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Wilsdruffer Tageblatt : 27.06.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-194006273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19400627
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19400627
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-06
- Tag 1940-06-27
-
Monat
1940-06
-
Jahr
1940
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 27.06.1940
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vurMN,nvre Pecirrrg ihren eigenen AüMn sehen, tvie englische Soldaten nun die Geschäfte in Löwen plünderten find die Ware in ihre Fahrzeuge verluden. Am Vorabend, da die belgischen Truppen die Stadt päumten, erhielt der Belgier den Auftrag, mit einem Kame raden eine Erkundung aus dem Rad zu unternehmen. Er kommt zum Platz des Volkes, -in dem die Bibliothek steht. Es ist gegen 10 Uhr am Abend. Auf dem Platz waren etwa 20 englische Soldaten. Diese Engländer riefen uns zu, die Gasmasken aufzusetzen, weil man glaubte, deutsche Fall schirmjäger mit Gasbomben seien in Löwen gelandet. Wäh-/ tend dieser ganzen Zeit Hörle ich keinerlei Explosion eines' Geschosses. Nachdem wir die Gasmasken aufgesetzt haben und etwa 85 Meter weitergegangen waren, hörten wir drei oder vier dumpfe Explosionen, und zwar wahrscheinlich von Minen herrührend, unterhalb der Arkaden der Bibliothek. Kurz daraus waren die Arkaden in dichten, schwarzen Rauch gehüllt. Ich sah englische Soldaten, die aus der Rich tung dieser Arkaden stürzten, uüd Leclsrcg weist auf jene Seile, deren Tor alsdann von den deulschen Truppen in der Stadt offen vorgefunden wurde — und sich Deckung suchend, an den Mauern bargen, die im rechten Winkel zur Haupt- sronl der Bibliothek standen. „Ich bin völlig sicher", fährt der Belgier auf eine Gegen frage fort, „daß es sich um Minen handelte. Ich habe ja auch teinerlei Ton gehör», der das Heranbraufen eines Geschosses imMndigt. Und außerdem war nichts von einem Einschlag tu sehen. Ich bemerkte lediglich noch eine Stich flamme, die für einen Moment die Arkaden b leuchtete. Diese Flamme war übrigens blau. Mein Kamerad Ludowic aus Brüssel und ich haben uns dann zu unserer Truppe zu rückbegeben. Wir glaubten ja alle, die Deutschen seien schon vor den Toren der Stadt. Dort, bei unserer Kompanie, hörten wir, kaum angekommen, das allgemeine Gerücht, datz die Engländer die Bibliothek zerstört hätten." Ein gemeines Verbrechen der Briten. Soweit der Belgier. Mit diesen außerordentlich aufschluß reichen Zeugenaussagen, denen er noch hinzusügte, die Eng länder hätten ihre Phowgraphenapparale gezückt, wird die Rekonstruktion des Brandes absolut klar. Die Kolonne der Fachmänner, dis hier am Werk war, hatte alles gründ lich vorbereitet. In dem Augenblick, in dem die Deut schen erwartet wurden, ging man an die Ausführung. Durch die drei oder vier Explosionen brachte man den Arkadengang zum Einsturz an drei Stellen. Im nächsten Augenblick ent zündeten sich d>e Benzingase im Keller. Eine bläue Flamme zischte zum Luftloch der Decks durch den Arkadengang, dem dann der schwarze Rauch des sofort heftigen Brandes folgte. Die englischen Brandstifter müssen sich dabei der Wirkung sehr sicher gewesen sein, wenn sie sofort Deckung suchten. Freilich, in einem haben sie sich getäuscht. Die Bibliothek ist nicht sc ausgebrannt, wie sie es