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ft @ 9 Buchgewerbe Buchdruck e e e Buchbinderei © 0ee Steindruck e © Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung. No. 1. —= Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. — 7 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Typographisches aus Amerika. New York, 20. November 1892. Es dürfte für jeden dem graphischen Gewerbe angehörenden Leser der Papier-Zeitung interessant sein, diejenigen Punkte kennen zu lernen, in welchen sich die Arbeitsweise in amerikanischen Druckereien von derjenigen in deutschen unterscheidet. In Er gänzung früherer, von dem bekannten amerikanischen Bericht erstatter der Papier-Zeitung, Herrn G. Kraft, gemachter Mit theilungen will ich versuchen, in einer Reihe von Briefen inter essante amerikanische Eigenthümlichkeiten in Arbeitsweise, Maschinenbau und Anwendung von Hilfsgeräthen zu schildern. Es wird hier durchschnittlich besser und viel schneller ge arbeitet als in Deutschland. Die Arbeitszeit ist zehnstündig, und zwar von 1/28 bis 1/21 Uhr und von 1—6 Uhr ohne Pausen. Das Gehalt für Setzer und Maschinenmeister ist 15—25 Dollar, je nach Leistung. Drucker an Tiegeldruckpressen erhalten etwas weniger, Anleger oder »Feeder«, wie sie hier genannt werden, bekommen 12 Dollar wöchentlich. Weibliches Personal giebt es nicht, ebensowenig Bogenfänger. Kündigungsfristen bestehen nicht; ein Jeder kann entlassen werden oder nach seiner Wahl selbst aufhören, zu jeder Minute. Rauchen und Trinken in den Arbeitsräumen ist streng untersagt, selbst während der Mittags pause. Jeder Arbeiter, vom Vormann bis zum Laufburschen, hat seinen Laufzettel, auf welchen er seine am Tage geleistete Arbeit genau zu verzeichnen hat, und den er abends im Kontor abzuliefern hat. Kranken- und Invalidenkassen giebt es nicht. Ueber die »Union«, eine unserem Buchdrucker-Verband ähnliche Vereinigung, werde ich in einem der nächsten Briefe Näheres mittheilen. Vom Schriftsatz werden hier nur kleine Auflagen gedruckt; Auflagen über 5000 nur von Galvanos. Als Schliesszeug hat man bei grossen Formen die Holzkeile, bei kleineren die be kannten Pischke’schen Schliessstege, die ja auch in Deutschland sehr verbreitet sind. (Die Verbreitung in Deutschland ist nicht so gross, wie der Verfasser meint; wir geben deshalb nachstehend eine Abbildung des Pischke-Schliesszeuges: In Deutschland herrschen die Schliesszeuge von Hempel und Marinoni, letzteres vielfach mit Gleitkeilen statt der Röllchen. D. R.) Die Druckerei, in welcher ich augenblicklich beschäftigt bin, hat von Cylindermaschinen nur solche aus der bekannten Fabrik von Campbell. Die Konstruktion dieser Maschinen ist durchaus | anders als die der deutschen. Sie haben Schlittenbewegung und Tischfärbung. Die Tischfärbung besteht aus 2 Farbwerken mit je 1 Leckwalze, 5 Reibern, 2 Auftragwalzen und auf diesen je einem eisernen Reiber. Die Reiber, welche die Farbe auf den Tischen verreiben, sind alle schräg gelagert, so dass gute Ver- theilung der Farbe erzielt wird, selbst dann, wenn die Messer der Farbwerke nicht ganz genau gestellt sind. Die Maschinen haben weder Ober- noch Unter-Bänder; die Bogen werden durch Auswerf greifer auf die Stäbe des Auslegers geleitet und kommen mit der unbedruckten Seite auf dieselben, so dass ein Verschmieren durch die Ausleger-Stäbe nicht stattfinden kann, was namentlich bei grossen Bilderformen von Vortheil ist. Der Cylinder ruht nicht nach beendetem Druck