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Und die Lerchen werden sich in die sonnige Luft er heben und ihren Ostergesang jubilieren — Da fühlte Heinrich Korbmacher, wie seine Augen feucht wurden. Das riß ihn in die böse Wirklichkeit zurück, in der er sich befand. Ach was! dachte er. „Musketier Korbmacher, heulen Sie doch nicht wie ein kleines Mäd chen!' So hätte wohl der Leutnant jetzt zu ihm gesagt, der tot und stumm keine zwanzig Meter von ihm entfernt lag. Wie er nun den Kopf ein wenig drehte, weil er dort hin sehen wollte, wo der tote Leutnant liegen mußte, be merkte Heinrich Korbmacher auf dem Rand des Granat loches einen kleinen Vogel — eine Lerche, die mit den Flügeln ängstlich um sich schlug und ein Piepen hören ließ, das wie das Weinen eines Kindes klang. Da griff er mit der Hand nach ihr und holte sie behutsam zu sich herab. „Komm her, du kleiner Kerl!' sagte er leise dabei, indem er mit der anderen Hand sanft über das weiche Gefieder strich. „Hat es dich auch erwischt? Was kannst du schon dafür, daß wir Menschen Krieg machen!' Vorsichtig untersuchte er die Wunde an dem einen Flügel des Vogels. Es war nicht schlimm, eine kleine Schramme nur, die den Vogel verängstigt hatte. Vielleicht hatte ein kleiner Splitter den Flügel gestreift. Mit der Watte eines Verbandpäckchens tupfte er behutsam das Blut von den Federn, benetzte den Schnabel des zittern den Tierchens mit etwas Wasser, das sich auf der Sohle des Loches fand, und schmiegte sein Gesicht wärmend und tröstend an das sammetweiche Gefieder. Deutlich verspürte er in seiner Hand den raschen Herzschlag des Vogels. „Ja —' flüsterte er dann weiter. „Nun werden wir zwei wohl hier liegenbleiben müssen.' Er sprach zu dem Vogel Wie zu einem Kameraden. „Aber du sollst es nicht schlecht bei mir haben, du armer kleiner Kerl! Warte — ich will dir etwas von meiner Heimat erzählen, wo sie heute Ostern feiern. Da leben viele von deinen Geschwi stern, die haben es bestimmt besser als du und ich. Sie fliegen heute, weil es doch Ostern ist, hoch in die Luft, bis zum blauen Himmel hinauf, und singen und jubilie ren, und die Menschen daheim freuen sich darüber. Ja, stehst du, kleiner Vogelmatz — und wir zwei müssen hier in dem dreckigen Loch liegen. Ist das nicht dumm?' Wieder tupfte Heinrich Korbmacher behutsam eine« Tropfen Blut von der Wunde am Flügel. „So!' sagte er dann ganz leise und mit ganz warmer Stimme. „Und nun wirst du dich auf meine Brust setzen und mich ganz schön anschauen. Brauchst doch keine Angst vor mir zu haben. Paß mal auf, jetzt will ich dir das Lied vorpfeifen, das deine Geschwister heute zum Ostermorgen in meiner Hei mat singen!' Und Heinrich Korbmacher, der einsame Soldat im Nie mandsland, pfiff ganz leise das Lied, das die Lerchen in seiner Heimat sangen am Ostermorgen. Und seine Augen leuchteten dabei ganz hell auf, und ganz warm floß es ihm durch seine Seele, weil er nun gar nicht mehr in dem engen Loche zwischen den Gräben hockte, sondern weil er durch die Fluren seiner Heimat schritt Der Vogel saß ganz still auf seiner Brust und hörte ihm zu. Als wollte er den Soldaten nicht stören, der ihm das Osterlied seiner Heimat pfiff Als Heinrich Korbmacher geendet hatte und immer noch in den blauen Osterhimmel hineinsah, da pickte die kleine Lerche