erwartet haben. Es blieben genügend Zeugnisse sür ein Ver brechen übrig, das den deutschen Truppen in die Schuhe geschoben werden sollte und mit dem man gehofft haben mag, Amerika erneut auf den Plan zu rufen. Dem Verbrechen an der „Pthenia" sollte hier ein zweites a.rgefüoi werden. Franzosen morden Franzosen Militär sprengt Brücke mit Flüchtlingen in die Luft. Von Kriegsberichter Biebrach. ..., SO. Juni (PK). Nus Paris evakuierte man in den letzten Tagen vor dem deutschen Einmarsch Teile der Zivilbevölkerung. Man wies ihnen den Weg nach Orleans. Zehntausende bevölkern chie Straßen, die nach Süden führen. Aus der Brücke über die Loire drängen sich vier Fahrzeugkolonnen nebeneinander, auf den Gehsteigen schobt die ärmere Bevölkerung in Kinderwagen und kleinen Handkarren ihre geringe Habe vor sich her. Nach den Siegen an der Somme, Oise und Seine war die Vorausabteilung einer Division an die Loire vorgestotzen. Der Plan, die Brücken im Handstreich zu nehmen, scheitert bei der einen Brücke, die dicht von französischen Flüchtlingen verstopft ist. Ungeachtet dessen sprengt das französische Mili tär die Brücke mitsamt den Flüchtlingen restlos in die Luft. Ebenso sinnlos wie nutzlos ist dieses Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung gewesen, denn abgesehen davon, datz eine Brücke intakt geblieben ist, wäre durch diese Spren gung der deutsche Vormarsch nicht aufzuhalten gewesen. Nun find deutsche Aerzte bemüht, den schwerverwundeten Frauen und Kindern, die auf den Brückentrümmern und auf den abgesprengtcn Pfeilern liegen, ärztliche Hilse und erste Ver sorgung zu bringen. Es ist dies genau dieselbe Kampfesweise, die dieselbe Vorans- gbteiluna schon am vorhergehenden Tage bemerken mußte. als französische Soldaten wie wild in dl e Flüchtling s- kolonne schossen, die dadurch, daß sie in der Mitte der Straße marschierte, das Fortkommen der motorisierten Verbände erschweren mußten. Bei ihrer Gefangennahme er wiesen sie sich als nordafrikanische Truppen unter französischer Führung Das Muibad von Abbsvitte Eine Mitteilung des Brüsseler Hilfsaus schusses sür politische Gefangene. Ueüer das Schicksal eines Teils derjenigen Belgier, die von den Franzosen verschleppt und zum Teil umgebracht wurden, teilt der Hilfsausschnß sür politische Gefangene u. a. fol gendes mit: i Nach den skandalösen Verhaftungen vom 10. Mai wurden aus Brügge drei Lastwagen mit politischen Gefangenen, dar unter Degrelle und van Severen, nach Frankreich ge bracht Es bandelt sich um insgesamt 72 Personen, deren Spur in Abbeville wiedergefunden wurde, wo sie in einem Keller aus dem großen Marktplatz untergebracht waren. Am 19 Mai um 5 Uhr morgens wurden 26 dieser Unglücklichen durch französische Soldaten an die Mauer gestellt und nieder geschossen. Die anderen wurden nach R o uen gebracht, wo bis auf weiteres ihre Spur verlorengegangen ist Zuverlässige Mit teilungen weisen aus ihre Verbringung nach Südfrantreich hin. Drei der 26 Ermordeten wurden drei Tage später von deut schen Soldaten aufgefunden Bei einer Untersuchung, die am 12. und 16. Juni in Abbeville durchgeführt wurde, wurden ver schiedene Kleidungsstücke aufgefnnden, unter denen man mit Sicherheit die Hüte van Severen s und seines Mitarbei ters Nvckvoort feststelUe. lieber die Mißhandlung und Erschießung belgischer Zivil personen durch die französischen