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MMc Elbzeitung. Amts- uvö Anzeigeblatt für das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. 83. Schandau, Sonnabend, den 17. October 1885. Der neue Statthalter von Elsaß- Lothrinqcn. Bekanntlich hat der Kaiser an Stelle des ver ewigten Gcncralfcldmarschallü von Manteuffel den bisherigen dcnlschcn Botschafter in Paris, den Fürsten von Hohenlohe, zum Statthalter von Elsass-Lothringen berufen und inan darf wohl sagen, daß für diesen wichtigen Posten kann, ein befähigterer Staatsmann gefunden werden konnte. Fürst Hohenlohe hat im langjährigen Bolschaftcrdicnstc in der sehr dclicatc» Stellung zu Paris das Vcrtrancn des Kaisers und des Reichskanzlers im hohe» Maße gerechtfertigt und mit allen einschlägigen politischen Verhältnissen bekannt, mußte sich für die den Franzosen entrissenen Reichs- laude Elsaß-Lothringen Fürst Hohenlohe ganz beson ders als Statthalter eignen. Fürst Hohenlohe ist eben, was vielleicht noch nicht genügend bekannt ist, Diplo mat und Staatsmann zugleich und diese Eigenschaften dürften ihn ganz besonders befähigen, die bald diplo malische Geschmeidigkeit, bald staatsmännische Strenge erfordernde Negierung Elsaß-Lothringens zu leiten. Ganz besonders muß auch dem Fürsten Hohenlohe dessen hohe nationale Gesinnung bewundert werden, die vielleicht einer der Fnclorcn gewesen ist, die bei seiner Ernennung zum Statthalter Elsaß-Lothringcuö de» Ausschlag gaben. Die ganze politische Vcrgangcn- hcit des Fürsten bezeugt, daß sei» Leben und Streben im hohen Maße dem nationalen Fortschritte und dem Wicdcranfblühcn des dcnlschcn Reiches geweiht war. Im Jahre 1819 als Sohn des Fürsten Franz Josef von Hohenlohe Schillingsfürst geboren, widmete sich Fürst Chlodwig Karl Bictor von Hohenlohe Schillingsfürst nach beendigten Studien der preußischen BcrwaltnngSlaufbahn, übernahm aber einige Jahre später die Verwaltung seiner StandcShcrrschaft Schil lingsfürst. Wegen seines Grundbesitzes in Bayern wnrdc der Fürst erblicher Ncichsralh in den daher scheu Kammern und vertrat als solcher sehr energisch die nationale und liberale Richtung. In der schweren politischen Krisis des Jahres 1866 hielt Fürst Hohenlohe im baherschcu^cichörathc eine berühmte Rede, in welcher er die Znknnft Bayerns durch einen engen Anschluß n» einen deutschen National staat gesichert wissen wollte und wnrdc darauf noch in demselben Jahre als Nachfolger dcö Ministers v. d. Pfordtcu bayrischer Ministerpräsident. Was der Fürst von Hohenlohe in dieser hohen Stellung wäh rend der kritischen Jahre 1866 bis 1870 für den Auf bau dcö deutschen Reiches und den Anschluß des Südens an den Nordens gcthan hat, sichert ihm ein unver gängliches Denkmal in der Geschichte der deutschen Nation zu. Auch an dem Auöbane der Ncichövcr- fassung nnd deren Annahme durch Bayern im Jahre 1871 hatte Fürst Hohenlohe, obwohl er damals von den Elcricalcn und Particnlaristcn in Bayern zum Rücktritte von seinem Miuistcrpvstcn veranlaßt wurde, hohen Anthcil. Fürst Hohenlohe kannte aber auch später seine Stellung. Er wnrdc Ncichöiagöabgcord- nctcr für Forchheim nnd Mitglied der Neichspnrtci und dcö ersten Reichstags erster Viccpräsidcnt, und Ncichstagöabgcorduetcr blieb der Fürst auch daun, als ihn das Vertrauen des Kaisers im Jahre 1874 zum Botschafter in Paris berufen hatte, als die Entlassung dcö Grafen Arnim unglückseligen Angedenkens noth- wcudig geworden war. Einem solchen Staatsmann folgt