Volltext Seite (XML)
Ein jugendlicher Brandstifter. Im Dorfe Immingerode auf dem unteren Eichs- feld wurde der 16 Jahre alte Sohn einer Witwe Nolte verhaftet, weil er eingestanden hatte, vier Brände angelegt zu haben, die innerhalb weniger Tage Dorf und Umgegend in Aufregung versetzt haben. Der Bursche scheint die Brandlegungen unter dem Bann einer krankhaften Veranlagung ausgeführt zu haben. Verhaftete Zigeunerbande. In Hohen- furt an der Elbe wurde die Zigeunerbande Ducka aus Hirschhorn am Neckar wegen Raub mordes am Gutsbesitzer Fröhlich in Leopold schlag verhaftet. Meuterei auf einem französischen Kriegsschiff. Eine ernste Meuterei ist an Bord des französischen Kreuzers „Desaix" im Hafen von Saigon ausgebrochen. 280 Ma trosen, welche sich über die Haltung des Zweiten Offiziers und die schlechte Kost be klagten, flüchteten in die Heizräume des Schiffes und weigerten sich, die Befehle der Offiziere auszuführen. Erst nach vielen Be mühungen gelang es, die Ordnung wieder herzustellen. Von seinem Vater erschossen. Der be liebteste Varietösänger von Paris, Harry Frag- son, der noch in verhältnismäßig jungen Jahren stand, ist von seinem Vater, einem 83jährigen Greise, durch einen Pistolenschuß getötet worden. Das Drama spielte sich gegen 11 Uhr abends in der Wohnung Fragsons ab. Der Sänger war eben zu Hause eingetroffen, um sich für die Nachtvorstellung in der „Alhambra", wo er als erste Anziehungskraft seit einem Monat «illabendlich seine Lieder zum besten gab, an zukleiden. Zwischen Vater und Sohn kam es, wie der Greis erzählt, zu einem heftigen Auf tritt, der damit endete, daß der alte Fragson seinen Sohn niederschoß. Es heißt, der Vater sei außer sich darüber gewesen, daß ihn der Sohn, der ein Jahreseinkommen von etwa 300000 Frank hatte, in ein Greisenasyl bringen -wollte. Französische Arsenalarbeiter als Ein brecher. In Toulon wurden sechs Arsenal- arbeiter verhaftet, die verdächtig sind, jüngst in dem Bureau der Marineartillerie einen Einbruchsdiebstahl verübt und aus einer eisernen Kasse etwa 60 000 Mark entwendet zu haben. Brand einer Londoner Filmfabrik. Ein Großfeuer zerstörte das Gebäude der Kino firma Pathü Freres in St. James Court in London. Tausende von Filmaufnahmen so wie die gesamte Einrichtung verbrannten. Achtzehn Dampfspritzen und 100 Mann der Feuerwehr bekämpften den Brand. Das Ge bäude wurde jedoch völlig ein Raub der Flammen. Das Personal blieb unversehrt, doch wurden zwei Feuerwehrleute schwer verletzt. Lebensmüde. Zeugen einer sonderbaren Szene wurden dieser Tage in London die Passanten der Waterloo-Brücke. Eine Taxa meterdroschke war mitten auf der Brücke an gelangt, als der Fahrgast stürmisch dem Kutscher das Zeichen zum Halten gab. Bevor der Wagen noch sttllstand, sprang der Insasse, ein gut gekleideter älterer Mann hinaus und lief schnurstracks auf das Geländer zu. Ehe ihn jemand hindern konnte, hatte der Lebcns- überdrüssige sich auf die hohe Brüstung ge schwungen und sich in weitem Bogen ins Wasser gestürzt. Die von allen Seiten herbei eilenden Neugierigen sahen dann aber, wie der aus der Flut auftauchende Mann mit kräftigen Stößen dem Ufer zustrebte. Dienst tuende Beamte der Themsepolizei hatten den Vorgang beobachtet und waren in wenigen Minuten mit dem Rettungsboot zur Stelle. Der erschöpfte und halberstarrte Schwimmer wurde an Bord gezogen und in Decken ge hüllt. Das eisige Bad hat dem übereiligen Selbstmordkand idaten einen tüchtigen Schnupfen verschafft, doch seinen Lebensmut zur Genüge aufgefrischt. Brandkatastrophe in New Bork. Aus New Dort wird gemeldet, daß dort eine Feuersbrunst ein fünfstöckiges Mietshaus im Ostbezirk zerstörte, wobei acht Personen um kamen und viele verletzt wurden. Eine unbe schreibliche Panik brach in dem brennenden, von ungefähr 60 Familien mit zahlreichen Kindern bewohnten Hause aus. Die Flammen schossen reißend die Treppen hinauf und von einem Stockwerk zum andern. Frauen mit Kindern auf den Armen kämpften wie wahn sinnig um die