Truppen lausen jetzt ständig neue Berichte aus der Provinz ein. Wie jetzt bekannt wird, ist u. a. auch der Bürgermeister der wallonischen Ortschaft Gouy - lez-Pieton im Gebiet von Charleroi von den Fran zosen ohne irgendeinen Grund erschossen worden. Bei Gembtoux wurde eine ganze Bauerntamilie von den fran zösischen Soldaten hingemordet. Panzerjager voran! Ein Unteroffizier erledigt fünf Panzer (PK.) Das soll nun keineswegs heißen, daß unsere Panzer- jägsr immer und überall voran sind. Nein, manchmal haben sie auch Aufgaben, bei denen die Männer ein langes Gesicht ziehen. Wenn sie meinetwegen die Flankensicherung vorrücken der Regimenter gegen etwaige feindliche Panzerangrifse decken sollen! Dabei gibt es meist nicht viel zu tun. Aber wenn sie selber vor müssen, wenn größere feindliche Verbände angreifen wollen, dann sind es verwegene Burschen, die Panzerjäger, die ihren Kameraden in Zen Panzern selber nicht nachstehen. Nicht immer gerät ein solches Husarenstückchen, wie es einem unserer Panzerverbände vor kurzem gelungen ist, als er weit voraus den fahrplanmäßigen Schnellzug Marseille—Paris anhielt, und zwar mitten auf freier Strecke. Während das Personal nichts ahnte und glaubte, es handelte sich um englische Panzer, ver hafteten sie in Blitzesschnelle eine Reihe höherer Offiziere. Und ehe man sich recht versehen hatte, waren sie mit ihrer Beute schon wieder aus und davon. Wenn man so des Abends auf den Stäben die Meldungen über die abgeschossenen oder erledigten feindlichen Panzer durchlieft, dann sieht das recht nüchtern aus. Es heißt etwa: Von der Panzerjägerabieilung Sowieso wurden soundso viele Panzer abgeschossen. Und welch eine ungeheure Lebendig keit und Beweglichkeit steckt doch in und hinter einer solchen Tat. Man neigt dazu, sich das alles viel zu leicht und einfach vorzustellen. Aber wieviel Mut, welche Ueberlegungsaufgabe gehören dazu, seine Schüsse so anzubringen, datz sie auch wirk lich den Gegner unschädlich machen. Da hat in dem-Kamps um Perthes der Unteroffizier W„ der mit dem Halbzug des Feldwebels H. losging, beinahe auf einen Schlag, wie man so sagt, fünf feindliche Panzer erledigt, vier leichte und einen fchweren. Die Männer des Geschützes, die Bedienung, waren durch das schnelle Instellunggehen beim Herannahen des Feindes völlig ausgepumpt und im Augenblick unfähig, sicher zu arbeiten. Da setzte sich der Unteroffizier selber an das Ge schütz, zielte mit einer Ruhe und Sicherheit, als wenn er auf dem Uebungsplatz sei und schießt bei stärkerem feindlichem Gegenfeuer die fünf Ungetüme ab. Vier von ihnen brannten aus. Der Fünfte wurde kampfunfähig gemacht und stellte das Schießen ein. Der schwere Panzer hatte einen Treffer zwischen den Aufbauten und dem Turm, also an der günstigsten Stelle, erhalten. Hierher gehört auch die Sache von dem Feldwebel H., der die Sicherung einer Radfahrerschwadron übernehmen sollte und dabei in einer Entfernung von 1200 Meier zwei feindliche Panzerwagen vememe. Da kn dieser Enhernung die Treff sicherheit schon nicht mehr so groß ist, setzte auch er sich selber an das Geschütz und erledigte beide Wagen bereits nach zehn Minuten. Alle Achtung vor solchen Schützen! Ernst Heiß. Amerikas SteuererWung Roosevelt unterzeichnet — Finanzierung des riesigen We^ Programms — Weitere Kreise zur Einkommensteuer heran-' gezogen Präsident Roosevelt