eines Bogens wie bei den deutschen Maschinen, sondern rotirt unaufhörlich. Die Greifer halten den ' Bogen so fest, dass ein Hervorziehen desselben unmöglich ist. Der Cylinder kann durch Auftreten auf einen mit Fusstritt ver sehenen Hebel gehoben werden, wodurch mehrmaliges Aufträgen der Farbe ermöglicht und das Leerdurchgehen verhütet wird, falls der Anleger den Bogen nicht zu rechter Zeit an die Marken legte. Der Aufzug des Cylinders ist selbst bei den schwersten Formen und grössten Auflagen ausnahmslos hart. Erst kommt ein dünner Pressspan als unveränderlicher Aufzug, dann 8—10 Bogen mittel starkes gut satinirtes Papier, hierauf die Zurichtung; über das Ganze ein satinirter Manillabogen, oder, wie wir sagen würden, starkes englisches Packpapier. Die Befestigung des Aufzuges ge schieht vorn in der Grube unter den Greifern in der Weise, dass die Bogen in eine Anzahl dort befindlicher schräger Spitzen ge drückt werden. Ausserdem werden die Bogen noch, und zwar mittels eines einzigen Handgriffs, durch eine Klemmschiene, an welcher eine Anzahl kleiner Greifer sitzen, festgedrückt. Hinten wird der Manillabogen um eine mit Spitzen versehene Stange, wie solche auch an deutschen, namentlich Augsburger Maschinen angebracht ist, gewickelt und fest gedreht. Die amerikanische Arbeitsweise bei der Zurichtung der Druck formen unterscheidet sich von der deutschen sehr vortheilhaft. Hier herrscht neben dem Prinzip weitgehendster Arbeitstheilung die verständige Ansicht, auch den Anleger (Feeder) bei dieser Arbeit zu verwenden. Der Maschinen-Meister (Pressman) zeichnet auf der Rückseite des ersten Abzuges mit Blaustift die Stellen an, welche ein oder mehrere Mal mit Florpost oder Seidenpapier unterlegt werden sollen. Dieses Unterlegen ist dann Sache des Anlegers, der die Blätter auf die mit Kleister betupfte Zeichnung legt und sie mit einem Zurichtemesser der Zeichnung entsprechend ausschneidet. Ich empfehle diese Zurichtmethode den deutschen Druckereien, denn Zeit bedeutet auch bei diesen Geld. In Amerika wird eben Jeder, der Hände hat, zur Arbeit herangezogen. Hauptsache ist, dass die Maschinen laufen. Ganz unnöthig ist es deshalb, noch anzuführen, dass der Maschinen meister, dessen Maschinen laufen, dem Kollegen bei Einrichtung und Zurichtung helfen muss. Bei Zurichtung von Bildern werden wie in Deutschland 2 bis 3 Ausschnitte aus verschieden starkem Papier, gemacht. Immer kommt aber hier die Hauptzurichtung unter die Form. Die Maschinen laufen ausserordentlich schnell, mit 12—1400 Druck in der Stunde bei grösstem Format und tadellosem Register ohne Punkturen und Schiebevorrichtung. Durch die äusserst prak tischen Vordermarken der amerikanischen Maschinen wird allerdings gutes Register ermöglicht. Die Anleger sind sehr tüchtige Leute. Ein solcher Anleger ist hier ein halber Maschinenmeister, der das Dreifache leistet als in Deutschland die Punktirerin. Da hier an jeder Maschine eine Uhr angebracht ist, die genau zeigt, wieviel gedruckt wurde, ist es das Bestreben jedes Anlegers, soviel wie möglich fertig zu bekommen. Das Vorschlägen des Papiers usw. geht mit einer Schnelligkeit vor sich, von der man sich in Deutschland kaum eine Vorstellung macht. Der Anleger erhält für jede Auflage einen Arbeitszettel, der gewissenhaft ausgefüllt werden muss. Er hat nachstehenden Wortlaut: DAILY TIME. J)nte 1892. Press No. Name of Feeder (Anleger) ORDER No. DESCRIPTION OF WORK HOURS. NUMBER OF IMPRESSIONS MADE. Total Pressman.