forstner in ausführlicher Weise. Die der Regierung nahestehende .Straßburger Post' schreibt: .Wenn man den Äußerungen des Urteils des Kriegsgerichts entnimmt, daß dank einer militärischen Dienstvorschrift alles, was geschehen ist, als gesetzlich anerkannt werden muß, so geht daraus hervor, daß die Rcchts- einer klaren Feststellung und Neu regelung bedarf. Vielleicht wird schon eine Berufung des Gerichtsherrn gegen das srei- sprechende Urteil des Kriegsgerichts zur weiteren Klärung beitragen. Daß eine solche Berufung im übrigen einen guten Eindruck machen würde, weil sie zeigte, daß jede zur Verfügung stehende Instanz zur Findung des Rechts herangezogen wird, sei nebenbei be merkt. Jedenfalls aber scheintuns der Reichs tag alle Veranlassung zu Haden, durch einen Initiativantrag in dieser Richtung vorzu- gehen." Zu dem Urteil gegen Leutnant v. Forstner schreibt die .Straßburger Post': „Neu und wohl picht, ohne Absicht diesmal mitgeteilt war die Erwähnung der disziplinarischen Be strafung mit sechs Tagen Stubenarrest, die dem Leutnant v. Forstner zudiktiert wurde, weil er entgegen einem Regimentsbefehl Untergebene mit „Wackes" angeredet und die Ungehörigkeiten des Sergeanten Höflich nicht zurückgewiesen hat. Wenn man davon gleich am Anfang hätte ver lauten lasten, so wäre damit wohl nicht nur dem Leutnant manches erspart geblieben. In dessen tritt der ganze Fall Forstner, der die Veranlassung zu allem folgenden war — daß auf der militärischen Seite angefangen wurde, soll dabei nicht vergessen werden — weit zu rück hinter der großen staatsbürgerlichen An gelegenheit, die im Reutter-Prozeß einen so unbefriedigenden Ausgang genommen hat." Die .Bürgerzeitung' (demokratisch) äußert sich u. a. folgendermaßen: „Es ist ganz außer acht gelassen worden, Laß das Militär der intellektuelle Urheber gewesen ist und' daß das Wort Wackes aus dem Munde des Leutnants v. Forstner das Steinchen gewesen ist, welches die Lawine ins Rollen gebracht hat. Die KabinettSorder vom Jahre 1820 muß beseitigt werben." Zum Falle Forstner wird bemerkt, daß das Volk in Notwehr sich befunden habe und nicht das Militär, wie der Anklagevertreter ausgeführt hat. Anders lauten die Prestestimmen im Reiche. So schreibt die.Post': .Wir begrüßen das Straßburger Urteil mit Genugtuung. Wir Haden es -war angesichts des ganzen Tat bestandes nicht anders erwartet, immerhin bleibt es erfreulich, daß ein Ehrenmann wie Oberst v. Reutter, dem die Wiederherstellung der Ordnung zu danken war, vor einen Fehl spruch und einer mißverständlichen Beurteilung seines Falles bewahrt, geblieben ist. Die Zivilgewalt bleibt auf der Anklagebank, und wir erwarten nunmehr, daß hier mit derselben Energie eingeschritten werden möge, wie es mfli- tärifchersettS geschehen ist."— Der gleichen Mei nung ist auch die .Deutsche Tages-Ztg': „Aller dings hatinStraßdurg, wie es damals und seither so oft hieß, ein System vor Gericht gestanden; aber nicht unser bewährtes militärisches System , sondern ein ganz anderes: das System der unverantwortlichen Zuchtlosigkeit bei regierten und mangelnder Energie wie mangelhafter Austastung von den Pflichten, die diese Stellung anserlegt, bei regierenden Kreisen in den Reichslanden: das System einer Auflösung der notwendigen Begriffe von Zucht, Ordnung und Autorität, das sich in unserer Westmark immer bedenklicher bemerk bar macht." Die liberale ,Vossische Zeitung' meint: „Wenn es richtig ist, daß