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716 PAPIER-ZEITUNG. No. 25. fahrung. Wenn diese Erfahrung in der That auch von sehr vielen Fachleuten gemacht worden ist, so ist es doch an sich nicht unwahr scheinlich, dass ein allmäliger Rückgang in den Festigkeitseigenschaften stark gebleichter Papiere eintritt, und deswegen wird es immerhin nothwendig sein, die Sache eingehend zu untersuchen, ehe man die Er fahrung als unumstösslich feststehend annimmt. Manche der in der Versuchsanstalt beobachteten Erscheinungen legen vorgenannte Schlussfolgerungen nahe. Gleichzeitig hohe Festigkeit und Dehnung bei geringem Wider stande gegen Zerknittern hat die Versuchsanstalt vorwiegend bei gleich mässiger, feiner Durchsicht und auffallend weisser Farbe gefunden. Auch ein leuchtend gelb gefärbtes Papier zeigte die gleichen Er scheinungen; es war kurz gemahlen, und der Fabrikant gab an, dass es sehr stark gebleicht worden sei, damit es die gelbe Farbe möglichst leuchtend an nehme. Was wegen der Nothwendigkeit des kurzen Mahlens zur Erzeugung eines klaren Wasserzeichens gesagt ist, ist an sich zutreffend. Diese Sache ist aber bei Feststellung der neuen Vorschriften von den in der Kommission sitzenden Vertretern der Industrie zur Sprache gebracht und wohl erwogen worden. Mit deren Zustimmung ist für das in dem Papier anzubringende Wasserzeichen das sogenannte natürliche Wasserzeichen und nicht das künstliche gewählt worden. Hierbei wurde nicht verkannt, dass es schwierig sein werde, das Wasserzeichen deutlich in die besseren Papiere zu bringen, aber der beabsichtigte Zweck ist auch vollkommen erfüllt, wenn nur das Wasserzeichen leserlich bleibt; auf die Schönheit kommt es, wenn sie auch erwünscht ist, doch erst in zweiter Linie an. Dass das kurze Mahlen nicht Bedingung für die Erzeugung eines leserlichen Wasserzeichens ist, beweist wieder die Erfahrung; denn selbst die Papiere der ersten Verwendungsklassen haben zum Theil recht deutliche Wasserzeichen, und zwar trifft dies auf die Erzeugnisse einer grösseren Zahl von Fabriken zu. Auch der Umstand, dass durch die neuen Vorschriften die Fabrikation erschwert und demzufolge das Papier voraussichtlich theurer werden würde, ist bei den Berathungen zwischen den Vertretern der Papierindustrie, des Papierhandels und der Behörden wohl erwogen. Das konnte indessen nicht in Frage kommen, da die Nothwendigkeit einer sicheren Gewähr für Güte und Ausdauerfähigkeit des Papiers für den amtlichen Verkehr zugegeben wurde. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diejenigen Fabriken, die erst neuerdings die Herstellung von Normalpapieren aufgenommen haben, am meisten Anstände mit dem Widerstande gegen das Zerknittern haben. Die Schwierigkeiten werden ja auch bei den anderen gewachsen sein, aber Anstände bei den Prüfungen haben sich bei diesen weniger er geben. Was die Festsetzung der Einheitsgewichte und Bogengrössen angeht, so ist auch hier hervorzuheben, dass diese auf besonderen Wunsch der Industrie und des Handels und unter deren Mitwirkung geschehen ist. Hierbei wurde denn auch der Wunsch ausgesprochen, für die Gewichte gewisse Grenzen festzusetzen. Diese Grenzen sind nach dem Vorschläge der Interessenten so bemessen, wie sie nach Wissen der Versuchsanstalt auch sonst im Papierhandel üblich sind. Die Frage, ob für die Papiere bestimmte Stoffmischungen vor geschrieben werden sollen oder nicht, ist sehr reiflichen Ueberlegungen unterzogen worden. Ganz besonders ist aber vor Herausgabe der neuen Vorschriften