unterzeichnete die Gesetzesvorlage, dis zur Finanzierung des vom Kongreß gulgeheißenen riesigen Wehrprogramms Roosevelts die Bundeseinnahmen für die näch sten fünf Jahre durch Erschließung neuer Steuerquellen um etwa 4702 Millionen Dollar erhöben soll. Durch die Steuer vortage in die Zabl der Einkommensteuerzabler um etwa zwet Millionen vermehrt Es sind Kreise ersaßt die bisher steuersrer waren. Auch alle Warensteuern sind erhöht. _ s Tie Steuervorlage, die gleichzeitig dre Höchstgrenze der Staatsschuld von 45 auf 49 Milliarden Dollar erhöht, ermäch» Nai das Finanzministerium Sonderwehrnmen im Gesamtbetrag von vier Milliarden Dollar auszugeben die späterhin durch den Eingang der neuen Steuern getilgt werden sollen lieber eine Million Frauen in der Nachbarschaftshilfe. Nach einer Mitteilung der Reichsfrauenführung beträgt die Zahl der Frauen, die sich für die Nachbarschaftshilfe zur Ver fügung gestelli haben, über eine Million. Aus dem Bericht ergibt sich Weiler, daß rund 8000 Nähstuben und weit über 3000 Beratungsstellen für die Kriegsarbeii der Frauen bereit- gestellt wurden. Die Zahl der eingerichteten Kindergruppen- yeime beträgt rund 500, die der Mütterschnlen 420. Im Warthcgau werden schon 50 000 Mitglieder der NS.-Frauen- schaft gezählt. i Soldaten lernen Strümpfe stopfeü. Bei dem außerordent lichen Verschleiß an Strümpfen kam ein Kompaniesührer auf den Gedanken, die Frauen der Partei nicht nur um Hilse beim Stopfen, sondern sie auch darum zu bitten, den Soldaten selbst diese Kunst beizubringen Sie kamen in einem der west lichen Grenzorte zur festgesetzten Zeit, brachten einen Trinkbecher als Stopfpilz mit und ließen sich zu sechs bis acht Soldaten von le einer Frau belehren. Nachhilfeunterricht für Soldatenkinder. In einigen Kreisen des Gaues Sachsen haben es Frauen der Partei übernom men, die Soldatenkinder, deren Mütter berufstätig sind und sich daher um die Schularbeiten ihrer Kinder nicht genügend küm mern können, zu beaufsichtigen und ihnen nötigenfalls kosten los Nachhilfeunterricht zu erteilen. Deutsche Soldaten in Norwegen löschten Waldbrand. Wie aus Bergen gemeldet wird, konnten deutsche Soldaten bei Lötveii im Fvllingsial einen gefährlichen Waldbrand löschen, bevor die Feuerwehr an Ort und Stelle erscheinen konnte. Zehn italienische Gehöfte niedergebrannt. Ein schwerer Brand vernichtete in dem Flecken Sanio Mass in der Nähe von Bell uno zehn Gehöfte. Vierzehn Familien sind durch den Brand, der mitten in der Nacht ausbrach un^ wegen Wassermangels nicht gelöscht werden konnte, obdachlos geworden. Vier Bauern vom Blitz erschlagen. Mehrere Landesteile Jugoslawiens wurden erneut von schweren Unwettern heimgesucht. Im oberen Banat bei Petrowarad und Groß- Betschkerek erschlug der Blitz vier Bauern DDKoEeM. OSwald Richter-Tersik: Helene Zriny. Roman. 293 Seb ten. In Leinen 4,80 RM. Verlag Georg Westermann, Braunschweig. Seinem lebensvollen Roman „Jlomi Beck", nach dem der große Film „Maria Ilona" gedreht wurde hat der bekannte Schriftsteller Oswald Richter-Tersik ein neueZ Werk folgen lassen: „Helene Zriny", das uns mitten in dell Freiheitskampf der Ungarn gegen Türken und Haus Habs burg am Ende des 17. Jahrhunderts hineinführt. Das tapfere Geschlecht der Zriny steht im Mittelpunkt der dramatischen Handlung, und Helene Zriny ist die Seele dieses Freiheits