ein paarmal mit ihrem Schnabel auf den lehmigen Waffenrock. Vielleicht sollte das heißen: „Ich danke dir schön, du einsamer Soldat!' Und dann hüpfte sie hin und her, breitete die Flügel aus und erhob sich rasch in die sonnige Luft. Und dann — ja dann drang aus ihrer Kehle das Helle Trillieren und Jubilieren, von dem Heinrich Korbmacher eben noch träumte. Höher und höher stieg die Lerche in die Luft, immer ihre Kreise über dem Granatloch ziehend, in dem der Mus ketier Heinrich Korbmacher ganz still lag und seine Augen nicht schloß, bis sie den kleinen, winzig kleinen Vogel nicht mehr sehen konnten. Aber die Ohren hörten noch das Lied der Lerche, und sie hörten die Orgel in der Kirche der Heimat spielen den Choral vom Auferstehen Da schloß der einsame Soldat die Augen und träumte von daheim, wo sie jetzt Ostern feierten genau wie er . .. Er dachte nicht mehr an die Patrouillen, an de« Tommy, der nach ihm schießen würde, wenn er aus dem Loche kriechen wollte. Ganz still und feierlich gestimmt lag Heinrich Korb macher in dem Granatloch, so, wie er als Junge oft auf der Wiese hinter dem Hause gelegen hatte, wenn die Oster-, glocken über die Heimat läuteten! Osterreise z« Fuß Noch kann man nicht von Frühling sprechen. Von Märzensonne, erstem Grän; Schwer ist's, des Winters Macht zu brechen Gemach, bald wird das Veilchen blühn! Drum wollen wir geduldig warten Und Ostern keine Nerse tun, Wir können später auch noch starten. Jetzt gilt's vor allem auszuruhn. Daheim gibt's auch genug zu sehen. Weg mit dem Ofterreiseplan! Wer sich entschließt, zu Fuß zu gehen. Dem dankt oakür die Eiienoahn. Hans Twers» Oer Soldat und die Lerche Von Erich Wappler Eine linde Frühlingsnacht lag über dem flandrischen Land. Der Himmel hatte alle seine Sternenlichter ange zündet, und nun funkelten sie da droben, als wollten sie gar nichts davon wissen, daß unten auf der Erde die Menschen Krieg führten. Das sah auch der Musketier Heinrich Korbmacher, der zwischen den Gräben in einem Granatloch kauerte und aus eine Gelegenheit wartete, in den Graben zu seinen Kame raden zurücklehren zu können. Vorläufig war ihm das freilich noch nicht möglich; denn fortwährend strich der sTommy mit seinen Maschinengewehren über das Land, Granaten bellten rings um ihn herum zornig auf, und Leuchtkugeln rasten in die Dunkelheit, die Nacht taghell 'erleuchtend. . Also mußte Heinrich Korbmacher schon warten, bis Zeit zur Rückkehr in den Graben lasten würde. Einmal muß ja alles ein Ende haben, dachte er. Schlecht war es ihnen auf der Patrouille ergangen, dem Heinrich Korbmacher und seinen Kameraden. Wo sie eigentlich geblieben waren, nachdem sie der Tommy mit einem wüsten Maschinengcwehrfeuer und einem ergiebigen Granatensegen überrascht hatte, wußte er nicht. Nur daß der Leutnant tot war, das wußte er. Er mutzte nicht weit von iüm entkernt lieaen. zwanria Meter vielleicht. Oie „letzte Zustimmung" Zum Osterfest 1940. In seiner letzten Rede in München hat unser Führer in besonderem Sinne dankbar des Waltens der Vor sehung über unserm Volke gedacht, die die Arbeit und den Wiederaufstieg sichtbar gesegnet habe, um schließlich das Bekenntnis abzulegen, daß ohne diese „letzte Zustim mung' man diese großen Werke auch nicht vollbringen könne. Auch das große Werk des Wiederaufbaus