hierüber Umfrage gehalten worden. Die Interessenten haben die geringen Aenderungen gegen die früheren Grundsätze erbeten und sich sonst zustimmend erklärt. Die Angelegenheit ist aber doch wohl nicht ganz einfach durch Meinungsaustausch zu erledigen, da die Frage wegen der Ausdauerfähigkeit des Zellstoffs immer noch nicht entschieden ist. Die Verantwortung dessen, der sie auf Grund der heutigen Erfahrungen zu wichtigsten Urkunden zulassen wollte, würde doch immer eine recht grosse sein. Ganz ohne die Vorschrift der Stoffzusammensetzung wird man zur Zeit nicht auskommen. Ueber das Maass kann man verschiedener Ansicht sein, und da die bisherigen Erfahrungen mit den alten Normalien keine zwingenden Gründe für Aenderung des Systems gegeben hatten, so behielt man es bis auf die geringen von der Industrie erbetenen Aenderungen bei. Dass für die Frachtbriefe auch ein geringerer Stoff als 4 a schliesslich den Zweck erfüllt haben würde, ist wohl bei Niemandem zweifelhaft. Aber die Erfahrungen der Eisenbahnverwaltungen mit ihrem Fracht briefpapier müssen doch derartig gewesen sein, dass sich der Wunsch geltend machte, ein zuverlässig gutes Papier an seine Stelle zu setzen, sonst wäre es nicht zu verstehen, weshalb die internationalen Ver handlungen auch die Beschaffenheit des Papiers berührt haben. Bei fier grossen Gewähr, die aber in den Wasserzeichenpapieren für das thatsächliche Bestehen gewisser Festigkeitseigenschaften gegeben ist, lag es nahe, dass man sich in Deutschland dieser Vortheile zu ver sichern suchte; denn mit Einführung des Wasserzeichens ist die Kon trolle ausserordentlich vereinfacht. War dieser Grund ausschlaggebend, so war selbstverständlich die unterste Klasse der Wasserzeichenpapiere zu wählen, da ja für den Verwendungszweck bereits geringere Stoffe genügt haben würden. Die Wahl konnte nur auf 4a fallen, weil nach den internationalen Vereinbarungen die weisse Farbe der Frachtbriefe vorgeschrieben war. Belehrung wird die Versuchsanstalt stets gern geben, so weit dies in ihrer Macht steht. Es ist aber wohl klar, dass sie bei mangelnder praktischer Erfahrung im Fabrikbetriebe sich auf das rein praktische Gebiet nicht begeben kann. Sie glaubt aber ihrer Pflicht als partei- und interesselose Vermittlerin zwischen der Industrie und den Behörden eingedenk zu sein, wenn sie auf die vermeintlichen Ursachen der von ihr bei ihren Prüfungen gefundenen Mängel immer wieder aufmerksam macht, und es sich nicht verdriessen lässt, bereits oftmals Gesagtes zu wiederholen. Eingedenk ihrer Pflicht als Beratherin der Industrie ist die Versuchsanstalt bislang immer bereit gewesen, jedem einzelnen Be sucher auf alle seine Fragen auch dann Auskunft zu geben, wenn er sich von vornherein auf einen entschieden gegnerischen Standpunkt stellte. Man wolle nicht daraus, dass die Versuchsanstalt sich ihrer Pflicht gemäss auf den Standpunkt der unparteiischen Wahrung der amtlichen Vorschriften stellen und streng in deren Sinne handeln muss, ableiten, dass die Versuchsanstalt sachlichen Einwendungen aus der Praxis taub gegenüberstehe. Bisher ist jede Anregung und Belehrung aus der Praxis gern von ihr angenommen, und wo es anging, ohne den Zweck der Normalien zu verletzen, auch benutzt worden, um ge eigneten Ortes und zu passender Zeit Milderungen von Härten oder Ab änderungen an den Vorschriften zu befürworten. Arbeiten Industrie und Versuchsanstalt gemeinsam an der sachgemässen Gestaltung der Kontrolle über die vom Staat bezogenen Papiere, so wird die vater