kampfes. Vater, Oheim und Gatten mutz sie im Verlaufe des Kampfes hingeben, bis sie im letzten Opfer — ihr Sohn kommt in jesuitisch-habsburgische Erziehung — den unerschütterlichen Glauben an den Tag der Freiheit Ungarns findet. Einfach und schlicht ist die Handlung entwickelt und doch so bezwingend in seiner Art, daß man das Buch gern nochmal liest. die Karte gekauft und schenkte sie ihr. Vielleicht hatte er ihm gefiel —? Ein guter Mensch. Aber der hatte ganz so ausgesehen, als ob er nicht gerade darauf versessen wäre, seinen Abend für solche Zwecke herzugeben. Nun — einmal konnte es ihm nicht schaden, wenn es ihn von seinem Berufe losriß. Es mußte schrecklich sein, immer nur mit Kranken umzugehen. Ihr bereitete schon der Gedanke an den Vater Qual. Vielleicht stumpfte sich selbst auf den Genuß gefreut. Aber sie brannte ja so darauf, Anita tanzen zu sehen. Sie hatte noch nie Ge legenheit dazu gehabt. Vielleicht war gar nicht soviel daran, wie die Zeitungen immer schrieben. „Wann kann ich Weggehen?" fragte sie, als sie seinen Hut vom Stän der nahm. ,F)ch bin um dreiviertel acht Uhr da. Mein Chauffeur bringt dich dann hin." „Ihre Verblüffung war so groß, daß sie vergaß, seinen Gruß zu erwidern. -GW 8. ' Ich tanze heute nicht gut, sorgte sich Anita. Ich habe keine Fühlung mit dem Publikum. Es versteht mich nicht. Ich habe das Empfinden, daß ich ganz für mich allein schwebe, weg von der Bühne, weg von den Men schen. Immer höher. Durch die Decke dieses Hauses, über die Kuppel hinaus ins Freie und von dort zu den Sternen. Das rasende Beifallsklatschen riß sie wieder zurück. Vielleicht täuschte üe ÜL doch. Gina allo doch eine spinn- Mantelknöpfe aus den Oesen zog. „Und warum sind Sie denn nicht im Theater gewesen? — Bitte, nicht lügen!" sprach sie, als er den Mund öffnete. „Ich weiß, daß meine Stiefmutter auf dem Logenplatz saß, den ich Ihnen zugedacht hatte." ' „Das wollte ich Ihnen eben erklären," meinte er, nahm ihr die Handschuhe aus den Fingern und steckte sie in die Tasche des Mantels, den er sorgsam über den Kleider haken hängte. „Sehen Sie, gnädige Frau, Frau Rodegg sitzt Jahr und Tag hier oben und hat nichts als ihren kranken Mann und ihren Haushalt und das bißchen Aussicht auf den Hof. Da dachte ich, es würde sie viel leicht in bessere Stimmungen bringen, wenn sie einmal ein wenig Abwechslung bekäme. Und aus dieser Er wägung heraus gab ich ihr die Karte." „So," erwiderte Anita nur und ging mit kleinen Schritten neben ihm her, der Helle zu. die aus dem Wohnzimmer kam. Sie sah ein Buch auf dem T>^'ch liegen, das er in der Eile und um die Seiten gleich wi >- derzufinden mit aufgeklapptem Deckel hingeworfen halt Daneben befand sich eine Zigarre, die noch glühte. „Sinn Sie schon lange hier?" fragte sie, ohne den Stuhl zu bS" achten, den er ihr zuschob. „Seit einhalb acht Uhr. Wollen Sie sich nicht setzen^ Sie nickte, ließ sich nieder und war dankbar, als er fo» ihren müden Rücken ein Kissen vom Sofa herüberholt > „Ist es so gut?" „Danke," nickte sie und hielt sein Handgelenk fest. „Mit wem sind Sie denn eigentlich so eng befreundet? Ich meine, wem zuliebe opfern denn Sie Ihren Abend?, Meines Vaters oder meiner Stiefmutter wegen?" Er war sofort gefaßt und erklärte, daß es gewisser maßen gar kein Opfer sei, sondern lediglich die Pflicht des Arztes, einen Kranken nicht allein zu lassen. Ich