eine geheime Dienst instruktion vom 23. März 1899, auf die sich .Herr v. Reutter beruft, die Bestimmungen der Kabinettsorder vom 17. Oktober 1820 enthält, deren Nechtsungültigkeit Anschütz schlagend nachgewiesen hat, so kann dem Obersten v. Reutter zugute gehalten werden, daß ihm das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlt habe . . . Aber mit dem heutigen Urteil kann der „ganze Spektakel von Zabern" nicht abgetan fein. Es bleibt bestehen, daß die Militärbehörde einen Vorfall, der durch eine stille Versetzung des mit fünf Tagen Stubenarrest — einer „sehr strengen Strafe", wie der Kriegsminister behauptete — bestraften Leutnants v. Forstner feder ernsten Bedeutung entkleidet werden konnte, zu einer aufregenden Aktion anwachsen ließ, die von den schweren Folgen für die Stimmung in Elsaß-Lothringen gewesen ist." Die Presse der Linken verwirft das Urteil grundsätzlich. Das ,Berst Tageblatt' z. B. er klärt: „Der Oberst hätte auch dann freige sprochen werden mästen, wenn sein Vorgehen ungezählte Opfer an Blut und Leben gekostet hätte. Denn er glaubte sich im Recht, und nach dieser Rechtsauffassung ist „des Königs Rock" eine Art von Geßlerhut, dem jeder Bürger Reverenz zu erweisen hat, einer lei, wer in dem Rocke steckt. — Wenn das alles Rechtens ist im Deutschen Reich, wer ist dann vor einem Kolbenstoß oder einer Kugel noch sicher, wenn er nicht selbst durch „des Königs Rock" geschützt wird? Vom Reichstage muß man nunmehr erwarten, daß er dem Straßburger Urteil die unerläßliche Korrektur hinzufüge, indem er die Handhabe, deren der gutgläubige Oberst sich bediente, die ungeheuerliche, staatsfeindliche, alle gesetz liche Sicherheit aufhebende Kabinettsorder aus den Tagen des dunkelsten Absolutismus für rechtsungültig erklärt. — Natürlich übt auch der.Vorwärts' scharfe Kritik an dem Urteil, in einem Artikel, den er überschreibt: „Bravo Reutter! Bravo Forstner! Feste drauf!" — Auch das sozialdemokratische Hauptorgan erwartet, daß der Reichstag sich noch einmal eingehend mit der Zabern-Astäre beschäf tigen wird. Politische Kuncisebau. Deutschland. *Das mehrfach verbreitete Gerücht, Kaiser Wilhelm werde im Frühjahr eine Reise nach London unternehmen, bestätigt sich nicht. Der Monarch wird vielmehr Mitte Februar die Reise nach Korfu antreten und dort längere Zeit verweilen. *Der Deutsche Kronprinz wird in diesem Jahre die lange geplante Reise in unsere afrikanischen Kolonien unter nehmen und zwar wirb sowohl Ost- wie West- afrika besucht werden. Voraussichtlich wird die Ausreise des Kronprinzen im März er folgen. * Das preußischeHerrenhaus hatte am 10. d. Mts. einen großen Tag. In einer langen wohlvorbereiteten Rede begründete GrafVorck v. Wartenburg seinen vor einigen Tagen eingebrachten Anttag, der Reichskanzler möge dafür Sorge tragen, daß Preußen in seiner Vormachtstellung im Reiche nicht beeinträchtigt werde. Der Redner wies dabei besonders auf einige Vorkommniste der letzten Zeit hin, die den Gedanken nahelegen, daß die Regierung allzu nachgiebig gegen die Wünsche sei, die auf eine Er weiterung 'der Parlamentsrechte abzielen, und die in erster Linie gegen Preußens Vormachtstellung gerichtet seien. Reichskanzler v. Bethmann Hollweg antwortete sehr eingehend und suchte die Be denken des Antragstellers zu zerstreuen und besonders den Vorwurf zu entkräften, daß die elsatz - lothringische Verfassung und die Gewährung von Bundesratsstimmen an die