ländische Industrie nur den Nutzen davon haben. Königliche mechanisch-technische Versuchs-Anstalt. A. Martens. Nach Chicago. Die im laufenden Jahre stattfindende Weltausstellung in Chicago wird ohne Zweifel auch von einem grösseren Theil der deutschen Papierfabrikanten oder deren Vertretern besucht werden. Der ergebenst Unterzeichnete, welcher auch die Weltausstellung besuchen zu können hofft, glaubt, dass es in sehr vieler Beziehung angenehm und vortheil- haft wäre, wenn eine grössere Anzahl von deutschen Besuchern die Reise nach Chicago gemeinsam antreten würde. Da ich nun bisher einen bezüglichen Artikel in der Papier-Zeitung vermisse, gestatte ich mir, selbst die Sache in Anregung zu bringen. Bei genügender Be theiligung wäre es nicht ausgeschlossen, bei den Schiffs- und Eisen bahn-Gesellschaften eine Preisermässigung zu erhalten. Ich glaube, dass sich unter den Vertretern der Papier-Industrie geeignete Persön lichkeiten finden werden, welche zur Veranstaltung einer solchen Reise die nöthige Zeit und Hingebung sowie die erforderliche Fachkenntniss besitzen. X. Wir entsprechen dem Wunsche des Einsenders, indem wir dessen Brief abdrucken und die Fachgenossen um Aussprache ersuchen. Der Einsender ist Techniker einer Papierfabrik in Bayern, und wir werden ihm gern etwaige Zuschriften übermitteln. Redaktion. Aufrecht stehendes Reissbrett. Ans Württemberg, 20. März 1893. Die aufrecht stehenden Reissbretter, wie sie in Nr. 23, Seite 657, beschrieben und abgebildet sind, können wohl kaum als Neuheit gelten. Sie sind seit etwa 13 Jahren in vielen Fabriken eingeführt. So stehen z. B. in den Vereinigten Werkstätten zum Bruderhaus in Reut lingen seit dieser Zeit etwa 10 bis 12 Stück, bei Gruson-Magdeburg eine ähnliche Anzahl. Diese Werkstätten haben auch schon viele derartige Reissbrett-Vorrichtungen an Maschinenbau- und andere Anstalten ge liefert. Es handelt sich also nicht um etwas Neues, sondern um etwas zwar Praktisches, aber schon lange Bestehendes. G. * * Die Abtheilung »Neuheiten« hat nicht den Zweck, nur neue Erzeugnisse vorzuführen, sondern wir bringen darin auch die jenigen Dinge unter, die in einer neuen Formung vorliegen oder die voraussichtlich einer Anzahl von Personen, welche mit Vor theil davon Gebrauch machen könnte, noch unbekannt sind. Wollten wir stets auf Neuheit prüfen, so müssten wir ein Ver fahren, ähnlich demjenigen des Patentamts, einführen, und eine Menge Erzeugnisse von der Besprechung ausschliessen, deren Kenntniss den Lesern erwünscht ist. Wir bringen übrigens vorstehende Mittheilung sehr gern zum Abdruck, weil dieselbe beweist, dass die in Nr. 23 beschriebenen Reissbretter wirklich zweckmässig sind. Papiermasse-W aar en. H. R. Knoch in Alt-Chemnitz in Sachsen ist Eigenthümer des britischen Patents 2537 vom 9. Februar 1892 auf eine Masse zur Herstellung schlechter Wärmeleiter, Licht-Aufnehmer usw. Papierstoff wird mit kleinen Korktheilchen oder Nussschaalen (von arachis hypogaea) oder Zellstoff, Gerberlohe, Kleie oder anderen leichten Stoffen im Verhältniss von 50 Theilen Papier zu 12 Theilen anderem Stoff unter Erhitzung zusammengeknetet. Die dicke daraus entstehende Masse wird in die gewünschte Form gebracht und bei 60 bis 100° C. gebacken. Der neue Stoff hat ein spezifisches Gewicht von 0,9—0,24, ist zähe, fettig, elastisch, schlechter Wärmeleiter und wasserdicht. (? D. Red.) Die Masse wird fester, wenn man dem Papierstoff 2 bis 3 Theile Traganth gummi zufügt, und feuerfest (?) durch Zusatz von 2 bis 5 Theilen Sodalösung.