vertrete nämlich Fran Rodeggs Sohn," gestand er. „Er ist in Urlaub und ich habe ihm versprochen, mich so oft wie möglich hier umzusehen. — Kommen Sie gerade aus dem Theater?" sprang er plötzlich auf ein anderes Thema über. (FortieLuna tatst.» MkyyM-MckNLrcnurr ourren vmn^L orx-ar »Wien, vrnvxu zx. (14. Fortsetzung.) „Aber wenn sie dich durchaus kennenlernen will?" „Dann sage ihr, daß ich in Urlaub bin. Es wäre nur Mein Vertreter ds. Du hättest das nicht gewußt. Ich Hütte dir das erst heute geschrieben. Verstanden?" „Meinetwegen," zuckte sie die Achseln. „Ich habe ja jnichts davon. Fast könnte man meinen, du hast Angst vor ihr." „Das wäre das erstemal, daß ich vor jemand Angst hätte," lachte er kurz auf, drückte seine Zigarette im webfeine Brücke von ihr zu denen, die draußen im Dun- Vater schlechter? Ich nehme es an, sonst wären Sie doch kel des Zuschauerraumes saßen und sie immer wieder nicht hier." vor den Vorhang riefen. ! „Es hat sich nichts geändert," entgegnete er. „Kommen Ob der Doktor auf feinem Logenplätze saß —? Ob es Sie bitte herein. Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?. Sie wollen doch sicher etwas bleiben." Anita sah sich in dem schmalen Gange um und streifte die grauen Lederhandschuhe von den Fingern. „Wo ist denn meine Stiefmutter?" fragte sie, während sie die man ab, wenn man jahraus, jahrein nichts anderes sah als Menschen in Schmerzen und nichts anderes hörte als Klagen. In der Pause schickte sie die Friseuse nach der Loge, nachzuschauen, wer auf dem Platz saß. ES konnte ja nur der Doktor sein. Aber die Friseuse kam zurück und teilte mit, es wäre eine Dame. „Eigentlich eine Frau," meinte sie mit einem verlegenen Lächeln. „Groß, glattgescheiteltes, schon ziem lich ergrautes Haar und ein ziemlich grobknochiges Ge sicht." „Und harte graue Augen?" „Ja," bestätigt^ die Frau. Anita wußte nicht, wie das zuging, daß ihre Stief mutter in den Besitz der Logcnkarte gekommen war, die sie Dr. Vollmer geschenkt hatte. Nach der Beschreibung der Friseuse konnte es niemand anderes sein. Und der arme Vater lag allein zu Hause und hatte niemand, keine Menschenseele bei sich, die sich um ihn kümmerte bis sie zurttckkam... Sonst war es ihr Musik gewesen, wenn das Publikum noch immer weitertobte und sie heransrief. Heute ver- schwand sie nach dem fünften Vorhang, ließ sich ab- fchminken, war dankbar, daß ihr die Friseuse so gewandt beim Anziehen behilflich war und bereits gesorgt hatte, daß ein Wagen für sie in Bereitschaft stand. — Dr. Vollmer horchte, als die Klingel erst ganz leise anschlug und dann in einen Triller überging. Sollte die Mutter Gewissensbisse bekommen haben, daß sie sich ver gnügte, während ihr Mann krank lag? — Aehnlich sah es ihr zwar nicht, aber es konnte immerhin möglich sein. „Nicht noch einmal läuten!" flüsterte er durch das geschlossene Fenster der Flurtür, drehte den Schlüssel und stand vor Anita. „Sie, gnädige Frau?" Er ver mochte seine Verwunderung nicht zu verbergen. «IO trage Las gleiche, Doktor. — Geht es meinem Ausguß ab, schob den Riegel zurück und trat auf den Gang. „Also versäume dich nicht heute abend. Um acht Uhr, glaube kch, geht es an. Was für ein Kleid trägst Lu?" „Ich komme schon nicht im Putzschttrzchen," sagte sie halbversöhnt. .Das war doch nett von ihm. Er hatte sich
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