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MUche Elbjeitung. Amts- un- AnzeLgeblOtt für das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zn Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sächs. Elb-Zettung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postanstalten, sowie durch die Expedition dies. Bl. für 1 Mark viertcljährl. zu beziehen. — Inserate für das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh v Nhr, für das SonnabcndSblatt spätestens bis Freitag früh v Nhr erbeten. — Preis für die ge spaltene CorpuSzeilc oder deren Naum 10 Pf., Inserate unter 6 Zeilen werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach Uebcreinkunft.) — Inserate für die Elbzeitung nehmen an in Hohnstein Herr Bllrgcrmstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annoncen-VürcauS von Haasenstcin <L Vogler, Jnvalidcndank und Nud. Mosse. 88, Schandau, Sonnabend, den 12. December 1885. Bekanntmachung, die Wiedereröffnung der Schifferschulen betreffend. Mit Genehmigung des Königlichen Ministerium dcö Innern wird auch in diesem Winter an den Schisfcrschnlcu zu Schandau, Königstein, St. Wehlen und Pirna itt den zur gedeihliche» Führung des bcrnfömäßigcn Schiffcrgewcrbcs erforderliche» Gegenständen, Unterricht crthcilt werden. Indem die nntcrzcichncte Dircction die bcthciligtc» Schiffsmannschaften, inödesonderc diejenigen, welche sich z» der vor der Königlichen Amtöhanpt- Mannschaft Mirna als Elbstromamt abznlegcnden StenermannSprÜfttNg vorzndcrcitcn gedenke», hiervon in Kenntnis; seht, werden dieselben gleichzeitig znm fleißigen Besuche dcö bevorstehenden Nnlcrrichtscnrsnö anfgcfordcrt. Die Auincldung zur Thcilnahme am Unterricht hat bei den mit der Spccialaufsicht der einzelnen Schisferschnlen betrauten Localvorständcn und zwar in Schandau: bei dem Stationövorstand der Nordwest-Dampfschleppschifffahrtö-GeseM Herrn Carl Hering in Schandau, iu Königsteinr bei Herrn Schifföhcrrn Carl Nitzschner in Halbcstadt, in St. Wehlen: „ „ „ Oswald Richter in St. Wehlen, in Mirna „ „ „ Hermann Mraster in Pirna. zu geschehen, bei welcher Anmeldung gleichzeitig der Betrag von 3 Mark zn entrichten ist. Der Tag dcö Beginns des Unterrichts sowie die Unterrichtsstunden werden von den Localvorstände» noch besonders bekannt gemacht. Dresden, den 5. December 1885. Königliche Direktion der Schifferschulen. Banrath Löhmann. Das Ende des Carolmcnftreites. Ans Madrid ist dieser Tage die bedeutsame Knude ciugctroffcn, daß der spanische Ministcrrath dem mit Deutschland unter Vermittelung dcö Papstes abge- schlossencn Vertrage wegen dcr Carolincninseln unver ändert seine Zustimmung crthcilt hat. Da zugleich jede» Tag die Unterzeichnung und Veröffentlichung dcö SchlnßprotocollS zu den deutsch spanischen Ver handlungen erwartet wird, so kann man endlich die Carolincuangclegcnhcit als erledigt betrachten und zwar, falls die über de» Inhalt des betreffenden Ver trages bereits conrsircndcnMitthcilnngcn dem wirklichen Sachverhalte entsprechen, in einem für beide bcthci ligtc Parteien befriedigenden Sinne. Deutschland würde hiernach, um dcu Hauptpunkt hcrvorznhcbcu, die Sou- vcränctät Spaniens über die Carolincninseln aucr- kcunm und dafür als spanische Gegenleistung daö Recht erhalten, ans dem gestimmten Archipel freien Handel und freie Schifffahrt zu treiben, sowie auf einer oder mehrere» Inseln Kohlcnstatioue» auznlcgc». — Mit der Beilegung des CarolincnstrcitcS hat eine der selt samsten Affaircu auf dem Gebiete der uencstc» curo päischcn Politik ihr Ende gefunden, wir geben noch mals in allgemeinen Umrissen eine Analysis dersel ben. Zwei große Nationen streiten sich nm daö Bc- sitzrccht einer Inselgruppe im fernen Weltmeer, welche, obgleich, über verschiedene Breitengrade ausgedehnt, den Flächeninhalt dcö Fürstcnthnmö Reuß ältere Linie nur um wenige Quadratkilometer übertrifft. Wäh