verbleibenden Ausgänge nach den Feuerleitern. Das entsetzliche Geschrei der in den oberen Stockwerken Eingeschlossenen war weithin vernehmbar. Eine ungeheure Menschenmenge umstand das brennende Haus und wuchs zu solchem Umfange an, daß der Straßenverkehr im gesamten umliegenden Viertel zum Stillstand kam. Beim Rettungs werk durch die Feuerwehr spielten sich die auf regendsten Szenen ab. Man glaubt, daß der Brand angelegt wurde. Das Feuer war in der Nacht ausgebrochen, als sämtliche Be wohner des Hauses schliefen. Dies erhöhte zur Verhütung von Unglücksfällen zu treffen. Ferner war der Kutscher Schmelzer mit einem Strafmandat von 10 Mark belegt worden, weil er beim Transport betrunken gewesen sein und die Löwen durch Stoßen gegen die Bretterwand des Wagens und durch Brüllen geneckt haben soll. Beide hatten gegen die Bestrafung richterliche Ent scheidung beantragt. Zeugen bekundeten,die Schuld der Angeklagten, und infolgedessen wurde die Strafe von 100 Mark gegen den Direktor Kreiser vom Schöffengericht bestätigt, die Strafe gegen den Kutscher Schmelzer aber auf 25 Mark erhöht. Oie Smnokner Mxikos. Bei der Einnahme von Chihuahua und anderen Städten durch die Aufständischen 8er!m im Scknee. noch die Panik. Die meisten retteten sich nur auf das notdürftigste bekleidet, auf die Stryße, wo sie unter der bitteren Kälte schwer zu leiden hatten. GericblsbaLLe. Leipzig. Die Löwenjagd in der Nacht vom 19. bis 20. Oktober beschäftigte das hiesige Schwurgericht. Der Direktor des Zirkus Barum, Artur Kreiser, war von der Polizei mit einem Strafmandat über 100 Markbeoacht worden, weil er es unterlassen hatte, die beim Halten von wilden Tieren erforderlichen Vorsichtsmaßregeln sind von Ausländern besonders die Spanier äußerst grausam behandelt worden. Darin spricht sich der altangestammte Haß aus, den die niederen Volksschichten in Mexiko seit Cortez' Zeit gegen ihre Unterdrücker hegen. Die große Masse der Mexikaner sind entweder Vollbluttndianer oder spanisch - indianische Mischlinge, Mestizen: Man nennt sie gewöhn lich beide Indios im Gegensatz zu der sehr dünnen Oberschicht der Besitzenden und Ge bildeten, die Cientificos heißen. Der Abstammung nach sind allerdings ja auch diese meist entweder Vollbtutindianer, wie Porfirio Diaz und Victoriano Huerta, oder Mestizen, und nur selten reine Kreolen, Abkömmlinge von nur spanischen Ahnen. Die Erhebung Francisco Maderos stützte sich auf die Massen der Indios, sie gingen gegen die Cientificos. Die heutigen Ausständischen, die Carranza, Villa, Zapata und Genoffen sind hierin die Nachfolger Maderos. Denn jede Revolution in Mexiko stützt sich auf die Massen der Indios, oder besser, jeder Revolution fällt diese Masse sofort zu. Die Indios sind von den Spaniern von Cortez (1619) an bis zum Sturz der spanischen Herrschaft (1810) fast drei Jahrhunderte hindurch wie Leibeigene aus gebeutet worden. Es ist auch in dem seitdem abgelaufenen Jahrhundert zu ihrer Hebung wenig geschehen. Leider hat hierin auch der frühere Präsident Porfirio Diaz, wenn auch einiges, so doch nicht genug getan: er hat die Unterlassungssünde mit seinem Sturz büßen müssen. Die Indios haben nur Sinn für das ihnen zunächst Liegende. Der Begriff Staat ist ihnen unbe kannt. Sie wissen nur von ihrer Dorfgemein- schaft, Pueblo. Bezeichnend für die Indios ist ihre von den Azteken ererbte Wildheit, die sich sowohl in unbesonnener Tapferkeit wie in grausamem Blutdurst und blinder Zerstörungs wut äußert. Ein zweifelhafter Vorzug ist die Unterwürfigkeit gegen den Dorfältesten oder den militärischen Führer. Die zum Kriegsdienst Gepreßten sind hinter her ihren Führern viel unbedingter ergeben als gebildete europäische Soldaten. Vor allem fallen sie immer dem zu, der die staatliche Ordnung aushebt und damit ihre erbärmliche Lage durch die Erlaubnis zum Plündern ver bessert. Zeigen sich irgendwo Aufrührer, so sind die benachbarten Rancheros, die Guts besitzer, zuerst verloren. Wenn sie sich nicht unter Preisgabe ihres Besitzes