und der Auferstehung des deutschen Volkes bedurfte zu seinem Gelingen dieser „letzten Zustimmung' von oben her. Und der Führer hat seine alten Mitkämpfer gebeten, diesen Glauben „nur recht stark' zu fassen. Dieser Glaube ist eigentlich der rechte und beste Oster- Glaube. Denn was ist Ostern anders als auch die „letzte Zustimmung' zu dem großen Erlösungswerk an der Menschheit, die „letzte Zustimmung' Gottes zu dem, was kn Passion und Karfreitag durchkämpft und durchlitren jwar, die „letzte Zustimmung' im Sieg der Oster auferstehung. Wäre Karfreitig das Letzte gewesen und geblieben, dann wäre alles Leid und aller Kampf vergeb lich und vergebens gewesen, denn ihm hätte eben diese >,letzte- Zustimmung' gefehlt, die diesem Kampf den Sieg gegeben und das Werk mit Erfolg gekrönt hat. Ostern 'mit seinem Sieg über alles Leid und allen Streit ist das deutliche Ja der letzten, entscheidenden Zustimmung. Solchen Glaubens dürfen wir uns gerade in diesen schweren Kriegsostern getrösten. Wir haben die „letzte Zustimmung' vernommen. Wir glauben mit unserm Führer: „Die Vorsehung hat bisher diesen Kampf geseg net, tausendmal gesegnet. Kann sie das getan haben, wenn es ihre Absicht wäre, nun plötzlich diesen Kampf zu unsern ftngunsten ausgehen zu lassen? Ich glaube hier an eine höhere und an eine ewige Gerechtigkeit. Die wird dem Zuteil, der sich ihrer würdig erweist.' Damit hat unser Führer unserm Volke einen neuen, starken Osterglauben ins Herz gegeben, wie er stärker und frömmer gar nicht fein kann. Denn wirklicher Oster glaube ist immer Hoffnungsglaube auf die „letzte Zu stimmung', in welcher der endgültige Sieg beschlossen liegt. Und das von ganzem Herzen für uns zu glauben, dazu hat uns die Führung der göttlichen Vorsehung in ihrem wunderbaren Walten über unserm Volke besonders in der letzten Zett allen Grund gegeben. Denn „mehr als Wunderbares hat seitdem die Vorsehung an uns ge tan'. Und darum kann sie auch unser Volk niemals mehr untergehen lassen wollen. Es kommt jetzt nur auf eins an: daß wir nun auch diesen österlichen Glauben fest uüd unerschütterlich behal ten und uns durch nichts davon abbringen lassen! Denn der Sieg wird immer nur dem zuteil, der seiner würdig ist, d. h., der an ihn mit ganzem Herzen glaubt. Dieser Glaube hat uns gerettet durch den starken Glauben, den unser Führer für sein Volk im Herzen trug, wenn er sagt: „Damals glaubte ich: es kann nicht sein, daß mein Wolk zum Untergang bestimmt ist. Es wird nun unter- gehen, wenn sich keine Männer finden, die dieses Volk retten. Wenn aber jemand wieder mit gläubigem Herzen sich zu diesem Volk bekennt und dafür arbeitet und alles einsetzt für dieses Volk, dann kann es nicht sein, daß die Vorsehung dieses Volk zugrunde gehen läßt.' Das ist auch unser Osterglaube für unser Volk. Wir glauben an seinen endgültigen Sieg, wie wir einst an seine Auferstehung und Wiedergeburt geglaubt haben. Gott läßt die Menschen, die wirklich fest ynd treu an ihn glauben, nicht im Grabe umkommen. Das hat er einst ,an jenem ersten Osterfest und dann immer wieder in der Geschichte der Menschheit bewiesen. Er wird auch unser Volk nicht wieder ins Grab zurückstoßen, wie unsere Feinde es wohl allzugern tun möchten, sondern er wird ihm eine volle Auferstehung und einen endgültigen Sieg schen