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Normal-Papier. Ein Stettiner Papierfachmann theilt uns Folgendes mit: Der Landgerichtspräsident zu Stettin hat im Verein mit dem Ersten Staatsanwalt daselbst an die Amtsgerichte des Bezirks ein Schreiben gerichtet, in welchem er denselben mittheilt, dass Landgericht und Staatsanwaltschaft mit einer Stettiner Papierhandlung ein Abkommen getroffen hätten, wonach diese zu vereinbarten Preisen die von den ge nannten Behörden benöthigten Normalpapiere liefern werde. Die Preise sind mitgetheilt, und die Amtsgerichte werden ersucht, mit der genannten Handlung oder deren Vertretern in Verbindung zu treten, »damit im Landgerichtsbezirk Papier von gleicher Qualität und möglichst gleichen Preisen zur Verwendung gelangt.« Der Einsender knüpft hieran die Bemerkung: »Es kann doch unmöglich in der Absicht der Behörden liegen, einzelne Lieferanten zu bevorzugen, und, wie dies bei Aufstellung der Liste durch Angabe der in den Wasserzeichen genannten Firmen ge schehen ist, einigen Fabrikanten das Zeugniss als Erzeuger bester Normal papiere auszustellen.« Sonntagsruhe. Aus Hannover, 23. Februar 1893. Vor einigen Tagen, gelegentlich der Nachfragen wegen der Sonn tagsruhe, theilte mir der Fabrikinspektor mit, dass für die Folge der Nachtbetrieb in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag um 12 Uhr ge schlossen werden müsse, da dann der Sonntag beginne. Ich glaube mich genau zu erinnern, dass bei den Verhandlungen im Reichstage ein Abgeordneter diese Auslegung des Gesetzes zurückgewiesen hat, und mit dieser Zurückweisung auch durchgedrungen ist. Es war mir deshalb überraschend, bei der für mich maassgebenden Persönlichkeit doch wieder dieser verkehrten Ansicht zu begegnen. Es ist doch in der Praxis ein Unsinn, einen Betrieb mitten in der Nacht mit halber Schicht zu schliessen. Da man ausserdem nicht in der folgenden Nacht den Betrieb um 12 Uhr beginnen kann, so würde indirekt eine Sonntags ruhe von 30 bis 36 Stunden eingeführt, während man doch nur 24 Stunden haben wollte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass in den Betrieben, wo Tag und Nacht gearbeitet wird, die Arbeiter damit wochenweise wechseln. Der Arbeiter also, der einen Sonntag bis früh 6 Uhr arbeitet, ist dafür in der nächsten Woche von Sonnabend Abend bis Montag Abend also volle 48 Stunden arbeitsfrei. Ich möchte Sie bitten, diese Angelegenheit in Ihrem Blatte vorzubringen, damit die Industrie vor Bestimmungen geschützt wird, die in der Praxis nur mit grossem Schaden durchzuführen sind. Wir verweisen auf die in Nr. 14 Seite 373 abgedruckte Er klärung des Ministers, wonach über die Sonntagsruhe in den Fa briken noch keine Bestimmungen getroffen sind. Der Gewerbe- rath ist somit garnicht berechtigt, dieserhalb Vorschriften zu machen. Redaktion. Schulte-Stoffmühle und gewöhnliche Holländer. Es wurde über die Schulte - Stoffmühle in den Fachblättern in letzter Zeit viel geschrieben und zwar hauptsächlich Ungünstiges. Auf lallenderweise wurden die Vortheile, die dieser Apparat gegenüber dem gewöhnlichen Holländer besitzt, garnicht erwähnt, was ich für ungerecht halte, weil, abgesehen von dem Unrecht gegen den Erfinder und Erbauer, dadurch dieser nützlichen Stoffmühle der Weg in die Praxis nahezu abgeschnitten wurde. Soviel