sofort in die nächste militärisch besetzte Stadt flüchten, wer den sie aufs schändlichste abgeschlachtet. Die Gutsbesitzer sind ja Besitzende, sind Cienti ficos. Ganz Nordmexiko ist daher da, wo die Räuberbanden Hausen, die sich Konstitutio nalisten nennen, eine nicht einmal für Tiere mehr bewohnbare Wüste. Sobald die Gegner Huertas wie in Sonora, und nach den neuesten Nachrichten auch in Durango, dazu übergehen, selbst eine staatliche Ordnung aufzurichten, haben sie die Indios sofort gegen sich, weil deren Rauben, Morden und Brennen dann aufhören soll. Wie eine mexikanische Regie rung, gleichgültig, ob die Huertas oder eine spätere, mit diesem allangestammten Übel auf räumen soll, ist schwer zu sagen. Das Richtigste wäre, Bildung und Besitz auch bei den niedrigsten Volksklassen zu fördern und damit die Kreise der Akademiker, Landbesitzer, Kaufleute, Handwerker, ja schon der bessern Fabrikarbeiter zu erweitern, also möglichst viele Indios zu den Cientificos herüberzu ziehen. Vor allem müßte ein Kleinbauern stand geschaffen werden, an dem es in Akrxiko fast völlig fehlt. verhüten. ^einiilckles. Eine Tollwutepidemie in Savoyen. Infolge der Nachlässigkeit der französischen Behörden, die im vergangenen Sommer bei einem Fall von Tollwut in Aix-les-Sains nicht sofort die nötigen Vorsichtsmaßregeln trafen, ist ganz Savoyen gegenwärtig von einer wahren Tollwutepivemie heimgesucht. Und das alles durch einen einzigen tollwütigen Hund, der eine Anzahl andere Hunde biß und so das Übel immer weiter trug. Im August mußten bereits acht Bewohner von Aix gegen Tollwut behandelt werden: dann griff die Seuche auf die benachbarten Ortschaften über, sodaß allein aus dieser Gegend im Pasteur- Institut von Lyon in den letzten Monaten 33 Personen behandelt wurden. Dazu tritt noch die Zahl jener Opfer, die in Paris oder auf dem Lande bei Wunderdoktoren oder wundertätigen alten Frauen Hilfe suchten. Dieser Tage erst biß der tollwütige Griffon eines Husarenleutnants von Chambery fünf Offiziere, und ebenso wurden in Bourget-du- Lac eine Reihe von Leuten gebissen. Erst jetzt hat sich die Behörde zu den notwendigen Schutzmaßnahmen entschlossen, um Unheil zu „Ja, das denke ich, denn er ist vor ein paar Tagen bei uns gewesen, und ich habe ihn noch zehnmal höher schätzen gelernt, als wie ich's schon tat, denn der Mann besitzt Herzenstakt, der dir, Gott sei's geklagt, zu fehlen scheint!" „Sehr freundlich, lieber Vater!" „Ich bin nicht hier, um dir um den Bart zu gehen, sondern dir Raison beizubringen, und ich hab' wohl als dein Vater ein Recht dazu, zu verlangen, daß du nicht erbärmlich, sondern vornehm handelst. Daß ich dich schwer verwunden mußte, hab' ich vorher gewußt, und wie schwer das einem Vater wird, kannst du gar nicht ermessen, mein Junge, aber ich habe vor Gott und den Menschen^ die Pflicht und Schuldigkeit, meine Hände über mein eigen Fleisch und Blut zu Halten, Heinz" — Tränen schimmerten in den Augen des Oberamtmanns, — mach' nicht Mutting und mich unglücklich fürs ganze Leben!" Das war zuviel für den jungen Offizier! Wie er den Vater so vor sich stehen fah, der mit den starken Fäusten das Naß aus seinen Augen wischte, brach er auf dem nächsten Stuhl zusammen. Worte fand er nicht gleich. Der Oberamtmann war ans Fenster getreten und sah hinaus, er, der sturmerprobte Mann wollte seinem Jungen die Tränen nicht zeigen, die ihm über die Wangen in den langen Voll bart rannen. Stürmisch hob und senkte sich seine breite Brust, Heinz hörte, wie sein Atem flog, er blickte hin, der ganze große Mann schien zu zittem, er, der selbst beim ärgsten Hagelwetter die Ruhe nicht einen Augenblick verloren, sondern nur die Kappe vom Kopfe gezogen und gesagt: .Herr, Dein Wille ge schehe.' Da stand er auf, trat auf den Vater zu, umschlang ihn von hinten, als wollte er sich an ihm festhalten und sagte. „So schwer wie mir's wird, um Muitings und deinetwillen, werde ich versuchen mit mir fertig zu werden!" Rasch drehte sich der Vater um und sieht seinem Sohn zweifelnd in die Augen, und als er in das junge, gramzerrissene Gesicht seines Jungen blickt, nimmt er ihn an seine breite Brust, kein Wort kann er vor Rührung sprechen. „Bleib' noch ein oder zwei Tage bei mir Vater," sagt endlich Heinz. „Gern, mein Junge, solange du willst, ich bin doch nicht nur dein Vater, sondern auch dein bester Freund!" Mit feuchten Augen nickt ihm der Sohn zu. „Und nicht wahr, Heinz, du wirst ohne Bitternis an Fräulein Herbart denken?" „Wenigstens versuchen will ich's!" „Sie hat's um dich verdient," erwidert der Vater ernst, fast feierlich. 