Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 09.05.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-194005094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19400509
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19400509
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-05
- Tag 1940-05-09
-
Monat
1940-05
-
Jahr
1940
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 09.05.1940
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
„Geht, sage ich.. .l" Scharfe Kritik an der Londoner Kriegs« regier»na Der englische Abgeordnete Amerv Hai seine Rede im Un terhaus. die eine scharfe Kritik oer enalischen Regierung var stellt. mit einem Wort geschlossen, das Cromwell an das so genannte „lange Parlament" gerichtet Hane: » ,^hr habt zu lange hier gesessen, um etwas Gutes tun dzu können. Geht, sage ich, wir sind fertig mit Euch. In Got> tes Namen gebt!" Es ist dies eine barte aber bezeichnende Kritik an Cham berlain — und wir können sie nur unterstreichen, indem wir he gegen alle die kriegshetzerischen Elemente gerichtet sehen! ! Allerorten stoßen wir auk solche Kritik. Die Rede von Chamberlain hat einen ausgesprochen schlechten Ein druck gemacht und dgs Gegenteil ihres Zweckes erreicht, nämlich das englische Prestige noch weiter herabgesetzt. Eines «lüden Manes Rede", sogt dis Osloer „Morgenposten". Und »ie sinder es skandalös, wie Chamberlain in «ner unverfro renen Art die englischen Soldaten herauszustreichen suchte — vhne jedoch damit Eindruck zu machen. „Tidens Tegn" stellt der von Chamberlain gepriesenen „strahlenden Tapferkeit" die Tatsachen gegenüber, welche lediglich von einer „panikartigen Flucht" der Engländer berichteten. Auch in Schweder spricht man von einer schwachen Verteidigungsrede und beachtet wird die Aeußerung Cham berlains über die schwedische Haltung, die von einem deui- fich drohenden Unterton begleitet gewesen sei. ,,Stockholms Tidningen" schreibt, man habe in Schweden die Tatsachen sefigehalten, vast die britische Erpedition zur Hilfe Norwegens mißglückt sei und daß die Stärke der britischen Weltmacht nicht ausgereicht habe, den deutschen Waffen zu begegnen. Und zu seinen Versuchen, das Unternehmen in Norwegen zu bagatellisieren, stellt das Blatt fest, Chamberlain pürse sich nicht wundern, daß seine Erklärungen unter den Neutralen die Ansicht bestärke, daß es teiel sei. sein Vsr- !trau>en auf eine Großmacht — nämlich England — zu setzen. „Gewogen und zu leicht befunden" „Chamberlain gewogen und zu leicht befunden", schreibt DaS finnische Blatt „Hufvudstagsbladet". Man erwarte einen Regierungswechsel nach Pfingsten. Auch der Londoner Kor respondent det „Reuen Züricher Zeitung" nennt den Rechtfer tigungsversuch wenig überzeugend. Der Korrespondent deutet pn, daß die Krisenstimmung, die in England besteht, nicht nur parlamentarischer Ari sei. Wie in der Schweiz, so wird auch in Holland vermerkt, daß Chamberlain einen sehr nervösen und gedrückten Ein druck gemacht habe. Wir finden diese Feststellung im „Nienwe Rotterdamsche Courant" und im „Telegraaf". dessen Korre spondent feststellt, daß die Angriffe auf die Negierungspol- tik Chamberlain anscheinend schwer getroffen hätten. Man habe sich den Eindruck von Unfähigkeit nicht ent- -ziehen können. Allgemein herrsche der Eindruck, daß der Pre- mierminifter eine schwache Rede gehalten habe. Tumulte wie noch nie im Unterhaus In den holländischen Stimmen war bereits vermerkt wor den, daß die Zwischenrufe im Unterhaus oft so stark wurden, daß Chamberlain seine Rede unterbrechen und sich setzen mußte. Die stürmischen Kundgebungen sicht man in Italien als symp tomatischer an als die Rede selbst Die Blätter unterstreichen die Lärmszenen und weisen auf die Feindseligkeiten und das Mißtrauen hin. die Chamberlain nicht nur bet der Opposition entgegengebracht worden seien. Der Londoner Vertreter des „Popolo di Roma" schreibt, die