ich mich erinnere, sprach keiner der Artikelschreiber aus eigener Erfahrung, d. h., keiner hatte mit der Maschine längere Zeit gearbeitet und dieselbe ausprobirt. Ich halte es daher für meine Pflicht, meine mit genannter Maschine gemachten Erfahrungen hier mitzutheilen, bemerke aber, dass ich weder den Erfinder noch den Erbauer kenne, noch irgend sonstige Rücksichten dabei zu nehmen habe. Ich schreibe diese Zeilen nur im 1 nteresse der guten Sache, und hauptsächlich weil ich durch die zuletzt erschienene 28. Lieferung von Hofmann’s Handbuch darauf aufmerksam gemacht wurde. Ich will durchaus nicht behaupten, dass die Schulte-Stoffmühle ■ ine Universalmaschine sei, die sowohl für Zellstoff, Holzschliff als auch I ladernpapiere geeignet ist, denn für letztere dürfte sie sich vorerst wegen der Katzenbildung noch nicht eignen. Dagegen ist sie wegen ihrer nicht schneidenden, sondern zerreibenden Art des Mahlens bei vorzüglicher Mischung für Zellstoff und Holzschliff gut geeignet und wohl das Beste, was es bis jetzt in dieser Art giebt. Das Mahlen von Zellstoff im Holländer ist der ohnehin sehr kurzen Faser wegen (siehe Hofmann’s Handbuch Lief. 28, Seite 1070) von grossem Nachtheil. Die Stoffmühle Patent Schulte schneidet nicht, sondern zerreibt die Faserbündel. Der Zellstoff, wie er gewöhnlich zur Ver arbeitung gelangt, ist aber noch nicht gehörig aufgeschlossen, sondern besteht noch aus ganzen Faserbündeln, die erst zur Geltung gelangen, wenn sie in die einzelnen Fasern zertheilt sind. Dies kann nur durch den Kollergang, Raffineur oder die Schulte-Stoffmühle erreicht werden, und bei letzterer wird überdies der Kollergang oder Raffineur erspart. Da die Holländermesser die Faserbündel durchschneiden, so wird die Zähigkeit des Papiers dadurch bedeutend beeinträchtigt, und die Faser behält ihre harte störrige Eigenart. Der in einzelne Fasern zertheilte Zellstoff verfilzt sich viel besser auch mit anderen Stoffen und liefert schönere Durchsicht und grössere Zähigkeit. Zur Beurtheilung füge ich hier eine Probe A, Papier aus Zellstoff, sogenanntes imitirtes Pergament, bei, welches mit der Stoffmühle ge mahlen ist. Die weiter beigefügten Abschnitte B und C sind mit dem Holländer gemahlen. Der Rohstoff bei den drei Sorten ist gleich, D und E sind ebenfalls mit der Stoffmühle gemahlen. Bei A ist, trotzdem das Papier infolge scharfen Mahlens sehr durchscheinend ist, die Zellstoff-Faser noch sehr lang und vollständig erhalten, dagegen sind B und C sehr kurz und brüchig, vollständig todt- gemahlen. Der Stoff zu A wurde 3 Stunden mit der Stoffmühle gemahlen, B und C gingen 7—8 Stunden im Holländer. Wenn früher an dieser Stelle behauptet wurde, dass der Kraft verbrauch bei der Stoffmühle verhältnissmässig grösser sei als bei ge wöhnlichen Holländern, so wurde dabei die grössere Leistung nicht berücksichtigt, oder die Stoffmühle wurde falsch behandelt. Dasselbe gilt auch für die Behauptung, dass der Stoff sitzen bleibe. Ich hatte vor einiger Zeit Gelegenheit, eine Stoffmühle Patent Schulte im Betrieb zu sehen und war überrascht über die Behandlungsweise. Mahlscheibe und Grundwerke waren derartig aufeinander gepresst, dass der Kraftverbrauch bedeutend erhöht sein musste. Dass dabei die Leistung sehr gering war, ist sehr erklärlich, denn der Stoff konnte