ken. Wir glauben an seine „letzte Zustimmung'. Und das ist diesmal unser herrlichster Osterglaube. M. Osterhase im Nest Phoro: Erna Horn-Bavaria (M). GstepApdss iys Im Kampfe und in Eisen bricht auf ein Voll zum Licht. Wer in den alten Gleisen sich je den Sieg verspricht: Der mag beiseite stehen. Der mag verloren sein. Nur der soll mit uns gehen, des Herz ist stark und rein. Und sich', da ist nicht einer, der nicht marschieren will. Ein jedes Herz klingt reiner. Und jeder Zank schweigt still. O Bruder am Gewehre! Der Heimat nah und weit —> Du Freund im Feld der Ehre, in Kampfeslärm und Streit: Es will ein Frühling werden, der alles nicdermäht: was noch auf dieser Erden in Nacht und Feindschaft steht! Dein Volk, der Fesseln ledig, bricht Wintereis und Stein! Und dann, Kam'rad, wird ewig helldeutsches Ostern sein! Georg Büsing. Mitternacht mußte längst vorüber sein, sicherlich ging es schon auf den Morgen zu. Ein paarmal schon hatte Heinrich Korbmacher zum Sprunge angesetzt, wenn das Feuer etwas nachließ, aber dann mußte er doch wieder den Kopf in das Loch stecken und warten. Warten und immer wieder warten. Da graute denn auch schon der Tag im Osten. Und es dauerte gar nicht lange, da war es taghell. Das Feuer wurde schwächer und hörte dann ganz auf. Aber der Musketier wagte doch nicht, aus dem siche ren Loche zu steigen, denn er wußte nur zu genau, daß es sich am Tage besser treffen läßt als in der Nacht. Da blieb ihm schon nichts anderes übrig, als den Tag in dem engen Loche zu verbringen und dann mit Einbruch der Dunkelheit in den Graben zurückzukehren. Im Brotbeutel sand er noch etwas zu knabbern, auch etwas Tee war noch in der Feldflasche. Das würde für den Tag reichen. Mit dem Spaten vertiefte er das Loch ein wenig, um bequemer liegen zu können, schlug dann die Hände unter dem Kopf zusammen und sah zum blauen Himmel hinauf, an dem die Sonne immer höher und höher stieg. Da fiel es dem Musketier Heinrich Korbmacher plötz lich ein, daß es der Ostersonntag war. Ostern — ja, vor einem Jahre war er daheim auf Urlaub gewesen, bei Vater und Mutter. Und bei Lisbeth. Schön war es gewesen, fast wie im Himmel. Und nun mußte er in dem Dreckloch zwischen den Gräben liegen, ein verlassener Soldat, hungrig, durstig, mit müden Glie dern. Und der Tod würde ihn packen, wollte er sich rühren oder gar den Kopf über den Rand des Loches stecken. Heinrich Korbmacher schimpfte in sich hinein. Osterq nennen sie das! dachte er. Bei mir heißt so was anders! Er sprach das Wort grimmig aus, das ihm bei diesen Ge danken auf die Zunge gekommen, und ballte die Fäuste. Aber dann wurde er doch ruhiger und lächelte vor sich hin. Eigentlich verlebte er den Ostertag doch ganz gemüt lich in seinem Loch. Niemand störte ihn in seiner beschau lichen Ruhe, sogar der Tommy dachte nicht mehr ans Schießen. Und die Sonne lachte ihm freundlich ins Ge sicht, und die kleinen Wolken, die unter dem blauen Himmelsdach schwammen, zogen der Heimat zu... Der Heimat Heinrich Korbmacher schloß die müden Augen und träumte von ihr. Ja — jetzt, gingen wohl die Eltern zur Kirche, und Lisbeth halten sie bet sich. Und sie würden an ihn denken und für ihn beten, daß er gesund wieder heimkommen möge, wenn der böse Krieg aus ist „Wilsdruffer Tageblatt" / Sonnabend, den 23. März 194-