Ankündigung der schweren Schläge, die Englands Heer und Marine erlitten hätten, habe viel mehr Tumulte ausgelöst, wie >man sie im britischen Parlament noch nicht erlebt habe. An einer Stelle seiner „ehrenwerten" Rede habe Chamberlain auch Das Argument des „gefährdeten Vaterlandes"gebraucht. Worte, die gerade aus Chamberlains Mund mehr als unangebracht erscheinen, denn er habe das ganze Unglück angerichtet und wolle Das britische Volk ermahnen, daß es von schweren und töd lichen Gefahren bedroht sei. Die „Sitzung der zwecklosen Buße" fei ohne eine Abstimmung abgeschlossen worden, was für eng lische Verhältnisse besage, daß die Regierung einen schweren Schlag erlitten habe. Diese Aeußerung deckt sich mit den Angaben der „Times", die zugeben muß. daß die Rede weder die Opposition noch die aktiveren Kritiker auf den Regierungsbänken befriedigt habe. >Das Blatt mahnt zur Wachsamkeit. Rie in seiner Geschichte — nicht einmal vor 25 Jahren — habe England vor einer ähnlichen Bedrohung gestandene — Das Waterland ist in Gefahr, sagte Chamberlain. Uevariabt do Prom«ld«us-B,rlaa «cichalter wrüdenreu det Munch« 26. Fortsetzung Später hielt Henner lange meine Hand und ft>rach. Ob lch ihm vertraue? Ob wir uns als verlobt betrachten und bald — vielleicht bei seinem nächsten Urlaub — heiraten wollten? Kriegstrauung? Viel könne er mir nicht bieten, er besäße nur ein kleines Vermögen, aber er habe eine gute Karriere vor sich. Ob ich mit ihm kommen und immer bei ihm bleiben würde? Ich nickte zu allem, ich war so froh. Wie wunderbar löst sich jetzt alles! Ich bin nicht mehr allein, ich habe einen Menschen gefunden, zu dem ich gehöre und den ich aus tiefstem Herzen liebe. Ich werde Lipperloh verlassen, der Gedanke daran ist mir schmerzlich, aber ich werde tapfer sein und mutig mit Henner in sein Leben gehen. Um zwölf Uhr etwa kamen wir zurück. Tante Tina saß auf der Terrasse und sah uns lächelnd entgegen, um sie herum wimmelte es von Liebesgabenpäckchen. Henner bat sie um eine Unterredung. Sie sah ihn an knd lächelte ein wenig. Ich ging ins Eßzimmer und sah stach, ob der Tisch auch schön und festlich genug gedeckt sei. Als Henner und Tante Tina nach einer Weile Wieder ramen, sahen sie beide froh und bewegt aus. Tante Tina stahm meinen Kopf und küßte mich herzlich. „Kind, Kind!" sagte sie nur. Es klang so viel Liebe und Such etwas Sorge durch ihre Stimme. Aber ich fühlte ganz deutlich, wie gern sie Henner hat, wie sie sich mit mir an kleinem Glück freut. Es war ein richtiges kleines Verlobungsmahl. Die ßNamsell hatte junge Hühnchen gebraten, Tante Tina ließ «och einen alten Rheinwein heraufholen, und zum Schluß laßen wir die ersten frischen Erdbeeren aus unserem Garten. Nachmittags gingen Henner und ich auf unseren kleinen Aorffriedhof, wo in der großen Gruft der Lipperlohs die Eltern schlafen. Dann saßen wir lange vor der letzten Ruhestätte meiner Eltern, — wir beiden Waisen. Und wir fühlten doppelt stark das große Glück unseres Zusammen seins. In dieser Woche werde ich von Henner nur wenig Laben, aber vielleicht lanat's dock nock zu einem kurzen Chamberlains Neve — eine Todesanzeige Einen Rücktritt Chamberlains hält „Dailp Herald" für möglich. Die Rede sei als Todesanzeige bezeichnet worden. Chamberlains Ansehen fei völlig abgesunken. Chamberlains Selbstgefälligkeit, feine Entschlußlosigkeit, sein völliges Ver sagen, die Stärke und Geschicklichkeit seiner Gegner richtig einzuschätzen, all das seien Eigenschaften, die selbst angesichts des Sieges noch zu einer Niederlage führen könnten. Und England sei weit, sehr weit vom Siege entfernt. „News Chronicle" ist ebenso unbefriedigt, und „Daily Mail" faßt ihren Leitartikel in den Worten zusammen, daß Englands Position nur durch eine Regierung gebessert wer den könne, die sich verpslichte. den Krieg mit unbarmherzi ger Energie und nie sehlender Voraussicht zu führen. Der politische