garnicht mehr zwischen die Messer gelangen, und die Mahlscheibe war in kurzer Zeit abgenützt. Ausserdem war der Stoff so dick eingetragen, dass richtiger Umlauf unmöglich war, und sich das Sitzenbleiben des Stoffes erklärt. Wenn der Inhaber der Stoffmühle damit unzufrieden war, so ist dies bei solcher Behandlung erklärlich. Nachdem nun die Bauart vom Erfinder gegenüber den zuerst ge bauten Stoffmühlen abgeändert ist, indem die Spindeln zum Heben und Senken des oberen Grundwerkes von oben nach unten verlegt sind, ist der Umlauf weit besser, und das bei früherer Bauart mitunter er forderliche Nachhelfen mit dem Rührscheit ist vollständig überflüssig. Bei nicht zu starkem Einträgen sind Mischung und Umlauf der Stoffmühle sehr gut und von keinem Holländer erreicht. Wenn man hierbei noch berücksichtigt, dass die Faser sehr geschont und garnicht zerschnitten, bei Zellstoff auch das Kollern ersetzt wird, so muss die Schulte-Stoffmühle als für Zellstoff und stark holzhaltige Papiere sehr geeignet und als grosser Fortschritt für die Papierfabrikation erscheinen. —u— Maschinengefärbte Papiere und Pappen. Die Radauthai Papierstoff- und Pappen-Fabriken, Borsdorff & MMe in Harzburg, haben ein patentirtes Verfahren, womit Papier und Pappe während seiner Anfertigung auf der Papier- oder Pappenmaschine gefärbt wird. Die Firma will die Be schreibung noch nicht veröffentlichen, um die Entnahme von Patenten in noch einigen Ländern nicht zu verhindern, wir glauben jedoch mittheilen zu dürfen, dass das Färben durch Auffliessen von Farblösung auf die halbtrockene Papierbahn während ihres Laufs über die Maschine erfolgt. Die dazu erforderliche Einrich tung ist höchst einfach und das Färben damit sehr billig, weil es nur auf einer Seite der Papierbahn erfolgt. Da die Farblösung nicht sehr tief in die Papiermasse dringt, so braucht man viel weniger Farbe als beim Färben im Holländer, wo aller Stoff mit Farbe getränkt werden muss. Ein uns vorliegender Bogen Braunholzpapier ist beispielsweise auf einer Seite gleichmässig grün gefärbt. Zwei andere geringe weisse Papiere zeigen auf einer Seite rosa und orangeartige Färbung. Dieselben sind ausserdem mit einem Linien-Ornament bedruckt, welches wahrscheinlich mit Walzen aufgetragen ist, und können ohne weitere Behandlung als Tapeten und in ähnlicher Weise benutzt werden. Bei den uns vorliegenden weissen und braunen Holz-Pappen ist die einseitige Färbung durchweg sehr schön und gleichmässig, da Holzschliff bekanntlich Farben sehr gut aufnimmt. Einige Proben sind nach dem Färben geprägt worden und sehen besonders hübsch aus. Diese einseitig gefärbten Holzpappen, deren Herstellung nicht erheblich mehr als die von weissen Pappen kostet, werden voraussichtlich umfassende Verwendung bei der Schachtel- Fabrikation finden, da das Bekleben mit buntem Papier dabei erspart wird. Ueberhaupt erscheint das Verfahren geeignet zur Herstellung geringer Buntpapiere und Tapeten, falls sich bei der Ausführung nicht Schwierigkeiten ergeben, die wir nicht kennen. Da uns nur die Proben vorliegen, so müssen wir uns eines Urtheils über das Verfahren enthalten, können aber mittheilen, dass sich dasselbe nach Versicherung des Erfinders, Herrn Weyland, überall leicht an wenden lässt. Die Fabrik bietet in den Anzeigespalten dieses Blattes Licenzen an.