Neichslande ein politischer Fehler ge wesen fest Der Kanzler versicherte, daß weder an der Reichsoerfassung, noch an dem Ver hältnis der Bundesstaaten zum Reiche etwas geändert werden soll, insbesondere aber werde der Versuch, die Armee zu einem Parlaments heer zu machen, den schärfsten Widerstand der Regierung finden. * Der preußische Staatshaus haltsetat für 1914 bringt außer in der Eisenbahnverwaltung auch in anderen Zweigen der Staatsverwaltung eine Reihe von B e - amtenstellen für Frauen. So soll bei der Königlichen Bibliothek in Berlin die Zahl der Bibliotheksekretärinnen um zehn erhöht und damit auf 19 Stellen gebracht werden. * Wie verlautet, ist der Entwurf eines preußischen Wertzuwachssteuer- gesetzes in Vorbereitung, und es kann damit gerechnet werden, daß eine dement sprechende Vorlage dem Landtage noch in dieser Session zugehen wird. Das Gesetz ist eins Folge der Bestimmungen des Reichs gesetzes über Änderungen im Finanzwesen vom 3. Juli 1913, wodurch bekanntlich das Reichszuwachssteuergesetz ausgenommen wurde. In dem Gesetz wird bestimmt, daß durch Landesgesetz oder in Gemäßheit des Landes rechts durch ortsstatutarische Vorschrift eine andere Regelung der Besteuerung des Wert zuwachses getroffen werden kann. Eine An zahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden hat von dieser Befugnis bereits Gebrauch ge macht, und es ist zu erwarten, daß ein großer Teil der Gemeinden dem Beispiel folgen wird, so daß innerhalb der preußischen Mon archie eine Neuregelung der Wertzuwachssteuer in absehbarer Zeit zur Durchführung gelangen muß. Österreich-Ungarn. * Drei Tiroler Ortschaften haben mit Rücksicht darauf, daß im österreichischen Reichsrat kein ordnungsmäßiges Budget zu- standegekommen ist, die Steuerzahlungen verweigerst Man befürchtet, daß sich diesem Beispiele noch mehrere Gemeinden an schließen werden. Frankreich. * Pariser Blätter wollen wissen: daß Präsi dent P ö i n c a r 6 am 20. d. Mts. aus Anlaß einer Vorfeier zu Kaisers Geburtstag der deut schen Botschaft einen Besuch abstatten werde. — Es wäre das erstemal, daß ein französischer Präsident die Räume der deut schen Botschaft betritt. Kaiser Wilhelm hat bekanntlich schon öfter als Gast in der Berliner französischen Botschaft geweilt. Balkanstaaten. "Der neue türkische Kriegsminister Enver- Pa s ch a führt ein strammes Regiment; da der bisherige Botschafter in Berlin Mahmud Mukhtar-Pascha sich geweigert hat, seinen Posten als Inspekteur der dritten Armeeinspektion , anzutreten, ist er in den Ruhestand versetzt worden. Der Kommandant des zweiten Korps General Hassan Izzet ist zum Inspekteur der dritten Ärmeeinstiektion ernannt worden: an seine Stelle tritt General Hassan Riza-Pascha. *Jn dem Streit um die deutsche Militärmission in der Türkei dürfte jetzt ein Ausgleich gefunden sein. Da der deutsche General Liman v. Sanders als General inspekteur eine ausgedehnte Tätigkeit entfalten muß, will der türkische Kriegsminister ihm das Kommando des ersten Armeekorps nehmen und einen türkischen General damit betrauen, dem ein deutscher Offizier beigeordnet werden soll. Zugleich wird das Kommando der Dar danellen und des Bosporus von dem Kom mando des ersten Armeekorps getrennt und dein Kriegsminister unterstellt. — Hoffentlich ist man nun in Petersburg zufrieden. * Nachdem sich der Dreibund entschlossen hat, der' von England , vorgeschlagenen Re gelung der ägäischen-Jnselfrage