nnu auch das volle Vertrauen der ganzen Nation auf dcu vcrautwvrtnngövollcu Statthaltcrpostcu in Elsaß-Lothringen, wo noch manche schwierige Frage geregelt werden muß. T a q esgeschichte. Sachsen. Schandau. Gcwcrbcvcrciu. Die nm Donuerstag Abend in dem ucurcstanrirtc» Hegen- barth'schcn Etablissement nbgchaltcne diesjährige Ge neralversammlung, welche sich eines ziemlich regen Besnchcö zu erfreuen halte, wnrdc durch dcu Vor sitzenden Herrn Schuldircetor Dreßler mit einer kur zen Begrüßung eröffnet, an welche sich die Erstattung dcö nmfangrcichcn Jahresberichtes schloß. Der Herr Vorsitzende gab einen lichtvollen Ucbcrblick über die Thätigkcit dcö Vereines, dessen Mitglicdcrzahl trotz eines Abganges von 21 Personen von 287 auf 304 Personen gestiegen sei und verlieh dem Wunsche Aus druck, daß auch in dem neuen Vercinöjahr sich daö Interesse der Mitglieder in der altbewährten Weise wiederum bcthätigcu möge. Der Vcrciuöcassircr Hr. Lcwnhu 8vu. trug sodann den Rechenschaftsbericht vor. Derselbe weist einen Ucbcrschnß von 783 Ak. 54 Pf. baar, svwic ein Stammvcrmögcn von 2300 Akk. in Wcrlhpapicrcn, welch letzteres sich nach dem dcrmali- gcn Eouröstand noch um 325 Ak. erhöht, auf. Nach dem die Prüfung der Rechnung den Herren Buchhal ter Fiedler uud Tischlermeister Zschaler als gewählten Rcchuungörcvisorcu überwiesen worden war, rcfcrirtc der Herr Vorsitzende über die im Sommerhalbjahr zahlreich cingclaufcnen Eingänge, brachte nameullic die Antwort dcö Königl. Finanz-Akinistcrinmö au dic vom Vereine ciugcrcichtc Petition, die Errichtmi; eines Winterhafens bei Wcndischfährc bctr., zur Kennt- niß der Versammlung. Dieselbe lautet wörtlich: „Wenn in der Eingabe vom II. Februar hcrvorgehoben wird, daß cS auf der Oberclbe au einer sicheren Wiutcrstellung für dic Schifffahrt mangle, so entbehrt diese Behauptung der Begründung, indem in den Ausmündungen der Wesenitz und Lachsbach, sowie in den mit nicht unerheblichen Opfern Seiten des StaateS hergcstclltcn und unterhaltenen Häfen zu König stein und Postelwitz einer größeren Anzahl von Schissen eine sichere Winterstellung geboten wird. Obschon nun für den Staat überhaupt irgend welche Verpflichtung zur Herstellung von Wiiilerhäfen ans Staatskosten nicht besteht, so ist derselbe doch jederzeit bereit, dic Anlegung solcher Anstalten nach Be dürfnis; zu befördern, und es hat deshalb das Finanz-Ministerium, nachdem dic Anzahl der die sächsische Elbstreckc befahrenden Schiffe sich in den letzten Jahren in ganz außerordentlicher Weise vermehrt hat und die vorhandenen Winterhäfen dem Be dürfnisse zu allen Zeiten nicht mehr völlig genügen, bereits seit längerer Zeit dic Frage wegen Vermehrung der Winterhäfen in Erwägung gezogen und hierbei insbesondere auch dic von dem Gewerbevereine gewünschte Hafenanlagc bei Schandau näher erörtern lassen. Hierbei hat sich jedoch die in Kreisen der Schisffahrtsintercssenten anscheinend vielvcrbreitetc, auch in der Eingabe des Gewerbevereins wieder ausgesprochene Ansicht, daß hierdurch zugleich den Interessen der Zoll- und Eisenbahn- Verwaltung gedient werden würde, als unbegründet hcrans- gcstcllt. Werden aber hiernach bei Projectirung dieser Anlage nur die Jntcresseu der Schifffahrt berücksichtigt, so wird, selbst wenn dieselbe dergestalt beschränkt swird, daß der Hafen nach seiner Vollendung nur etwa für 30 größere Schiffe Naum bietet, doch auch in so reducirten Verhältnissen dic Anlage nach approximativer Schätzung noch