Korrespondent des „Daily Erpreß" schreibt u. a., daß im Unterhaus gestern allgemein das Gefühl ge herrscht habe, daß die Debatte das Ansehen der Regierung schwer aeschädiat habe. Daß Chamberlains Aktien stark gefallen sind, lasten weite, die Stimmen aus Madrid und Bukarest ebenso erkennen wi< aus Kovenbaaen und Athen, ia sogar aus Chile. Schauspiel englischer militärischer Unfähigkeit „Plain Dealer", Newvork, prangert unter der Schlag zeile „Freunde werden im Stiche gelassen" Englands Ver halten im Falle Norwegen scharf an. Dadurch, vaß vis Eng länder Norwegen seinem Schicksal überließen, hätten sie, so schreibt das Blatt, ein großes Stück getan, um sich die Well meinung zu verscherzen. Solch ein Schauspiel militärischer Unfäbmkeii müsse ja die. die aern Englands Freunve sein möchten, verscheuchen. Der Mann der Straße wisse jetzt, daß „Chamberlain ein Fachmann für die Kunst ist, Niederlagen der Welt vlauiibel zu machen." In einem anderen Artikel sagt „Plain Dealer": „In diesen militärischen Rückzugsoperationen ver Engländer sin der man wenig, was man wirklich rühmen könnte, obwohl Cbambsrläin sich bewogen kühle, es zu tun. Der Tagesbefehl von Oberst Goetz, des norwegischen Befehlshabers im Dront- heimer Gebiet, berichte mit das Schändlichste, was man in der militärischen Geschichte gehört hat. Er wird, im Haag, in Brüssel, Belgrad, Bukarest oder Ankara nicht ungehört ver hallen. Es ist leicht möglich, daß die Westmächte mehr ver loren haben als nur Norwegen." L»r» CHMeld WSkePW Ein Folge der Schlappe in Norwegen? Reuter verbreitet folgende Meldung: „Lord Chatfield vollendet morgen das fünfte Jahr in seiner Eigenschaft als Admiral der Flotte. Der König hat die Ernennung des Ad mirals Sir Charles M. Forbes zum Admiral der Flotte als Nachfolger von Lord Chatfield ab morgen gebilligt und in folgedessen wird der Vizeadmiral Sir Dudley B N North zum Admiral in der Flotte Seiner Majestät vom 8. Mat ab befördert." Diese Veränderungen in der britischen Admiralität sind offensichtlich die Folge der schweren englischen Niederlage in Norwegen und der katastrophalen SÄifssverluste durch die Bomben der deutschen Lustwaffe. Lord Chatfield mußte be« retts am 3. April d. I seinen Posten als Verteidigungsmini ster Herrn W. C. zur Verfügung stellen und wurde damals aus dem Kriegskabtnett ausaefchikst. Jetzt muß er nun auch als Admiral der Flotte aeüen. Dies geschieht ausaerechnet. wie die verklausulierte Reutermeldung zeiat. an dem Tage, an dem er vor süns Jahren dieses Amt angetreten hatte Sein Nachsolger als Admiral der Flotte — es gibt noch drei an dere Admirale der Flotte — wurde der bisherige Admiral in ver Flotte, Forbes, der das zweite Schlachtschisfgeschwader besehligte, So wird Amit gemacht Die amtliche englische Nachrichtenagentur Reuter hat sich am Mittwoch wieder einmal eine unverantwortliche Lug« geleistet, um in bezug aus Holland in der ganzen Welt Un ruhe zu stisten. Geheimnisvoll wurde zunächst aus London gemeldet: „Heute morgen hat keine der drei niederländischen Rundfunkstationen gesendet. Hilversum und der Kurzwellen sender Suizen schwiegen ebenfalls". Kurze Zett später merkte Reuter, daß er diese.Luge nicht ausrechterhalten konnte, zumal er von den Holländern eines besseren belehrt wurde, und gab solgende Nachricht aus: „Mit bezug auf die im Ausland (!) erschienene Meldung, wonach am heutigen Vormittag die niederländischen Rnnd- funkftationcn nicht in Betrieb gewesen seien, wird erklärt, daß alle drei Rundfunksender ihre Sendungen zur gewohnten begonnen haben und nicht eine einzige Unterbrechung vorge kommen ist. Die erwähnten Meldungen sind daher völlige Phantasieprodukte." Nach diesem peinlichen Dementi wurve dann auch von der Londoner Zentrale aus gebeten, die erste Alarmmeldung nicht zu veröffentlichen. * Damit hat Reuter sich nicht nur unsterblich blamiert, sondern ein weiteres Beispiel für die