zu- zustimmen, hat man in her Türkei offenbar die Hoffnung auf die Hilfe Ler Mächte auf gegeben. Dennoch will man seinen Stand punkt nicht ändern. Die der Regierung nahe stehenden Blätter erklären entschieden, daß die Abtretung der Inseln Chios und Myti- lene an Griechenland für die Türkei durch aus unannehmbar sei. Europa werde die Türkei keinesfalls mit Waffengewalt zwingen, eine unannehmbare Lösung der Jnselftage hinzunehmen. Die angeblich geplante Lösung würde die Türkei ihren alten Gegnern erneut gegenüberstellen. Die Regierung werde nötigen falls die Ehre der Nation zu wahren wissen. Der amtliche ,Tanin' schreibt: „Wir sind ent schlossen, uns der Abtretung von Chios und Mytiiene mit allen Mitteln zu widersetzen. Die Regierung hat dies oft genug zu erkennen gegeben. Was wird Europa machen, wenn die Türkei eine Lösung, die ihre Lebens interessen bedroht, nicht annimmt?" *Jn Wien und Belgrad ist das Gerücht verbreitet, daß es an der griechisch- albanischen Grenze zu ernsten Kämpfen zwischen griechischen Freischärlern und albanischen Truppen gekommen sein soll. Die Verluste auf beiden Seiten an Toten und Verwundeten sind sehr bedeutend. Zugleich wird berichtet, daß bei Krusch»vo in den letzten Tagen blutige Kämpfe zwischen-Albanern und Serben stattgefunden haben. In zahl reichen Dörfern des Bezirks wurden alle Männer von serbischen Banden verhaftet und gemartert. Auch in anderen Bezirken sollen serbische Banden wieder in Massen austrelen und ihr Unwesen treiben. Amerika. * Die mexikanischen Rebellen sollen im Norden des Landes abermals einen großen Erfolg errungen haben. Sie zwangen eine ansehnliche Abteilung der Regierungs truppen über die Grenze zu gehen, wo sie sich dem Befehlshaber der Streitkräfte der Ver. Staaten ergaben. Damit sind alle Regie rungstruppen aus dem Norden Mexikos ver trieben. Afrika. "Die französischen Truppenhaben einen starken Vorstoß in Jnnerafrika unternommen. Die Senussiheerhaufen wurden in verschiedenen Kämpfen geworfen. Die Franzosen haben verschiedene wichtige Stationen besetzt. l^eer und flotte. — Der älteste Sohn des rumänischen Thron folgers, Prinz Karl von Rumänien, ist. nunmehr in die preußische Armee eingerecht worden. Er ist L In suite des 1. Garde-Regiments zu Fuß gestellt und vom Tage seines Eintreffens in Potsdam ab bis auf weiteres zur Dienstleistung bei diesem Regiment zugelassen, in welchem Ver hältnis der Prinz zu der Uniform des Regiments Sie Dienstgradzeichen eines Oberleutnants anlegt. Prinz Karl sieht im 21. Lebensjahr. — Die bei der Militäreisenbahn beschäftigten Mannschaften erhalten neuerdings eine gründliche Unterweisung im Sanitäts- und Rettungsdienst. Diese Ausbildung hat sich mehr und mehr als bringend erforderlich erwiesen, denn naturgemäß liegt auch der Militäreisenbahn wie allen übrigen Eisenbahnverwaltungen die Pflicht ob, bei vor kommenden Unfällen für schnelle Hilfe zu sorgen und einen schonenden Transport etwaiger Ver wundeter sorglichst zu bewerkstelligen. Bei der Militäreisenbahn kommt jedoch noch die Fürsorge hinzu, daß bei Unfällen, die sich auf Schieß- und Übungsplätzen in der Nähe der Militäreisenbahn ereignen, etwa verletzte Soldaten mit . der Bahn in das nächstgelegene Lazarett zu befördern sind. Das Rettungswesen für Unfälle auf der Militär eisenbahn erfordert natürlich große Vorkehrungen. Die Unterweisung der. Mannschaften in erster Hilfeleistung erfolgt zweimal im Jahr. Auf allen