immer einen Kostenaufwand von etwa 30000» Mk. erfordern. Eine auch nur anuähernde Ver zinsung einer so erheblichen Anlegesummc etwa aus den Hafen gebühren ist keinesfalls zu erwarten, da diese erfahrungsgemäß kaum den mit der Unterhaltung und Beaufsichtigung verbunde nen Aufwand decken. Bei solcher Sachlage ist nun dic Staats- rcgicrung, falls sie sich, zumal' mit Rücksicht auf die bedeuten den Summen, welche schon jetzt jährlich vom Staate für die Unterhaltung und Verbesserung des Fahrwassers aufgeweudet werden, nicht dem begründeten Vorwurf aussetzeu will, daß sic vielscitig dic Elbschisffnhrtsintcressenten auf Kostcn deS Lan des vor anderen Industriezweigen bevorzuge, welche ohne jede Staatsunterstützuug für den mit dem Geschäfte verbundenen Negieaufwaud aufznkommen haben, so lange völlig außer Staude, den Wünschen des Gcwerbevereins zu entsprechen, als die Schisffahrtsinteresscnten nicht selbst in wirksamer Weise die Ausführung unterstützen. Demgemäß hat das Finanz-Mini sterium als Bedingung für die Ausführung der fraglichen An lage zu bezeichnen, daß, soweit nicht die Anlagesumme von den Vetheiligteu durch Baarzahlung gedeckt wird, die Verzinsung des vom Staate nufgcwendcten Anlagekapitals nach Höhe von 3 jährlich Seiten der Schisffahrtsintcressentcn gewährleistet wird." Außerdem geschah unter Eiugäugeu einer Zuschrift der Handels- uud Gcwerbckammcr zu Dresden, die Eugnotc über dic Beschäftigung gewerblicher Arbeiter an Sonn- und Festtagen, sowie eines Schreibens des Architekten Gnrlilt in Dresden wegen Errichtung einer Ortsgruppe deö deutsche» SchulvcrciuS in Schandau besonderer Erwähnung. Dem Vorschläge dcö Herrn Vorsitzenden, alö VersammlungStag den Donnerstag nnd alö Monntöbcitrag die Snmme von 20 bei- znbchaltcn, wnrdc zngcstimml und sodann zur Nor- staudöwahl vcrschrittcn. Obgleich der bisherige ver dienstvolle Vorsitzende einer Wiederwahl wegen Ucber- häufnng mit Dicnstgcschäftcn, sowie ans anderen Grün den von vornherein ablehncn zn müssen glaubte, ließ derselbe sich doch, nachdem Herr Stadtrath Mncllcr der Hoffnung Anödrnck gegeben, daß der Entschluß dcö Hcrru Schuldirektor Dreßler, dessen umsichtige uud au Erfolgen so reiche Leitung der Verein gerade bei dem bevorstehenden 25jährigcn Stiftungsfeste nicht würde entbehren können, nicht unabänderlich feststchc nnd sein Antrag, den seitherigen Vorstand wicdcrzu- wählcn, cinmüthigc Znstimmnng gefunden hatte, zur Wiederannahmc der Wahl bewegen. Auch dic übrigen wiederum in den Vorstand berufenen Herren Schlosser- meister Schmidt, Buchhändler Lcwnhu 8oi>., Julius Anders und I)r. Rößler erklärten sich znr Fortführ ung ihrer Functionen als stellvertretender Vorsitzender, Kassircr, Archivar nnd Schriftführer bereit. Sämmt- lichen Vorstandsmitgliedern wnrdc auf Antrag des Herrn Stadtrath Mncllcr hierfür sowie für ihre seit herige Geschäftsführung der Dank der Versammlung durch Erheben von den Sitzen ausgesprochen. Einem weiteren Anträge des Herrn Stadtrath Mncllcr ent sprechend wnrdc beschlossen, von Wcitcrvcrfolgnng des Elbhafcnprojcctö durch Einreichung einer Petition an die Stäudcvcrsammlnng in dieser Finanz-Periode ab- znschcn, da dem Landtage feiten der Negierung eine Vorlage behufs Anlegung eines ElbhafcnS bei Nicsa zngchcn werde und zwei derartige Projekte schwerlich ans Annahme rechnen könnten; nnfgcschoben sc: nicht aufgehoben! Möge der Gcwcrbcvcrcin, welcher in dem kommenden Winter auf 25 Jahre erfolgreicher Thätigkcit