rend man in Madrid mit langen Noten und vergilb ten Docnmeuten die Priorität der Ansprüche Spaniens zu beweisen sucht, ziehen deutsche Kriegsschiffe auf dcu strittigen Inseln die schwarz-wciß.rothc Flagge ans. Die Kunde von dem thatkräftigcu Vorgehen der Deutschen ruft iu ganz Spanien einen Schrei der Ent rüstung hervor, der spanische Nationalstolz fühlt sich tief verletzt und macht sich in drohenden Knndgcbnngcn gegen Alles, was dcnlsch heißt, bis znr Lächerlichkeit breit; den Gipfel dieser Demonstration bildet die Be schimpfung und Zertrümmerung des deutschen Gc- saudtschaflswappenS in Madrid. Trotz alledem bewahrt Deutschland seine Ruhe und erklärt sich bereit, in sach liche Verhandlungen cinznlrctcn, aber die spanische Negierung, unterstützt von der im Volke fortdauern den deutschen Strömung, will sich auf gar keine Ver handlungen, die nicht auf Anerkennung des Besitzrcchtcö Spaniens basircn, cinlasscn, sie lehnt auch das Pro- ject eines europäischen Schiedsgerichts ab, die zwischen Berlin und Madrid gewechselten Noten nehmen einen immer kälteren Ton an, jenseits der Pyrenäen er örtert man schon ganz ernsthaft die Chancen eines Krieges gegen Deutschland — knrz, die Krisis, welche die ganze europäische Politik beherrscht, ist auf ihrem Höhepunkte angelaugt. Da überrascht, ja verblüfft der leitende deutsche Staatsmann die Welt durch einen seiner genialen diplomatischen Schachzügc: Er schlägt dem Gegner die Vermittelung des Papstes vor, welche Spanien als katholische Macht nicht ablehucn kann und die Unterhandlungen lenken, wenngleich sie noch! einen langwierigen Charactcr tragen, allmälich in ruhigeres Fahrwasser ein, auf beiden Seiten zeige» sich immer versöhnlichere Dispositionell, der durch das Ableben Alfonso'S XII. in Spanien hcrvorgcrnfcnc Ministerwcchscl beschleunigt sogar die friedliche Ent, Wickelung der Dinge, bis nnu endlich der Ausgleich auf der oben erwähnten Grundlage erfolgt ist. Es fehlt in Deutschland nicht au Stimmen, welche den Verlauf der Carolincufragc als eine Niederlage der deutschen Politik und deren Nachgiebigkeit gegen- über den spanischen Ansprüchen als Schwäche bezcich neu. Nnn, Deutschland wäre eö doch wahrlich ein Leichtes gewesen, eine ansehnliche Kriegsflotte nach den Carolinen oder auch au die spanischen Küsten zu schicken und seine Ansprüche ans das Streitobjekt mit Gewalt zu behaupten. Aber eine solche Handlnngö- wcisc hätte mit dem ganzen, ailSgcsprochcn friedlieben den mid gemäßigten Charactcr dcr dcntschcn Politik in Widerspruch gcstaudcn mid ei» sich hieraus wahr scheinlich entwickelnder Krieg mit Spanien wäre außer dem doch kcincnfalls jener paar Schollen Erde wcrth gewesen. Kein patriotischer Deutscher wird cS darum dem Fürsten Bismarck verdenken, daß er lieber nach gab, soweit dies unsere nationale Ehre und Interessen cS gestatteten, als unsere gcsammtcnBeziehungen zn einer nuö bisher bcfrcnndet gewesenen Nation anf'ö Tiefste zn schädigen; mich hat ja Deutschland seine Wünsche im Großen nud Ganzen dnrchgcsctzt. Wenn aber ferner behauptet wird, daß durch die Carolincuasfairc zum Mindesten die handelspolitischen Beziehungen DeMschlaudS zu Spanien bedenklich erschüttert seien, so ist dem einfach die Thatsache cutgegcnzuhalten, daß daö Ministern»» Sagasta zugleich mit der Gcnchmig- uug des Caroliucuvcrtragcö die Verlängerung dcö im Jahrc 1887 nblaufendeu Haudclsvcrtragö mit Deutsch land bis zum Jahrc 1892 ausgesprochen hat. Dieser Hinweis dürfte wohl genügen, nm die handelspoliti schen Beziehungen dcö deutschen Reiches zu Spanien im besten Lichte erscheinen zn lassen. Zur europäischen Lage. Nur nur wenige Wochen trennen »nS von dem Zeitpunkte, an welchem das alte Jahr seinem jagend frischen Nachfolger die Herrschaft nbtrctcu wird, und ein Blick auf die allgemeine politische Lage, wie sic sich gegen den Jahreswechsel hin