größeren Bühnhöfen befindet sich ein großer Rettungskasten, der zum -Unterricht verwendet wirb. Dieser selbst liegt in der Hand von Sanitätsoffizieren. Kleinere Bahnhöfe und die Packmeisterwagen verfügen über einen klei neren Rettungskasten. Für Unfälle auf der Strecke wird stets ein Hilfszug mit Geräte» und Arztwagen bereit gehalten. Der Hilfs-Gerätezug setzt sich aus einem Wagen für Personenbeförde rung und aus einem Packwagen zusammen, der die Geräts für die Aufräumungsarbeiten und einen kleinen Rettungskast'en mit sich führt. Bei größeren Unfällen gibt . man. diesem Zug noch einen Arztwagen bei, den auf Grund eines Vertrages die preußische Stäätsbahn zu stellen hat. Auf Grund besonderer Vorkehrungen ist es möglich, den Arztwagen auf telegraphische An forderungen in schnellster Zeit zu stellen. Einmal im Jahr rückt der Hilfs-Zug nach unvermuteter Alarmierung zu einer Übung aus. Auch hält die Militäreisenbahn Packmeisterwagen zur Beförde rung von Verletzten bereit, die mit drei Bahren ausgestattet sind. Ein olcher Wagen wird im gewöhnlichen Betriebe benutzt, kann aber in wenigen Minuten für den Krankenttansport um gewandelt und eingerichtet werden. Der I^iebe j^ot. 1Sj Roman von Horst Bodemer. Da unterbricht sein Vater das Schweigen. „Such' dir aus dieser neuen Prüfung das Gute heraus, mag kommen, was da will, du bist in künftiger Zeit vor materieller Not ge- schützst Und wenn du glaubst, du wirst in der Ferne nicht mehr allein mit dir fertig, dann komm heim in deiner Ettern Haus und dünge auch mit deinem Schweiße die Scholle, die deine Väter mit dem ihren fruchtbar gemachst In der Heimat wirst du wieder feste Wurzeln schlagen können, in dem steten Ringen mit unsrer Mutter Erde!" . . . Heinz aber fällt dem Vater erregt ins Wort. -Äoch nicht, Vater -- noch nicht, aber ich glaube, der Tag wird kommen!" „An dem werden wir dich aufnehmen mit offnen Armen I —Aber noch eins, mein Junge! — Frau von Sommern wird vorläufig nichts von deiner Erbschaft erfahren, und du mußt mir als Ehrenmann versprechen, ihr ihre junge Ehe nicht schwer zu machen; das bist du ihr schuldig l" Heinz sieht erst den Vater verständnislos an, dann allmählich dämmert es in seinem Kopfe. „Vater, ich verspreche es dir, wenn du mir auf eine Frane klare Antwort geben willst!" „Auf welche?" „Hat Klara Herbart den Oberstleutnant von Sommern gehenatet, um mich vor Schaden zu bewahren, sich also für mich ge opfert?" „Ich glaub' es felsenfest, beweisen freilich kann ich's nicht! Sie ist mit den besten Vor sätzen die Ehe eingegangen, und Herr von Sommern ist ein ehrenwerter Mann!" „So ist doch anzunehmen, daß es meinet wegen geschah?" „Ja!" 16. Die Reutersche Erbschaft wurde von den weitläufigen Verwandten des Verstorbenen nicht angefochten. Die Formalitäten waren bald erledigt. Heinz bekam nach Abzug der Legate für Karl, den alten, treuen Diener, für die Wirtschafterin Marie und der Erb- fchaststeuer seinen Anteil in Höhe von vier- hundertsiebzigtausend Mark ausgezahlt. Er wollte das Geld seinem Vater zur Verfügung stellen. „Kauf Wernsdorf davon vom Domänen fiskus, später übernehme ich's doch einmal; wahrscheinlich komm' ich schon bald heim!" „Nein, mein Junge, behalte das Geld und lerne mit ihm wirtschaften, willst du später Wernsdorf an dich bringen, werd' ich schon sorgen, daß man's dir käuflich überläßt, sei froh, daß du über eine so heillos große Summe frei verfügen kannst!" Das einzige, was