13. Der Oberamtmann blieb noch mehrere Tage bei Heinz. Dessen Batteriechef setzte ihm während dieser Zeit nur wenig Dienst an, so daß der junge Offizier fast immer mit seinem Vater zusammen sein konnte. Und das war gut so, denn Heinz litt unsagbar schwer! Klara Herbart die Braut eines anderen! Er hätte kein Mensch von Fleisch und Blut sein müssen, wenn ihm das nicht furchtbar nahe gegangen wäre. Der Vater las im Herzen seines Sohnes, er hatte Angst um ihn und schob den Tag der Abreise immer hinaus. Er schlief auf der Chaiselongue in Heinz' Wohnung; der bot ihm das Bett an. „Nein, mein Junge, du bist jetzt krank, deine Nerven sind kaput, begreiflicherweise, da be darfst du aller Bequemlichkeiten, leg' dich nur in deine Klappe, ich liege hier sehr gut!" Trotz aller Bitten war der Vater nicht zu bewegen, das Nachtlager mit Heinz zu tauschen. Der lag meistens wach in seinem Bette, erregt arbeiteten seine Gedanken. Bin ich denn ein Irrer oder ein Kranker, fragte er sich, daß ich des Wärters bedarf? Oder ein Ge fangener, auf den man aufpassen muß, daß er nicht entwischt? Und wenn er dann ruhiger wurde, sagte er sich: der gute Vater hat Angst, daß ich mir ein Leids antun könnte oder sonst eine Dummheit begehe: so nötig er in Werns dorf ist, er wird hierbleiben bis sich mein er regter Zustand gebessert. Wie hatten den Vater seine Reden er schüttert, als er im jugendlichen Ungestüm nicht einwilligen wollte, Klara Herbart auf zugeben! Geweint und geschluchzt hatte er wie ein Kind. Da zwang die Sohnesliebe seine Nerven zur Ruhe, um der Eltern willen wollte er den harten Kampf siegreich bestehen, arbeiten bis zum Zusammenbruch, vielleicht gab es dann für ihn eine neue Auferstehung, vielleicht — aber er glaubte nicht daran. Und der Vater sah das Ringen seines Sohnes und dankte Gott, daß er aus dem Jungen einen Mann werden ließ, der Tag kam ja im Leben fast einem jeden, an dem der letzte Schieier fiel, an dem die Einsicht kam, an dem man bekennen mußte: Ist irgend was gewaft'ger als das Schicksal, so ist's der Mut. der's unerschüttert trägt. Gnade Kott Lenen' die das Schicksal aus dem Sattel warf! Wie viele brachen dabei das Genick oder lagen auf dem Pflaster des Lebens — für immerdar! — Vor seiner Abreise ging der Oberamtmaun zu Heinz' Batteriechef und sagte ihm die volle Wahrheit. Er schloß mit den Worten: „Bitte, nehmen Sie sich meines Jungen an, er ringt ehrlich mit sich selbst, und wollen Sie das Maß Ihrer Güte voll machen, so nehmen Sie ihn manchmal an den langen Winter abenden bei sich auf, der Verkehr mit edlen Frauen kann da am meisten tun und — rühren Sie nicht an seiner Wunde!" Der Hauptmann versprach es gern, er hatte seinen Leutnant liebgewonnen, schätzte seinen Pflichteifer, seine Tüchtigkeit. Er redet« mit seinen Freunden vertraulich über Heinz, aucy mit dem Abteilungs- und Regimentskomman deur, und dieser wieder gab seinem Adjutanten, dem Oberleutnant von Harryhausen, Befehl, unauffällig über den Leutnant Rühling zu wachem — * * * Wesentlich beruhigt reiste der Oberamt mann ab. Sein Junge erfreute sich im Re giment eines guten Rufes, und seine Vorge setzten hielten die Hände über ihn, damit er nicht Schiffbruch leiden würde. — In Frankfurt besuchte er noch einmal seinen Freund Reuter. Der lag apathisch in seinen Kissen, nur ein flüchtiges Lächeln zeigte an, daß er seinen alten Freund Rühling erkannte. Ml» (Forhetzung wlgt.)