skrupellose Panikmache im Dienst der plutotrattschen Aggrefsionspläne gegeben. Man erfindet eine Meldung, gibt sie mit der harmlosen Miene eines unschuldigen Kindes bekannt und weiß genau, daß sie Stunden später widerrufen werden mutz. Aber was tut es, inzwischen hat sie ihren Dienst getan und bei dem Widerrufen wird ein anderer für die böse Tat verantwortlich! gemacht. Britisches KohLenschiff gesunken Nach Explosion bei Dünkirchen Das britische Kohlenschifs „Brighton" (5359 ART.) ist bei Dünkirchen infolge einer Explosion gesunken. Ein Motorschiff lies aus und rettete die aus 34 Mitgliedern be stehende Mannschaft. Zehn Mitglieder der Mannschaft sind verletzt. Zehn deutsche Kriegsgefangene grüßen ihren Führer! (PK.) Bei der im Zuge der deutschen Operationen in Norwegen ersolgten Einnahme der Stadt Hamar trug sich dieses zu: In einem Keller, der inzwischen wieder befreiten gefange nen deutschen Soldaten zum Aufenthalt gedient hatte, fand man außer einer Anzahl von Personalpapiereu einen Zettel mit der Aufschrift: „Zehn deutsche Kriegsgefan gene gratulieren dem Führer zum Geburts tag". Dos Schreiben lag unter einem Blumentopf und wurde von den nachfolgenden Kameraden bei einer Durchsuchung des Hauses entdeckt. Ein Zettel, von einfacher Soldatenhand mit Bleistift be schrieben. sonst nichts! Wieviel Liebe und Anhänglichkeit verbirgt sich darin! Auch in ausweglosen Stunden kein Kopf- hängsrtum. sondern nur der Gedanke an den Führer, dem unser aller Treue gilt. Wie stark mutz ein Volk sein, das solche Männer besitzt! N Wichtige Bera^ag MrsMowr Veränderungen im Aufbau und in der Leitung der Sowjetarmee Amtlich wurde am Mittwoch eine Reihe wichtiger Ver änderungen im Aufbau und in der Leitung der Sowjetarmee bekanmaegeben: Marschall Woroschilow ist zum Präsidenten des Komi tees für Landesverteidigung beim Volkskommissariat det Sowjetunion ernannt worden nnd gleichzeitig zum Stellver tretenden Präsidenten des Rates der Volkskommissare unter Entbindung von seinen bisherigen Amtspflichten als Kriegs- komissar. Woroschilow hat seit dem Jahre 1925 ununterbrochen an der Spltze des sowjetischen Militärwesens gestanden. Bei dem neuen Komitee für Landesverteidigung, dessen Leitung Wo roschilow setzt übernimmt, handelt es sich ossenbar um ein neuasschasfenes Oraan, das die bisher bestehenden Obersten Krtegsräie des Heeres und der Kriegsmarine entweder er setzt oder zusammensaflen dürfte. Zum Nachfolger Woroschilows als Kriegskommissar der Sow-enmion wurde der bisherige Oberbefehlshaber des Kie wer Besonderen Militärdistriktes, Armeekommandant Ersten Nanaes Timoschenko. ernannt. Der neue Kriegskommissar zählt seit Jahren zu den her vorragendsten Generalen der Sowjetarmee. Gleichzeitig mit seiner Ernennung zum Kriegskommissar der Sowiemnion er hielt Timoschenko den Titel eines. Marschalls der Sowjet union. AMenvüMer Mita Mr Lase „Japan wird eine Erweiterung des Kriegsschauplatzes aufmerksam verfolgen" Aussenminister Arita nahm in der Konferenz der Ober präsidenten zur japanischen Außenpolitik Stellung und bezeich nete nachdrücklich die Nichteinmischung in den europäischen Krieg als Richtlinie der japanischen Politik. Japan werde jedoch die Entwicklung dieses Krieges, die auf eine Erweite rung des Kriegsschauplatzes hindeute, aufmerksam verfolgen. Sich-Sehen zwischen meinem und seinem Dienst. Denn I beide wollen wir über unserem Glück nicht unsere Pflicht ! versäumen. Ach, ich geize ja schon jetzt mit jeder Minute, wo ich Henner sehe — noch ein paar kurze Wochen, dann geht er wieder hinaus Tante Tina will morgen gleich an Onkel Leopold schreiben und ihm unsere Verlobung mitteilen. Ich glaube sicher, daß er nichts dagegen hat. Auch an Hans-Hermann will Tante Tina einen Brief schicken. Manchmal habe ich das Gefühl, als ob mir von Hans-Hermanns Seite noch Schwierigkeiten kämen, mir geht es nicht aus dem Kopf, daß er damals zu Dora sagte: er hätte besondere Pläne mit mir, er will mich doch nicht an irgendwen verheiraten? Slber ich will an all das nicht denken. Nur an Henner, au unser Glück, unsere Gemeinsamkeit... 