Heinz von seinem Vater erreichen konnte, war, daß er die Zahlung des monatlichen Zuschusses von hundert Mark einstellte. — Er änderte seine Lebensweise in der Gar nison nicht; nur seine Kleiderrechnungen wurden etwas größer — und einer Passion fröhnte er, er legte sich ein gutes Halbblut zu, eine Fuchsstute „Wallada". Auf die warf er sich, wenn ihn die Unruhe übermannte, ein fester Galopp war die beste Arznei für sein junges, so oft wild aufschäumendes Blust Der Kampf war bitter hart. Nun hatte er die Mittel in der Hand, und — sie war doch für ihn verloren, immer wieder klang es ihm in den Ohren: zu spät, zu spät, zu spät. Manchmal fürchtete er sich vor sich selbst, wenn das so weiterging, nahm es mit ihm doch noch ein Ende mit Schrecken. Dann fing er an zu grübeln. Wenn er damals die Uni form ausgezogen, hätte Klara Herbart sicher nicht so schnell den Oberstleutnant von Sommern geheiratet. Sie wäre heute noch frei gewesen, er hätte ihr das viele Geld in die Hand gedrückt und gesagt; „So, meine liebe Kläre, komm, nun wollen wir Werns dorf, das alte, liebe Haus und die Fluren, die meiner Väter Schweiß gedüngt, kaufen." Und der Vater? Welche Freude hätte der gehabt, wenn er gewußt hätte: Was ich da schaffe, was ich pflanze, es wird später nicht in fremde Hände übergehen, von denen man doch nicht überzeugt fein konnte, daß sie in die Fußtapsen der Rühlings traten, es würde weiter gehegt und gepflegt werden von eigenem Fleisch und Blut, liebe voll, mit Verständnis, treu den alten Tradi tionen und nicht mehr als Pachtung, sondern als Eigentum. Und immer wieder dröhnte es in seinen Ohren: zu spät, zu spät. DaS war zum Wahnsinnigwerden! Die Wochen gingen und kamen, der Dienst wurde anstrengender, die Tage wärmer und wärmer, die Zeit milderte seinen Schmerz, Heinz hatte sein seelisches Gleichgewicht fast vollkommen wiedergefunden. Dann und wann kamen noch Stunden, in denen er an Gott und der Welt verzweifelte, aber sie wurden seltener und seltener. Seine Vorgesetzten, vor allem sein Batteriechef, bemerkten es mit großer Freude, der junge Offizier schien über wunden zu haben. * * * Heinz' Geburtstag, der auf den fünfzehnten Juli fiel, kam heran. Wie es im Regiments üblich, wurde im Kasino eine Bowle angesetzt, die Batterieosstziere nahmen das Geburtstags kind in die Mitte, gegenüber saßen die besten Freunde. Auch sein Batteriechef nahm an Ler Feier teil, er hatte dem Tag mit Besorgnis entgegengesehen, aber sein Schützling war munter und guter Dinge. Manchmal warf er allerdings einen prüfenden Blick auf Heinz, der war ausge lassener denn je. So lustig hatte man ihn eigentlich noch nie gesehen, selbst früher nicht, als er noch seinem Spitznamen, „die Festrübe", alle Ehre machte. Den hatte er erhalten, weil er gern eine gute Zigarre rauchte. Er pflegte der Ordonnanz zuzurufen: „Nun aber schnell eine Festrübe her," sobald die Lichter auf dem Tische standen, das Zeichen, daß geraucht werden durste. Da sprang plötzlich Heinz vom Stuhle auf. „Herrschaften, ich hab' neu' guten Gedan ken — Herr Hauptmann müssen aber mit halten, sonst macht mir's keine reine Freude — wir ziehen jetzt alle miteinander in meine gemütliche Leutnantsbucht und begießen uns mal mit Sekt und Burgunder regelrecht die Nase. Morgen ist Sonntag, da können wir ausschlafen!" Einige waren dafür, andere dagegen, sein Hauptmann sagte schließlich:
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