znrückblickcn kann, nicht müdc werden, die Interessen dcö gcwcrbtrcibcndcn Standes kräftig zn vertreten, möge er sich durch zeitweise cintrctcudc Hiudcruissc von der Verfolgung seiner Zwecke nicht abbriugcn lassen, nur Beharrlichkeit führt zum Ziel! — Sonntag Nachmittag 3 Uhr fcicrt dcr Pirnaer Krciövcrcin für innere Mission in Nciuhardödorf sein Jahrcöfcst. Die Predigt hält dcr noch in gutem An denken stehende frühere Pastor Leonhardi, an den Gottesdienst schließt sich eine Vcrsnmmlnng im Gast hofe zn den drei Fichten, in welcher Mitthcilnngcn anö dcr Arbcit dcr inncrcn Mission gemacht werden. Wir machen hierauf uoch bcsoudcrö aufmerksam, nm zur Thciluahmc darau aufzufordcru, und erinnern da ran, wie anregend dic Versammlung verlief, als im Jahre 1881 daö Wandcrfcst desselben Vereins hier in Schandan gehalten wnrdc. — Wcr scinc Hanölistc, die Einschätzung znr Ein- kommcnstcncr betreffend, noch nicht wieder abgegeben hat, beeile sich, dieses baldigst zn bewirken; eine Un terlassung zieht nach Befinden eine Strafe bis zn 50 Mark nach sich. — Vom 2. Januar bis mit 10. Octobcr d. I. gelaugten inSgcsammt 6673 beladene Fahrzeuge beim hiesigen Hanptzollamte znr Abfertigung. — Das am Mittwoch im Hcgenbarth'schcn Eta blissement veranstaltete Conccrt war leider sehr schwach besucht, was um so mehr zu beklagen bleibt, alö Herr Musikdirektor Schildbach mit seiner nicht nnr verstärk ten, sondern auch ans tüchtigen Kräften bestehenden Kapelle ein vorzüglich gewühltes Programm zn Gehör brachte, wofür ihm von dem dankbaren Auditorium durch lebhaftes Applandircu dic volle Anerkennung zn Theil wnrdc. Außerdem erntete Herr Brückner, Kgl. Kammermusiker auö Dresden, für scinc vortrefflichen Solovorträgc auf dcrVioline den größten nnd allgemei nen Beifall. — Ans das hcntc Sonnabend Abend im Hcgcn- barth'schen Etablissement statffiudcndc Militär-Eonecrt machen wir hierdurch uoch besonders aufmerksam; "Näheres ist aus dem iu dieser Nummer bcfiudlichcn Inserat zn ersehen. — Am 15. d. M. Abends gegen 6 Uhr wnrdc dcr ca. 58jähr. Schneider E. Fischer von hier todt anö dem Kiruitzschbach unweit dcr Brücke am Bastciplatz ge zogen und nach dcr Todtcnhallc geschafft. Ob der selbe freiwillig den Tod gesncht hat oder nicht, mnß dahin gestellt bleiben. — Vor Kurzem ist dcr Jahrcöbcricht des Vereins „lutherischer Gottcökastcn im Königreich Sachsen" ans 1884 erschienen, verfaßt von dem bisherigen Schrift- ührcr Pastor Schüttoff in Constappel. Dieser Verein vurdc im Jahre 1878 gegründet zn dem Zwecke, spc- eiell lutherische Glaubcnögcnosscu in ihren kirchlichen Bedürfnissen zn nutcrstützen nnd zwar vornehmlich in der Nichtnng der Anöbildnng nnd Anstellung von Leh rern nnd Geistlichen, Versorgung dcr weit zcrstrcnt Wohnenden mit Gottesdiensten, Gründung neuer Ge meinden n. s. w. Im ersten Jahre hatte dcr Verein 1400 Mark Einnahme, im Berichtsjahre 10757 Mk. 50 Pf. Gcsammtcinuahmc, während die Mitglicdcr zahl 231 betrug, cin deutliches Zeuguiß vou dem Wachöthum dieses der lutherischen Kirche dienenden Werkes. Das Arbeitsgebiet ist auch cin wcitanöge- dehntcs, erstreckt sich über dic lutherische Diaöpora in Deutschland, Ocstcrrcich-Ungnrn, Schweiz, Frankreich, Amerika, worüber der Jahresbericht gcnanc Auskunft gicbt. Man kann die verschiedenen Nöthc dcr luthc- rischcn Kirchc nicht lcscn, ohne von herzlicher Thcil uahmc ergriffen, sich znr Hülfe anfgcfordcrt zn fühlen. Und wenn man bedenkt, wie die römische Kirchc sich