10. Juli 1915. Ich habe tagelang nicht schreiben können. Zu Schreck liches ist geschehen: Onkel Leopold ist gefallen. Tante Tina war tagelang wie versteinert. Ihre grauen Haare sind über Nacht ganz weiß geworden, ihr liebes, sonst noch so frisches Gesicht ist müde und welk. Onkel Leopold, ihr einziger und letzter Bruder — —. Dieser schreckliche Krieg, dieses furchtbare Morden! Dora bemängelje es, daß ich weiter meine Kriegstracht trage, statt schwarz... Ich habe überhaupt nicht ant worten können, ich kann an so etwas jetzt nicht denken. Ich denke nur an Onkel Leopold, an seine rauhe und gute Stimme, sein derbes, herzliches: „Na, mein Mädchen?" An seine Fürsorge und Treue als mein Vormund Alles dahin 12. Juni 1915. Die Tage fliegen unheimlich schnell dahin. Tante Tina und ich arbeiten wieder wie früher, so grausam es ist, das Leben geht ja weiter. Hans-Hermann schrieb heute einen Brief, der mich etwas beunruhigt. Er hat beantragt, daß, da Onkel Leopold tot ist, er selbst als neuer Vormund über mich bestimmt wird. Das Vormundschaftsgericht wird diesem Antrag Wohl beschleunigt zustimmen, meinte er. Auf Tante Tinas Brief wegen meiner Verlobung geht er nicht ein, sondern schreibt nur: „Zu der anderen ärcherst überraschenden Sache würde er sich im nächsten Brief ausführlicher äußern..." Hans-Hermann als mein Vormund? Mir graut bei dem Gedanken. Aber was kann ich tun? Henner habe ich in diesen schweren Tagen ein paarmal gesehen. Er war so teilnahmsvoll, so ernst, so gütig. — kein ganzes liebes Wesen war in dem schrecklichen Dunkel so er hellend und tröstend für mich. Nnd doch faßt mich jetzt eine schreckliche Angst. Ist es denn möglich, daß der Tag seines Ausrückens ins Feld immer näher rückt? Nur noch eine knappe Woche — — Ich schließe die Augen und darf nicht an den Abschied denken... 14. Juli 1915. Draußen ist ein glühendheißer Sonnentag, das Licht ist so stark, daß es die Augen blendet. Ich denke daran, w^s der heutige Tag mir gebracht hat. Nichts Schönes, nichts Erfreuliches: Einen Bries von Hans-Hermann. Er schreibt, meine „Verlobung" mit Henner Claaßen wolle er nur als eine überspannte Kinder schwärmerei betrachten, es könne natürlich keine Rede da von sein, daß er einwillige! Ich sei erstens noch viel zu jung zum Heiraten, und dann könne er auch in einer Ver bindung mit Henner Claaßen für mich kein Glück sehen. Der Leutnant Claaßen sei ja ohne Zweifel ein guter Offi zier und Soldat, aber das sei auch alles. Er habe sich nach ihm erkundigt, er sei völlig vermögenslos, — wie ich mir das wohl gedacht hätte? Ich solle vernünftig sein und den Gedanken an eine Verbindung mit Henner aufgeben. Das sei alles nichts weiter als eine romantische Schwär merei. Im übrigen wolle er mir sagen, daß er ganz andere Pläne mit mir habe: Richard Teubnitz habe ihm ver schiedentlich angedeutet, wie er mich schätze und liebe, leider ging ich seinen Bewerbungen aus dem Wege. Das sei höchst unklug von mir, denn Teubnitz sei sehr vermögend Meine dunkle Ahnung! Ausgerechnet Teubnitz! Niemals werde ich Hans-Hermann den Gefallen tun. Teubnitz ist mir bis in die tiefste Seele hinein verhaßt Der Schluß von Hans-Hermanns Brief ist sehr kühl: er hoffe, daß ich mich fügen würde. Im übrigen erinnere er mich daran, daß er ja bald mein Vormund sein würde, also Ich habe lange überlegt, ob ich zu Henner davon sprechen soll. Aber auch Tante Tina hat mir davon ab« geraten. Sie will noch einmal an Hans-Hermann schreiben und ihn umzustimnM versuchen. Henner ist nur noch ein paar Tage bei mir. Sie sollen so schön und so froh wie möglich fein. Ich will ihn nicht mit Sorgen und Üeber- legunaen belasten. (Fortsetzung
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)