darstcllt, erscheint nm so gerechtfertigter, als sic gerade Heuer in mancher Be ziehung durchaus vom Scheine dcr Ungewißheit bedeckt ist. Dcu Brennpunkt der europäischen Politik bildet nach wie vor unbestritten die Balkankrisis und cs be darf wahrlich keiner große» Prophctmgabc, m» vor- herz»sagen, daß diese Krisis i» ihrer he»tige» verwickel te» Gestalt »och in daö neue Jahr hincinspiclc» wird. Vo» jeher habe» sich gerade auf der Balkauhalbinsel die verschiedenste» Interessen gekreuzt und cS bedurfte immer nur eines äußeren Anlasses, nm diesen Jutcr- csscnstrcit an daö Tageslicht zu bringen. So ist es mich mit der jüngste» Ausgabe der orientalischen Frage. Die Proclamation der bnlgarischcu Union hat wiederum die verschiedenartigsten Interessen im Südostcn Euro pas zu cincmdcr in Gegensatz gebracht, nud wollte man Pessimisten glauben, so! wäre dcr scrbisch-bnlga« rische Couflict nur dcr Vorläufer zu viel bedenklicheren Verwickelungen zwischen den europäischen Großmächten selbst. Indessen, so verzwickt sich auch heute die Balkan« krisiö darstcllt, so darf man an einem befriedigenden befriedigenden AnSgcmgc derselben doch noch lange nicht verzweifeln. Es läßt sich ja nicht längucn, daß Oesterreich mehr oder weniger hinter Serbien steht, nud anderseits Rußland der bnlgarischcu Sache nichts weniger als feindlich gesinnt ist nud noch vor einigen Jahren wäre vielleicht dieser anscheinende Gegensatz zwischen Oesterreich und Rußland eine höchst beim« rnhigcudc Erscheinung für Europa gewesen. Aber seitdem haben wir Skicrniewiczc nnd haben wir Krem, fier erlebt, von Gastein und Ischl ganz zn schweigen, nnd diese Zusammenkünfte dcr drei mächtigstcn Monarchcn Europas haben gewiß ihre nachwirkendc Kraft auch bis hentc bchaltcn, welche selbst die micrwartctcn Ereignisse in Philippopcl nicht zu beeinträchtigen vermögen. Die Bcnrthciluug der wahren Beziehungen dcr Mächte zn ciuandcr lediglich ans Grnnd gewisser äußerlicher Erscheinungen nnd Vorgänge ist überhaupt immer ein sehr mißlicher Calcül. Dies gilt auch von der augcn- blicklichcn Lage auf dcr Balkanhalbiuscl, wenngleich sich hier nnd da die Wege der österreichischen und dcr russischen Politik zu kreuzen scheinen, so erheischen doch die beiderseitigen Interessen vielmehr einen freund« schaftlichcn Ausgleich als ein scharfes Anfeinander- platzen, außerdem kann man auch mit Gewißheit an« nehmen, daß Deutschland sein vermittelndes Wort nöthigcufallö znr Geltung bringen wird, znmal, wenn sich die Nachricht von dcr Einbcrufnng einer ncncu Confcrcnz zn Beschwörung dcr orientalischen Krisiö in Berlin bestätigen sollte. — Alles in Allem ge« nommeu, erscheint sonach die gegenseitige Stellung dcr Kaiscrmächtc in dcu Aalkamvirrcu nicht danach an- gcthmi, nm letzteren einen unheilvolle» Einfluß auf die künftige Gestaltung dcr europäischen Lage znznschrciben, wenngleich nm Ende da nnd dort noch ein „dunkler" Punkt anfzuhcllcn ist. Es bliebe nur noch die Frage »ach der Haltung dcr übrigen Großmächte übrig. Nun, was Frankreich nnd Italien anbclaugt, so sind diese in dcr jetzigen Balkankrisiö nnr wenig hcrvorgctretcn; Italien hat auch in der That gegenwärtig »och zu viel mit seine» innere» Verhältnisse» z» th»», als daß cs sich jetzt wieder in dnS Fahrwasser abenteuerlicher anöwürtigcrPolitik stürzen sollte, und waö Frankreich au« belangt, so wird dieses Land zur Zeil durch die Tonking- Asfaire in einer Weise in Anspruch genommen, die ihm nur eine sehr beschränkte Thcilnahme an de» Balkauaugclegcnhciten gestattet. Eö bliebe demnach noch England, nnd da muß man allerdings gestehen, daß sich dcr englische Einfluß bei dcu Vorgäugcu auf dcr Balkanhalbiuscl nnschwcr uachweiscn läßt, spccicll namentlich bezüglich der Regelung der ostrumelischen Frage und führt man besonders die Sistirung der Abreise des türkischen anßerordcntlichcu Commissar für